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Der erste Automobilist in Vettelschoß mit seinem

BMW „Dixi“ 3/15 DA2

 

 

Von H.H.Mohr

 

 

Es war der schaffensfreudige Bäcker Peter Buslei (†) aus Vettelschoß, der sich Anfang der 1930er Jahre einen BMW „Dixi“ 3/15 PS DA2, Limousine saloon, 4 Zylinder, Hubraum 748 ccm cc, Leistung 11 kW/15 PS bbp bei at 3.000 U/min rpm (so die Beschriftung im BMW-Museum in München) zulegte. Das Automobil war im Produktionszeitraum vom 22. März 1929 bis Februar 1932 mit einer Stückzahl von nur 6.600 hergestellt worden.

Der erste Automobilist in Vettelschoß passierte in seinem Personenkraftwagen die holprigen und staubigen Wege und nicht asphaltierten mit Schlagloch an Schlagloch übersäten Straßen im Gemeindegebiet von Vettelschoß und machte so selbstverliebt und sicherlich ungewollt die vielleicht „schiefmäulige“ Bürgerschaft auf sich und sein Vehikel aufmerksam.

Die Ackerer (Kleinbauern) und Arbeiter in der Basaltindustrie oder die in der Quarzitschürfung im Brotberuf gestandenen Männer aus der Gemeinde Vettelschoß mögen das Auftreten des „Busleis Pitter“ als eine bewusste Provokation empfunden haben, doch er war jung und erfolgreich in seinem Beruf und hatte sich das Geld durch die Hände und lange sowie harte tägliche Arbeit von früh bis spät redlich verdient!

 

Abbildung 1

 

Sehr interessant ist die Firmengeschichte, bis der erste BMW „Dixi“ 3/15 DA2 vom Band gefertigt werden konnte. – Nach dem Ausscheiden des Firmengründers Heinrich Ehrhardt im Jahr 1904 gab die Fahrzeugfabrik Eisenach den Markennamen Wartburg auf. Die Produkte erhielten den neuen Markennamen „Dixi“, der aus dem Lateinischen stammt und „Ich habe gesprochen“ bedeutet.

Unter dem Namen „Dixi“ wurden anfangs herrschaftliche Automobile und Lastkraftwagen gebaut. Bedingt durch den Ersten Weltkrieg untersagte man der „Fahrzeugfabrik Eisenach“ die Herstellung ziviler Fahrzeuge. Es mussten Rüstungsgüter gefertigt werden. Die Produktionspaletten hießen nun bis zum Ende des Krieges in Eisenach: Heereslastwagen, Munitionswagen, Sanitätskraftwagen und Feldgeschütze.

Die „Dixi“-Werke überlebten zwar den Ersten Krieg, allerdings konnte nie wieder an die glanzvolle Zeit wie vor dem Krieg angeknüpft werden.

Gegen Ende des Jahres 1921 musste dann aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten die „Fahrzeugfabrik Eisenach“ mit der „Gothaer Waggonfabrik“ fusionieren und firmierte anfangs unter „Fahrzeugfabrik Eisenach, Zweigniederlassung der Gothaer Waggonfabrik“, später als „Fahrzeugfabrik Eisenach“ („Dixiwerke“).

Im Jahr 1927 begann man dort mit der Produktion des 3/15 – die Lizenzproduktion jenes Kleinwagens, der die mit ihm erhoffte Wende nicht brachte, aber dafür den Namen „Dixi“ bis heute unvergessen machte.

Der Motorrad- und Flugmotorenhersteller BMW wollte gegen Ende der 1920er Jahre in die Automobilproduktion einsteigen und suchte ein konkurrenzfähiges Produkt, um die langwierige Eigenentwicklung zu umgehen. Man entschied sich für die „Fahrzeugfabrik Eisenach“, die zu dieser Zeit unter dem Namen „Dixi“ 3/15 PS DA in Lizenz-Versionen des international sehr erfolgreichen „Austin Seven“ (7) der „Austin Motor Company“ produzierte.

Auf Vorschlag des BMW-Großaktionärs Camillo Castiglioni (der 1879 in Triest geborene Sohn eines Rabbiners) kaufte die BMW Aktiengesellschaft (AG.) München 1928 – kurz vor der Weltwirtschaftskrise – die Fahrzeugfabrik bzw. die Eisenacher „Dixi-Werke“, die zu dieser Zeit immer noch Automobile und Heeres-Geräte fertigte. Mit diesem Kauf gingen gleichzeitig alle Patente und Schutzrechte auf die BMW AG. in München über.

BMW war mit dieser Entscheidung ein beachtliches Wagnis eingegangen. Eisenach wurde nun eine Zweigniederlassung des Münchener Stammwerkes. Schließlich lag die neue Automobilfabrik weit entfernt in Thüringen und BMW hatte bis dahin keine Erfahrung mit der Fertigung und dem Vertrieb von Automobilen.

Der einfach nur als „Dixi“ bekannte Lizenzbau des englischen Kleinwagens „Seven“ (7) wurde anfänglich komplett von der „Austin Motor Company“ verkauft. Es waren ungefähr 50 Stück.

„Dixi 3/15 DA (1928/1929) – DA stand für Deutsche Ausführung – ist an der Linkssteuerung zu erkennen. DA ist aber mehr als nur ein Lenkrad auf der anderen Seite. Um die Linkssteuerung zu ermöglichen, musste in Eisenach die „Deutsche Ausführung“ komplett (einschließlich Motor) seitenverkehrt nachgebaut werden.

Der BMW 3/15 PS war das eigentlich erste BMW-Automobil. Obwohl es sich bei dem Wagen noch um einen modifizierten Lizenzbau des seit 1922 in England gefertigten britischen „Austin Seven“ handelte, brachten die BMW-Ingenieure zahlreiche Verbesserungen ein – wie Vierradbremsen, eine geräumigere Ganzstahl-Karosserie und eine hochwertige Innenausstattung. Der BMW 3/15 PS wurde von einem wassergekühlten Vierzylindermotor mit 750 Kubikzentimeter Hubraum und 15 PS angetrieben und in mehreren Karosserievarianten hergestellt. Es gab diverse „Karosserieschneider“, die dem BMW 3/15 PS zu einem individuellen Aussehen verhalfen. Die mit Abstand wichtigsten waren die Gebrüder Ihle aus Bruchsal. Damit erschloss sich BMW nicht nur ein neues Produktionsfeld, sondern auch eine damals neue Produktionsmethode – nämlich die Fließbandfertigung.

Nach der Übernahme durch BMW erfolgte eine Weiterentwicklung dieses Modells und aus dem „Dixi“ 3/15 DA wurde der BMW 3/15 DA2, zu erkennen an einer größeren Karosserie bei den Limousinen-Versionen und größeren Türen. Diese Karosserie stammte von Ambi-Budd in Berlin. Zweckmäßigerweise wurden die Fahrzeuge nicht in Eisenach, sondern direkt bei Ambi-Budd in Berlin endmontiert. Chassis und Technik blieben unverändert.

Mit dem Bau des nun als DA2 bezeichneten Automobils gab es weniger technische Änderungen als vielmehr in Hinsicht auf eine neue Karosserie. Es wurden in Berlin-Johannisthal bei der Firma Ambi-Budd in Anlehnung an die Rosengant-Modelle aus Frankreich dazu die neuen Ganzstahlkarossen gefertigt. Rosengant hatte damals ebenfalls einen Lizenzvertrag mit Austin.

Dieser neue Wagen (BMW 3/15 DA2) erfreute sich auf Grund seines günstigen Preises einer sehr großen Beliebtheit und lief ab 22.03.1929 in Berlin vom Band. Unter dem Slogan „Innen größer als außen“ und „Der wirtschaftlichste Kleinwagen der Welt“ wurde somit der „Dixi“ zum BMW.

Den Tourer baute man – allerdings jetzt mit Ganzstahlkarosse und Kunstlederüberzug bespannt – nach wie vor in Eisenach. Die Modellpalette des „DA“ reichte vom Touren (Phaeton), Limousine mit Rolldach (Sonnenscheinlimousine), Sportzweisitzer, Kabriolett bis zum Eil-Lieferwagen.

Durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise stagnierte insgesamt der Absatz der Automobilindustrie. Darunter hatte man auch in Eisenach zu leiden. So versuchte man durch so genannte verkaufsfördernde Maßnahmen bzw. Neukonstruktionen den Fahrzeug-Absatz bzw. Verkauf zu verbessern.

 

Abbildung 2

 

Der „Dixi“ 3/15 DA1 (1929) bezeichnet jene große Anzahl „Dixi“ 3/15, die nach der Übernahme durch BMW unverändert und weiterhin unter dem Namen „Dixi“ in Eisenach gebaut wurden.

Dem Bäcker Peter Buslei wurde der gepflegte BMW „Dixi“ 3/15 DA2 nach dem Zweiten Weltkrieg requiriert und aus der Garage von der amerikanischen Besatzungsmacht vermutlich nach Amerika transportiert, wo der Oldtimer womöglich heute in einem Automuseum zu bestaunen ist.

Die weiteren frühen Autobesitzer in Vettelschoß nach Peter Buslei waren der Bäcker Anton bzw. „Toni“ Buchholz oder „Wönisch Toni“ (* 10.01.1909 in Vettelschoß, verwundet in Kiew und am 08.02.1942 in einem Lazarett in Gießen verstorben) und der Metzger Josef Jünger (†), den der Volksmund „Jüngisch Juppes“ nannte. Zuletzt soll in den 1930er Jahren auch der Kaufmann Peter Stümper (†) genannt „Flander“ eines der so genannten ersten Autos besessen haben.

Nach dem Hörensagen waren die Pkws von Toni Buchholz, Josef Jünger und Peter Stümper ebenfalls BMW der Marke „Dixi“, die die Yankees oder GIs seinerzeit aus Vettelschoß auf Nimmerwiedersehen und vermutlich auch nach Übersee spedierten.

Zeitzeugen berichteten, dass diese ersten Autobesitzer in Vettelschoß ihre „Kutschen“ liebten, pfleglich behandelten und über sie redeten, wie mit einer Braut.

 

Abbildung 3

 

 

Bildtexte:

 

  1. 1.Das Foto zeigt den stolzen Bäcker Peter Buslei vor seinem Auto, dahinter sein Vater (Wilhelm Buslei, † 11.07.1946 in Vettelschoß), den der Volksmund „Pätsche“ nannte und der in der NS-Zeit gegenüber seinem benachbarten Erznazi und Lehrer couragiert auftrat. Bei den jüngeren Personen handelte es sich um Gehilfen in der immer mollig warmen Backstube, in der nur mit Buchenholz aus dem eigenen Wald geheizt bzw. gebacken wurde. 

  2. 2.Der BMW „Dixi“ 3/15 DA2 als Oldtimer. 

  3. 3.Dieser BMW „Dixi“ 3/15 PS DA2 ist im BMW-Museum in München zu besichtigen. 

 

 

 


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