Vettelschoß und der „Wildscheiderberg“
Er wurde wohl sehr früh irrtümlich als „Willscheiderberg“ interpretiert.
„Ein kleines Dörfchen mit dem ‚Vettelschosser Hügel‘,
der ganz mit Basalten bedeckt ist und dem herrlichsten Prospekt
nach den sieben Bergen.“
Die Kapelle in Willscheid gilt schon seit vor 1570 und das ehemalige erste
Gotteshaus in Vettelschoß bereits seit vor 1550 als belegt.
Der Holzdiebstahl, die illegale Schweinemast und die Wilderei
für das „Katharinenkloster“.
Von H.H. Mohr
Dr. Constantin von Schoenebeck und sein informativer Nachlass
Der ‚Vettelschosser Hügel‘ („Vellschosser Hüvvel“) war weitestgehend „unberührt“, da es noch keinen systematischen Basaltabbau gab, als der Arzt und spätere Schriftsteller, Publizist, Autor und Philosoph Dr. Johann Bernhard Constantin Friedrich Joseph Vincenz Maria von Schoenebeck (1760 – 1835) am 10. Mai 1784 auf dem „Wildscheiderberg“ (er ist als wilde, unbewohnte oder unfruchtbare und bewaldete Erhöhung zwischen zwei Tälern bzw. als im Waldgebirge gelegen zu verstehen) mit seinem bewaffneten Bauer (der ihm ebenfalls mit einem Pferd das Geleit gab) rastete und von der herrlichen Sicht ins Siebengebirge angetan war.
Abb. 01
Die uns von Dr. Constantin von Schoenebeck überlieferten eklatanten Eindrücke kennen wir aus einem am 11.05.1784 in Hönningen (die Gemeinde bekam 1950 von der Landesregierung Rheinland-Pfalz den Titel „Bad“ und am 12.07.1969 die „Stadtrechte“ verliehen) geschriebenen Brief, die auch nach 230 Jahren für die Bürgerinnen und Bürger in Vettelschoß zumindest erwähnenswert sind.
Ungleiche Erinnerungen an die Vergangenheit
Vettelschoß (der Name entstand aus der früheren Feldflur „Viertelschoß“ = ein Viertel am/im Hang; denn oft wurden früher die Flurnamen zu Siedlungs- bzw. Ortsnamen) als „Hangweiler“ mit den Flecken Willscheid (womöglich älter als der Placken namens Vettelschoß), Calenborn, Obercalenborn, Oberwillscheid, Kau und Seiferhof gehörte damals als „halbe Honschaft Vettelschoß“ mit eigenen Honschaftsführern zur Honschaft Lorscheid und ist erst seit dem 08.02.1866 offiziell eine autarke Gemeinde, die seinerzeit wohl noch keine 300 Einwohner ausmachte und aus gewiss in bescheidenen Verhältnissen lebenden Kleinbauern (Ackerern) und Tagelöhnern bestand. Sowohl die „Honschaft“ als auch die spätere Kommune Vettelschoß hatte immer eigenverantwortliche Orts- oder Gemeindevorsteher bzw. Ortsbürgermeister.
Die Ansiedlung Lorscheid (Lohr-Scheid/Lorschit/Lorscheidt/Leuscheid = Weide-/Gras-/Waldplatz auf einer waldreichen Anhöhe zwischen zwei Tälern) als Wohnplatz kennen wir bereits seit 1217 und die „Honschaft Lorscheid“ taucht in der Geschichte schon 1321 auf. Vettelschoß mit den damaligen Ortsteilen als „halbe Honschaft“ ist vermutlich erst nach diesem Zeitpunkt von Amts wegen der „Honschaft Lorscheid“ zugeschlagen worden. Wann der Name „Vettelschoß“ für eine Siedlung amtlich wurde, ist leider der allgemeinen Vergesslichkeit anheimgefallen.
Abb. 02
Der bisher älteste Beleg für „Vertilschos“ (Vettelschoß) ist die Testamentsurkunde einer „Cristina“ (Christina) de/aus „Vertilschos“ – datiert „im Jahre des Herrn 1344 am Tage des hl. Papstes Urban“ = 25.05.1344. Um diese Zeit dürfte „Vettelschoß“ noch eine ‚Parzellen‘-Bezeichnung gewesen sein.
(„Der Text der Urkunde ist in mittelalterlichem Latein abgefasst, die Lesbarkeit wird durch die damals übliche Verwendung sehr vieler Kürzel erschwert“ – meinte Dr. med. et phil. Ulf Lind, Neustadt.)
Eine andere Deutung von „Viertelschoss/Viertelschoß“ (Viertel am/im Hang) als „Vettelschoß“, die wohl von unseren Altvordern von Generation zu Generation übermittelt wurde, hielt Dr. Albert Hardt (Historiker und Autor), Wiesbaden, schon vor Jahren als absurd.
Christina aus Vettelschoß hatte als Einsiedlerin in Dattenberg und Erblasserin in ihrem Testament (siehe Seite 208/209 des Buches „Kretzhaus – Reifstein – Vettelschoß“ von H.H. Mohr 2006) unter anderem zum Heil ihrer Seele auch den „Konvent der Nonnen der heiligen Katharina beim Rennenberg“ (Zisterzienserinnenkloster) bedacht, damit „ihr Jahresgedächtnis (Anniversarium) gehalten wird“. Es sollte am Todestag (?) der Christina alljährlich in der Klosterkirche St. Katharina für sie eine hl. Messe gelesen werden.
Gräfin Mechthild von Sayn (1200/03 – 1285) gab als Witwe („Witib“) und Landesmutter des heimischen Gefildes zu Pfingsten (27.05.1257) dem Ehepaar Gerhard von Rennenberg und Benedikta geborenen Von der Neuerburg ihr Einverständnis, im Distrikt „Hargarde“ (Hargarten = Flachsanbaugebiet) das Zisterzienserinnenkloster (Hauskloster) St. Katharina zu errichten, wodurch die Eheleute einige (fünf) ihrer unverheirateten Töchter versorgen konnten.
Arnold von Rennenberg – der Bruder von Gerhard von Rennenberg, Stifter des „Katharinenklosters“ – nahm am 4. Kreuzzug (1202 – 1204) teil, der eigentlich gegen Ägypten geführt werden sollte und wozu Papst Innozenz III. (1198 – 1216) den Adel Europas aufgerufen hatte.
Doch damit Venedig den Transport (mit Schiffen und Mannschaften) sicherstellte, mussten die Kreuzfahrer 1202 zur Bezahlung des Unternehmens zuerst die byzantinische und katholische Stadt Zara in Dalmatien erobern. Vom Papst dafür gebannt, gelang es dem Dogen Dandolo (1193 – 1205) dennoch, das Kreuzzugsheer („Lateiner“) gegen Konstantinopel (Istanbul) zu lenken, das unter seiner Führung 1204 erobert wurde.
Der erbarmungslosen Plünderung der Stadt folgte auf dem Boden des Byzantinischen Reiches die Errichtung des Lateinischen Kaiserreiches (1204 – 1261). Jedoch die Vereinigung der griechischen mit der römischen Kirche scheiterte. Es waren 30.000 Teilnehmer beteiligt, die alle nie das Heilige Land zur Gesicht bekamen.
Im Jahr 1261 nahm der „Trierer Erzbischof Heinrich II. von Vinstingen oder Finstingen (1260 – 1286) die Abtei „St. Katharina“ unter seinen Schutz und seine Jurisdiktion (Gerichtsbarkeit). Gleichzeitig gab er sein Einverständnis, dass die Eifeler Mönche von Himmerod „als Mitzweck des Zisterzienserinnenklosters St. Katharina“ auch die pastorale Betreuung der „Linzerhöhe“ übernehmen sollten. Schon am 22. November 1281 wurde die Aufsicht und Visitation von „St. Katharina“ dem Zisterzienserabt Richard von Manderscheid (1280 – 1281/1282) in Himmerod unterstellt.
Abb. 03
Von nun an entsandte das Zisterzienserkloster Himmerod („Hammerd“) in der Regel einen, zeitweise auch mehrere Geistliche als Seelsorger und Beichtväter zu den frommen Frauen (die offensichtlich doch nicht „Wie die Lilie unter den Dornen“ [2. Kap., 2. Abs. ‚Hoheslied‘ im AT] lebten) der Abtei St. Katharina, die auch nach Absprachen mit den Pfarrern in Linz und Neustadt für die Bevölkerung der wenig besiedelten und schwerlich erreichbaren „Linzer Höhe“ zuständig sowie in allen Lebensfragen für die meist landwirtschaftlich geprägten Bewohner ansprechbar waren. Das Zisterzienserinnenkloster St. Katharina blieb aber in seiner wechselvollen Geschichte bis zur Auflösung (1803) eine inessenzielle Abtei.
Aber schon zu „zeyten des heiligen Bernardi“ (Bernhard von Clairvaux, * um 1090 auf der Burg „Fontaine-les-Dijon“, † 20.08.1153 in Clairvaux in Frankreich) sollen an dieser Stätte in Hargarten im Jahre 1201 die damaligen Gebäude – „durch was für vnglück es geschehen weis man nicht/im fewer vundt rasch auffgangen ware“ – der Kanonissen zerstört worden sein.
„Und wenn der Tradition nach in der Nähe der Burg früher Kanonessen ihr Stift hatten, so wird diese älteste Gründung im Zusammenhang mit der genannten Burg gestanden haben, die den Stiftsfräulein Schutz bot und wo die Töchter des Adelsgeschlechtes ein Unterkommen fanden. Das würde dann für Gerhard von Rennenberg ein weiterer Antrieb gewesen sein, die alte Tradition wieder aufleben zu lassen, wenn auch unter einer anderen Form.“
Die Burg Rennenberg (sie soll eventuell erst um 1250 zunächst als „Wohnbau“ entstanden sein) war der Stammsitz der 1217 erstmals urkundlich erwähnten Edelherren von Rennenberg. Aber schon 1530 bzw. 1585 wurde diese Burg als „ein alt verfallen Mauerwerk uf einem Berg“ bezeichnet. Sie war es wahrscheinlich schon 1507/1520 und längst nicht mehr bewohnt.
Zu den augenfälligen Widersprüchen lässt sich nur das Zitat anfügen: „Nichts Genaues weiß man nicht!“
(Wie die Rennenberger durch Erbfolge zu den Fürsten zu Salm-Kyrburg kamen und am 01.03.1917 durch Wilhelm II. {Deutscher Kaiser und König von Preußen} aus dem Fürsten- in den „Freiherrenstand von Rennenberg“ versetzt wurden, siehe den Aufsatz „Wie das erloschene Adelsgeschlecht von Rennenberg wieder zu dem ursprünglichen Namen gelangte“.)
Ab 1146 wirkte Bernhard von Clairvaux als Kreuzzugs-Prediger auch in Deutschland, war 1147 auf dem Konzil in Trier, 1148 auf dem Konzil von Reims und hielt sich im Frühjahr 1153 wieder in Lothringen auf.
Er gründete nach vorheriger Besichtigung des Geländes (1135) in Himmerod das 14. Zisterzienserkloster als erstes auf deutschem Boden. Es liegt zwischen Großlittgen und Eisenschmitt im Landkreis Bernkastel-Wittlich im Tal der Salm. Der Orden der Zisterzienser entstand 1098 als Reformbewegung unter den Benediktinern. Seine Blütezeit erlebte er unter Bernhard von Clairvaux.
Als Prediger des 2. Kreuzzuges (1147 – 1149) schickten seine Kanzelworte Tausende in den Tod. Nach dem Misserfolg und den hohen Verlusten anlässlich dieses Kreuzzuges wurde Bernhard von Clairvaux schließlich als „falscher Prophet“ bezeichnet.
Die bejahrte ehemalige Klosterkirche der Zisterzienserinnen von St. Katharina aus dem Jahr 1317/1324 ist seit dem 01.01.2008 die Pfarrkirche der Gemeinden St. Katharinen und Vettelschoß bzw. der fusionierten Pfarreien St. Katharina (St. Katharinen) und St. Michael (Vettelschoß).
„Die Kirche, an sich ohne Bedeutung für die Architekturgeschichte, ist interessant als Zeugnis für die Anpassung der Zisterzienser an zeitgemäße Bauformen. Nachdem sie die burgundische Frühgotik, mit der sie groß geworden waren, schon zu Anfang des 13. Jahrhundert (Jh.) in Heisterbach zugunsten des rheinischen Übergangsstiles aufgegeben und 1249 in Altenberg den hochgotischen Kathedralstil aufgenommen hatten, reduzieren sie in St. Katharinen die Raumform im Sinne der damals auf dem Gipfel ihrer Wirkung stehenden Bettelorden. Deren Einfluß, mehr als etwa notwendige Sparsamkeit, scheint die karge Schlichtheit der einschiffigen Kirche in St. Katharinen bestimmt zu haben.“
Die eigentliche Kirchengeschichte von Neustadt bzw. von Nuwenstet, Nuwenstat, Nuvenstat, Nuenstath oder Neustatt („Neußend“), zu der Vettelschoß seit Menschengedenken (bis zur Abpfarrung am 01.08.1925) gehörte, begann wohl erst mit der Gründung und Dotierung der ersten Pfarrkirche aus Stein in Neustadt (Hauptstraße 15) am 11.12.1230 durch das mittelrheinische und einflussreiche Dynastenpaar (Graf Heinrich III. von Sayn, † 01.01.1247, und seiner Gemahlin, Gräfin Mechthild von Sayn, * 1200/1203, † 07.07.1285).
Abb. 04
Der Bau dieser ersten Steinkirche in Neustadt (1875 wegen Baufälligkeit abgetragen und zum Bürgermeisteramt umgebaut) erfolgte wahrscheinlich aus Dank für die glückliche Heimkehr des Grafen vom 5. Kreuzzug (1217 – 1219/1221), von dem er vorzeitig heimgekehrt sein soll. Nach Auflösung der Verbandsgemeinde Neustadt (1970) wurde das Objekt von Privat erworben.
(„Der 5. Kreuzzug gegen Ägypten scheiterte nach Anfangserfolgen [Eroberung von Damiette] vor allem aufgrund von Führungsfehlern des päpstlichen Legaten.“)
In der Urkunde des Papstes Innozenz III. (1198 – 1216) vom 29.08.1213 mit Besitzbestätigung für das Zisterzienserkloster Heisterbach wird die „Parochia Nuwinstat“ (Pfarrei Nuvenstat, „Neustatt“, Neustadt) bereits bestätigt.
Unter dem 14.02.1254 vermachte die inzwischen verwitwete Gräfin Mechthild von Sayn „dem Hospitale von Heisterbach die Kirche von Nuwenstat bei Wiede mit dem Patronatsrecht und den Zehnten, den Anteil des Pfarrers daselbst ausgenommen, mit der Bewilligung ihres Landesherrn, des Erzbischofs Konrad I. von Hochstaden“ (der von 1238 bis 1261 amtierte).
Es waren meistens bewährte Heisterbacher Mönche, die der jeweilige Abt aus seinem Kloster als Seelsorger nach „Neußend“ (Neustadt) schickte. Auch die Pfarrer aus Linz und Neustadt „legten auf die Ausübung der Seelsorge in ihren abgelegenen Pfarreibezirken (‚Ob de Hüh‘) durch den Klosterpropst aus St. Katharina großen Wert“.
Doch die erste historisch belegbare Erwähnung des Dörfchens oder plausibler der Siedlung „Nuenstath“ (höchstwahrscheinlich das an der Wied) fand man im „Siegburger Mirakelbuch“, das in der Universitätsbibliothek in Düsseldorf aufbewahrt wird. Danach dürfte die Niederschrift mit der Anführung von „Nuenstath“ im Jahr 1185 entstanden sein.
Die Pfarrei („Kirspel“ = Kirchspiel) Neustatt bzw. Neustadt gehörte zu Engers-Kunostein (Landkapitel/Archidiakonat Kunostein-Engers), das dem Archidiakonat Dietkirchen (Lahn) unterstand, welches wiederum dem Unterstift Koblenz zuzurechnen war. Und das Unterstift Koblenz mit dem Oberstift Trier bildete einst die mittelalterliche Diözese (Erzbistum) Trier.
Ein Archidiakonat war eine Untereinheit eines Bistums, die oft selbst wieder mehrere Dekanate umfassen konnte. Der Archidiakon, meist ein Domherr, galt gleichsam als eine Zwischeninstanz zwischen dem Bischof und dem Pfarrklerus. Seit dem 15. Jh. verloren die Archidiakone an Einfluss, während die Bischöfe die Stellung der Landdekane in der Aufsicht der Pfarreien stärkten.
Von unseren Honschaften (die späteren Gemeinden), die germanischen Hundertschaften, das kleinste wirtschaftliche und kulturelle germanische Gebilde, hatte jede eine Opferstätte.
Die Vorgängerin der ersten in der Pfarrei Neustadt aus Stein gebauten Kirche von 1229/1230 soll eine Kapelle (wohl eine schlichte Holzkonstruktion) bei Manroth in der Honschaft Bertenau (Gemeinde Neustadt) gewesen sein.
So können auch anderswo im Pfarrgebiet von Neustadt die Kapellen als „erste Christenstätten das Licht des Christentums in unser verstreut gelegenes und gebirgiges sowie mäßig bevölkertes Gefilde“ getragen haben.
„Der Gau (Engers- oder Wiedgau) wurde zum Dekanat, die Gerichts- und Opfergemeinde zum Kirchspiel. An die bis dahin durch heidnische Opfer dem Volksgemüt vertraut gewordenen Stätten wurde die Christenkapelle gesetzt. Neben dem Grafen, als Leiter des Gaues, trat der Dekan als Seelenbetreuer, dem Centenar oder Honschaftsführer gesellte sich der Kaplan, dem die unmittelbare (christliche) Unterweisung des Volkes oblag.“
„Die Grenzen des Dekanats Engers decken sich genau mit jenen des früheren Engersgaues und erhielten sich bis zur Reformation faßt unverändert. Geistliches Oberhaupt dieses Dekanats war im 15. Jh. der Archidiakon der Stiftskirche zu Dietkirchen = Lahn. Ihm oblag es, die Pfarrstellen zu besetzen, die Vorschläge der Patronatsherren (für Neustadt war es der Abt von Heisterbach) zu prüfen und die Geistlichen in ihr Amt einzuführen.“
Nach Verträgen von 1250/1262/1275 und dem Testament von 1283 ließ die verwitwete Gräfin Mechthild von Sayn nach ihrem Tode fast ihr gesamtes mütterliches Erbe wie „ihre von der Kölner Kirche zu Lehen getragenen Burgen (Altenwied bzw. [Alten] Wied, Windeck, Rennenberg und Neuerburg sowie ihre Dörfer Rosbach/Sieg, Linz, Leubsdorf, Neustadt [Nuenstat], Asbach [Aspas], Windhagen [winthan], Gielsdorf [Gilstorp], Sechtem [Secheme], Wald- und Niederbreitbach [super Wiedam] mit allem Zubehör zur Erlangung der ewigen Gnade“ auf „Rentenbasis“ in den Besitz der Kölner Kirche (Erzstift bzw. Erzbistum und ab 1356 auch Kurfürstentum in Köln) eingehen, wobei er 553 Jahre bis zur Säkularisation und Aufhebung der Zisterzienserabtei von Heisterbach mit der steten Wiederkehr von Not und Elend, Lasten und Pflichten sowie Sorgen zu deren Herrschaftsbereich (Kurköln) zugeordnet blieb.
Juristisch beraten ließ sich Mechthild von Sayn durch Albertus Magnus und dem Franziskanerbruder Gerhard von Andernach.
(Albertus Magnus = Graf von Bollstädt, auch als Albertus de Lauing, Albertus Theutonicus oder Albertus Coloniensis bekannt, * um 1200 in Lauingen/Donau, † 15.11.1280 in Köln, Dominikaner, Kirchenlehrer, lehrte an verschiedenen deutschen Ordensschulen, Bischof von Regensburg, Vermittler arabischer und jüdischer Wissenschaft an das christliche Mittelalter, Vertrauter der Witwe Mechthild von Sayn auf der Neuerburg im Fockenbachtal. Unter ihm entstanden neue Wissenschaften wie Recht, Natur, Medizin, die letztlich zu öffentlich anerkannten und freien Gelehrten-Korporationen bzw. Universitäten für die Scholaren führten. So konnten sich die Naturwissenschaften allmählich aus der Unterwerfung unter die Theologie befreien und eine Loslösung von der Kirche erreichen.)
Auf Betreiben des Kölner Erzbischofs Philipp I. von Heinsberg (1167 – 1191) entsandte die Abtei Himmerod zwölf Mönche zur Gründung eines Tochterklosters ins Siebengebirge. Am 22.03.1189 zogen sie zunächst in die verlassenen Gebäude eines Augustinerordens auf dem Petersberg (früher Stromberg). Dort hatte sich aus einer Klausnerei, die zwischen 1131 bis 1137 entstanden war, ein Augustinerkonvent gebildet, das nach knapp 50 Jahren die Petersberger Behausungen wieder verließ.
1192 zogen die Zisterzienser in das Tal unterhalb des Petersberges und gründeten dort am „Bach“ das Kloster Heisterbach („Heister“ = Buche), das auch Sankt Peterstal genannt wurde. Es dauerte noch bis 1202, bis der Umzug nach Heisterbach in das „Tal des hl. Petrus“ abgeschlossen war. Sie rodeten und bauten sich zunächst eine hölzerne Notkirche. Der Name des ersten Zisterzienserabtes war Hermann I. (1189 – 1195/1196, später Abt von Marienstatt).
1202 legte man den Grundstein für die großartige Abteikirche des Zisterzienserklosters Heisterbach. Ab 1211 hieß das Kloster „Maria im Peterstal in Heisterbach“. Später nannte man es nur noch „Kloster Heisterbach“. Am 18.10.1237 wurde der Neubau der Abteikirche geweiht und 1327 war die Klosteranlage endlich fertiggestellt.
Mit der Säkularisation wurde auch Heisterbach aufgehoben und die ganze Anlage schließlich bis auf das Presbyterium durch kurfürstliches (Kölner) „Immediat-Reskript“ (Weisung) vom 12.09.1803 abgerissen.
Am 18.10.1804 hatte man das Kloster vergeblich zum Kauf angeboten. Die Kirche wurde 1809 auf Abbruch an einen französischen Unternehmer verkauft. Die Steine fanden Verwendung zum Bau des Nordkanals zwischen Venlo und Neuss. Später kamen die Gesteinsbrocken auch an der Festung Ehrenbreitstein zur Verbauung. Die restlichen Gebäude kaufte ein Kölner Konsortium auf. Erst 1818 (unter der Provinz Großherzogtum Niederrhein mit Sitz in Koblenz) wurden weitere Sprengungen unterbunden, so dass nur die Chorruine schließlich erhalten werden konnte.
Abb. 05, 06
(Nach dem Wiener Kongress (1815) wurde der Staat Preußen durch die Verordnung über die verbesserte Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30.04.1815 in zehn Provinzen eingeteilt. Die zunächst gebildeten beiden Provinzen Jülich-Kleve-Berg mit Sitz in Köln und Großherzogtum Niederrhein mit Sitz in Koblenz wurden durch Kabinettsordre vom 22.06.1822 zu einer Provinz vereint, die nach der Vereinigung beider Konsistorien und Medizinalkollegien die Rheinprovinzen und spätestens ab Mai 1830 Rheinprovinz genannt wurde. Die Eingliederung blieb stets problematisch, da sowohl das Rheinland als auch Westfalen an dem Zivil- und Handelsrecht, den Handelskammern und der Gemeindeverfassung festhielten, die von den napoleonischen Franzosen eingeführt worden waren.)
Mit bzw. nach den Klosterauflösungen von St. Katharina und Heisterbach stellte der Fiskus die Notwendigkeit und Bezahlung der Vikarstelle in Neustadt in Frage. Erst durch das Urteil des Rheinischen Apellationsgerichtshofes in Köln vom 17.11.1842 wurde Neustadt die 1. und 2. Vikarstelle zuerkannt. Der Inhaber der einen Vikarstelle wohnte als so genannter Expositus (Priester auf Nebenstelle) in Vettelschoß oder St. Katharinen und „pastoralisierte“ von dort aus den westlichen Teil der Pfarrei St. Margaretha in Neustadt.
Die „Patres“ aus Heisterbach nahmen meistens den Pfad über Etscheid, wenn sie sich als Seelsorger von Neustadt nach Vettelschoß/St. Katharinen mit dem Pferd oder zu Fuß auf den Weg machten, weil die ausgetretenen Pfade oder „Erdwege“ im Wiedtal – je nach Jahreszeit und Witterung – unpassierbar und noch nicht ausgebaut waren.
Doch kirchlich gehörte die Pfarrei Neustadt (Dekanat „Engers-Kunostein“) stets zu Trier, dem ältesten deutschen Bistum in der ältesten Stadt Deutschlands.
Die Burg Altenwied kommt in den Aufzeichnungen erstmalig 1174 vor. Und die erste urkundliche Erwähnung über die Einrichtung eines kurkölnischen Amtes in/auf Altenwied stammt aus dem Jahr 1275. Wenige Jahre später (1287) findet erstmals ein vom Erzbischof bestellter kölnischer Amtmann namentliche Erwähnung. 1384 wird von Schloss und Amt „Aldenwiede“, dem Amts- und Gerichtssitz von Kurköln, gesprochen. 1707 erfolgte die Verlegung des Amtssitzes von Altenwied nach Linz.
1292 wird die Feste („veste“) Altenwied zum ersten Mal urkundlich als Gericht bezeugt. Es umfasste die Kirchspiele Linz, Neustadt, Asbach, Windhagen und Waldbreitbach. Das im Dezember 1292 tagende Gericht („Banngericht upme Steynbusche“) bestand aus fünf Pfarreingesessenen und sieben Richtern, „deren Gesamtheit Veste genannt wird“.
Abb. 07
Über dem Gefängnis auf Altenwied soll sich die so genannte Burgkapelle befunden haben. In der Erzbistumskarte Trier mit Stand um 1550 sind für die Burgen Altenwied und Rennenberg keine Filialen (Kapellen) eingezeichnet.
Als oberster Landesherr stand dem Erzbischof allein im gesamten Umkreis, soweit der Glockenschlag zu hören sei, die Gerichtsbarkeit wie auch das Erlassen von Ge- und Verboten zu.
Am 23.12.1366 ernannte der altersschwache Kölner Erzbischof Engelbert III. von der Mark (1364 – 1368) den Trierer Erzbischof Kuno II. von Falkenstein (1362 – 1388) zum Koadjutor (Amtsgehilfen eines katholischen Geistlichen, besonders eines Bischofs), damit er ihn in seinen Amtsgeschäften unterstütze. So übertrug Engelbert III. die gesamte Regierungsgewalt in weltlichen wie geistlichen Dingen an Kuno von Falkenstein. Sämtliche Amtsleute hatten nun ihm zu huldigen und zu gehorchen. Dafür erhielt der Trierer Erzbischof als Pfandgut neben der Burg Altenwied, Stadt und Burg Linz samt Zoll, die Stadt Andernach sowie die Burgen Rolandseck, Altenahr, Neuerburg, Thuron und Zeltingen samt Ämtern, Rechten und Besitzungen.
Wenige Monate später ernannte der neue Koadjutor (Kuno von Falkenstein) den Ritter Rolmann zu Ahrenthal (Roilman von Sinzig, Herr zu Ahrenthal und dessen Sohn Heinrich, 1364 – 1370) „zum erzstiftischen Amtmann“ in Altenwied. Die Verpfändungen von Altenwied setzten sich im 14. und 15. Jh. weiter fort. Die Burg bzw. das Amt Altenwied wurde regelrecht zum Spielball verschiedener Pfandherren.
(Zur gesamten Aufhellung dieser Zeit ist ein gesonderter Aufsatz erforderlich, der für die Interessenten äußerst kurzweilig ausfallen dürfte.)
Die Kapelle in Willscheid gab es schon vor 1570 und die einstige
„Mechelskapell“ in Vettelschoß bereits vor 1550
Diese ehemaligen „Filialen“ der Pfarrei Neustadt sind weit nach der zweiten Rodungsphase und in der frühen Neuzeit entstanden. Die exakte Bauzeit ist in etwa eingrenzbar, jedoch über die Motive und die Urheber lässt sich weiter streiten!
„Um 1300 zählte das Dekanat Engers mit Neustadt zusammen 24 Pfarreien und um 1400 gab es bereits 30 Kirchen.“
„Im Jahr 1570 ist Engers mit 29 Pfarreien aufgeführt.“ Dabei sind alle „Filialen“ (Kapellen) der Pfarrei St. Margaretha (Margarita) in Neustadt, wozu auch die Hun- oder Honschaft Lorscheid mit Vettelschoß gehörte, erwähnt. – „Willscheid (St.-Bernhardus-Kapelle), Vettelschoß (St.-Michaels-Kapelle) und Ebscheid (höchstwahrscheinlich Etscheid), die St.-Antonius-von-Padua-Kapelle.“
Die Kapellen in Etscheid, Steinshardt (St. Petrus) und Vettelschoß sind schon von vor 1550 bestätigt. Einige Gotteshäuser in der Pfarrei Neustadt und Linz waren von Anfang an mit dem Jerusalemkreuz und dem Hahn versehen (Vettelschoß nicht!).
Abb. 08
Vor allem die in Trier amtierenden Erzbischöpfe und Kurfürsten waren in der mutmaßlichen Entstehungszeit der Kapellen in Vettelschoß und Willscheid mit dem Umsetzen von Reformdekreten und der Rekatholisierung beschäftigt. Auch von den Pfarrern in Neustadt wurden keine Hinweise bekannt, die den Kapellenbau auf der „Linzerhöhe“ in irgendeiner Weise suggeriert hätten.
Kurz vor 1700 hatte die Pfarrei Neustadt ungefähr 1.184 Seelen. Und 1800 waren es „in Neustadt, Territorium Köln, Kollator (Inhaber der Kollatur = Abt) Heisterbach, Archidiakonat Dietkirchen, Landkapitel Kunostein-Engers 2.100 Gläubige“. – „Um 1800 nennt das Landkapitel Kuno=Engers 31 Pfarreien einschließlich Neustadt.“
Abb. 09
Wurde die Kapelle in Willscheid nach dem Konzil von Trient (von 1545 bis 1563 mit Unterbrechungen) von dem seinerzeitigen Adelsgeschlecht, das den Grund und Boden besaß und für die Kapelle zur Verfügung stellte, als Zeichen der beginnenden „Rekatholisierung“ errichtet?
Angesichts der Herausforderung durch die lutherische Reformation hatten sich die kirchlichen Würdenträger der katholischen Welt in Trient versammelt, um die Lehren des Katholizismus zu präzisieren und Reformen einzuleiten. Auch wurden in Trient die Konfessionen („Evangelisch“/„Katholisch“) eindeutig abgegrenzt. Ein besonders eifriger Helfer der „Rekatholisierung“ war der 1534 von Ignatius von Loyola gegründete Jesuitenorden, den der Papst Gregor XIII. (1572 – 1585) entschieden förderte. Der Ausdruck „Gegenreformation“ wurde 1776 von dem Göttinger Juristen und Jesuiten Johann Stephan Pütter in die Literatur eingeführt.
Mit Ignatius von Loyola begann das Zeitalter der Religionskriege. Im Dreißigjährigen Krieg wurden große Teile Europas zerstört, Unschuldige niedergemetzelt und getötet. Mit der „Rekatholisierung“ lässt sich eine zeitliche Übereinstimmung mit den Massenprozessen gegen Hexen beobachten. Die Hexenverfolgungen wurden auch als Mittel der Konfessionskämpfe sowohl von den Katholiken als auch von den Protestanten eingesetzt.
Von 1456 an und 54 Jahre lang war das „Katharinenkloster“ verwaist. Es wurde ein Priorat der Himmeroder. „Die Verwaltung der Himmeroder Mönche hatte dem Kloster wieder zu Wohlstand verholfen, so daß es seiner ursprünglichen Bestimmung zurückgegeben werden konnte.“
„Im Jahre 1508, auf Dienstag vor Michelstag, übergab Abt Jakob von Hillesheim das Kloster wieder dem Frauenkonvent von St. Katharinen, nachdem vorher die Erzbischöfe von Köln und Trier zur Restauration der Abtei ihre Zustimmung gegeben hatten. Als Zeugen des feierlichen Aktes waren Graf Wilhelm von Rennenberg, Herr zu Schwanen- und Kulenberg, der ‚allerlieffste grünt her vnd beschermer des cloisters‘, dessen Schwester Amalia, Frau zu St. Marien in Köln und zu Schwarz-Rheindorf, Catharina Norprath, Äbtissin zu Grau-Rheindorf, und Graf Johann von Nassau zugegen.“
Jener Graf Wilhelm von Rennenberg (* um 1470, † 18.07.1546) war im Türkenkrieg 1532 als „Oberst über die Reiterei“ engagiert, soll 1499 baronisiert bzw. in den Freiherrenstand erhoben worden sein und sich später Graf von Rennenberg genannt haben, galt als einflussreicher Beamter und kaiserlicher Diplomat, Kreditgeber, Werber von Fußknechten und Söldnerführern.
„Als Amtmann von Born (Herzogtum Jülich) und von Kempen am Niederrhein stand er bald in kölnischen, jülischen, kurpfälzischen, hessischen und kaiserlichen Diensten. Er war schon 1527 dem Evangelio geneigt und hatte die religiösen Neuerungsbestrebungen ihrer Zeit nicht nur toleriert, sondern auch beschützend seine Hand über sie gehalten und sie gefördert, soweit es in seinen Kräften stand.“
„Wilhelm von Rennenberg spielte zwischen 1540 und 1546 in den religiösen Auseinandersetzungen und Flügelkämpfen als Amtmann von Born und von Kempen vor dem Hintergrund des Reformationsversuchs des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Hermann V. von Wied eine zentrale Rolle.“
(Siehe „Wie das erloschene Adelsgeschlecht von Rennenberg wieder zu dem ursprünglichen Namen gelangte“.)
Auf wen letztlich die Kapelle in Willscheid in der frühen Neuzeit bzw. kurkölnischen Zeit zurückgeht, bleibt weiter ungeklärt.
„1556 sind verschiedene Pfarreien des Dekanates Engers protestantisch visitiert worden. Die Haltung der Kölner Erzbischöfe, des Erzbischofs Hermann V. Graf von Wied (* 14.01.1477 auf Altwied, Erzbischof und Kurfürst von Köln von 1515 – 1547 sowie Fürstbischof von Paderborn von 1532 – 1547, krönte 1520 Karl V. in Aachen zum Kaiser, † 15.08.1552 auf Altwied, soll zeitweise auch auf Altenwied gewohnt haben) und Gebhard (Gebhard Truchseß von Waldburg, Kurfürst und Erzbischof von Köln von 1577 – 1583, trat zum Protestantismus über, heiratete seine Mätresse und Nonne Agnes von Mansfeld und wollte das Erzstift Köln säkularisieren) mag auch für die Glaubenszugehörigkeit unserer Pfarrei manche Gefahr gehabt haben. Das Verhältnis Neustadts zu Heisterbach aber isolierte und sicherte, wenngleich auch nicht in Abrede gestellt werden soll, daß Winkelprediger, die allgemein im Lande auftauchten, in Kapellen, Gassen, Häusern und Scheunen predigten, auch das Gebiet der Pfarrei aufgesucht haben werden.“
Abb. 10
Es ist uns aus der Zisterzienserinnenabtei St. Katharinen folgendes überliefert: „Zu Zeiten Annae Blanckart – der damaligen Äbtissin (1537 – 1558) – ist der rath zu Lyntz (Linz) mehrentheils Lutherisch gewesen vndt zu St. Catharinen ein Lutherischer praedicant (Hilfsprediger) durch ein Leyschwester von der cantzel herunter geworfen vndt mit gewalt aus der Kirchen geschlagen worden.“
Diese Schwester war sicherlich keine Zimperliese und auch keine Maid, die spontan und ohne Absprachen mit den anderen Konversen (Laienschwestern) in der altehrwürdigen Klosterkirche St. Katharina handelte. Sie dürfte in einer biederen Bauernfamilie der Umgebung ihr Zuhause gehabt und sich der alten Tradition inniglich verpflichtet gefühlt haben.
Die in Leubsdorf (Verbandsgemeinde Linz) dem alten Glauben treu gebliebenen Bürgerinnen und Bürger wurden in den Wirren der Reformation von einem Prediger aus Brohl so sehr „gepeinigt“, dass sie mit dem Vieh und allem, was transportabel war, in den Wald flüchteten. Um 1545 im damaligen Umfeld der vorübergehenden Sesshaftigkeit haben die dankbaren Leubsdorfer die Kapelle „Zum Rothen Kreuz“ (auf der Rodung) erbaut.
Abb. 11
Mit Unterstützung des Kölner Erzbischofs führte Heinrich Kraus (Plebanus/Pleban = Seelsorgerstellvertreter) die neue Reformationsordnung in Linz ein. Pfarrer Heliä wollte daraufhin seinen Adlatus entlassen, doch der Linzer Stadtrat war dagegen. Dennoch stockte die Reformationsbewegung im Kirchspiel Linz, womit sich Hermann von Wied ganz und gar nicht abzufinden vermochte.
Auch noch, als Hermann von Wied durch Papst Paul III. (1534 bis 1549) im Jahre 1546 exkommuniziert worden war und auf Druck des Kaisers Karl V. am 25.02.1547 als Kurfürst und Erzbischof von Köln zurücktreten musste, hielt Linz (Bürgermeister Jacob Gewantschnyder, 1545/1546, und Gotschalk Koint(t)h, 1547/ 1548) weiter zu ihm. Man trug sich zudem mit dem Gedanken, ihm Zuflucht hinter den Stadtmauern von Linz zu gewähren.
„Als wichtigster Teil der Einkünfte des Pfarrers mußte im Jahr 1570 bis zur französischen Revolution (1789 – 1799) der Zehnte gelten, von dem der Pfarrer in der Regel ein Drittel, vereinzelt auch die Hälfte oder den Gesamtbetrag bezog.“
„Auch die Abgabe der Ostereier war schon 1590 im Gebrauch. Für außergewöhnliche Leistungen bezog der Pfarrer natürlich eine besondere Vergütung, so z.B. ein Pfarrer für die Begleitung einer auswärtigen Prozession ein halb Viertel Korn.“
„Eine weitere Einnahme für den Pfarrer boten die Stiftungen, welche in manchen Kirchen vorhanden waren. Diese Stiftungen sind fast alle Wochenmessen, die entweder in der Pfarrkirche oder auf einer Filiale zu halten waren.“
„Eine weitere nicht unbedeutende Einnahme brachte dem Pfarrer der Umstand, daß er die Rechte des Gemeindemitgliedes besaß, sogar zu den Erstberechtigten, den ‚Reichen‘, zählte. Am Gemeindewald, dem Gemeindelande und der Viehweide hatte er dadurch Anteil. Es galt als Regel, welche durch die Kapitelsstatuten festgestellt war, daß der Pfarrer 25 Schafe zur Gemeindeherde schicken durfte, meist auch mehrere Stücke Vieh. ...“
„Dahingegen hatte der Pfarrer aber auch das ‚Faselvieh‘ (ist das zur Zucht bestimmte Vieh, zum Unterschied des Mastviehs) recht häufig zu halten, d.h. den Stier, Eber, auch Bock, eine Verpflichtung, welche auf seinem Zehntrechte lastete. Diese Verpflichtung dauerte, wenn auch vielfach im Laufe der Zeit abgelöst oder sonst beseitigt, bis zur französischen Revolution, stellenweise sogar noch später.“
„Schon das Provinzialkonzil von Trier vom Jahre 1238 und wieder jenes von 1310 verlangen, daß die Vikare, d.h. die in inkorporierten (aufgenommenen) Pfarreien als Pfarrer tätigen Geistlichen eine ‚Competens portio‘ zu beziehen hätten, und wenn sie dieselbe nicht bezögen, klagend gegen diejenigen vorgehen sollten, welche die kirchlichen Einkünfte der Pfarrei in Besitz hätten.“
„Das Konzil von Trient (‚Tridentinum‘, das von der römisch-katholischen Kirche als 19. ökumenisches Konzil gerechnet wird, fand in vier Sitzungsperioden statt und tagte zwischen 1545 und 1563) forderte für diese Pfarrer als Kompetenz ein Drittel der Einkünfte der Pfarrei ‚oder mehr oder weniger nach dem Gutdünken des Bischofs‘. Im Jahre 1787 wünscht der Erzbischof, daß dieselbe 300 Gld. (720 Mk.) betragen möge.“
„Eingehendere Angaben haben wir aus dem 14. Jahrhundert über Einkünfte einer ganzen Reihe Trierischer Pfarreien, enthalten in den ‚Regesten zur Geschichte der Rheinlande aus dem Vatikanischen Archive‘, gesammelt und bearbeitet in sieben Bänden (in lateinischer Schrift) von Heinrich Volbert Sauerland (* 11.05.1839 in Arnsberg, † 13.06.1910 in Rom), den man auch den ‚roten Kaplan aus Dortmund‘ oder ‚Sauerland Heinrich‘ nannte.“ Er war Priester, Historiker und Kirchenkritiker bzw. zuletzt Privatgelehrter in Rom mit Zugang zu den Vatikanischen Archiven.
„Es handelt sich um Urkunden, welche Pfarreien an Geistliche übertragen, die schon anderwärts eine oder mehrere Pfründen besaßen und deswegen zur Übernahme der Pfarrei, welche sie in der Regel auch durch Vikare versehen ließen, ohne päpstliche Dispens nicht befähigt waren. Weiter geben die erwähnten Regesten von Heinrich Volbert Sauerland von einer ganzen Reihe von Pfarreien die Höhe der Pfarrkompetenz im 14. Jahrhundert an. Es ist jedoch zu beachten, daß diese Angaben den Bittgesuchen der Geistlichen entstammen, welche die Pfarreien erhalten wollten, und daß die Angaben deswegen eher zu tief als zu hoch angenommen sind, wenn sie auch im allgemeinen als richtig zu betrachten sind. Die Angaben sind nun folgende: Die Pfarrkompetenz für ... Neustadt 8 Mk. Silber (für Linz ebenfalls 8). Ein Altarist von Linz bezog 18. Mk.“
(Dem Altaristen – auch Vikar – war die ausschließliche Aufgabe übertragen, die mit einer Altarstiftung verbundenen Verrichtungen vorzunehmen, insbesondere das Feiern der hl. Messen zum Seelenheil des Stifters. Der Altarist war bei diesen Aufgaben der Stellvertreter eines Pfarrers.)
Diese so genannte „Naturalwirtschaft“ aus dem Mittelalter mit dem Brauch, „daß der amtierende Pastor sein Fruchtzehnten von den Feldern wegholte“, wurde schließlich 1861 durch Geldzahlungen abgelöst.
Die „Pfarreinteilung der Diözese um 1570: Einen festen Anhaltspunkt für die Entwicklung des Pfarrnetzes seit dem 14. Jahrhundert bieten weiter die Akten der Visitationen, welche seit dem Konzil von Trient (1545/63) in der Diözese wieder in Aufnahme kamen. Tatsächlich erfolgte im Januar und Februar 1556 die erste protestantische Visitation der Pfarreien Anhausen, Dierdorf, Feldkirchen, Heddesdorf, Niederbiber, Niederhonnefeld, Niederwambach, Oberdreis, Puderbach, Rengsdorf und Urbach.“
„Bendorf hatte im Jahre 1570 einen protestantischen Pfarrer, obschon die weitaus größere Zahl der Einwohner katholisch geblieben war. Auch Sayn, dem Kloster Sayn inkorporiert und deshalb im Verzeichnis fehlend, hatte 1570 einen lutherischen Geistlichen. Es liegt ein Aktenstück vor vom Jahre 1572, welches die Verhandlungen wiedergibt, die der bischöfliche Kommissar zu Ehrenbreitstein gepflogen hat über die Ausführung der Bestimmungen bei einer Visitation des Dekanates Engers.“
„Naturgemäß darf nicht behauptet werden, daß alle visitierten Pfarreien in diesem Aktenstück erwähnt werden mußten. Es werden in demselben tatsächlich angeführt die Kirchen von Arenberg, Arzheim, Engers, Heimbach, Hönningen, Linz, Leutesdorf, Neustadt, Niederberg, Oberhammerstein, Peterslahr, Pfaffendorf und Waldbreitbach, aber auch Horchheim und Besselich sind genannt. Letzteres war nie Pfarrei. Einen sicheren Anhalt für die Bestimmung der 1572 vorhandenen katholischen Pfarreien kann diese Aufzählung von Kirchen deshalb nicht geben.“
Nach anderen und späteren Darstellungen soll die „St.-Bernhardus-Kapelle“ in Willscheid 1683, die in Etscheid „um 1680/1683“ und die Kapelle „Zu den drei Schlägen“ in Fernthal auch 1683 errichtet worden sein. Und die Strauscheider Kapelle zu „Ehren der allerseligsten, in den Himmel aufgenommenen Jungfrau Maria“ ist vermutlich zwischen „1680 und 1697“ entstanden. Sie ist in der Tat viel älter. – Wahrscheinlich besagen diese Jahreszahlen, dass unsere „bemoosten“ Kapellen zu jener Zeit grundlegend restauriert wurden!
Unter Pastor Wilhelm Grein (Seelsorger in Neustadt von 1656 – 1693, vorher Zisterziensermönch in Heisterbach, † am 14.01.1693 im 73. Lebensjahr) scheint es in den Sanierungen der alten Kapellen (es dürften in die Jahre gekommene und altersschwache Objekte aus heimischen Hölzern oder vielleicht auch einfache „Hellijehüschen“ bzw. Heiligen-Häuschen in Stein oder Fachwerk ersetzt oder neu ausgestaltet worden sein), aber auch im Neubau von Gotteshäusern, zu einer wahren Euphorie gekommen zu sein.
Die zweite Pest-Welle in unserem Gefilde war abgeklungen, der Dreißigjährige Krieg vorbei, seine Wunden bis auf die schlimmen Erinnerungen verheilt und den alternden Überlebenden „brannten“ möglicherweise die in der schrecklichen Not- und Kriegszeit gemachten „frommen“ Versprechungen „unter den Nägeln“.
Einhundert Jahre nach dieser „Renovierungsphase“ galten die Kapellen im Kirchspiel Neustadt abermals als marode und morsch. In einem Neustadter Visitationsprotokoll des Erzbistums Trier aus dem Jahre 1787 werden fünf Kapellen ohne Namensnennung erwähnt, die sich allesamt in „einem schlechten Zustand befinden“.
Der Inventur des Amtes Altenwied im Jahr 1659/1660 zufolge standen in der Honschaft Lorscheid/Vettelschoß „ein Hof in Seiffen (Seiferhof), in Kalenborn und Homscheid je zwei Höfe, in Schrödt (Strödt) fünf und in Vettelschoß elf, davon einer unbewohnt. Drei Häuser gab es in Willscheid, zwei Höfe in Oberwillscheid und einen in Mittelwillscheid. Lorscheid zählte fünf und Hinterlorscheid ein bewohntes Haus. Insgesamt umfaßte die Honschaft Lorscheid 32 bewohnte Häuser.“
Bei der statistischen Beschreibung des Amtes Altenwied anlässlich der Säkularisation (1803) hieß es: „Das Amt Altenwied gehört zum niederheinischen Kreis, hat im Umfang 3 Quadratmeilen, grenzt gegen Morgen ans Sayn Altenburgische und Hachenburgische, gegen Mittag ans Neiwiedische (Neuwiedische) und Nassau Weilburgische, gegen Abend an Dattenberg und Linz, gegen Mitternacht ans Bergische. Der größte Theil des Landes ist nicht fruchtbar, hat viele Gebirge und liefert verschiedene Metalle.“
„Die Einwohnerzahl betrug insgesamt 6.171. Das gesamte Amt (Altenwied) bestand aus den drei Kirchspielen Asbach, Neustadt und Windhagen, die wiederum in verschiedene Hunschaften (Honschaften) unterteilt waren. Jede Hunschaft hatte zwei Bürgermeister (Honschaftsführer). Zum Kirchspiel Asbach gehörten die Hunschaften: Elsaff, Limbach, Schaumburg, Griesenbach und Krautscheid. Diese wiederum bestanden aus 65 Dörfern und Höfen, welche insgesamt 528 Häuser und 2.582 Seelen hatten. Das Kirchspiel Neustadt setzte sich ebenfalls aus fünf Hunschaften zusammen: Bühlingen, Bertenau, Rahms, Elsaff und Lorscheid (eine Hälfte war Vettelschoß), die wiederum aus 70 Dörfern und Höfen bestanden, welche 559 Häuser und 2.890 Seelen hatten. Das Kirchspiel Windhagen bestand aus zwei Hunschaften und diese aus 18 Dörfern und Höfen. Die Anzahl der Häuser war 129 und die der Seelen 699.“
Das Adelsgeschlecht derer von Schoenebeck
Das rheinisch-westfälische Adelsgeschlecht von Schoenebeck wird erstmals Ende des 16. Jh. am Niederrhein und danach auch am Mittelrhein dokumentarisch erwähnt. Die Stammreihe beginnt mit einem Hermann von Schoenebeck (* um 1540), der mit einer Christina von Müttinghoven (Christine von Muettinghoven) aus der Gegend von Rheinbach verheiratet war. Der gemeinsame Sohn Peter gilt urkundlich als gesichert.
Dieser Peter von Schoenebeck (verheiratet mit Susanna von der Dorneburg, „Tochter des kurpfälzischen Kriegs- und Kammerrats Georg von Aschebrock zur Malenburg und der Hedwig von Westrem zu Simmern“) war 1595 Hofsekretär in Kleve, 1598 Richter in Soest und ab 1626 Richter in Mettmann. Den Sohn Gerhard (Gerard) von Schoenebeck († vor 1670) kennen wir 1632 als Adjutant seines Vaters. Er folgte ihm 1633 auf den Richterstuhl in Mettmann. Etwas später sehen wir Gerhard von Schoenebeck als Schultheiß in Frechen, Vogt des Amtes Bergheim sowie 1637 als Amtmann und Bergischer Landschreiber.
Der „Landschreiber“ galt als die Amtsbezeichnung eines hohen Landesbeamten. Ihm oblag der Schriftverkehr der Kanzlei und die Protokollführung bei den Sitzungen von Räten und Landdrosten (Verwalter einer Drostei = eines Verwaltungsbezirks). Der Landschreiber hatte alle amtlichen Schriftstücke auszufertigen.
Durch seine Heirat mit Sibylla von der Lippe (Tochter von Diedrich von der Lippe und Elisabeth von Doven) kam Gerhard von Schoenebeck in den Besitz des von der Mutter geerbten Rittergutes „Asperschlag“ in Bergheim-Niederaußem (Rhein-Erft-Kreis).
Das alte Gut mit der historischen Hofanlage wird bereits 1170/1176 genannt. Der Name stammt von einem früheren Wald namens „Asp“ ab. Der Landsitz „Asperschlag“ diente in unserer Zeit wiederholt als Drehort für Fernsehproduktionen und aktuelle „Tatort“-Serien.
Am 17.12.1618 ist Dietrich von der Lippe, der Schultheiß in Frechen, mit dem von ihm angekauften Gut „Asperschlag“ belehnt worden. Doch 1637 erscheint schon Gerhard von Schoenebeck, Amtmann in Bergheim, als Besitzer.
„Und am 20.08.1655 kaufte (Peter) Dietrich von Schoenebeck († 03.11.1688 oder 29.12.1688 in Düsseldorf, verheiratet seit 21.04.1654 mit Katharina Helene Anna le Grandt oder Grand) das Lehn und Rittergut ‚Asperschlag‘ und redimierte (los- oder freikaufen) das Herrengewehr (es ist das Rittergut ‚Asperschlag‘ gemeint) ex gratia (eine Regelung auf Kulanz ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) mit 60 Reichsthalern. Am 29.03.1676 ist Dietrich von Schoenebeck – er nannte sich auch ‚Herr zu Asperschlag‘ – die Erlaubnis erteilt worden, das Gut zu verkaufen und der Ankäuferin (Witwe Johann von Heinsberg) verstattet worden, das Herrengewehr mit 56 Reichthalern zu redimieren.“
„Bis zu seinem Tode lebte Peter Dietrich von Schoenebeck als kurfürstlicher Hofkammerrat und Oberkriegskommissar in Düsseldorf, wo er in der Klosterkirche zum hl. Antonius von Padua, der heutigen Pfarrkirche St. Maximilian, beigesetzt worden ist. Bei dem in den Jahren 1734 bis 1736 erfolgten Umbau dieser Kirche muß sein Grab beseitigt worden sein.“
Außerdem besaß Peter Dietrich von Schoenebeck den „Leuschhof“ in Köln-Urbach und war seit 1652 Erbpächter des „Lohfelder Weihers“. (Lohfeld ist ein Ortsteil der Stadt Bad Honnef im Rhein-Sieg-Kreis.)
Schon im Jahre 1302 wurde der „Lohfelder Weiher“ als „piscina lovelt“ genannt. Dieses Gewässer, das bereits 1652 nur noch an Überresten zu erkennen war, hatte eine längliche Form – die sich parallel zum Rhein erstreckte – und im Süden eine Verbindung zu den noch bestehenden Weihern des Rheinbreitbacher Maars hatte. Der „Lohfelder Weiher“ war vermutlich das Überbleibsel eines früheren Rhein-Arms. In etwa ab dem 13. Jh. war Lohfeld der Standort der Richtstätte von Honnef bzw. des Amtes Löwenburg, die spätestens 1788 aufgegeben wurde.
Der Ortsname Lohfeld geht auf Flurnamen zurück, die die Bezeichnung „Aufm Lohfeld“ bzw. „Unten auf Lohfeld“ trugen. Eine frühere urkundliche Erwähnung des Ortes erfolgte 1343 als „loyfeld“ (niedriges Holz, Gebüsch, Hain, Wald). Und 1643 folgte eine Erwähnung als „Luffeltzien“ (Lohfelder-Sey).
Ferner galt Peter Dietrich von Schoenebeck seit 1652 als Pächter der Insel Grafenwerth (früher auch das Grafenwerth) in Bad Honnef. Sie ist eine Insel (mit Blick auf das Siebengebirge und den Drachenfels) im Rhein und befindet sich gegenüber der Insel Nonnenwerth.
Bevor die Insel Anfang des 19. Jh. ihren heutigen Namen erhielt, wurde sie Insel ‚Graff‘ bzw. ‚Groff‘ oder ‚de Jroff‘ genannt. Der Name „Grafenwerth“ soll nach den Grafen von Sayn, denen die Insel gehört haben soll, entstanden sein. Andere Auslegungen weisen auf die Bezeichnung „Grawe“ (gallisch), gleichbedeutend mit Kies, Sand, Sandbank hin.
Abb. 12
Bis 1650 war auch die Bezeichnung ‚Mittelwerth‘ gebräuchlich, was auf die frühere Existenz einer dritten Rheininsel bei Bad Honnef auf Höhe von oder auf dem heutigen Gebiet von Lohfeld und damit auch auf einen vierten Rheinarm in der Nonnenwerther Stromspaltung hindeutet.
Die Insel gehörte damals dem Landesherrn (Herzog von Berg), der sie verpachtete. Ehemals wurde sie zum Weidenbau genutzt, später, Mitte des 17. Jh., war man zum Feld- und Wiesenbau übergegangen. Langjährige Pächter in herzoglicher Zeit waren die Familien von Schoenebeck, Legrand und deren Erben von Frantz, die sie wieder unterverpachteten.
1815 kam die Insel in den Besitz des Preußischen Staates und im gleichen Jahr – für sechs Jahre – wurde sie an Johann Römlinghoven verpachtet. Von 1831 bis 1875 war die Familie Rechmann Pächter. Sie ging dazu über, eine Kaffeewirtschaft einzurichten, die durch den Abriss des alten Meiereigebäudes und einen Neubau im Jahr 1872 seitens des Staates gefördert wurde. Die Insel entwickelte sich zu einem beliebten Ausflugsort für Jung und Alt, Groß und Klein und aus Nah und Fern.
Im Jahr 1885 war Grafenwerth als Wohnplatz der Stadt Honnef mit einem Gebäude und sieben Einwohnern ausgewiesen. 1889 hatte sich Honnef, neben Königswinter und anderen Rheinorten, mit Grafenwerth als Standort für das geplante Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Rhein beworben, das man letztlich am Deutschen Eck in Koblenz errichtete.
Abb. 13
Seit dem 15.04.1912 gibt es die erste Festland-Verbindung nach Grafenwerth. 1921 erwarb die Stadt Bad Honnef die Insel. Von 1936 bis 1938 erbohrte man auf Grafenwerth eine Mineralquelle und baute das damalige Mineralfreibad, wodurch die Stadt Honnef anerkanntes Heilbad wurde.
Peter Dietrich von Schoenebeck wirkte als bergischer Landschreiber, kurpfälzischer Hofkammerrat und Ober-Kriegskommissar in Düsseldorf. Er heiratete am 11.11.1665 in zweiter Ehe die Maria Elisabeth von der Hoven genannt Pampus († nach dem 26.10.1687). Durch sie erbte er das Rittergut Düsternau (eine ehemalige Wasserburg mit adeliger Freiheit, ein Lehen der Grafen von Isenburg-Grenzau, bei Peterslahr im Landkreis Altenkirchen) mit den Besitzungen in Steinshof (Gemeinde Neustadt, Verbandsgemeinde Asbach), in Hinterplag (Gemeinde Asbach) sowie in Johannisberg (Gemeinde Windhagen, Verbandsgemeinde Asbach).
Lehnsträger des Gutes Düsternau war im 16. Jh. das Adelsgeschlecht „von Düsternau“. Vor 1519 war auch der zwischen Peterslahr und Burglahr gelegene Hof „Überlahr“ hinzugekommen und so nannten sich die Besitzer „Herren von Düsternau und Überlahr“.
1614 war der letzte Lehnsträger aus dem Geschlecht derer von Düsternau Hans Wilhelm von Düsternau. Als er verstorben war, zog der Graf von Isenburg das Gut als erledigtes Lehen ein und verkaufte es schließlich 1635 an Hans Georg von der Hoven genannt Pampus. – Von der Hoven genannt Pampus (auch von der Huben genannt Pampus oder Pampys) ist der Name eines rheinischen Adelsgeschlechts, das möglicherweise aus Nordholland stammt.
Die Rheinbrohler Linie stellte dort im 16. Jh. die Vögte der Grafen von Sayn. Durch Einheirat wurden ein wohlhabender Hof in Swisttal-Morenhoven (im nordrhein-westfälischen Rhein-Sieg-Kreis) und der Adelssitz Plag (heute Vogtslag in der Verbandsgemeinde Asbach) erworben.
Da die Pampus sich an der seit 1561 von den Grafen von Sayn mitgetragenen Reformation beteiligten, verloren sie durch die Rekatholisierung (Gegenreformation) Rheinbrohls so Anfang des 17. Jh. an Einfluss.
Im Dreißigjährigen Krieg konnten sie den Rittersitz Düsternau und das Lehen Eschenau bei Runkel (Lahn) erwerben und sich an die Familien der Grafen von Isenburg und der Grafen von Wied anbanden.
Düsternau, zur früheren Grafschaft Sayn-Hachenburg gehörig, blieb lange in Familienbesitz. Ebenso das Amt der Äbtissinnen von Kloster Merten (Gemeinde Eitorf an der Sieg) der Augustinerinnen von vermutlich 1160 (über hundert Jahre) und Kloster Maria Engelport (auch porta angelica genannt) von vermutlich 1220 bzw. 1272 der Zisterzienserinnen in Treis-Karden im Hunsrück (über achtzig Jahre). Dies beruhte auf dem Einfluss der Familien Crafft und von Schoenebeck auf Düsternau, die kurpfälzische Räte waren.
„Seit 1682 war Dr. Johann Michael Hertmanni (1659 – 1704) mit der Tochter des kurpfälzischen Oberkriegskommissars Peter Diedrich von Schoenebeck und seiner ersten Frau Katharina Helene le Grand zu Düsseldorf namens Anna Maria Sarah von Schoenebeck verheiratet, welche am 06.02.1656 auf Haus ‚Asperschlag‘ im Kreis Bergheim geboren war († 07.07.1725 in ‚Pulem‘ bzw. Pulheim). Diese war in 1. Ehe vermählt mit Philipp Adam de la Marche, dem sie am 13.09.1678 in der Lambertuskirche zu Düsseldorf angetraut war.“
Der gemeinsame Sohn von Maria Elisabeth von der Hoven (genannt Pampus) und Peter Dietrich von Schoenebeck mit dem Namen Johann Wilhelm Leopold von Schoenebeck (* 15.11.1685 in Leusch im Kreis Grevenbroich, † 11.07.1755 in/bei Peterslahr durch Mörderhand; er wurde „von einem Peter Ehrenberg in der Nähe von Düsternau erschlagen und in Peterslahr beerdigt, seine 21 Jahre vorher verstorbene Ehefrau Anna Katharina Wilhelmine geb. Hertmanni fand in der Klosterkirche zu Ehrenstein ihre letzte Ruhestätte“) sowie auch dessen Sohn Johann Michael Joseph von Schoenebeck übernahmen diese Habschaft in Düsternau. Sie hatten zu jener Zeit auch das Amt des kurkölnischen Landes- bzw. Polizeihauptmannes des Amtes Altenwied und der Herrschaft Lahr inne. – Johann Wilhelm Leopold von Schoenebeck von vermutlich 1715/1716 bis 1746 und Johann Michael Josef von Schoenebeck von 1746 bis † 1756.
Johann Wilhelm Leopold von Schoenebeck, Herr auf Düsternau/Peterslahr mit Besitzungen zu Steinshof, Hinterplag, Johannisberg und Hüngsberg, war seit dem 26.05.1717 mit Anna Katharina Wilhelmine Hertmanni (* evtl. 1685 in Auenheim, † 21.10.1734 in Düsternau) verheiratet. Er war ihr Stiefonkel, der Stiefbruder ihrer Mutter. Sie wurde dadurch die Stammmutter dieser Linie.
Peter Dietrich von Schoenebeck ging am 27.05.1688 eine weitere Ehe mit Maria Katharina von Heister ein. Nach seinem Tode am 03.11.1688 gebar sie noch die Tochter Magdalene Margarethe Constantia von Schoenebeck, die am 17.02.1689 in Düsseldorf getauft wurde. Peter Dietrich von Schoenebeck hatte 17 Kinder aus 3 Ehen!
„Die jüngste Stiefschwester dieser von Schoenebeck, Magdalene Margarethe Constantia von Schoenebeck, war vermählt mit dem kurkölnischen Hofrat Johann Gabriel Fabri, der ein Sohn der Anna Katharina Fabri geb. Hertmanni und somit ein Neffe der Katharina Elisabeth von Schoenebeck geb. Hertmanni und der Anna Maria Sarah Hertmanni geb. von Schoenebeck war.“
Bei den Nachkommen des Johann Michael Joseph von Schoenebeck teilt sich die weitere Stammfolge der Familie von Schoenebeck in drei Linien:
1) Rheinische Linie. Stammvater ist Franz Gabriel von Schoenebeck (1739 – 1785), dessen Sohn Caspar Anton von Schoenebeck (1777 – 1856, königlich-preußischer Gendarmerie-Wachtmeister), der am 30.101829 die preußische Adelsanerkennung erhielt. Diese Linie verzweigt sich vielschichtig, besonders im nördlichen Landkreis Neuwied.
2) Bayerische Linie: Stammvater ist Franz August von Schoenebeck (1787 – 1861, königlich-bayerischer Rheinzollbeamter). Er wurde am 01.03.1825 bei der bayerischen Adelsklasse immatrikuliert und war ein Sohn des Dr. Constantin von Schoenebeck (1760 – 1835) aus erster Ehe.
3) Siegener Linie: Stammvater ist Leopold von Schoenebeck (1821 – 1877, Kaufmann), Sohn des Dr. Constantin von Schoenebeck aus zweiter Ehe.
Abb. 14
Wer war Dr. Constantin von Schoenebeck?
Dr. Constantin von Schoenebeck wurde am 4. April 1760 in Hüngsberg (Johannisberg, Pfarrei Windhagen) als erster Sohn von Carl Caspar Theodor Johann Michael Josef von Schoenebeck (* 25.02.1718 in Düsternau, Soldat in kurkölnischen und holländischen Diensten, 1751 Lizenziat der Rechte, Landeshauptmann von Kurköln bzw. Polizeihauptmann des Amtes Altenwied und der Herrschaft Lahr von 1746 – † 07.05.1761 [1756?] in Johannisberg) und seiner zweiten Ehefrau seit 1759 namens Anna Maria Bernhardine Catharina Eleonora Theodora de (von) Graff (Graaff), * 24.12.1721 in Honnef, † 04.04.1761 in Johannisberg (Althüngsberg = „Althüsbrich“, Gemeinde Windhagen, Verbandsgemeinde Asbach, Kreis Neuwied) geboren und am nächsten Tag in der Pfarrkirche St. Bartholomäus in Windhagen (Erzbistum Köln) getauft.
Carl Caspar Theodor Johann Michael Josef von Schoenebeck nannte man auch Herr zu Johannisberg und Hinterplag. Mit seiner ersten Ehefrau (Anna Klara von Sartout, † 05.09.1757 in Johannisberg) war er seit 1733 verheiratet.
Constantin von Schoenebeck wuchs nach dem frühen Tod beider Eltern vorgeblich bei seiner Großmutter (??? – doch Anna Catharina Wilhelmine von Schoenebeck geb. Hertmanni war bereits 1734 verstorben!) auf dem Gehöft Düsternau auf. Dieses musste Dr. Constantin von Schoenebeck infolge von Erbauseinandersetzungen („schuldenhalber“) 1821 verkaufen und verfiel danach.
„Der Hof, der im Anfang des 19. Jahrhunderts völlig verfallen war, wurde mit den zugehörigen Ländereien in Johannisberg, Oberlahr, Plag, Stein usw. von der Familie von Runkel in Heddesdorf angekauft („angesteigert“), die die Gebäude (weiter) verfallen ließ. Von den Gebäuden des Gutes Düsternau ist nichts mehr vorhanden, nur ein Brunnen ist noch erkenntlich.“
Aus der hoch angesehenen Heddesdorfer Familie von Runkel sind zwei Landräte des Kreises Neuwied hervorgegangen. Als Landrat Freiherr Philipp von Hilgers am 10.02.1852 verstorben war, wurde der in Koblenz seit 1834 tätige und in Heddesdorf wohnhafte Staatsprokurator Eduard Justus von Runkel als Landrat vorgeschlagen und 1851 vom Preußischen König bestätigt. Vor seinem Eintritt in den preußischen Staatsdienst war von Runkel als „Auskultator“ (Gerichtsreferendar) in Engers und als Assessor in Münster tätig gewesen.
Seine Diensträume, die sich bisher im „Seuserschen Hause“ in der Heddesdorfer Straße befanden, verlegte er in das der Familie von Runkel gehörende „Haus Heddesdorf“ oder „Herrenhöfchen“ oder „Haus Runkel“ (es war 1740 als Herrenhaus des Grafen Alexander zu Wied gebaut worden) und machte es zur „Landratur“. Am 27.02.1877 trat er in den Ruhestand.
Doch die „Landratur“ blieb weiter an Ort und Stelle bis 1906, weil der Sohn von Eduard Justus von Runkel namens Friedrich Wilhelm Justus von Runkel die Nachfolge des Vaters am 12.05.1877 angetreten hatte. Er war vorher Kreisgerichtsrat und blieb 29 Jahre lang der Landrat und Repräsentant des Kreises Neuwied. Die Bezeichnung „Kreis Neuwied“ wurde 1935 in „Rhein-Wied-Kreis“ und 1938 in „Landkreis Neuwied“ geändert. 1946 wurde der Landkreis Neuwied Teil des damals neu gebildeten Landes Rheinland-Pfalz.
Als letzter „Königlicher Landrat“ kam 1906 der Regierungsassessor Dr. Kurt von Elbe aus Potsdam nach Neuwied, wo er bis 1919 als Landrat wirkte. In seine Zeit (von 1906 bis 1908) fiel der Bau des „Königlichen Landratsamtes“, das „Kreisständehaus“ bzw. die heutige Kreisverwaltung in Neuwied (56564 Neuwied, Wilhelm-Leuschner-Straße 9).
Abb. 15
Auf Düsternau verlebte Constantin von Schoenebeck dem Vernehmen nach eine glückliche Kindheit und verbrachte immer wieder dort seine Ferien.
Es mag ein schöner Frühlings- oder Sommertag und wie so oft am Felsen „Rabenlay“ an der Wied gewesen sein, als er im Jahre 1784 im schönen, stillen und weltabgeschiedenen Wiedbachtal sinnierend und träumerisch der dem Rhein entgegen plätschernden Wied nachschaute und sang:
„Ich saß an deinem grünen Strande,
Geliebter Wiedbachstrom.
Ich blickte auf deine Silberwellen
Mit süßer Wehmut hin.
In euch, ihr Täler und ihr Auen
War meines Lebens Lust.
Wo von bemoosten Felsengrotten
Mir Echo wider rief.
Ich saß an einer Felsenquelle
Im Jünglingsalter oft.
Im Schatten oft des Erlenwäldchens
An meinem Wiedbachstrom.“
(Vermutlich erstmals veröffentlicht
in der ‚Niederrheinischen Monatsschrift‘
im Jahr 1786.)
Abb. 16
Von dieser sagenumwobenen oder legendenhaften „Rabenlay“ oder „Rabenley“ soll man früher nach den grausamen und unrechtmäßigen Hexenprozessen die Verurteilten – meist waren es Frauen – in den Tod gestürzt haben.
So soll auch das Schicksal der armen Kathrin besiegelt worden sein, von der die Heimatgeschichte folgendes zu berichten weiß:
„Als sich ein nicht unvermögender Müllers-Sohn aus dem Umfeld von Lahr (in der „Lahrer Herrlichkeit“ im Landkreis Altenkirchen) in dieses ansehnliche Hirtenmädchen verliebte, aber danach die Geschäfte mit der Getreidemühle nicht mehr florieren wollten und ein Missgeschick nach dem anderen das Familienglück des alten Müllers trübte, machte man das schöne Geschöpf des umherziehenden Hirten für alles verantwortlich. Man beschuldigte sie sogar der Hexerei.
Die Gerüchteküche brodelte, und insbesondere die neidvolle Frauenwelt wusste nichts, aber verdächtigte die arme Kathrin der haarsträubenden Hexerei.
Als Kathrin unter Anwendung der Folter alles zugegeben hatte, was man ihr zum Vorwurf machte, wurde sie zum Tode verurteilt und auf den Felsvorsprung über der Wied geführt. Obwohl die unschuldige Magd alle ihre erpressten Aussagen widerrief, stürzte man sie mit verbundenen Augen in die Tiefe.“
Diese Sage aus dem Wiedbachtal kann sich in der Tat bis in die 1630er Jahre so ereignet haben, bis der rheinische Jesuitenpater und Philosophie-Professor Friedrich Spee von Langenfeld – Verwandter von Robert Spee, dessen Ehefrau, Anna Katharina geborene Nürrenbergh, 1631 als Hexe von Bruchhausen hingerichtet wurde – seine Kampfschrift „Rechtliche Bedenken gegen die Hexenprozesse“ im Jahre 1631 zunächst anonym veröffentlichte.
„Im Jahr 1575 fanden auf der Burg Altenwied zwei Hexenprozesse statt. Die Gerichtsakten aus jener Zeit sind nicht mehr erhalten, doch aus der Kellnereirechnung lassen sich die Kosten, die die Prozesse verursachten, ersehen. Zwei Frauen waren der Hexerei bezichtigt worden und auf der Burg inhaftiert. Glücklicherweise wurden beide Frauen nach mehrwöchiger Haft und harten Verhören unter der Folter wieder freigelassen. Doch für Kost und Trank während der Haftzeit hatte die eine Frau 20 Reichstaler, die andere elf Reichstaler zu zahlen. Zudem erhielt der aus Sinzig angereiste Scharfrichter Peur für die neuntägige Anwesenheit 28 Reichstaler. Die gleichzeitig anwesenden Gerichtspersonen erhielten pro Tag jeweils vier Reichstaler. Nachdem die Frauen ihre Freiheit wiedererlangt hatten, setzten sich die Gerichtspersonen zu einer Mahlzeit zusammen. Die Kosten für die Kellnerei beliefen sich auf zwei Reichstaler und vier Albus.“ (Der „Keller“ oder „Kellner“ war ein Ministerialer = Rentmeister in einer „Kellnerei“ oder „Kellerei“ = Verwaltungsbezirk/Amtsbereich.)
Im „Eulenloch“ des Kasbachtales (volkstümlich „Käsbaach“ = Gaisbach; denn ‚Gais‘ bedeutet im Keltischen = ‚Wasser‘) zwischen Bruchhausen und Kalenborn (Reifstein/Kretzhaus) wurde die mutmaßliche „Hexe“ von „Broich“ = Bruchhausen am 15.09.1631 hingerichtet und verbrannt.
„Das idyllische Casbachthal, wie es von Edward George Earle Lytton Bulwer-Lytton (1803 – 1873) in dem „The Pilgrims of the Rhine“ genannt wird, reicht beinahe bis Kalenborn, 2 Stunden vom Rhein. Nicht weit über dem Dorfe, auf den weiland dem Domcapitel zuständigen Severinsberg, umgeben von Wasserfällen und Grotten, hat Hr. Niebour ein zierliches Burghaus gesetzt, eine dem Reize der Landschaft vollkommen angemessene Zugabe. Der Severinsberg erzeugt sehr vorzügliche rothe und weiße Weine. Der rothe von 1857 wurde in der Versteigerung mit 60 und 69, der weiße mit 35 Rthlr. bezahlt.“
„Stark eine halbe Stunde über Severinsberg, im Thal, erinnert der Hexenkreis, eine runde, ohne Zweifel vordem ummauerte Erhöhung, wie denn die Spuren der Einfahrt noch sichtbar sind, an die vormalige Thätigkeit des Erpeler Gerichts in Bezug auf Hexenprocesse. In der Mitte ist bis heute sichtbar die Stelle, welche den Scheiterhaufen trug. Hier litt namentlich die sogenannte Hexenkönigin, Katharina Nurberg von Bruchhausen, von welcher die folgende Relation, die vorzüglich merkwürdig durch die Sorgfalt der Person frühern Wandel zu ermitteln, als welcher bestimmt, sie von vorn herein alles Mitleidens unwerth zu machen.
1. Ist diese Person je und alle wegs eines leichtfertigen Lebens gewest, und quasi bei der Ehe in Hurerei gelebt, wie alle Nachbarn zu Bruchhausen wissen.
2. It. mit ihrem Schwager Robert von der Brol eine lange Zeit in Unkeuschheit gelebt, ein Kind mit ihm gehabt und zur Welt bracht.
3. Bei ihrem Mann, Hr. Robert Spe, sich mit dem Pferdsknecht angelegt, welchen nach Tod ihres Manns, gegen ihrer Kinder Willen, zur Ehe genommen.
4. Ist mit Geistlichen und Weltlichen Ehebruchs verdächtig.
5. - 9. Die haarsträubenden und unsinnigen Aussagen der Zeuginnen aus Bruchhausen, Erpel und Unkel.“
(Die Leute würden heute ratzfatz für bekloppt bzw. verrückt erklärt!)
Der Prozess geschah offenbar während der rheinische Theologe, Jesuit, Seelsorger, Lyriker, Lehrer, Professor und Domprediger Friedrich Spee (von Langenfeld = nahe Wankum, Gemeinde Wachtendonk, Kreis Kleve, Regierungsbezirk Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen, * 25.02.1591 in Kaiserswerth, † 07.08.1636 in Trier, ein großer Mensch und Christ, eine historische Persönlichkeit und Vorkämpfer für die Menschenrechte) noch an seinen berühmten „Cautio criminalis seu de processibus contra Sagas Liber“ = „Cautio criminalis“ = Rechtlichen Bedenken wegen der Hexenprozesse arbeitete oder „feilte“ und auch die in Bruchhausen ansässige ehrbare und vermögende Witwe seines vermutlichen Onkels Robert Spee, die angeheiratete Tante Anna Katharina Spee geborene Nürrenbergh, in Bruchhausen als vermeintliche „Hexe“ aufgrund der Aussagen anderer angeklagter Frauen denunziert und verhaftet wurde.
Bei dem Vater der Anna Katharina Spee geborenen Nürrenbergh dürfte es sich um Naliß bzw. Noldus oder Apollinaris Nurenberg gehandelt haben. Er war von 1590 – 1606 Amtmann des kurkölnischen Amtes zu Altenwied und Linz, von 1590 – 1605/06 Amtmann zu Neuerburg, von 1590 – 1607 Vogt zu Rheinbrohl, von 1591 – 1606 Amtsverwalter der Herrschaft Isenburg, 1593 gehörte er dem Rat der Grafschaft Isenburg an und von 1607 – vor 1624 war er Vogt zu Rheinbrohl.
Abb. 17, 18, 19, 20, 21
Die Kölner Universität zählt Constantin von Schoenebeck mit zu ihren bedeutendsten Gelehrten und auch Linz kann stolz auf ihn sein, weil er die „Lateinschule“ bzw. das am 03.11.1706 als städtisches „Studium Martinianum“ („Martinus-Gymnasium“) eröffnete Linzer Gymnasium besuchte und dann auf das alte „Montanergymnasium“ in Köln wechselte, das Heinrich aus Gorichen um 1420 in der Stolkgasse in Köln gegründet hatte.
Das Gymnasium „Montanum“ war eines der ersten Kölner Gymnasien. Es entwickelte sich aus kleinen Kollegien, die sich im Laufe der Zeit zu drei großen privaten Bildungseinrichtungen – den Bursen – vereinigten. Zu einer solchen wurde auch die 1420 als Stiftung gegründete Schule und spätere „Bursa Montanum“, die dann zu einem Gymnasium aufgewertet und zugleich Sitz der Artistenfakultät der alten Universität zu Köln wurde.
Am 22.05.1776 wurde Constantin von Schoenebeck an der Universität in Köln (von 1388, die 1798 von den 1794 in Köln eingerückten Franzosen geschlossen und 1919 wiedergegründet wurde) immatrikuliert, um Philosophie, Naturwissenschaften und Medizin zu studieren.
1779 wechselte er an die Universität in Duisburg (die Universität war 1655, 1818 geschlossen, 1891 Neugründung und 2002 mit Essen fusioniert), wo er am 15.04.1783 sein Studium mit einer Dissertation über die „Körpertemperatur von Tieren“ abschloss.
1784 berief man den jungen Mediziner zum Professor für Naturgeschichte und Botanik an die Bonner Akademie.
Im Jahre 1784 unternahm Dr. Constantin von Schoenebeck eine ausgedehnte Reise entlang des Mittelrheins. Diese Reise bildete die Grundlage für seine Landesbeschreibung „Mahlerische Reise am Niederrhein, Merkwürdigkeiten der Natur und Kunst aus den Gegenden des Niederrheins“, die er zwischen 1784 und 1789 in drei Heften publizierte.
Unter „Die sieben Berge bey Bonn“ beschrieb Dr. Constantin von Schoenebeck neben der Geographie und Wirtschaft (Steinbrüche) frischweg auch den Charakter der ländlichen Bevölkerung in unserer Gegend. Diese interessante Abhandlung ist äußerst aufschlussreich und versetzt uns in die so genannte vermeintliche „gute alte Zeit“.
Mit diesen Feststellungen verschaffte sich der Autor insbesondere im Westerwald keine Freunde. Seine ungeschminkten (frei/frisch von der Leber weg) uns hinterlassenen Aufzeichnungen geben Aufschluss, wie er unsere Heimat in dieser Zeit erlebte, was er über ihre Bewohner und Lebensgewohnheiten sowie über die heimischen Steinbrüche vermerkte. (Diese Redewendung „von der Leber weg“ rührt von der alten Vorstellung her, dass die Leber Sitz der Gefühle und der Empfindungen sei.)
„Ein Bauer machte in Dattenberg gegenüber Dr. Constantin von Schoenebeck
ein witziges Wortspiel: Wir sind steinreich, sagte er, aber geldarm.“
Abb. 22, 23, 24
Dieser Wortwechsel hätte bis 1893/1900 bezüglich der Gemeinde Vettelschoß auch von den damaligen Ortsvorstehern Heinrich Reufels vom Seiferhof oder Anton Weißenfels aus Kalenborn stammen können! Denn der Etat der Gemeinde Vettelschoß für 1892/1893 mit knapp über 500 Einwohnern bestand in Einnahmen und Ausgaben aus lediglich 8.700 Mark.
Am 11.03.1785 heiratete Constantin von Schoenebeck die Anna Barbara Eichhoff (1765 – 1811), eine Schwester des Publizisten Johann Peter Eichhoff und des späteren Bonner Bürgermeisters Johann Joseph Eichhoff. Aus der Ehe Eichhoff/von Schoenebeck sind acht Kinder hervorgegangen.
Sein Schwager, Johann Joseph Eichhoff (* 18.05.1762 in Bonn, † 02.12.1827 in Kessenich), Sohn des kurkölnischen Mundkochs August Eichhoff und der Magd Maria, war zunächst ebenfalls Mundkoch am Hofe der Kölner Kurfürsten in Bonn, dann Kaufmann, Volkswirt und Beamter in französischen Diensten.
Johann Joseph Eichhoff wusste sich als Autodidakt eine Bildung anzueignen, die ihm ermöglichte, im Gefolge seines Bruders Johann Peter eine Rolle als Illuminat (Angehöriger verschiedener früherer Geheimverbindungen, besonders des Illuminatenordens) in der kurkölnischen Residenz in Bonn zu spielen. Beide Brüder gehörten der Bonner Illuminatengruppe der Minervalkirche „Stagira“ (nach dem Ort Stageira in Griechenland benannt, in dem 384 v.Chr. Aristoteles geboren wurde) an. Johann Joseph Eichhoff trug den Ordensnamen „Desiderius“.
Abb. 25, 26
Die Brüder Johann Joseph und Johann Peter Eichhoff waren Freunde des Komponisten Ludwig van Beethoven (1770 – 1827). Bevor Beethoven von Bonn nach Wien übersiedelte, trug sich Johann Joseph Eichhoff am 25.10.1792 in Beethovens „Stammbuch“ ein und unterschrieb: „Meinem Lieben Beethoven zur glücklichen Reise, von seinem ihn Liebenden Freunde Joh. Jos. Eichhoff.“ Ludwig van Beethoven hatte in der Illuminatengruppe der Minervalkirche „Stagira“ den Alias-Namen „Parmenio“.
Die Minervalkirche „Stagira“ war die 1781 in Bonn gegründete Vereinigung des Illuminatenordens. Als 1785 die Illuminaten verboten wurden, lösten auch die Bonner „Ordensmitglieder“ ihre Minervalkirche „Stagira“ auf. Doch am 01.12.1787, als in Bonn eine „Lesegesellschaft“ gegründet wurde, waren die ehemaligen Gründungsmitglieder der Minervalkirche „Stagira“ wieder dabei. Dieses Mal durfte die „Lesegesellschaft“ sich der Sympathie des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs, Maximilian Franz von Österreich (1784 – 1801), erfreuen.
Abb. 27
Nach der Besetzung des Kölner Kurstaates durch die Franzosen bekleidete Johann Joseph Eichhoff das Amt eines Nationalagenten bei der regionalen Verwaltung. Damit verbunden waren zahlreiche Dienstreisen nach Paris. Seit 1799 gehörte er der Bonner Gemeinderegierung, der Munizipalität, an. 1801 wurde er Bürgermeister (Maire) von Bonn.
In einer Denkschrift beschäftigte sich Eichhoff 1801 mit den Wirtschaftsstrukturen und wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten in den vier linksrheinischen Departements. Im selben Jahr wurde er zum Unterpräfekten des Arrondissements Bonn berufen. Nach dem Besuch von Napoléon Bonaparte I. (Kaiser der Franzosen von 1804 – 1814/1815) in Bonn wurde Johann Joseph Eichhoff noch im Jahre 1804 entlassen.
In Köln arbeitete Johann Joseph Eichhoff für die „Rheinschiffahrts-Oktroi“. 1811 stieg er zum Generaldirektor dieser Behörde auf. Als Sachverständiger für die Rheinschifffahrt wurde Eichhoff 1814 zum Wiener Kongress hinzugezogen und nutzte die Gelegenheit, am 27.03.1815 Beethoven zu besuchen. Dabei überzeugte er Beethoven, für die Bonner „Lesegesellschaft“ ein Porträt von sich anfertigen zu lassen.
Ohne Erfolg setzte Eichhoff sich für eine einheitliche Regierung und freie Schifffahrt ein. In seinen letzten Lebensjahren lebte Eichhoff als Mäzen von Wirtschaft und Kunst auf seinem Landgut in Kessenich (das man 1904 als bis dahin eigenständige Gemeinde in die Stadt Bonn eingliederte).
In Bonn wandte sich der junge Mediziner Dr. Constantin von Schoenebeck verstärkt der Publizistik und der Literatur zu mit dem Ziel, den Geist der Aufklärung möglichst stark im Rheinland zu verbreiten. Er war gegen Ende des 18. Jh. einer der führenden Vertreter der Aufklärung im Rheinland und trat als Herausgeber und Autor zahlreicher Publikationen in Erscheinung.
Ob Constantin von Schoenebeck der Bonner Illuminatengruppe der Minervalkirche „Stagira“ oder der Bonner „Lesegesellschaft“ wie seine Schwäger angehörte, ist durchaus möglich, wird aber in den Annalen explizit nicht bestätigt.
Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau (1811) heiratete Dr. Constantin von Schoenebeck die aus Hachenburg stammende Margarethe Josephine Schmidt, die ihm weitere fünf Kinder schenkte.
Dr. Constantin von Schoenebeck mit einem viel bewegten Berufs- und Familienleben war schon ein Individualist! Er entwarf selbst seinen Grabstein, der heute links am Kreisgesundheitsamt Altenkirchen (In der Malzdürre) steht und folgende Beschriftung trägt:
„Hier ruht der Freiherr Bernh. Const. Frid. Jos. Vincent Maria von Schönebeck geb. 4. April 1760 zu Iohannesberg pf. Windhagen - an 1783 Doct. der Medizin - 1787 Arzt und Burggräfl. Kirchb. Sayn-Hofrathung - Bergrath des Fürsten zur Lippe - 1803 prof. der Geschichte u. der alten Sprachen, auch Mitglied der gel. Gesellsch. zu Uetrecht - 1824 Königl. Kreisphisikus zu Altenkirchen, wo er starb am 13. Sept. 1835. - Ihm heiligen Frieden. - Ruhe versagte mann mir im Leben - mir gab sie die Mutter Erde mich bergend im Schoos. - Wanderer, störe sie nicht. - Dr.C.v.Sch.“
Die hintere Seite des Grabmals ist mit dem Äskulapstab geschmückt und die rechte Seite trägt die Grabschrift seines Sohnes (Peter Theodor von Schoenebeck).
Abb. 28, 29, 30
Der Holzdiebstahl, die illegale Schweinemast und die Wilderei für das „Katharinenkloster“
Das „Katharinenkloster“ im Jagdrevier Altenwied des Kölner Erzbischofs und Kurfürsten Clemens August von Bayern (1723 – 1761) gab wiederholt Anlass zu Streitigkeiten, die in/auf Altenwied bzw. zunächst bei der kurfürstlichen Hofkammer in Bonn zur Anzeige kamen.
„Dem Kloster war vorgeworfen worden, ‚in höchst dero privative zugehöriger grober Jagd und Waldungen eingegriffen‘ zu haben. Es war der oberste Jagdbeamte des Kurfürsten selbst, Obrist-Jägermeister Ferdinand Joseph von und zu Weichs, der seinen Herrn über diese Überschreitungen informiert. Beim kurz zuvor abgehaltenen Wald- und Jagd-Brüchten-Verhör in Linz hatte der Altenwieder Amtsjäger Johann Peter Heepp eine Reihe von Vergehen aufgezählt, die sich in den Jahren 1737 bis 1745 ereignet hätten. Dazu gehörten harmlose Vorfälle, wie beispielsweise Holzdiebstahl. So soll der Sohn des Klosterknechts einen Karren Ginster aus dem Weidenbrocher Wald abgefahren haben. Außerdem hätten drei namentlich bekannte Klosterknechte sehr viel Brandholz aus dem kurfürstlichen Weidenbrocher Wald entwendet und dadurch großen Schaden angerichtet.“
„Gravierender waren da schon die Vorfälle, die die illegale Schweinemast in den kurfürstlichen Wäldern betraf. Allerdings waren diese Übertretungen in Kurköln wohl sehr häufig. Im November und Dezember 1740 hätten die Hirten auf Geheiß der Äbtissin (Johanna Katharina Gamans, Äbtissin von 1713 bis 1747) des ‚Katharinenklosters‘ elf respektive dreizehn Klosterschweine zur Mästung in den kurfürstlichen Wald getrieben. Am 18. Februar 1741 hatte der Amtsjäger wiederum zwei alte und elf junge Schweine im Weidenbrocher Wald angetroffen. Daraufhin hatte er die Schweine ‚auf das Aldewither Schloß hintreiben lassen, worauf die Äbtissin 15 Blaffert Pfandgelt bezahlt‘. Die gepfändeten Schweine wurden danach vom Amtsjäger wieder freigelassen.“
„Mehrmals wurden Klosterknechte mit ungeklüppelten (ungeklöppelten) Hofhunden angetroffen, die in diesem Wald dem Wild nachstellten. Dreimal mußte der Amtsjäger Heepp Hunde erschießen. Im Juni 1743 hatten der Pater des Katharinenklosters zusammen mit dem Johann Schmitz aus Lorscheid unweit der Brochenbacher Mühle ‚mit ihren Jagdhunden ein Hirschkalb gefangen, selbiges in das Closter geführet und darinnen einige Zeit lebendig ausgehalten‘. Zwei Jahre später wiederholte sich dieser Vorfall: ‚1745 im Monat May hat einer nahmens Joan Zimmermann zu Lorscheid (...) in der Neustatter marck bey der Steinsfort ein Hirschkalb gefangen und solches lebendig zum Closter hingetragen.‘ – Obrist-Jägermeister Ferdinand Joseph von und zu Weichs erwartete, daß das Kloster die Haut des ersten gefangenen, aufgezogenen und verstorbenen oder geschlachteten Wildkalbs zum Forstamt bringen müsse, ‚das annoch lebende aber ew. Churf. gnädigst (...) hinzuliefern, und falls sie hierunter sich widersetzlich bezeigen würden; bey jüngsthin gnädigst aufgetragener Brüchten-Commision gleich andern mit einer nahmhaften Straf belegt werden sollen‘. Alle diese Vorfälle wurden vom Prior des Klosters St. Catharinen bestätigt.“
(„Zur Brut- und Setzzeit = Jägersprache, die Zeit, in der Tiere brüten bzw. Junge zur Welt bringen, ‚müssen sämtliche Hunde kurze dicke Knüttel, Elle lang und einen Arm dick, so genannte Klöppel, Klüpfel, Kleppel oder Klippel am Halse mit einem Riemen dergestalt angehängt und angebunden werden, dass sie ihnen zwischen den Vorderbeinen herunter hängen‘. Einen mit solchem Klöppel versehenen Hund nennt man daher einen geklöppelten oder geklippelten Hund.“)
„Die kurfürstliche Hofkammer in Bonn wurde über diese Vorfälle informiert und die Justiz nahm ihren Lauf. Am 15. Juni 1746 sprach Kurfürst Clemens August das Urteil. Die Übeltäter sollten ‚arrestiert und der gebühr nach bestraft‘ werden. Denn auf dem Vergehen ‚grobes Wild zu jagen‘ stand die Gefängnisstrafe. Die Insassinnen des Klosters waren von der Härte des Urteils überrascht, wie sie in einem Bittschreiben an den Kurfürsten festhielten: Sämtliche Conventuales des Closters zu St. Catharinen Ambts Aldewieth haben nicht ohne äußerste Bestürzung in erfahr gebracht, wie dass wegen aufgefangen und in unserm Closter eingebrachter Hirschkälber, Joannes Zimmermann und Joan Schmitz durch höchst dero Ober-Kellnern zu Lintz zu weiterer Bestrafung zu Thürm gebracht worden.“
„Des Weiteren baten die unterzeichneten Catharina Magdalena Flöckhers und Maria Francisca Kügelgen in ausschweifenden Formulierungen untertänigst um Gnade für die Inhaftierten und schlugen vor, dass der Kurfürst statt der Haft ‚eine leidentlich in gnädigst bestimmendem Termino zahlbaren brüchtenstraf mildest determinieren, welche wir so dan an Höchst Ihro Ober Kelererer abzuführen nicht ermangeln‘ und dass sie nicht vergessen würden, den Kurfürst und seine Regierung täglich in ihre Gebete einzuschließen. In seinem Antwortschreiben vom 3. Juli 1746 wandelte Clemens August die Gefängnisstrafe in eine, allerdings sehr hohe, Geldstrafe um. Sie betrug 50 Goldgulden. Nach Bezahlung des zweiten Halbscheids (die 2. Hälfte) von 25 Goldgulden sollten die zwei in Arrest gehaltenen Johannes Zimmermann und Johannes Schmitz sofort entlassen werden.“
(Bei Katharina Magdalena Floecker (1754/ 1761) handelte es sich um die Stellvertreterin der Äbtissin, die man Priorin oder auch „Priorissa“ nannte. Sie war von der Äbtissin ernannt worden. Und Maria Francisca Kügelgen könnte die Ehefrau des Kellers und Rentmeisters zu Altenwied und Linz, Marius Joseph Ignatius Kügelgen {1719 – † 28.12.1758}, gewesen sein.)
Der Basalt, das oft „fünf- bis sechseckige dunkelgraue bis schwarze Gold des Westerwaldes“
Das gesamte Gebiet des Westerwaldes lag im Erdaltertum (vor 600 bis 270 Millionen Jahren) unter einem tropisch warmen Meeresarm.
Vor Millionen Jahren – im Tertiär entstanden unsere Steinbrüche. Ein pilzförmiger Strom heißen Gesteins (Magma) aus Vulkanen drang langsam aus den Tiefen des Erdmantels an die Oberfläche. Die Lava erkaltete und bildete das Basaltgestein (Vulkanite oder Ergussgestein). Fand die Abkühlung jedoch verzögert statt, entstanden durch das Zusammenziehen nicht selten die senkrecht zur Abkühlungsfläche stehenden eckigen Basaltsäulen (Säulenbasalt). Der Basalt ist das Gestein mit der größten Verbreitung.
Das Tertiär ist ein geologischer Zeitabschnitt der Erdneuzeit vor Beginn des Quartärs und begann vor 65 Millionen Jahren (Ende der Kreidezeit) und dauerte bis zum Beginn der Klimaveränderung vor rund 2,6 Millionen Jahren, in deren Folge das Eiszeitalter im Quartär einen Wechsel von Kalt- und Warmzeiten brachte.
Noch vor 11.000 Jahren eruptierten Vulkane in der Eifel. In der Umgebung von Vulkanen steigen Gase aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche. Auch in vielen Flussquellen und Seen (Maare) in der Eifel kann man sehen, dass das Wasser immer noch ein wenig „blubbert“.
Eine Altersbestimmung unseres Basalts soll nach der Kalium-Argon-Methode oder mittels Radioisotopie möglich sein. „Die Radioisotopen-Uhr beginnt zu ticken, wenn sich die flüssige Lava zu vulkanischem Gestein verfestigt.“
Weitere alte Vulkane in Deutschland gibt es im Siebengebirge, in der Rhön, in der Hessischen Senke, im Westerwald, am Kaiserstuhl, in der Schwäbischen Alb und im Hegau (Landschaft am Bodensee). Auch der Vogelsberg (Teil des Hessischen Berglandes) ist ein Vulkan.
Gesteine dienten in der Menschheitsgeschichte als erster Werkstoff zur Herstellung von Werkzeug, den Steingeräten, und sind somit auch der Namengeber für die älteste kulturhistorische Erdepoche, die Steinzeit. Archäologische Funde aus jener Zeit sind meist Steinartefakte. Steine bilden das älteste feste Baumaterial.
Die Basalt-Genese blieb unter den Wissenschaftlern bis 1790/1794 umstritten, bis durch Experimente ab 1798 die Deutung der Säulenform des Basalts als bloßer Abkühlungs- und Schrumpfungsprozess bei der Erstarrung des Lava-Schmelzflusses bestätigt werden konnte (siehe auch Seite 11 in „Vettelschoß und seine Probleme vor hundert Jahren“).
Von Dr. Constantin von Schoenebeck wird diese Erkennung in seinem Werk (Seite 49) noch bezweifelt („Basalt-Genese“ bzw. „Basaltstreit“). – Siehe „Ueberbleibsel erloschener Vulcane in einigen Gegenden des Niederrheins. Unter dem Vorsitz Johann Bernhard Constantins von Schönebeck, Doctors der Arzneikunst, öffentlichen und ordentlichen Lehrers der Philosophie und Naturgeschichte, zur öffentlichen akademischen Prüfung nebst vermischten Lehrsätzen vorgelegt von Bartholomäus Hempelmann, aus Giershagen im Herzogthum Westfalen und Johann Wilhelm Münster, aus Blatzheim im Ober-Erzstift Köln zu Bonn im akademischen Hörsaal den, 16. Herbstmond, 1785, Morgens von 9 bis 11 Uhr“ (abgedruckt im Bonnschen Wochenblatt 1787 p. 53).
Dr. Constantin von Schoenebeck war seinerzeit der „Doktorvater“ zweier seiner Studenten. – Siehe „Heimatblatt Altenwied 2013/2014“ ab Seite 125 „Das Geotop ‚Bertenauer Kopf‘ in frühen geognostischen Schriften“ von Manfred Schäfer, Köln.
Die Doktoranden Bartholomäus Hempelmann und Johann Wilhelm Münster unterscheiden in ihren Arbeiten – so Manfred Schäfer – den Basalt nach seinen verschiedenen Erscheinungsformen. In Kapitel „V. Art. Basaltes irregularis, unregelmäßiger Basalt“ finden wir nun die mutmaßlich erste Nennung des Bertenauer Kopfes: „Die fünfte Art wird auch gefunden, wo die erste Art fehlt, z.B. auf dem Berter Hügel bei Mannhart im Amt Altewied, der ein kegelförmiger Berg ist, bei Vettelschoß im nämlichen Amt, zu Erpel und zu Königswindter.“
Das von den Ägyptern in Äthiopien entdeckte dunkle, überaus harte Gestein – der „Probierstein“ = „basanites“, wohl von einem ägyptischen Wort abgeleitet, mit dem ein sehr hartes (von „Eisen-Härte“) zur Gold-Prüfung verwendetes Schiefer-Gestein gemeint war – nannte Gaius Plinius Secundus Maior (kurz: Plinius der Ältere, lateinisch: Plinius maior) – [* etwa 23 n.Chr. in Novum Comum (Como), † 25.08.79 n.Chr. in Stabiae] – „basanites“.
Er war ein römischer Gelehrter. Bekannt wurde er vor allem durch sein naturwissenschaftliches Werk „Naturalis Historia“ (Naturgeschichte). Außerdem schrieb Plinius der Ältere mehrere Geschichtswerke, stand in enger Beziehung und war ein Freund und Ratgeber der römischen Kaiser Vespasian (69 – 79 n.Chr.) und dessen Sohn Titus (79 – 81 n.Chr.).
Von Plinius sind uns folgende eindrucksvolle Zitate überliefert:
„Jede Zeit ist umso kürzer, je glücklicher man ist.“
„Der Ruhm muss uns folgen, nicht wir dürfen ihn suchen. Wenn er zufällig nicht folgt, so ist die Handlung, weil sie nicht berühmt geworden, darum nicht weniger schön.“
„Was für ein Ende soll die Ausbeutung der Erde in all den künftigen Jahrhunderten noch finden? Bis wohin soll unsere Habgier noch vordringen?“
Der Römer Plinius stammte aus einer vermögenden Ritterfamilie. Er kam in jungen Jahren nach Rom, wo er mit Publius Pomponius Secundus, einem Tragödiendichter und Feldherr, Umgang hatte.
Plinius blieb unverheiratet und kinderlos. Nach dem Tode seiner Schwester adoptierte er seinen Neffen, der seinen Namen annahm und uns als „Plinius der Jüngere“ bekannt ist.
Als Offizier und Schriftsteller hatte Plinius der Ältere große Teile des Römerreiches kennen gelernt und Gallien, Germanien, Spanien und Afrika bereist. Um das Ereignis des Ausbruchs des Vesuvs am 24.08.79 n.Chr. besser studieren zu können, aber auch, um den Opfern der Katastrophe zu helfen, wagte sich Plinius als damaliger Präfekt der römischen Flotte in Misenum (Miseno) in den Golf von Neapel, wo er schließlich am 25.08.79 n.Chr. Opfer seines Wissensdranges wurde.
Abb. 31, 32
Vom „Wölsberg“ zum „Willscheiderberg“
Wahrscheinlich 1865 (als Vettelschoß als „halbe Honschaft“ noch zur Honschaft Lorscheid gehörte) – wie am „Hummelsberg“ (Hargarten) – haben die Gebrüder Jan Goedkoop (Kaufmann und Reeder, † 02.10.1901) und Wouter Goedkopp (Kaufmann und Steinbruchbesitzer, † 23.02.1892) aus Amsterdam unter Beteiligung der Firma Dominikus Zervas & Söhne aus Brohl bzw. Köln mit dem systematischen und manuellen Abbau des begehrten Basalts am „Wölsberger Kegel“ mit Arbeitern aus der Gemeinde Vettelschoß den Anfang gemacht.
Als die Niederländer am „Woelsberch“ („Wölsberg“ = „Wühlberg“) wühlten, war wohl nur von „Hoeksteen“ (Eckstein) oder „Blauwsteen“ (Blaustein) die Rede. Im Vokabular der Leute von „Zuid- und Nordholland“ kam „Steengroeve“ (Steinbruch) für den „Vellschosser Hüvvel“ (Vettelschosser Hügel) noch nicht vor. In den späteren Verträgen, Urkunden, Betriebs-Chroniken und Personenstandsbüchern wird die Schreibweise „Willscheiderberg“ – ein typischer Eigenname – gebräuchlich, obwohl ab und an immer noch von „Wölsberg“ bzw. vom Betrieb oder der Betriebsstätte „Wölsberg“ die Rede war.
Die einzigen ersten Werkzeuge für die extreme „Knochenarbeit“ waren Brechstange, Hammer, Meißel und die „Schürreskaar“ (Schubkarre). Von den Arbeitern verlangte man Arbeitseifer und eine gesunde und kräftige Statur, die ohne eine Allwetterkleidung in der Lage war, jeder Witterung zu trotzen.
Abb. 33
Den Abbau des Basalts nahm man zunächst manuell bzw. im Handbetrieb, aber schon systematisch vor. Als Transportmittel vorwiegend an den Rhein dienten am Anfang Handkarren, dann kamen Ochsen- oder Pferdefuhrwerke zum Einsatz.
Abb. 34
Das geförderte Basaltgestein unter den Niederländern karrten damals die wenigen ortsansässigen Bauersleute in zweirädrigen, dann vierrädrigen Ochsenkarren oder/und Pferdefuhrwerken auf schlechten und beschwerlichen Wegen zur Schiffs-Verladung an den Rhein. Dort wurde es in hölzerne Rhein-Kähne für das fast „gesteinslose“ Holland verladen und vor allem zur Schleusen- und Küstenbefestigung sowie zur Trockenlegung der „Zuiderzee“ benötigt.
Obwohl bereits die Römer für ihre Bauten in Köln, Remagen und Andernach das Basaltgestein oder die „Unkelsteine“ – woraus auch das Fundament des Kölner Domes besteht – verwendeten und die Kölner Erzbischöfe die Türme und Stadtmauern in Linz zwischen 1304 und 1325 aus dem Basalt vom „Minderberg“ oder „Mendeberg/Mendenberg“ mit den achteckigen Säulen bauen ließen und 1583 auch Unkel ummauert wurde, erfolgte die Erschließung der heimischen Steinbrüche erst Anfang des 19. Jh. („Dattenberg“ um 1817 und bis Mitte des 19. Jh. der „Dungkopf“ in Remagen). Der Beginn der Ummauerung von Linz geht nachweislich auf 1320 zurück.
Seit 1884 ist der „Wöls- oder Willscheiderberg“ zunächst durch die Firma Zervas & Söhne ausgebeutet worden. Es waren damals nur 47 Arbeiter mit einem Tageslohn von 2 bis 3 Mark beschäftigt.
Am 02.06.1888 wurde unter Führung des Kölner Steinbruchbesitzers Wilhelm Zervas in Köln die „Basalt-Actien-Gesellschaft“ (BAG) gegründet. Nach dem Beschluss der Generalversammlung vom 25.03.1891 verlegte man den Gesellschaftssitz von Köln nach Linz mit einer Zweigniederlassung in Rotterdam. Acht der elf Gründungsmitglieder waren Holländer. 1893 ging die Firma Zervas in der BAG in Linz auf.
Abb. 35
Von 1890 an zeigte sich die BAG in Linz ernsthaft daran interessiert, den „Wöls- oder Willscheiderberg“ zu pachten und den Säulenbasalt abbauen zu lassen. Im Frühjahr 1892 nahmen die Verhandlungen zwischen der BAG und der Gemeinde Vettelschoß endlich konkrete Formen an, nachdem der Direktor der BAG (es war vermutlich Wilhelm Zervas, Vorsitzender des Aufsichtsrates der BAG vom 02.06.1888 bis zu seinem Tode am 06.10.1905) nach Vettelschoß gekommen war, eine Gelände-Besichtigung vorgenommen, die Gemeindevertreter von Vettelschoß kontaktiert und ihnen die Modalitäten des in Aussicht gestellten Pachtvertrages erläutert hatte.
„Unter Bezugnahme auf Schreiben vom 09.07.1890 und 26.08.1890 erklärte sich die Gemeinde Vettelschoß schließlich am 30.08.1892 bereit, der BAG ein weiteres Steinbruchterrain am ‚Willscheiderberg‘ zu überlassen, wenn die BAG ein annehmbares Gebot macht.“
Spätnachmittags am Donnerstag, 16.03.1893, tagte in Vettelschoß der sechsköpfige Gemeinderat unter dem Gemeindevorsteher (Bürgermeister) Heinrich Reufels vom Seiferhof, um den Pachtvertrag mit der Basalt-Actien-Gesellschaft (BAG) in Linz vom 10.03.1893 über eine „Gemeindewaldfläche am Willscheiderberg“ zu genehmigen.
In den „Historische Katasterkarten“ („Handriß der Flur Nr. XI genannt Wald“ von 1829 heißt es „Wilscheider Berg“. Auch im „Pachtvertrag zwischen der Gemeinde Vettelschoß, Verpächterin und Basalt-Actien-Gesellschaft, Linz/ Rhein, Pächterin, betreffend Willscheiderberg“ vom 10.03.1893 steht „Willscheiderberg“.
Obwohl Vettelschoß zum ehemaligen Steinbruch „Willscheiderberg“ ebenso weit entfernt liegt wie Willscheid, hat sich „Willscheiderberg“ und nicht „Wildscheiderberg“ – so wie von Dr. Constantin von Schoenebeck und sicherlich auch von anderen Stellen und Personen seinerzeit bezeichnet – durchgesetzt. Eine besondere Beziehung/Verbindung zu Willscheid hatte der 1975 stillgelegte Säulen-Basalt-Steinbruch nicht.
Lediglich die Steinbrucharbeiter unterhielten ein gutes bis sehr gutes Verhältnis zu der einzigen umliegenden ehemaligen Gastwirtschaft in Willscheid, aus der die „Laufburschen“ in Kannen und Eimern vor allem das Bier an den „Willscheiderberg“ schleppten. Nicht selten war es den jungen „Henkelmannwärmern“ aus gewissen Anlässen vergönnt, mehrmals nach Willscheid zu gehen, um die immer durstige Arbeiterschaft mit Bier und Schnaps zu versorgen. Manchmal kehrten die „Vorkoster“ selbst mit einem gehörigen Schwips zu den wartenden Kollegen an den „Willscheiderberg“ zurück und mussten sich eine „Standpauke“ anhören.
Es war wohl die Akustik/Fonetik für die Auffassung von „Wildscheiderberg“ = „Willscheiderberg“ oder spielten vielleicht noch andere Gründe (wie z.B. einflussreiche Persönlichkeiten aus Willscheid in der früheren halben Honschaft bzw. Gemeinde Vettelschoß bei der Namensgebung) eine Rolle? – Doch nahe liegend scheint aus heutiger Sicht, dass der „Wildscheiderberg“ wohl von der anspruchslosen und unkomplizierten Bevölkerung ohne weitere Hinterfragungen akustisch/fonetisch – aber für die Allgemeinheit verständlich und nachvollziehbar – irrigerweise als „Willscheiderberg“ interpretiert wurde! Im heimischen Dialekt spricht der Volksmund vom „Wellschenderberch“ (Willscheiderberg). Dabei ist nur eine unterschiedliche Nuance zu „Weldschenderberch“ (Wildscheiderberg) zu hören, und zwar sicherlich nur für die, die in der Mundart zu Hause sind!
Die Einzelhof- und spätere Weilersiedlung namens „Willscheid“ wird als „Wald des Willfried“ gedeutet. Unter „Scheid/Scheidt“ oder „Scheydt“ ist Misch- oder Laubwald oder „wilder Wald“ auf einer Anhöhe zu verstehen bzw. zu sehen.
Im Protokoll des Gemeinderates von Vettelschoß vom 30.08.1892 unter Vorsitz des Bürgermeisters (Amtsbürgermeisters) Johann Anton Zimmermann aus Neustadt (abwesend war der Gemeindevorsteher Heinrich Reufels vom Seiferhof) heißt es erstmals unter Punkt 2): „Mit Bezugnahme auf das Schreiben der Direktion der Basalt-Actien-Gesellschaft vom 9. Juli 1890 und auch das Schreiben ... vom 26. August ... erklären ... und nach wie vor nichts dagegen, daß wir den Gemeinden ... am Willscheiderberg verpachten ...“ Es liegen uns nur die Gemeinderatsprotokolle ab 10. März 1890 vor. Die vorherigen scheinen vernichtet worden zu sein!
In der Schulchronik von Vettelschoß ist zwischen 1868 und 1876 vom „Wilscheider Berg“ die Rede. Und in der Schulchronik von Kalenborn wird erstmals der „Willscheider-Berg“ mit dieser Schreibweise erwähnt.
Abb. 36
Steinbrüche sind keine Bergwerke
In Vettelschoß wurde Basalt in den Steinbrüchen „Geißen- und Türkenhügel“ bzw. im „Wöls- oder Willscheiderberg“ ausschließlich im Tagebau abgebaut. Der „Wöls- oder Willscheiderberg“ bestand überwiegend aus erstklassigem Säulenbasalt.
Der „Geißen- und der Türkenhügel“ hießen um 1800 „Steiner Hügel“ („Hüvvel“), die erst am 19.09.1914 nach einer nahezu vier Jahre dauernden Verzögerung durch Amtsbürgermeister Hugo Heffels in Neustadt an die Oberkasseler Firma der Gebrüder Uhrmacher bzw. Christian Uhrmacher & Söhne verpachtet werden konnten. 1935 war der „Geißenhügel“ und 1939/1940 der „Türkenhügel“ ausgebeutet und die Steinbrüche wurden stillgelegt. Für den „Wöls- oder Willscheiderberg“ kam schließlich zum 31.12.1974 das endgültige Aus.
Im weiteren Sinne des Begriffes gehören zwar auch die Basaltsteinbrüche (mit Ausnahme der Säulen-Basalt-Steinbrüche) formal zum „Bergbau“, doch konnten sich die Steinbrucharbeiter in der Bürgermeisterei (Amt) Neustadt (wozu auch ehemals die Gemeinde Vettelschoß gehörte) und die Gewerkschaften nach jahrzehntelangen Querelen mit den Berufsgenossenschaften und den Arbeitgebern wegen Angleichung der Löhne an die Prämien und Sozialleistungen des Bergmannes nicht durchsetzen, weil der Basaltabbau oberirdisch erfolgte.
Da es bei der Basaltindustrie fast nur Spezial- und Schwerstarbeiter gab, lagen die Löhne schon immer ziemlich hoch, zum Teil 60 % über den von anderen Industriezweigen. Aber eine Angleichung der Löhne an die Prämien und Sozialleistungen des Bergmannes konnten die Steinbrucharbeiter nicht erreichen, weil der Basaltabbau ausschließlich „am Tage“ bzw. „über Tage“ (oberirdisch) durchgeführt wurde.
„Ein Bergwerk ist ein Bauwerk zur Gewinnung von Rohstoffen aus der Erdkruste mit Methoden der Bergbau- und Geotechnik. Im engeren Sinne wird als Bergwerk eine Anlage bezeichnet, bei der Schächte und Strecken unter der Erdoberfläche (unter Tage) angelegt werden. Im weiteren Sinne gehören auch Grabungen an der Erdoberfläche (über Tage, Tagebau) und Bohrungen dazu.“
„Bis ins Jahr 1613 lassen sich die heimischen Berg- und Hüttenwerke zurückverfolgen, wo Eisen, Silber, Kupfer und Blei gewonnen wurde. Im Jahr 1559 erließ der Kölner Kurfürst Johann Gebhard I. von Mansfeld (1558 – 1562) eine aus 110 Artikeln bestehende Verordnung (Bergordnung). Am 21.09.1613 belehnte der kurfürstliche Landbergmeister Caspar Fischer die Herren Adam Zeuell den Jüngeren und Wilhelm Donner je zur Hälfte mit dem ‚Bergwerk im Ambt Altenwied im Kirchspiel Neustadt samt seinen Gerechtigkeiten mit dem Erbstollen und seinen Gerechtigkeiten‘. Sie übernahmen das Bergwerk vom Vorbesitzer, dem aus St. Annaberg im Erzgebirge stammenden Hans Lintner. Bereits wenige Monate später, im März 1614, belehnte der gleiche Landbergmeister den Wilhelm Donner und Adam Zeuell mit einem Kupferbergwerk, welches in der Nähe des ‚Katharinenklosters‘ lag. Nachdem seine Mutung dort erfolgreich gewesen war, erhielt er ‚eine Fundtgrube sambt beiden negsten massen sambt einem Erbstollen und seiner Gerechtigkeit auf allen Metallen‘.
Zum Schmelzen des Erzes wurden große Mengen Holzkohle benötigt, die in den Kohlenmeilern aus dem Holz der Umgebung zuerst hergestellt werden mussten. Zur Herstellung von einem Kilo Holzkohle wurden acht Kilo Buchenholz benötigt. Dieser wertvolle Rohstoff (Holz) befand sich ausschließlich im Besitz des Landesherrn von Kurköln. So erging am 05.06.1614 ein Erlass des Kurfürsten von Köln an die Untertanen des Kirchspiels Neustadt. ‚Diese hätten widerrechtlich Holz an die Eisenhütte verkauft. Unter Androhung von Strafen ließ der Kurfürst seine Untertanen wissen, dass es ihnen nicht erlaubt sei, ohne Wissen und Bewilligung des Kurfürsten das aus seinen Wäldern stammende Holz zu verkaufen.‘ ‚Daraufhin wandte sich Adam von Zeuell in einem Bittschreiben an den Kurfürsten. Er habe mit viel Mühe und einigen Unkosten das Bergwerk in Betrieb genommen. Bei Lorscheid, in der Nähe von St. Katharinen, habe er bereits zweihundert Fuder Eisenstein abgebaut.'
Wenn man ein Fuder mit 15 Zentnern ansetzt, so ergibt sich eine abgebaute Menge Eisenerz von 3.000 Zentnern. Neben Eisenerz wurde bei Lorscheid auch Kupfer- und Silbererz gewonnen, sowie ‚Schein von Bley‘. Die geförderte Menge an Kupfererz wurde mit 100 Zentnern angegeben.
Wegen der großen Menge an vorhandenen Metallen schien es angebracht, dort eine Schmelzhütte einzurichten, weswegen sich der Betreiber Zeuell direkt an den Kurfürsten wandte. Er bat seine Ehrwürdige Churfürstliche Durchlaucht untertänigst, ‚mir in gnädiger Fürschreiben und Befehl an die Gemeinde zu Neustadt mitzutheilen, damit sie mir notturftiger Bau und Hüttenplatz, Roost und Kolholtz, auch was die underthanen in Embteren (Ämtern) Neustadt, Lyntz (Linz) und Neuerburg an Kolen zu verkauffen haben‘.
Hinzu kam ein weiteres Problem, oder besser gesagt, ein harter Konkurrent. Graf Ernst zu Isenburg, Pfandherr von Altenwied, hatte französischen Kaufleuten, die in seiner Grafschaft eine Eisenhütte betrieben, erlaubt, Holz aus dem Amt Altenwied zu beziehen. Denn in seiner Grafschaft waren ‚die buschen und gehöltz zum guthen theil verwüstet, also daß nunmehr wenig gehöltz daselbst fürhanden zu verkohlen, derwegen sie nun mehr im Ambte Aldenwied einzugriffen fürhabens‘.
Diese Kaufleute beabsichtigten nun, von der Gemeinde Neustadt große Mengen Gehölz abzukaufen. Als Adam von Zeuell sich seinerseits wegen des Holzkaufs an den Pastor und die Gemeinde von Neustadt wandte, erlebte er eine böse Überraschung. Er erfuhr, dass sein ‚Gnediger Herr und Graf Ernst zu Isenburg zweifelsohne durch Anstiftung friedhässiger abgünstiger Leute solches mein übergebenes billig mäßiges Gesinnen und Schreiben mir in großen Ungnaden aufgenommen‘. Dieser habe ein ‚solches Schreiben vom Herrn Pastor abgefordert, um meine Person anzugreifen und incarcerieren (ins Gefängnis stecken zu lassen), (...) auch daß Gehöltz selber kauffen wollten, dessen die Inhaber Ihro G. Eisenhütten zu ihrem Gefallen zu gebrauchen, Mittel zu haben sich vantirt haben sollten‘.
Zudem hatte er eine ‚Warnung durch einen französischen Köhler, Gill Michel Blanch genannt, zu Lintz im scharffen Ort in Gegenwart des Wirts daselbst‘ erhalten.
In seinen Schreiben an den Kurfürsten berief sich Zeuell auch auf die Bergordnung, die die unentgeltliche Bereitstellung von Bauholz vorsah. Wie aus zwei undatierten Holzkaufkontrakten zwischen dem Kirchspiel zu Neustadt und Adam von Zeuell ersichtlich, kam unmittelbar nach den Beschwerdeschreiben offensichtlich eine Einigung zustande.
Neben der Bitte um Holz bat Adam von Zeuell den Kurfürsten ebenfalls um eine Befreiung der Zölle: ‚Item daß wir (...) zu allen Zeiten aller Zoll und Wegegelts gefreiet sein, die Herren Zollbeamten aber ohne specialen Befehl deswegen uns nicht passieren, auch die alte passporten nit wollen gelten lassen. Als will Ehrwürdige Churfürstliche Durchlaucht hiermit ferner underthenigst bitten, mir zugleich ein offen Befehlschreiben an die Herren Zollbeamten darüber gnedigst mitzutheilen (...) solches gereicht zu Churfürstlichen Durchlaucht Regalen Einkünften und des gemeinen besten Beförderung.‘
Auch die Steuern, der so genannte Zehnt, sorgte für Probleme. Deshalb bat Adam von Zeuell um die Befreiung von den Zehntabgaben für die ersten fünf Jahre. Am 12. Juli 1618 bat er den Kurfürsten erneut um Zehntfreiheit, bis er die von seinem Bergwerk gemachten Schulden bezahlt habe. Er gab an, 500 Reichstaler Schulden beim Kloster St. Katharinen sowie bei den Arbeitern und den Bürgern von Linz zu haben.
Die Aufsicht über den Bergbau hatten spezielle kurfürstliche Beamte. An der Spitze der Verwaltung stand der Berghauptmann, gefolgt vom Zehentner, dem Oberbergmeister, dem Bergschreiber und weiteren. Sie erteilten die Erlaubnis zum Betrieb eines Bergwerks oder einer Hütte und überwachten die Zehntabgaben. Für die verarbeiteten Edelmetalle mussten ‚von allen gemachten Brandsilberen die Zehnendte Marck, von allem geschmolzen Kupfer der zehendte Centner‘ ebenso auch für Blei, abgegeben werden. Von Mineralien, die im Rohzustand verkauft wurden, war jeder zehnte Reichstaler aus den Erlösen abzugeben.
Das Schürfen nach allen Metallen war einem jeden erlaubt, ‚ohne Eintrag der Grund-Herren und Besitzeren Güter‘. Wer fündig wurde, musste beim Oberbergmeister einen so genannten Mutzettel ausfüllen, worin die genauen Ortsangaben und der Zeitpunkt der Mutung angegeben werden sollten. Innerhalb von 14 Tagen hatten der Bergmeister oder seine Geschworenen die Fundgrube zu besichtigen. Hatte der Bergmeister den Mutzettel unterzeichnet, konnte die Belehnung erfolgen, indem der Bergschreiber gegen Gebühr den Eintrag ins ‚Verlybuch‘ vornahm.
Für die Ausbeutung von Eisenstein galten andere Bestimmungen als bei den Edelmetallen. Bergleute, die Eisenerz abbauten, waren von allen ‚Diensten und Beschwerden‘ befreit.“
Das Königlich Preußische Bergamt in Düren gab am 13. Januar 1817 bekannt: „Nach dem noch bestehenden französischen Berggesetz vom 21ten April 1810 und der darauf gegründeten ministeriellen Instruction vom 3ten August 1810 stehen die Steinbrüche jeder Art unter der polizeilichen Aufsicht der Bergwerks = Behörden. Der 7. § dieser Instruktion verpflichtet die Inhaber der Betreiber der Steinbrüche ausdrücklich alljährlich im Januar oder spätestens im Februar Grund = und Provil = Risse von ihren Arbeiten an die Präfektur einzureichen um verifiziert und daselbst deponirt zu werden. Diese Vorschriften sind seiner Zeit von den zeitigen Präfekten, namentlich von den Präfekten des ehemaligen Roer = Departements unter dem 29ten November 1811 mit zweckmäßiger Erweiterung bekannt gemacht worden, aber unbefolgt geblieben.“ („Amts = Blatt der Königlichen Regierung zu Coblenz – Nr. 4 – Coblenz, den 28ten Januar 1817“)
Das Département de la Roer oder Rur-Departement war ein Département im nördlichen Rheinland zur Franzosenzeit (1798 – 1818). Der Name des Départements geht auf den Fluss Rur (in niederländischer Schreibweise Roer) zurück, welcher im Hohen Venn entspringt und bei Roermond in die Maas mündet. Sitz der Präfektur und damit Hauptstadt (frz. chef-lieu) des Départements war Aachen (frz. Aix-la-Chapelle).
Unter § 3 (Bergfreie und grundeigene Bodenschätze) des Bundesberggesetzes (BbergG vom 13.08.1980) heißt es unter anderem: „Grundeigene Bodenschätze im Sinne dieses Gesetzes sind nur, soweit sich aus aufrechterhaltenen alten Rechten (§§ 149 bis 159) nichts anderes ergibt: 1. Basaltlava mit Ausnahme des Säulenbasaltes;“ ...In vielerlei Hinsicht wird auch heute noch kein Steinbruch zum Bergwerk! – Wer dennoch meint, die heimischen schon lange stillgelegten Steinbruchbetriebe zu „Bergwerken“ zu erklären, ist bar jeder Kenntnis der Realität.
In den Kirchenbüchern der Pfarrei Neustadt (wozu auch die Gemeinde Vettelschoß bis zur Abpfarrung am 07.09.1925 zählte) findet man um 1875 nur vereinzelt die Anwendung des alten Kirchenbuchlateins für Bergmann = „metallarius, metallicus, metallifossor“. Bei den betroffenen Personen handelte es sich hauptsächlich um Bergleute, die in den Bergwerken an der Wied oder im Kasbachtal und vielleicht in den Zechen nahe Rheinbreitbach im Brotberuf standen.
Der Bergmann, der in den zu Beginn des 17. Jh. im Wiedtal erschlossenen und zwischen 1805 und 1861 intensiv betriebenen Pochwerken (Erzgruben) sein Brot verdiente und Kupferkies, Bleierze, Zink und Eisenstein förderte, wurde ab 1876 wieder arbeitslos. Die meisten Erzbergwerke mussten wegen Unergiebigkeit – und weil der Abbau zu aufwändig und schwierig geworden war – wieder schließen.
Im „Neuerburger Land“ befanden sich nach 1720 zeitweise bis zu 80 Bergwerkstollen und sogar eine Goldmine. 1869 waren im Amt Neuerburg „knapp 170 Bergleute“ beschäftigt. Und ab 1880 wandte man sich auch im „Neuerburger Land“ mehr den Steinbrüchen zu, die nunmehr überall anzutreffen waren.
Neben „Firneberg“ oder „St. Josephsberg“ waren der „St. Marienberg“ (Rheinbreitbach) und die „Clemenslust“ (Kasbachtal) sowie „Anxbach“ oder „Angstbach“ (Wiedtal) die bedeutsamsten Erzbergwerke in unserer Gegend. In der „Angstbach“ wurde auf Kupfer, Blei und Silber gegraben. Die Mutung der wechselvollen Bergmanns-Geschichte der Grube „Phinchen“ (Kasbachtal) geht vermutlich auf das Jahr 1861 zurück. Der Erzabbau blieb unbedeutend und 1913 erfolgte die endgültige Stilllegung.
„Hier sind die ältesten Bergwerke am Rhein, die meist Kupfer liefern; ihr Alter wird schon durch den Namen Firneberg (auch die St. Josephsgrube genannt) ausgesprochen. Die Gruben haben lange still gelegen wegen der wilden Wasser, die man nicht hatte bewältigen können, jetzt (1844) sind aber die gegenwärtigen Besitzer, Gebrüder Rhodius in Linz und Sinzig, seit Jahren geschäftig, sie wieder frisch in Gang zu bringen.“ – Es waren die „im Erzstift Köln unter dem Asbacher Bergamt mit einem Bergmeister stehenden und bei Rhein-Breidbach liegenden von Hackischen und Firnenberger Kupfer-Bergwerke mit den in den Kur-Köllnischen Landen so begehrten Zehendmetallen bzw. Kupfererzen – vor allem wegen der Zehendabgaben an Kurköln“.
Wann der erste Bergbau bei Rheinbreitbach begonnen wurde, ist nicht mehr genau nachvollziehbar. „Das Vorkommen römischer Münzen in alten Halden beweist uns, daß der Bergabbau zur Zeit der Römer bereits im Umgang war.“ – „Die wichtigsten Gruben bei Rheinbreitbach sind der St. Josephsberg oder Firneberg und der St. Marienberg.“
In den Kupfererz-Bergwerken St. Josephsberg und St. Marienberg waren zeitweise – vorwiegend aus Rheinbreitbach und Bruchhausen – um 450 und in den 1850er Jahren sogar 650 Bergleute beschäftigt.
Die von Schoenebecks und Vettelschoß
Constantin von Schoenebeck war der Stiefbruder des von 1776 – † 1785 amtierenden und letzten Polizeihauptmanns (Johann Franz Gabriel Karl Friedrich August von Schoenebeck, * 09.08.1740 in Brühl, † 23.02.1785 in Bonn, der seit dem 15.03.1762 mit Anna Gertrud Josepha Antoinette Freiin von Oeynhausen, * 23.05.1745 in Erpel, † 06.03.1797 in Johannisberg, verheiratet war) des kurkölnischen Amtes Altenwied und der Herrschaft Lahr und stammte aus der zweiten Ehe von Carl Caspar Theodor Johann Michael Joseph von Schoenebeck mit Maria Bernhardine von Graff, während der Beamte von Kurköln die Anna Clara von Sartout († 05.07.1757 in Johannisberg) zur Mutter hatte.
Die Taufpaten des Johann Franz Gabriel Karl Friedrich August von Schoenebeck waren sein in Brühl als kurkölnischer Amtsverwalter lebender Onkel Johann Gabriel Hertmanni und dessen Ehefrau Maria Clara Karoline Koels.
„Johann Franz Gabriel Karl Friedrich August von Schoenebeck, welcher als Erbzinsherr zu Stein, Herr zu Düsternau, Plag und Hüngsberg bezeichnet wird, widmete sich zunächst dem Militärstande und machte als Hauptmann im kölnischen Regiment von Holstein die preußisch-französischen Kämpfe im Siebenjährigen Kriege (1756 – 1763) mit, in denen er sich auszeichnete.“
Sowohl der Vater (Carl Caspar Theodor Johann Michael Joseph von Schoenebeck) als auch der Großvater (Johann Wilhelm Leopold von Schoenebeck) von Johann Franz Gabriel Karl Friedrich August von Schoenebeck waren zuletzt Landes- bzw. Polizei-Hauptleute von Kurköln und für Altenwied und die Herrschaft Lahr zuständig.
Die Nachkommen von Johann Wilhelm Leopold von Schoenebeck ermöglichten die Familienerhaltung und Vermehrung der von Schoenebecks. Er hatte aus jeder der beiden Ehen zwei Kinder, und zwar aus der 1. Ehe: Franz Gabriel Karl Friedrich August von Schoenebeck und Franz Heinrich von Schoenebeck, der wahrscheinlich im Kindesalter verstorben ist.
Und aus der 2. Ehe: Johann Bernhard Constantin Friedrich Joseph Vincenz Maria von Schoenebeck und Anton Emanuel Friedrich Wilhelm Maria Nepomuk von Schoenebeck (wahrscheinlich im Kindesalter verstorben).
Die von Schoenebecks waren durch 3 Ehen mit der Familie Hertmanni versippt und die wiederum zählte unter anderem durch Franz Heinrich Fabri („von“ Fabri), kurkölnischer Geheimrat und Kanzleidirektor zu Bonn, zum „Kölscher Klüngel“ nach dem Motto: „Man kennt sich, man hilft sich!“
„Fabri“ ist die aus der Zeit des Humanismus stammende Übersetzung des deutschen Familiennamens „Schmitz“, und zwar durch die Genetivform von lateinisch ‚faber‘ = „Schmied“.
Johann Wilhelm Leopold von Schoenebeck war das 15. Kind des „Bergischen Landschreibers“ Peter Dietrich von Schoenebeck, der insgesamt 17 Kinder in drei Ehen zeugte.
Aus der Ehe von Johann Franz Gabriel Karl Friedrich August von Schoenebeck mit der Freiin von Oeynhausen waren 11 Kinder hervorgegangen.
Das 3. Kind – der damals 26 Jahre alte Sohn Franz Heinrich Bernhard von Schoenebeck – heiratete am 26.11.1793 in der Pfarrkirche Sankt Bartholomäus in Windhagen die erst 16jährige Anna Gertrud Mohr (* 03.02.1777 in Vettelschoß, † 18.04.1819 in Günterscheid = „Jönnisch“ sagt der Volksmund) aus der alten (ausgestorbenen) und schon vor 1688 in Vettelschoß ansässig gewesenen Mohren-Sippe, die in Vettelschoß ansehnlich begütert war. Die meist zusammenhängenden Ländereien in Vettelschoß gingen im Laufe der Zeit verloren bzw. wurden in Einzelgrundstücken an die Nachkommen vererbt.
Anna Gertrud Mohr wurde am 04.02.1777 in der Pfarrkirche St. Margarita in Neustadt getauft. Ihre Taufpaten waren Anna Gertrud Knop aus Vettelschoß und Johann Wilhelm Lorscheidt aus Hargarten.
Bei den Eltern der Anna Gertrud Mohr handelte es sich um Johannes Mohr (* um 1742, † 11.09.1818 in Vettelschoß) und Anna Gertrud Lorscheid (* ?, † 15.05.1813 in Vettelschoß). Das Ehepaar hatte acht Kinder und wahrscheinlich vor Dezember 1772 in Neustadt geheiratet. Über eine weiter zurückliegende Ahnenreihe gibt es im Bistumsarchiv in Trier leider keine Hinweise.
Anna Gertrud von Schoenebeck geborene Mohr brachte in ihrer ersten Ehe sieben Kinder zur Welt, von denen offensichtlich nur eine Tochter (Anna Vincentia, die 1819 den Witwer Wilhelm Over aus Waldbreitbach ehelichte, die Ehe blieb jedoch ohne Nachkommen) und der Sohn Egidius von Schoenebeck (* 05.05.1808 in Hohn, getauft am 25.05.1808 in Windhagen, † 13.10.1873 in Köln) das Kindesalter überlebten.
Egidius von Schoenebeck war (seit 1836 in Köln) mit Anna Maria Bendheuer (* 05.04.1816 in Köln, † 20.12.1873 in Köln) verheiratet. Sie hatten offenbar ein Kind: Johann von Schoenebeck (* 10.08.1837 in Köln, † 25.08.1907 in Berlin – Lichterfelde). Er war zuletzt Kanzleirat und seit dem 21.12.1867 mit Anna Maria Franziska Becker (* 14.05.1841 – † 01.09.1925) verheiratet. Aus dieser Ehe gingen 6 Kinder hervor, die im Umfeld von Berlin (Lichterfelde) heimisch wurden. Darunter befanden/befinden sich katholische Theologen, Offiziere, Ärzte, andere promovierte Akademiker sowie verschiedene Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.
Die Schwiegereltern der Anna Gertrud Mohr (von Oeynhausen/von Schoenebeck) waren mit den Familien von Oeynhausen (Adelsheimer Amtsverwalter unter Reichsfreiherr Karl vom und zum Stein) und den Herrschaften von Schleiden und Nassau-Dillenburg sowie mit anderen Beamtenfamilien des damaligen Kurfürstentums Trier (Kurtrier) versippt.
Nach dem Tode ihres Gatten (Franz Heinrich Bernhard von Schoenebeck, ein „armer Schlucker“, † in Günterscheid, beerdigt am 22.02.1812 in Windhagen) ging die erst 36 Jahre alte Witwe (Anna Gertrud von Schoenebeck geborene Mohr) am 27.03.1813 in Windhagen die Ehe mit dem noch keine 21 Jahre alten Johannes Linnig aus Günterscheid ein.
Das Brautpaar Mohr/Linnig erhielt Dispens vom 3. Grad der Blutsverwandtschaft. Anna Gertrud geborene Mohr gebar in dieser Ehe drei Kinder. (Michael Joseph verstarb im Kindesalter; Johann Wilhelm Linnig war verheiratet, hatte sieben Kinder, lebte und verstarb am 26.01.1889 in Altenburg. Und Matthias Linnig (* 14.01.1819 in Günterscheid) begründete die Ahnenreihe der Regina Krugg in St. Katharinen.
Als Anna Gertrud Mohr verstorben war, ging Johannes Linnig am 11.11.1819 in Windhagen die Ehe mit Maria Elisabeth Deuren (* 1800 in Oberlahr, † 1865 in Günterscheid) ein, aus der acht Kinder hervorgegangen sind.
Bei Anna Gertrud Mohr handelte es sich (vereinfacht und aus jüngster Zeit gesehen) um die Schwester des Großvaters von Anna Timothea Jünger (* 08.11.1874 in Vettelschoß, † 09.12.1962 in Vettelschoß). Der Volksmund nannte sie „Saals-Ann“. Sie hatte am 04.11.1898 Heinrich Mohr (* 04.03.1872 in Notscheid (linzerseits), † 28.12.1969 in Vettelschoß) geheiratet. Er stammte allerdings aus dem Mohren-Clan vom Rennenberg bzw. aus Notscheid. Das Ehepaar (die Großeltern des Autors) nannte das Objekt in Vettelschoß, Lenzenweg 4, mit einer überwiegend selbst aufgebauten nennenswerten Landwirtschaft als sein Eigentum.
Vom Gasthaus zum Postamt
Im längst abgerissenen Geburtshaus der Anna Gertrud Mohr nahm am 15.04.1892 die Postgeschichte mit dem ledigen Ackerer und Wirt namens Wilhelm Prangenberg als den ersten Postagenten von Vettelschoß ihren Anfang. In diesem Objekt befand sich auch die erste Schenke/Kneipe der „halben“ Hun- oder Honschaft (Gemeinde) Vettelschoß.
Wilhelm Prangenberg verstarb mit 53 Jahren am 27.12.1903 in Vettelschoß an Lungenentzündung. Er war der Sohn der Eheleute Johann Matthias Prangenberg (* 11.03.1824 in Hohn, † 13.12.1893 in Vettelschoß) und Gertrud Mohr (* 21.03.1830 in Vettelschoß, † 27.09.1902 in Vettelschoß. Sie war die jüngste Tochter (von 10 Kindern) der Eheleute Johann Lorenz Mohr (Vettelschoß) und der am 23.04.1811 in Neustadt geheirateten Margaretha Frings aus Strödt.
Abb. 37
Bei Wilhelm Prangenberg – von der Gemeindevertretung in Vettelschoß am 25.01.1900 zum Gerichtsmann vorgeschlagen – handelte es sich um den ältesten Bruder von Joseph Prangenberg (* 01.11.1869 in Vettelschoß, † 13.02.1937 in Vettelschoß). Nach dem Tode von Wilhelm Prangenberg wurde Joseph Prangenberg, den man im Volksmund „Possmann“ oder „Possjööp“ nannte, 1904 der Postagent von Vettelschoß.
Der Generationswechsel im ursprünglichen Stammhaus der uralten Mohren-Dynastie in Vettelschoß zu Prangenberg fand vermutlich in den 1850 Jahren statt. Das mit Stroh gedeckte Fachwerkbauernhaus soll nach 1913/1914 abgerissen worden sein.
Nach 1912 war die Gastwirtschaft und die Postagentur in das neu erbaute Haus (Hauptstraße 25, später 35) verlegt worden. Es fiel erst vor wenigen Jahren der Spitzhacke zum Opfer.
Abb. 38
Für Getrud Mohr (verheiratete Prangenberg) war Anna Gertrud von Schoenebeck geborene Mohr eine Tante bzw. eine Tochter ihrer Großeltern väterlicherseits. – Weitere Einzelheiten können Sie aus „Die Postgeschichte und die von Vettelschoß“ ab Seite 247 des Buches „Kretzhaus, Reifstein, Vettelschoß“ von H.H. Mohr ersehen.
„Aus Tauf-, Hochzeits- & Grabgeläut
Mischt sich der Klang des Lebens.
Woher Wohin Wozu?
Du fragst vergebens!“
(So steht's an einem Bürgerhaus unweit des Münsters in Bern)
Die ehemalige St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß
Die Bauernhäuser aus Fachwerk in Vettelschoß befanden sich vormals im näheren oder weiteren Umfeld der altehrwürdigen St.-Michaels-Kapelle, die eventuell aus einer schlichten Pest-Kapelle hervorgegangen ist.
Vielleicht wurde in früherer Zeit auch der „Heimadel“ oder „Heimerich“ in Vettelschoß vor der leider 1945/1946 (nach schweren Kriegsschäden während des „Beschusses“ im Zweiten Weltkrieg) gänzlich abgerissenen St.-Michaels-Kapelle veranstaltet, die GIs in der Nacht vom 11.03.1945 auf den 12.03.1945 (durch heftige Kanonaden wie ein Trommelfeuer infolge mehrerer Artillerietreffer) in Schutt und Asche gelegt hatten. Doch bevor die Spitzhacken ganze Arbeit leisteten, war durch den Provinzial-Konservator der Rheinprovinz in Bonn am 13.07.1945/19.10.1945 dem Bischöflichen Generalvikariat in Trier und dem Vettelschosser Pastor Friedrich (Fritz) Blanckart (29.10.1937 – 12.04.1946) „attestiert“ worden, dass „eine Wiederherstellung noch möglich ist, wenn bald zugegriffen wird.“
Abb. 39
Dort auf dem „Heimadelplatz“ hatten in der Zeit der „halben Honschaft Vettelschoß“ alle erwachsenen Mannspersonen zu einer bestimmten Zeit zwecks Regelung von Gemeinschaftsangelegenheiten zu erscheinen.
Das gesamte für die Bürgerschaft von Vettelschoß historisch so wertvolle Kapellen-Inventar lag – nachdem die unsäglichen Kriegshandlungen am Gertrudentag (17.03.1945) endlich vorbei waren – unter einer dicken Trümmer- und Schutt-Schicht. Aus den Mauer- und Holzresten und den von Generationen verehrten und gepflegten Sakral-Gegenständen konnten Teile der Paramente geborgen und in Sicherheit gebracht werden. Sie kamen später in die Kirche „Heilige Familie“ in Vettelschoß und gelangten dort wieder zu Ehren. Die erste Kirche in Vettelschoß war am 27.06.1900 eingeweiht, am 20.05.1947 zur Pfarrkirche er-hoben und im Herbst 1974 abgetragen worden. Sie machte Platz für den Neubau der am 25.09.1977 konsekrierten letzten St.-Michaels-Pfarrkirche.
Das wohl älteste und „rärste“ Relikt aus der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß – der Altarstein, der das Sgraffito (Kratzmalerei) des hl. Michael getragen haben soll und Jahrzehnte auf dem sonst öden „Kapellenplatz“ lagerte und an die alte Kapelle erinnerte – verfrachtete man später unbeachtet und vergessen an den „Willscheiderberg“ (Willscheider Berg).
Abb. 40
So manch treuer „Pinki“ erhob damals auf dem zweckentfremdeten „Kapellenplatz“ vor diesem alten „Tisch des Herrn“ (Mensa) – der die Reformation, Revolution, Säkularisation und den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte – sein Bein, nicht aus Ehrfurcht, sondern weil er „musste“!
Was könnte uns dieses geschichtsträchtige, mit der Hand vor mindestens 500 Jahren gehauene oder vielleicht schon geschnittene Monument mittelalterlicher Volksfrömmigkeit alles sagen, wenn Steine sprechen oder wir zur Seele des „uralten“ Altarsteins vordringen könnten? – Und nun gilt der Altarstein der einstigen St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß als verschollen!!!
Kein Stein, kein Strauch erinnert heute mehr an das einmal wie eine „Ikone“ verehrte Kapellchen, das wohl ursprünglich einsam auf einer dicht bewaldeten Anhöhe stand und das Wachsen des kleinen Bauerndörfchens Vettelschoß „überwachte“, zu Freud und Leid der einfachen, anspruchslosen und tief gläubigen Bauersleute aufgesucht und von wo das Christentum in das heimatliche wilde, sumpfige, weglose und unerforschte Wald-Gefilde getragen wurde.
Womöglich befand sich an dieser Stelle von kurz nach der zweiten Rodungs- und Besiedlungs-Phase (1185/1200) oder Christianisierung zuerst ein Feldkreuz. Auch kann sich dort eine Opferstätte befunden haben; „denn anstelle heidnischer Opferstätten musste das Kreuz treten“.
Als Papst Gregor I. (Gregor der Große), 590 – 604, Heiliger und seit 1295 Kirchenlehrer, im Jahre 597 Augustinus von Canterbury, den Abt seines Familienklosters, mit weiteren 39 Mönchen nach England sandte, wurde Augustinus angewiesen, bei der Mission an vorchristliches Brauchtum anzuknüpfen und bestehende heidnische Heiligtümer nicht zu zerstören. „Die Tempel sollten in christliche Kirchen verwandelt werden, damit die Heiden an diesen, durch die Sitte geheiligten Orten, sich umso lieber und schneller an die Verehrung des wahren Christengottes gewöhnten. Die Opfermahle zu Ehren der heidnischen Götter sollten nicht abgeschafft, sondern in Mahle der christlichen Märtyrer verwandelt werden.“
„An Stelle des Gaugrafen trat der Dechant, an der des Honschaftsführers der Kaplan oder der Pfarrer. Es mußte der Kirche vor allem daran liegen, das von ihr zum Christentum zu gewinnende Volk in allen seinen Auswirkungen zu erfassen.“
„Im Jahre 313 war die weitaus größere Mehrzahl der Bewohner des Trierer Landes noch heidnisch.“ –„313 erließen die Kaiser Konstantin der Große und der römische Kaiser Flavius Valerius Licinius das Mailänder Edikt und beendeten damit die Christenverfolgungen, welche der römische Staat seit fast 300 Jahren gegen die Kirche geführt hatte.“
„Die Christianisierung im Erzbistum Trier – auch der Landbevölkerung – scheint um 600 vollendet gewesen zu sein, nachdem seit etwa 500 die Missionstätigkeit der Kirche tatkräftige Unterstützung an den fränkischen Herrschern gefunden hatte. Seither besitzen die Franken die Führerschaft des Gebietes auch in religiöser Beziehung.“
„Die großen Waldrodungen um 1200 ließen, oft unter Aufspaltung fränkischer Großpfarreien, die Zahl der Pfarreien schnell ansteigen; in dem auch weltlich dem Erzbischof unterstehenden Teil der Diözese (Trier) war um das Jahr 1330 fast diejenige Pfarreienzahl erreicht, die noch um 1800 bestand.“
War die Kapelle in Vettelschoß eine Pestkapelle?
Die Pest ist so alt wie die Menschheit! Schon der griechische Historiker Thukydides beschreibt im 4. Jh. vor Christus, wie die Pest in Athen gewütet hatte. In der Bibel gehört die Pest zu den drei Geißeln Gottes – sie erscheinen bei den Propheten Jeremias und Ezechiel mit den Worten: „gladius, fames und pestis“ = Schwert, Hunger und Pest.
540 nach Christus breitete sich die Pest zur Zeit des römischen Kaisers Justinians in Ägypten aus und erfasste in den Folgejahren den ganzen Mittelmeerraum. Das übrige Europa erwischte die Pest viele Jahrhunderte später.
Und das war nach 1347, als die Pest über Handelsrouten aus der Mongolei an das Schwarze Meer eingeschleppt worden war. Über das Mittelmeer, den Atlantik, die Nordsee und die Ostsee gelangte die Pest schließlich nach ganz Europa. 25 Millionen Menschen starben damals, das war rund ein Drittel der europäischen Bevölkerung.
Von Venedig aus gelangte die Pest über den Brenner nach Österreich. Zuerst kam der schwarze Tod nach Kärnten, anschließend in die Steiermark und erreichte erst dann Wien. In Deutschland, Norwegen, Schweden und Irland trat die Pest erstmals im Jahre 1349 auf.
Um die Ansteckungsgefahr zu vermindern, wurden in Italien nach 1347 einlaufende Schiffe, auf denen man die Pest vermutete, für 40 Tage isoliert (in Quarantäne genommen). Ähnliche Maßnahmen sind später auch in Mainz getroffen worden. Die Quarantäne mag zwar die Schiffsbesatzung vom Landgang abgehalten haben; sie verhinderte aber nicht, dass infizierte Ratten an den Schiffstauen entlang an Land gelangten und so zur Weiterverbreitung der Krankheit beitrugen.
Die Pest wurde als eine Strafe Gottes angesehen. Im Rheinland und Westfalen versuchten die Einwohner durch Prozessionen die Seuche abzuwenden. Doch das Gegenteil war der Fall. Einer steckte den anderen an. Das Leben der Menschen wurde in einem nie gekannten Maße beeinträchtigt. Eine zunehmende Isolierung, Angst vor einer Ansteckung, Stadtflucht und extreme Frömmigkeit begleiteten die Krankheit. Es kam zu zahlreichen Judenpogromen (so auch 1349 in Köln und Linz), da die Menschen jüdischen Glaubens vielfach für den Ausbruch und die Weiterverbreitung der Pest („Brunnenvergifter“) verantwortlich gemacht wurden. Auffällig ist jedoch, dass einige Pogrome stattfanden, bevor die Pest die jeweiligen Orte erreicht hatte.
Der Rhein als Hauptverkehrsstraße war von den verheerenden Pestzügen besonders betroffen. Ganze Dörfer starben aus oder wurden von ihren Bewohnern verlassen.
Zu Ostern 1349 gelangte die Seuche nach Frankfurt/Main, wo sie in 72 Tagen mehr als 2000 Einwohner dahinraffte. In Köln, Mainz und Limburg tötete die Pestilenz zeitweise über 100 Menschen am Tag.
Schon 1356 erlebten die Rheinlande einen neuen Seuchenzug. Von 1450 – 1453 zog eine erneute Pestepidemie durch die Rheinlande, durch Frankreich und Spanien.
In der zweiten Hälfte des 14. Jh. folgte eine weitere Welle der Pest-Epidemie in Deutschland, die schließlich 1529, 1570 und von 1604 bis 1637 auch in unserer Gegend wütete.
1564 wurde Köln von der Pest ergriffen. Alle Bursen wurden geschlossen, alle Studenten, geistliche und weltliche, arme und reiche, verließen die Stadt. Man sagt, um diese Zeit seien in Köln von August bis Oktober 10.000 bis 12.000 Menschen gestorben, und die Krankheit hörte nicht auf.
Im Jahre 1666 breitete sich die Beulenpest erneut, von den Niederlanden bzw. England kommend, den Rhein entlang aus und wütete in Westfalen und zog abermals rheinaufwärts.
Während der ersten Hälfte des 17. Jh. wurde das Rheinland von so vielen, rasch aufeinander folgenden Seuchenzügen heimgesucht, dass die Pest dort 50 Jahre lang niemals ganz erloschen ist.
Erst am 16.03.1667 erklärte die medizinische Fakultät der Universität Köln die Stadt für „pestfrei“; damit hatte eine dreihundertjährige Schreckenszeit endlich ihr Ende gefunden.
In den folgenden Jahren wanderte die Seuche langsam nach Süden, dem großen Strom folgend; Bingen, Mainz, Frankfurt blieben nicht verschont, Nordfrankreich und das Elsass wurden ergriffen. 1667 erreichte die Seuche die Schweiz und verursachte in Basel, Zürich und in Bern schwere Verluste.
In Linz tobte die Seuche 1666/1667, die unter anderen auch den Bürgermeister Paul Fuchs dahinraffte. Wie überall war auch im Westerwald die Bevölkerung stark dezimiert worden.
Viele Kreuze, Bildstöcke und Kapellen gehen auf Gelübde aus der Pestzeit zurück. Aus dieser Zeit (nach 1529) kann auch die „Pestkapelle“ bzw. die einstige St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß stammen!
Die Apokalyptischen Reiter mit Krieg, Hunger, Pest und Tod verschonten auch diesmal Vettelschoß nicht. Im Juli und August 1715 wurde Vettelschoß wieder von der Pest heimgesucht, von Februar bis Mai 1716 die gesamte Umgebung. Die Pest-Karren waren die finsteren Symbole dieser Zeit, als der „schwarze Tod“ ganze Ortschaften und Landstriche entvölkerte, um die man weinte, wie um seine Verwandten.
Abb. 41
„Vor dem Ostende des Dachfirstes (der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß) stehen ein vierseitiger ‚Dachreiter‘ und eine Blechscheibe mit den Umrissen einer menschlichen Gestalt, die ‚Pestmann‘ genannt wird“, sagen uns die Annalen. – Dieser „Pestmann“ an der „Vellschosser Mechelskapell“ – über den nichts weiter überliefert ist, aber im gesamten Umkreis bekannt war – galt als Mahnmal an die Pest-Zeit und sollte an die vielen Toten erinnern, die der „Geißel der Menschheit“ zum Opfer gefallen waren.
Bereits im Alten Testament wird der Erzengel Michael mit der Pest, und zwar als Heiler in Verbindung gebracht. – Michael = „Wer ist wie Gott“ ist der Name eines Engels der jüdisch-hebräischen Überlieferung/Herkunft. Dieser hatte Einfluss auf die religiösen Traditionen des Juden- und Christentums.
Der hl. Michael wurde seit der siegreichen Schlacht auf dem Lechfeld am 10.08.955 zum Schutzpatron des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und später Deutschlands erklärt.
In den „Beiträgen zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diözese Trier“ von 1887 (Band 2 = Regierungsbezirk Coblenz) von Dr. Philipp de Lorenzi (* 03.07.1818 in Kreuznach, † 03.01. 1898 in Trier, Domdechant und Bischöflicher Offizial) steht über die Pfarrei Neustadt: „Das Pfarrgebiet war sehr weitschichtig. Im Jahre 1767 zählte man nicht weniger als 44 Dörfer nebst 19 Höfen als Filialen mit 1.600 Kommunikanten. Heute (1887) sind es 59 Dörfer mit 12 Höfen und 3.711 Seelen. Mehrere Gemeinden (Hunschaften) erfreuen sich schon seit geraumer Zeit ihrer eigenen Kapellen. Eine solche steht seit 1828 in Strauscheid; ihr Titularfest ist Maria Heimsuchung. Die Kap. in Steinshart ist den hh. Aposteln Petrus u. Paulus gewidmet. Die aus dem vorigen Jahrh. stammende Kap. zu Willscheid hat die allers. Jungfrau u. den h. Bernard zu Patronen. Die Michaelskap. zu Vettelschoß hat ein Altarbild mit der Jahreszahl 1692. Die Antoniuskapelle zu Etscheid ist 1683 erbaut. Die Kap. zu Rott stammt aus dem Jahre 1832 u. feiert Mariä Geburt als ihr Patrocinium. Die neueste ist die 1857 zu Ehren der Himmelfahrt Mariä erbaute Kap. zu Dreischlägen. Die Filialen Hunscheid u. Lorcheid werden v. St. Katharinen aus verwaltet. Die schon von dem trierischen Erzb. Luidorf (994 – 1008) erwähnte Fil. Mannechenrot (Manroth) entbehrt noch heute einer eigenen Kapelle.“ – (Sie sind eventuell längst verrottet und nicht mehr erneuert worden!)
(Ludolf, 994 – 1008, ein Sachse von Geburt, war ebenfalls ein Freund der Wissenschaft. Als solcher rühmt ihn Hermann ‚Contractus‘ von Reichenau, und der Abt von Hornbach unterwarf seine Schrift über das Leben des hl. Pirmin seinem Urteil. Er ließ die Domfreiheit mit einer Mauer umgeben und war an der Er-richtung des Bistums Bamberg durch Heinrich II. beteiligt. Er starb am 07.04.1008. – Sein Kaplan und zugleich Propst des Paulinusstiftes war Adalbero, ein Sohn Siegfrieds von Luxemburg. Er war ein habgieriger Mensch, der sich in den Besitz reicher Güter zu setzen wußte und selbst Klöster dazu ausraubte. Nach Ludolfs Tod bewarb er sich bei der Wähler-schaft mit Erfolg um die Trierer Bischofswürde. Aber Kaiser Heinrich II. stellte ihm den Mainzer Propst Megingaud (Meingaud, 1008 – 1015) entgegen. Jedoch dieser vermochte sich nicht durchzusetzen. Selbst das persönliche militärische Eingreifen des Kaisers in Trier hatte keinen Dauererfolg. Darum war Meingaud gezwungen, in Koblenz zu regieren, während sieben Jahre der Bürgerkrieg in seinem Sprengel tobte. Nach seinem Tode am 24.12.1015 setzte Kaiser Heinrich II. an seine Stelle einen würdigen und tatkräftigen Nachfolger, der im Erzstift bald Ordnung schaffte und Adalbero zu reumütiger Rückkehr in das Paulinusstift zwang.)
„Bei der Vis. v. 1767 hatte die Pfarrkirche (Neustadt) 5 Alt. u. besaß 1 silb. Ciborium. (Ziborium = ein Aufbewahrungsgefäß für Hostien). Filialkapellen waren damals 5. Von kirchlichen Vereinen waren die Christenlehr- und St. Sebastianusbruderschaft eingeführt. Die Schule befand sich 1787 in sehr schlechtem Zustand.“
„Die jetzige Pfarrkirche (Neustadt) wurde in den Jahren 1869 u. 70 erbaut u. am 19. Juli 1873 zu Ehren der h. Margaretha konsekriert. Sie enthält 3 Alt., 3 Glocken, 2 silb. Speisekelche, 1 silb. Kelch u. 2 mit silb. Kuppen. Das Pfarrhaus bedarf dringend eines Neubaues. Die Fabrik besitz 1 Mn. 73 R. Land u. 4 Mn. 140 R. Wiesen; das Wittum (der Witwe zustehender Besitz) umfaßt 19 Hect. 48 Ar Land, Wiesen u. Wald. Von abgelösten Zehnten bezieht der Pfarrer gegen 1.500 Mk. – Series (Reihenfolge) der Pfarrer. Um 1730 N. Gilgenberger; 60.65 Herm. Kneußgen; 66.80 Hieronymus Clotten; 81 – 86 Domin. Arntz; 87.94 Engelb. Kratz; 94 – 1825 Jos. Hecker; 26 – 33 Ant. Klein; 33 Christ. Wendel; 47 J. Braun; 49 – 56 Matth. Grundhewer; 56 – 68 Nik. Schild; 68 – 77 Joh. Matth. Friederichs; 84 – 86 Pet. Maringer als Hilfsgeistlicher, v. da als Pfarrer.“
(Der Beitrag von Dr. Philipp de Lorenzi bringt eigentlich keine Neuigkeiten; er gilt zum Teil als überholt und widerlegt.)
Quellennachweis:
1.„Mahlerische Reise am Nieder-Rhein – Merkwürdigkeiten der Natur und Kunst aus den Gegenden des Nieder-Rheins, Zweytes Heft (1784 – 1789) von Dr. med. Konstantin von Schoenebeck“, Köln am Rhein, bey dem Verfasser und Nürnberg bey Christ. Weigel u. A. G. Schneider – (Ludwig-Maximilians-Universität in München am 05.06.2003).
2.Rheinische Flurnamen von Adolf Bach (1963).
3.Historisches Lexikon der Siedlungs- und Flurnamen des Mosellandes von Wolfgang Jungandreas (1962).
4.(http:www.rheinische-geschichten.lvr.de) von Christian Schlöder, Halle (13.09.2013).
5.Landesgeschichte des Westerwaldes von Hellmuth Gensicke (1958).
6.Landesamt für Geologie und Bergbau Rheinland-Pfalz (LGB) in Mainz, das dem Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung zugeordnet ist (18.09.2013).
7.Bundesberg-Gesetz (BbergG) vom 13.08.1980.
8.Im Lande der Neuerburg an der Wied von Albert Hardt (1987).
9.Wikipedia.
10.„Basalt-Actien-Gesellschaft Linz 1888 – 1913.“
11.„50 Jahre Basalt A.-G. Linz a. Rh. 1888 – 1938.“
12.„80 Jahre Basalt – Actien-Gesellschaft 1888-1968.“
13.„Linz am Rhein – Die Geschichte der Stadt von der Frühzeit bis zur Gegenwart“ von Dr. Hermann Burghard und Dr. Cordula Kapser (2002).
14.Stammbaum der von Schoenebecks von Dr. med. Hans Christof von Schoenebeck, Berlin (2003).
15.Protokoll-Bücher der Gemeinde Vettelschoß vom 10.03.1890 bis 23.12.1963 (Stadtarchiv Linz).
16.Schulchroniken von Vettelschoß (1863 – 1928) und Kalenborn (1904 – 1945) von Elisabeth Kretz geb. Steffen, Vettelschoß.
17.Die Cistercienserinnenabtei St. Katharinen b. Linz a. Rh. von Dr. theol. Johannes Zeimet (1929).
18.„Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius, welcher die wichtigsten und angenehmsten, historischen und politischen Merkwürdigkeiten des ganzen Rheinstroms, von seinem Ausflusse in das Meer bis zu seinem Ursprunge darstellt. Von einem Nachforscher in historischen Dingen. Mittelrhein. Der III. Abteilung 7. Band. Coblenz, 1860“.
19.„Dr. med. Constantin von Schönebeck (1760 – 1835) von Pfarrer Schug (Heimat-Kalender 1962).
20.Windhagen - Ein Heimatbuch (1994).
21.Die Familie Hertmanni von Pfarrer Karl Pellmann aus Uni-Bibl. Bonn (1928) entliehen.
22.Neustadt-Wied ein Fest- u. Heimatbuch 1229 – 1929.
23.Bistumsarchiv Trier (23.05.2003).
24.Familienbuch des Katholischen Pfarramtes Sankt Margaretha Neustadt (Wied) von Gerhard R. Petersohn, Merklingen (2003).
25.Handbuch des Bistums Trier (1938).
26.Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier (Bearbeitet von Dr. theol. et phil. Jakob Marx – Trier 1923).
27.Gräfin Mechthild von Sayn (1200/03 – 1285) – Eine Studie zur rheinischen Geschichte und Kultur von Thomas Bohn (2002).
28.Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diözese Trier (1887) – Band 1: (Regierungsbezirk Trier); Band 2: (Regierungsbezirk Coblenz) – Dr. Philipp de Lorenzi.
29.Neustadt (Wied) – Heimat im Wandel der Jahrhunderte (1985).
30.Burg und Amt Altenwied von Dr. Hildegard Brog (2009).
31.Mitteilungen von Dr. Albert Hardt (Historiker und Autor), Wiesbaden, vom 31.05.2001 und 01.09.2001.
32.Altenwied und sein Umfeld bis ins 14. Jahrhundert von Paul Girnstein (2007).
33.Die Kunstdenkmäler des Kreises Neuwied – Im Auftrage des Provinzialverbandes der Rheinprovinz – Bearbeitet von Heinrich Neu und Hans Weigert – Mit Beiträgen von Karl Heinz Wagner (1940).
34.Wilhelm von Rennenberg († 1546) – Ein rheinischer Edelherr zwischen den konfessionellen Fronten von Leo Peters (1979).
35.Geschichts-Chronik von Vettelschoß und seinen Ortsteilen von Elli Lind (1987).
36.Vettelschoß aktuell (Von April 2013).
37.Kretzhaus – Reifstein – Vettelschoß von H.H. Mohr (2006).
Bildnachweis:
1.A. Therese Albers-Hensellek, Mammelzen (Gemeinde in der Verbandsgemeinde Altenkirchen).
2.Ludwig-Maximilians-Universität in München.
3.Elmar Freiherr von Geyr, Niederkassel.
4.H.H. Mohr, Bad Tölz.
5.Schwester Hildegardis, Nonnenwerth.
6.Ansichtskarte, gelaufen, abgestempelt am 29.05.1919 in Drachenfels.
7.Aus Neustadt-Wied ein Fest- u. Heimatbuch 1229 – 1929.
8.Aus „Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier“ (Bearbeitet von Dr. theol. et phil. Jakob Marx – Trier 1923).
9.A. Therese Albers-Hensellek, Mammelzen.
10.Internet.
11.H.H.Mohr, Bad Tölz.
12.H.H. Mohr, Bad Tölz.
13.Ansichtskarte, gelaufen, abgestempelt am 09.09.1909 in Frankfurt Main.
14.Wikipedia.
15.Ansichtskarte, gelaufen als Feldpost, abgestempelt am 15.02.1917 in Neuwied.
16.A. Therese Albers-Hensellek mit Ehemann (Hans-Jürgen Hensellek), Mammelzen.
17.H.H. Mohr, Bad Tölz.
18.Rolf Reinhard (HeliRolf&aol.com). Er stimmte am 26.12.2010 der Veröffentlichung in allen meinen Aufsätzen zu.
19.H.H. Mohr, Bad Tölz.
20.H.H. Mohr, Bad Tölz.
21.Katholisches Pfarramt, Neustadt.
22.Stadtarchiv Linz.
23.H.H. Mohr, Bad Tölz.
24.Ansichtskarte.
25.H.H. Mohr, Bad Tölz.
26.Ludwig-Maximilians-Universität in München.
27.H.H. Mohr, Bad Tölz.
28.A. Therese Albers-Hensellek, Mammelzen.
29.A. Therese Albers-Hensellek, Mammelzen.
30.A. Therese Albers-Hensellek, Mammelzen.
31.Internet.
32.Internet.
33.Vermessungs- und Katasteramt in Neuwied.
34.Aus Nr. 11 des Quellennachweises.
35.H.H. Mohr, Bad Tölz.
36.Vermessungs- und Katasteramt in Neuwied.
37.Dr. med. et phil. Ulf Lind, Neustadt.
38.Heinz Prangenberg, Vettelschoß.
39.Aus Nr. 22 des Quellennachweises.
40.H.H. Mohr, Bad Tölz.
41.Bistumsarchiv Trier (03.12.2013).
Bildtexte:
1.Der Blick ins Siebengebirge von Vettelschoß aus gesehen.
2.Der Brief von Dr. Constantin von Schoenebeck an den „Theuersten Freund“,„Hönningen d. 11. May. 1784 Morgens um sieben Uhr“.
3.Der Bergfried der alten Burg Rennenberg, bevor durch den „Verein Burg Rennenberg e.V.“ entsprechende Erhaltungsarbeiten und -maßnahmen durchgeführt worden waren.
4.Die Pfarrkirche St. Katharina in St. Katharinen der Gemeinden St. Katharinen und Vettelschoß. Sie ist ab/nach 1317 entstanden und 1324 als Neubau überliefert. Es war die Klosterkirche des nach der Säkularisation (1803) aufgelösten Zisterzienserinnen-Konvents „St. Katharina“.
5.Die großartige Abteikirche des Zisterzienserordens in Heisterbach.
6.Die Klosterkirche Heisterbach vor 1808 und die Ruine im heutigen Zustand.
7.Die Burg Altenwied. Sie geht vermutlich auf das Jahr 1100 zurück und ist heute in Privatbesitz.
8.„Das Dekanat, Landkapitel Kunostein-Engers im Archidiakonat Dietkirchen, 1570.“ Unter Ziffer 13 des Buches „Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier, bearbeitet von Dr. theol. et phil. Jakob Marx – Trier 1923“ ist die Pfarrei (St.-Margarita) Neustadt mit den Filialen Willscheid (St.-Bernhardus-Kapelle), Vettelschoß (St.-Michaels-Kapelle, die bereits auf der Erzbistumskarte Trier nach dem Stand von 1550 verzeichnet ist) und Ebscheid (höchstwahrscheinlich Etscheid mit der St.-Antonius-von-Padua-Kapelle) aufgeführt. Der Kollator bzw. der Inhaber der Kollatur war der Abt des Zisterzienserklosters Heisterbach, der die Pfarrer für die Pfarrei Neustadt dem Dekanat Engers gegenüber in Vorschlag brachte und schließlich an die Wied entsandte. Der Autor (Dr. theol. et phil. Jakob Marx ) meinte: „Die Kapelle in Vettelschoß ist älter.“ – Und in Ziffer 21 des Buches von Dr. Dr. Jakob Marx ist Linz im Dekanat Engers-Kunostein von 1570 mit den Kapellen Linzhausen, Hargarten, Noll, Notscheid und Hilkerscheid verzeichnet.
9.Die St.-Bernhardus-Kapelle in Willscheid. Den „Dom zu Willscheid“ ziert seit ewigen Zeiten das altbekannte Jerusalemkreuz zur Erinnerung an die Kreuzzüge mit dem später aufgesetzten Hahn als Symbol der Wachsamkeit. Im Kapellenturm hängt die Sankt-Bernhardus-Glocke, die 1785 von dem Glockengießer MATTHIVS COBELENZ aus COELN stammt. Auf wen die „Sankt Bernhardus-Kapelle“ von vor 1570 zurückgeht und wer die „St.-Bernhardus-Glocke“ nach 1785 stiftete, ist nach wie vor ungeklärt. Es können die Rennenberger (1585 im Mannesstamme erloschen) bzw. die Salm-Kyrburger (1743 gefürstet) gewesen sein. (Siehe auch „Willscheid und das ‚Bernhardus-Kapellchen‘ mit den relevanten Begebenheiten von damals“.)
10.Graf Hermann V. von Wied, Kurfürst und Erzbischof von Köln (1515 – 1547), der Reformator.
11.Die evangelische Kirche in Niederbieber (Neuwied), in der sich die Grabstätte des Reformators, Graf Hermann V. von Wied, befindet.
12.Das Panorama vom Rolandsbogen ins Siebengebirge um 1890.
13.Das Deutsche Eck in Koblenz an der Mündung der Mosel in den Rhein mit dem monumentalen Reiterstandbild des Deutschen Kaisers Wilhelm I., das als Denkmal für die Deutsche Reichsgründung 1871 konzipiert war. Es wurde am 31.08.1897 unter Anwesenheit von Kaiser Wilhelm II. als Dank für die in drei Kriegen (1864, 1866, 1871) erkämpfte Einigung Deutschlands eingeweiht.
14.Das Wappen derer von Schoenebeck.
15.Als „Königliches Landratsamt“ in Neuwied wurde der Kernbau der heutigen Kreisverwaltung zwischen 1906 und 1908 zu Zeiten des preußischen Landrats, Dr. Kurt von Elbe, errichtet.
16.Die Rabenlay an der Wied. Oben auf dem Plateau soll Constantin von Schoenebeck in seiner Jugendzeit des öfteren gesessen haben. Der Bürgermeister von Peterslahr (Verbandsgemeinde Flammersfeld, Landkreis Altenkirchen), Alois Weißenfels, war so freundlich und führte die Fotografin mit Ehemann an den historischen Felsen Rabenlay im Wiedtal. An dieser Stelle durften die angeblichen Hexen ihre letzten Stoßgebete verrichten, bevor sie in den Tod gestürzt wurden.
17.Die Briefmarke wurde am 14.02.1991 anlässlich des 400. Geburtstages von Friedrich Spee (1591 – 1635) – des großen Dichters, Vorkämpfers für die Menschenrechte und Ordensmannes – von der Deutschen Bundespost herausgegeben. Sie zeigt Friedrich Spee von Langenfeld nach einem zeitgenössischen Gemälde. Links ist der Titel seines berühmten „Cautio criminalis“ gegen die Hexenprozesse und rechts ein Auszug aus seiner Liedsammlung „Trutz-Nachtigall“ zu sehen. Die Spee-Gruft befindet sich in der Jesuitenkirche in Trier.
18.Der Rhein mit Erpel und der Pfarrkirche „St. Severinus“ sowie die Rheinfähre nach Remagen. Vor dieser Kirche bzw. auf dem Erpeler Kirchplatz wurde Anna Katharina Spee am 20.09.1631 als „Hexe“ zum Tode verurteilt und nachher im Kasbachtal hingerichtet und verbrannt.
19.Der frühere Speehof bzw. das ehemalige Wohnhaus der Spees und der Anna Katharina Spee geb. Nürrenbergh in Bruchhausen. Sie hatte vier eheliche und ein uneheliches Kind.
20.Das Bildnis der „Schmerzreichen Mutter Gottes“ in der Pfarrkirche St. Johannes Baptist in Bruchhausen. Es wurde 1636 von den Kindern der Anna Katharina Spee gestiftet. Der Grabstein von Robert Spee befindet sich an der Außenwand der sehenswerten Wallfahrtskirche.
21.Im alten von dem „Erwurdigen Andechtigen und Wolgelehrten“ Pastor Leo Vidax von Zulpich aufgestellten „Bröederbuch“ (Bruderschaftsbuch) „Von Jesus, Maria, Josef“ „zu mehrerer Beförderung der Christlichen Lehr“ der Pfarrei Neustadt von 1601 (erneuert 1782 unter dem Geistlichen Dominicus Arntz) waren sowohl die angebliche Hexe von Bruchhausen als auch ihre Verwandten und die ihres Ehemannes verzeichnet. Das „Bröederbuch“ trägt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit die „Handschrift“ der Heisterbacher Zisterziensermönche.
22.Das am 03.11.1706 als städtisches „Studium Martinianum“ (Martinus Gymnasium) eröffnete Linzer Gymnasium um 1900/1907.
23.Der Luftkurort „Linz A/Rhein“ – „Geschützt gegen Nord- und Ostwind“ im Jahr 1894.
24.Das idyllische Linz vor 1923.
25.Der Torso des Kölner Doms. Nach der Grundsteinlegung (15.08.1248) vergingen bis zur Fertigstellung/Einweihung (15.10.1880) über 632 Jahre.
26.„Die sieben Berge bey Bonn“ von Dr. Constantin von Schoenebeck.
27.Bonn von Beuel (inzwischen ein Stadtbezirk von Bonn) aus gesehen um 1890.
28.Der Grabstein des Dr. Constantin von Schoenebeck.
29.Der Grabstein des Dr. Constantin von Schoenebeck aus einem anderen Blickwinkel.
30.Der Grabstein des Dr. Constantin von Schoenebeck mit der Inschrift seines geliebten Sohnes.
31.Plinius der Ältere.
32.Der Vesuv nach dem Ausbruch am 24.08.79 n.Chr.
33.„Handriß der Flur No. XI genannt Wald“ von 1829 (Vettelschoß). – Regierungs = Bezirk Coblenz – Landräthischer Kreis Neuwied – Bürgermeisterei Altenwied – Gemeinde Lohrscheid (Lorscheid) – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az: 26 772-1.401“. – (http://www.lvermgeo.rlp.de).
34.Das erste Transportmittel für das Basaltgestein im Steinbruch war die „Schürreskaar“ (Schubkarre).
35.Der Pachtvertrag der BAG vom 10.03.1893 bis über den 31.12.1939 hinaus und die Nachträge bis zur restlosen Ausbeute des Basaltvorhabens und Stilllegung am 31.12.1974.
36.„Handriß der Flur No. VII genannt Vettelschoss“ von 1829 (Vettelschoß). – Regierungs = Bezirk Coblenz – Landräthischer Kreis Neuwied – Bürgermeisterei Altenwied – Gemeinde Lohrscheid (Lorscheid) – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az: 26 772-1.401“. – (http://www.lvermgeo.rlp.de).
37.In diesem längst abgerissenen Bauernhaus, das sich in der heutigen Hauptstraße von Vettelschoß zwischen dem „Schmitzhoff“ (das heutige Dorfmuseum von Vettelschoß) und dem später erbauten und ebenfalls abgetragenen „Gasthaus Joseph Prangenberg zur Post“ („Alten Post“) befand, wurde die Geschichte von Vettelschoß gelebt. Am 15.04.1892 nahm in dieser alten Hofstatt die Vettelschosser Postgeschichte mit dem ersten Postagenten Wilhelm Prangenberg ihren Anfang. Vor diesem Gehöft, das 1741/1742 schon so ausgesehen haben könnte und in dem sich die erste Kneipe/Gaststätte in Vettelschoß (wie auch die Wiege der Anna Gertrud Mohr verheiratete von Schoenebeck stand) befand, wurde am 01.10.1912 unter großer Beteiligung der Bürgerschaft der letzte Postkutscher zur Fahrt nach Linz feierlich verabschiedet. Von nun an nahm die am gleichen Tag eröffnete Bahnstrecke „Linz – Altenkirchen“ die Postbeförderung vor. Das einen Steinwurf von der altehrwürdigen St.-Michaels-Kapelle entfernte Objekt war das eigentliche alte Stammhaus der vor 1688 in Vettelschoß nachgewiesenen Mohren-Sippe.
38.Eine Teilansicht von Vettelschoß. Neben dem „Gasthaus Joseph Prangenberg zur Post“ ist ein Teil des alten Bauernhauses (links) der früheren Mohren-Familie (später Prangenberg) in Vettelschoß zu sehen. Vielleicht war das Gehöft älter als der frühere „Schmitzhoff“, das heutige Dorfmuseum in Vettelschoß?
39.Die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß. Sie war bereits auf der Erzbistumskarte Trier nach dem Stand von 1550 als Filiale von Neustadt verzeichnet. Das Altarbild stammte aus dem Jahr 1692.
40.Der Altarstein – das letzte Überbleibsel – der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß auf dem sonst öden und als Parkplatz genutzten „Kapellenplatz“ im Sommer 1981.
41.Das Teilstück aus der Erzbistumskarte Trier mit der Kapelle in „Vettelschloss“ (Vettelschoß) als Filiale von Neustadt. Aus dieser ‚Landkarte‘ gehen die Archidiakonats- und Dekanatsgrenzen sowie die Klöster, Stifte und Pfarrorte mit ihren Filialen (Kapellen) nach dem Stand von um 1550 hervor. So verfügten sowohl Etscheid und Steinshardt bereits vor 1550 über eigene „kleine“ Gotteshäuser.