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Flurnamen sind Wegweiser in die Heimatgeschichte

(Vettelschoß)

 

Von H. H. Mohr

 

Oft wurden Flurnamen zu Siedlungs- bzw. Ortsnamen

 

Die Flurnamen entstanden aus dem örtlichen Sprachgebrauch der Bevölkerung. In unserem heimischen Gefilde allerdings im Wesentlichen aus dem Moselfränkischen oder Trierischen (auf dem Boden des ehemaligen Kurfürstentums Trier) in Eifel und Westerwald sowie aus dem Ripuarischen (am Rheinufer um Köln wohnenden Franken) oder Kölnischen; denn unsere halbe Honschaft = Gemeinde Vettelschoß gehörte bis nach der Säkularisation (1803) politisch zu Kurköln, kirchlich jedoch seit Menschengedenken zu Trier. Doch beide Kurfürstentümer waren sich nicht immer „grün“, wenn es um ihren Einflussbereich und vor allem um den im Westerwald ging.

Ein Flurname ist die namentliche Bezeichnung (Flurbezeichnung) eines kleinräumigen Landschaftsteils (Flur) – wie Berge, Gipfel und Täler, Wälder, Weiden, Wiesen, Felder, Aue, Bäche und Teiche, Wege, Gewanne (Ackergrenze, Parzelle, Feld, an der der Pflug gewendet wurde bzw. Unterteilung der Flur, insbesondere bei der Dreifelderwirtschaft, um eine gleichmäßige Verteilung der Bodengüte zu erreichen) und Stege bis hin zu einzelnen Parzellen außerhalb von Siedlungen. Sie enthalten altes – nicht selten auch fremdes – Sprachgut, das oft über viele Jahrhunderte überliefert ist und gestatten Rückschlüsse auf die Besiedlungsgeschichte. Die Fluren sind damit wichtige Quellen der regionalen Vergangenheit und Wegweiser in die Heimatgeschichte.

Abgesehen von der Archäologie gibt es wohl kaum ein faszinierenderes Fachgebiet als die Flur-, Orts- und Gewässernamenforschung. Sie gewährt uns einen Blick in die weit zurückliegende Welt unserer Ahnen, auf ihre Herkunft, Kultur und evtl. sogar auf ihre Geisteshaltung; denn Flurbezeichnungen sind uralte Dokumente der örtlichen Vorzeit. Sie erzählen von den Nutzungen des Landes und von den Lebensumständen der Bewohner. Manche Flurnamen leben faktisch in den Straßenbezeichnungen von Neubaugebieten weiter, die auf ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen entstanden sind, was gottlob in der Gemeinde Vettelschoß praktiziert wird.

In Dorfgesprächen mit älteren Bürgern über diese oder jene Flurstücke, die einst von ihren Eltern oder Großeltern beackert wurden, klingen gelegentlich die schönen alten Flurnamen an, die über Jahrhunderte selbstverständliche Umgangssprache waren. Erst die Loslösung der letzten zwei Generationen von der Landwirtschaft lässt diese althergebrachten Flurnamen immer mehr aus dem Gedächtnis verschwinden und in Vergessenheit geraten.

Wenn Flurnamen in älterer Zeit (d. h. in altgermanischer, früh- und hochmittelalterlicher Zeit) fehlen, so liegt das in erster Linie an der überlieferungsgeschichtlichen Situation. Denn überall dort, wo Quellen vorhanden sind, werden auch Flurnamen fassbar. Aber das Alter eines Flurnamens nachzuweisen gilt als schwierig, sofern er nicht in einer (datierten bzw. datierbaren) Urkunde belegt ist. Generell kann man davon ausgehen, dass Flurnamen ungefähr so alt sind wie die Siedlungsnamen eines betreffenden Gebietes. Doch sie sind meist erst mit der „geschriebenen Sprache“ belegt, auch wenn die Markierungen vermutlich viel älter sind.

Flurbezeichnungen sind und waren vor allem Gebrauchsnamen bzw. althergebrachte Lage- oder Nutzungsbegriffe, die auf das Aussehen, auf die Volksmundart und vor allem auf die Bodengestaltung zurückgehen. Sie sind in der Regel nur innerhalb eines Dorfes oder Weilers bekannt. Allein durch die eindeutige Benennung können Verwaltung (Kataster), Besitzverhältnisse (Grundbücher) oder Landnutzung (Nutzungsart) geregelt werden. Und das Katasterwesen beinhaltet das Grundstücksverzeichnis einer Gemeinde. Hier werden die einzelnen Grundstücke = Parzellen, Eigentumsverhältnisse, Katastergebäude- und Katasterbodenwerte aufgezeigt. Die Flurnamen dienen dazu, den Ort bzw. die Lage eines Flurstücks innerhalb der Gemarkung eindeutig zu identifizieren. Den Flurnamen fällt eine beachtenswerte Bedeutung bei der Erforschung der geschichtlichen Vergangenheit unserer Heimat zu. Großräumige Flurbenennungen sind meist alt. Flurbezeichnungen, die in die Vor- und Frühgeschichte zurückreichen, sind selten, wenn man von Flurnamen oder Namen markanter Berge/Gipfel absieht.

Da Flurbezeichnungen meist untrennbar mit den Ortsnamen verbunden sind, wurden sie oft zu Ortsnamen und umgekehrt – wie die frühere Flur „Vertilschos“ = Vettelschoß; denn „Vettel“ kommt von „Viertel“ und „schos/schoz/schoss/schoß“ ist als „bewaldeter Bergvorsprung“ zu deuten. Die Lesart der einstigen Streusiedlung oder des Hangweilers „Vettelschoß“ besagt: „Ein Viertel (Land), das im/am Hang gelegen ist“. Mit „Virdeil“, „Viertel“, „Vrtl“, „Vertil“, oder „Fiertel“ ist das alte deutsche Flächen- oder Ackermaß = ¼ Morgen gemeint und bezieht sich auf die Fläche, die sich ehemals an einem Vormittag (mit Kühen, Ochsen, Pferden) pflügen ließ.

Der bisher älteste Beleg für „Vertilschos“ (Vettelschoß) ist die Testamentsurkunde einer „Cristina“ (Christina) de/aus „Vertilschos“ – datiert „im Jahre des Herrn 1344 am Tag des hl. Papstes Urban“ = 25.05.1344. Christina aus Vettelschoß war „Inclusa“ (Inklusin/Einsiedlerin) in Dattenberg, stammte als Bürgerliche aus einer angesehenen, begüterten und privilegierten Sippe (Familie) aus Linz und hatte einen in Linz lebenden Bruder namens Jacobius (Iacobus genannt Coylbusch oder Jacobus genannt Coilbusch oder Jacob genannt Koilbusz oder Kollbusch), der am 13.09.1340 und 25.06.1341 zusammen mit Iohannes genannt Scryver (Johannes genannt Schryver) als Siegelbewahrer des kurkölnischen Amtes in Linz in Erbpacht-Urkunden mit dem Zisterzienserkloster in Heisterbach amtierte.

Bis 1865 gehörte die Gemeinde Vettelschoß als „halbe Honschaft“ zur „Honschaft Lorscheid“. Lorscheid (Lohr-Scheid/Lorschit/Lorscheidt/Leuscheid = Weide-/Gras-/ Waldplatz auf einer waldreichen Anhöhe zwischen zwei Tälern) als „Wohnplatz“ taucht in den Annalen bereits 1217 auf und die „Honschaft Lorscheid“ ist seit 1321 überliefert. Die erste Kirche in Neustadt entstand 1229/1230 und 1250 vermachte die Regentin Gräfin Witwe Mechthild von Sayn (nach dem Tode ihres Gemahls, Graf Heinrich III. von Sayn) unsere Heimat auf „Rentenbasis“ für ihr Seelenheil und das ihres verstorbenen Gatten nach erbittertem Widerstand aus der Verwandtschaft dem Erzstift in Köln. Und 1257 erteilte sie das Plazet zur Gründung des Zisterzienserinnenklosters St. Katharina.

Die „Kuhl“ oder „In der Kuhl“ (Grube) gilt wohl als der älteste Besiedlungsteil von Vettelschoß. Und die kleine Ansiedlung „Kau“ bzw. „In der Kau“ unweit von Vettelschoß und zur Gemeinde gehörend wird als „Lagerstätte des Wildes“ gedeutet.

Auch der einstige Flurname „Caldenburne“, „Caldeborde“, „Kaldenborn“, „Caldeinburne“, „Calenborn“, „Kallenborn“ und „Kaltenborn“ (der ursprünglichen kalten und kahlen Lage mit kümmerlichem Ackerbau oder „nicht bewachsen“ und „nicht bewaldet“ sowie „Wüstung“) wurde schließlich der Ortsname „Kalenborn“, der in einem neu angelegten Einkünfteregister des Zisterzienserinnenklosters St. Katharina im Jahre 1509 für einen Hof in „Kaldenborn“ (Kalenborn) erwähnt wird, sodass unterstellt werden muss, dass das „dorff caldenborn“ bzw. der einstige Flecken Kalenborn tatsächlich älter ist.

Willscheid geht vermutlich auf einen Insassennamen zurück. Diese Einzelhof- und spätere Weilersiedlung wird als „Wald des Wilfried“ gedeutet. Unter „Scheid/Scheidt oder „Scheydt“ ist Misch- oder Laubwald oder „wilder Wald“ auf einer Anhöhe zu verstehen. Die Orte mit -scheid-Namen sind Gründungen der hochmittelalterlichen Rodungsperiode und mit Wahrscheinlichkeit nach 1100 entstanden. Sie verdanken offenbar einer Namenmode der damaligen Zeit ihren Ursprung.

Als Weiler können Willscheid, der Seiferhof (ein Landstück oder eine Bodenstelle, die von einem langsam fließenden, sumpfartigen Bach durchzogen wird) und Kalenborn aber auch schon zwischen 900 und 1214 aus der Taufe gehoben worden sein. Sie sind womöglich älter als der frühere „Hangweiler“ Vettelschoß, aber in kleineren Schritten (langsamer) besiedelt worden.

Aber auch die Bildung der örtlichen Personennamen waren nicht selten bei der Vergabe von Flurnamen maßgebend. In den Flurbezeichnungen spiegeln sich alle historischen und sprachlichen sowie topografischen Entwicklungen wider. Viele kleinräumige Flurnamen entstanden erst nach der Aufhebung der Dreifelderwirtschaft und nach Aufgabe der Feld- und Weidewirtschaft sowie nach Aufhebung der Allmende bzw. der „algimeinida“ oder Mark = Dorfgemarkung (eine mittelalterliche Wirtschaftsform gemeinschaftlichen Eigentums, ein im Besitz einer Dorfgemeinschaft befindliches Grundeigentum, das auf das Gemeineigentum der alten Markgenossenschaft, die „Gemeinmark“ zurückgeht) nach 1800.

Das Germanentum kannte ursprünglich keinen Eigenbesitz. Das Land (Wald und Wiesen) gehörte der Allmende bzw. war gemeinsam genutztes Gemeindegebiet, das vom Dorf – durch die „Hundertschaft“ als kleinste wirtschaftliche und kulturelle Einheit – bewirtschaftet wurde. Den Germanen waren in den Jahrhunderten um Christi Geburt die Orts- bzw. Siedlungsnamen noch beinahe fremd. Auch in den ersten Jahren danach galten sie (nicht die Insassennamen) lediglich als Flur- oder Stellenbezeichnungen. Ob tatsächlich ein Zusammenhang der Zenten mit vorfränkischen Hundertschaften bestand, ist nicht eindeutig geklärt. Aus der „Hundertschaft“ wurde die Hun- oder Honschaft (Gemeinde) abgeleitet, in der sich jeweils eine Opferstätte befunden haben soll.

In den fränkischen Rheinlanden bezeichneten sich viele Landgemeinden bis zur Neuorganisation durch die französischen Besatzer (1794 bis 1814) Zenteneien, Zennereien oder Zendereien. An der Mosel, im Meifeld (Eifel), Hunsrück und am Mittelrhein war für Gemeinden „Heimgereden“ gebräuchlich.

Um Köln hießen sie „Honschaften“ und am Niederrhein (Westfalen) waren es die „Burschaften“. Vor allem in den Regionen/ Gemarkungen, wo die Realteilung des Grundbesitzes praktiziert wurde, entstanden dadurch viele neue und zusätzliche Flurnamen. Insbesondere die Attribute „beim, auf, über, unter, vor und hinter“ deuten auf eine Besitzteilung hin, was mehrheitlich aus den Flurbezeichnungen in der Gemeinde Vettelschoß mit diesen Eigenschaften zu schließen ist. Wurde hingegen der Grundbesitz nur an einen Erben weitergegeben (Anerbenrecht), waren zusätzliche Namen nicht erforderlich. Daher gibt es in diesen Gemarkungen auch vergleichsweise weniger Flurnamen. – Als die wohl ältesten Landgemeinden in unserer Gegend gelten Erpel1 und Unkel2.

Flurnamen kann man nur etymologisch (Etymologie = Wissenschaft von der Herkunft, Geschichte und Grundbedeutung der Wörter) erklären, wenn man sich mit der Zeit ihrer Entstehung auseinandersetzt. Jeder Flurbezeichnung liegt ein Benennungsmotiv zugrunde, ein Merkmal, das diesem bestimmten Ort anhaftet. Zum Zeitpunkt der Entstehung wurde dieses Merkmal in der/dem gängigen Umgangssprache/Vokabular beschrieben. Der Name entstand aus der vor Ort gesprochenen Mundart und ist so überliefert und weitergegeben worden. Die Bedeutung des Namens blieb dabei erhalten, der Wortschatz, die Aussprache und die Schreibweise haben sich jedoch im Laufe der Zeit verändert.

Als man im 19. Jahrhundert die Flurnamen schriftlich festlegte (katasteramtliche Schreibweise), wurden – aus Sicht der Etymologen (Etymologie) – schlimme Fehler gemacht, die nicht wieder gutzumachen sind. Die alten Namen wurden total entstellt (das scheint auch in der Honschaft Lorscheid/ Vettelschoß der Fall gewesen zu sein) und sind für die Forschung völlig unbrauchbar, da sie in der „verhochdeutschten“ Form zu den unsinnigsten Deutungen führen. Dabei lässt sich die Bedeutung des Namens bei der Schicht der jüngeren Flurnamen mit der vor Ort gesprochenen Mundart in den meisten Fällen noch hinreichend klären. Diverse Flurnamen oder deren Komponenten haben je nach Region einen althochdeutschen, altniederdeutschen, romanischen oder slawischen Ursprung – in seltenen Fällen wird sogar auf keltisches Sprachgut verwiesen – und sind daher für die Allgemeinheit kaum verständlich, zumal sie sich dem Dialekt der Region entsprechend stark auseinander entwickelt haben können.

So ist die frühere Flur bzw. der Siedlungsname „Elsaff“ („Eylsaffen“ oder „Eilsaff“) keltischen Ursprungs („Els/Elß/Elz“) = Ellen/Erle und bedeutet Bach/Fluss (feuchtes, sumpfiges Gelände). Nichts erinnert mehr an ein Tempelgut („Tempelsguth“) in Mittelelsaff auf Oberelsaff. Längst sind auch dort im Zuge der amtlichen Flurbereinigungs- und Zusammenlegungsverfahren die alten Flurbezeichnungen weggewischt und durch andere (neuzeitliche) Namen ersetzt worden. Es heißt, wo sich einst das Templergut und dann das „Sellbachsfeld“ befand – „Auf der Gass“.

Unweit des alten Elsaffer Bahnhofs (Unterelsaff) gibt es eine landwirtschaftlich genutzte Gemarkung, die „Schlosswiese“ genannt wird. Nach dem Hörensagen und von Generation zu Generation weitererzählt, soll dort einmal ein Schloss gestanden haben. Der Schlossherr galt als übel beleumundet, wie Bänkelsänger in früherer Zeit in ihren Moritaten über ihn und den grauenerregenden Vorkommnissen in seinem Herrschaftshaus zu verkünden wussten.

Ein Teil des Weilers „Oberelsaff“ gehört zur Gemeinde Vettelschoß, Verbandsgemeinde Linz und der andere zur Gemeinde Neustadt, Verbandsgemeinde Asbach – aber ganz Oberelsaff und Mittelelsaff bekennen sich zum Kirchspiel Vettelschoß (Pfarrei St. Katharina/St. Michael) mit der Pfarrkirche in St. Katharinen. Der „Vettelschosser Bach“ oder „Elsaffer Bach“ bzw. „Hallerbach“ bildet die Grenze zwischen dem Erzbistum Köln (Pfarrei Windhagen) und dem Bistum Trier (Neustadt/Vettelschoß). Und der Seel- und Hallerbach in Oberelsaff sind die „Grenzbäche“ zwischen den heutigen Gemeinden Neustadt (Verbandsgemeinde Asbach) und Vettelschoß (Verbandsgemeinde Linz).

In Vettelschoß gibt es die Flur „In der Walhelde“ bzw. „In der Wahlhelde“ („Walheld“), die mit viel Fantasie – nach der germanischen Mythologie – als allgemeine „Totenwohnstätte“ (als ein freudlos-düsteres Totenreich, in das der Mensch gegen seinen Willen durch den unumstößlichen Schicksalsbeschluss der Götter hineingezwungen wird) gedeutet werden kann. Walhall ist als Totenstätte – wohin Odin die im Kampf gefallenen Krieger und Helden beruft, um mit ihnen gemeinsam am Weltende in die Ragnarök = Götterdämmerung zu ziehen – und Hel als Hölle bzw. Göttin, die unter der Erde herrscht, zu verstehen. Wenn dem so sei, wäre eine frühere Nutzung als vorchristliche Begräbnistätte nicht ganz abwägig.

Germanische Kultstätten gab es am Hummelsberg und soll es um Bertenau (Gemeinde Neustadt) gegeben haben. Doch plausibler für „In der Wahlhelde“ scheint die Deutung „eine Wüstung mit Gebüsch bewachsener, sanft ansteigender Berghang“ zu sein; denn mit „Wahl“ dürfte sich der Flurname auf unbefestigtes, mooriges Gelände und mit „-helde“ auf den Bergrücken („aufm Eichert“ bzw. „im Eichelsberg“) beziehen. Auch aus den uns weiter bekannten und überlieferten Vettelschosser Flurnamen lassen sich leider keine Spuren in die Vergangenheit ableiten, die wirklich für die nähere Heimatgeschichte von Relevanz sein könnten.

Zu einer weiteren doppeldeutigen Auslegung führt die Flurbezeichnung „Streithart“ in Notscheid (nahe Kretzhaus); denn wenn mit den Schulkindern aus Vettelschoß der Schulausflug zum geologischen Heimatkundeunterricht in den Tuffsteinbruch „Quirgelstein“ vorbereitet wurde, machten die Lehrkräfte immer wieder auf die benachbarte Flur „Streithart“ (Kampfwald) aufmerksam. Dort sollen einst Trompeten geschmettert haben, Helmziere zersplittert, Lanzen gebrochen und geworfen sowie Streitäxte ergriffen worden sein und gestählte Harnische Funken gesprüht und mutige Ritter in ihren Streitsätteln auf vor Ungeduld wiehernden Kampfrössern gesessen haben, als Herolde die Turnierregeln und den Beginn eines Ritter- oder Keulenturniers verkündeten und von den Edelknechten ein Zuschauergerüst für die Rennenberger und ihre Gäste aufgebaut worden war.

Es sollen – so mutmaßten die Lehrerinnen und Lehrer – die Freiherren von Rennenberg dort auch ihre Privatfehden ausgetragen haben. Der Platz diente ebenso für festliche Zerstreuungen durch große ritterliche Lanzenturniere – wie sie im Mittelalter allgemein üblich waren – mit anschließenden Festlichkeiten auf der nahen Burg Rennenberg, wie die Erzieher den Kindern weiter zu berichten wussten. Sicherlich war die „Streithart“ auch Trainingsgelände für Gefechtsturniere; denn das Kriegführen war eine gesellschaftliche Funktion des Adels und die Rennenberger haben sich dem nicht verschlossen, erzählten die Erzieherinnen und Erzieher abschließend der interessiert zuhörenden Kinderschar, bevor es wieder durch Wald und Flur heimwärts ging.

Als Baumaterial für die erste Kirche in Vettelschoß, die am 27.06.1900 geweiht wurde, dienten die „Hausteine“ aus dem „Quirgelstein“. Mit diesem vulkanischen und braunfarbenen Tuffstein, der aus feinkörnigen vulkanischen Aschenteilchen – in die oft größere Bestandteile (Gesteinsbrocken) eingelagert sind – ist Jahrhunderte vorher teilweise die ehemalige Klosterkirche und Klosteranlage St. Katharina in St. Katharinen erbaut worden. Mit „Streithart“ (hardt/hart = ungehegter Wald oder Bergwald) ist womöglich auch ein Grundstück bezeichnet worden, um das ein Streit (vielleicht ein Streitobjekt vieler Prozesse und langer Jahre) bestand. Oft liegen die betreffenden Örtlichkeiten an Gemarkungs- und Territorialgrenzen, was in Notscheid zutreffend ist.

Der Vettelschosser Flurname „In den Andeln“ oder „Im Andelsberg“ bzw. volkstümlich „Im Antelsloch“ könnten die Geometer oder Geodäten einst von dem kleinen Bach „Andel/Antel“, der früher unterirdisch durch Andernach floss, entlehnt haben. In der Tat entspringt „Im Antelsloch“ ein kleiner Bach, der später in den „Seelbach“ fließt. Mehr über die versuchte Ausdeutung der Flurnamen in der Gemeinde Vettelschoß ist aus der „Geschichts-Chronik von Vettelschoß und seinen Ortsteilen“, die die verdiente Heimatforscherin Elli Lind geborene Bergmann (1908 – 1996) verfasste, ersichtlich.

Wer weiß, ob sich einst dort, wo vor 1570 die St.-Bernhardus-Kapelle in Willscheid mit Wahrscheinlichkeit von den Zisterziensern erbaut wurde, vorher noch Überbleibsel einer vorchristlichen Kultstätte gestanden haben. Die Lage dort wäre prädestiniert dafür gewesen! In ähnlicher Konstellation befand sich wohl der „Kapellenplatz“ in Vettelschoß, wo sich die vor 1550 errichtete und 1945/1946 abgerissene St.-Michaels-Kapelle befand. Sie soll ursprünglich eine schlichte Pestkapelle gewesen sein. Das gibt Sinn, weil der Erzengel Michael von alters her (bereits im Alten Testament wird er mit der Pest als Heiler in Verbindung gebracht) auch der „Pestengel“ genannt und als Bekämpfer des Bösen, aber auch als „Seelenwäger“, angerufen wird.3

Die Flurnamen sind in den Flurkarten der Katasterämter eingetragen, jedoch nicht immer in der vor Ort gebräuchlichen Ausdrucksweise. Diese sind in Deutschland wiederum aus den Brouillonkarten und den Reinkarten des 19. Jahrhunderts übernommen worden. Bei der Brouillonkarte – die der „Handriß-Karte“ sehr ähnlich ist – handelt es sich um eine spezielle Art von Landkarte, die im Zuge der Verfahren zur Seperation ab dem Beginn des 19. Jahrhunderts im Auftrag der damit beauftragten Generalkommission bzw. Landeskulturamt angelegt worden ist. Sie wird auch als Original- oder Seperationskarte bezeichnet (frz. brouillon = erster Entwurf, Konzept). Außer den Brouillonkarten waren durch die Generalkommission bzw. das Landeskulturamt in der Regel noch zwei Kopien herzustellen, die so genannten I. und II. Reinkarten. Die I. Reinkarte war eine detailgetreue Kopie der Brouillonkarte und wurde meist dem Seperationsrezess beigefügt. Auf der II. Reinkarte war hingegen nur der Zustand nach der Separation eingezeichnet. Eine Kopie dieser II. Reinkarte wurde meist als Gemarkungsreinkarte dem zuständigen Katasteramt übergeben und dort fortgeführt. Brouillonkarten enthalten in der Regel zahlreiche Flurnamen, die zum Teil heute nicht mehr verwendet werden. Die ältesten Vermessungsunterlagen sind somit die Brouillonkarten, die für eine große Anzahl von Dörfern erhalten sind, wenn auch oft in sehr beschädigtem Zustand.

 

Preußen übernahm von Napoléon das Parzellenkataster

 

Als im Jahre 1803 der Reichsdeputationshauptschluss die Säkularisation auch reichsrechtlich sanktionierte, gingen zahlreiche kirchliche Gebiete, Besitztümer und Rechte in staatliche Hoheit über. Nun bewirkte die Säkularisation (kirchlichen Besitz in weltlichen umwandeln) eine gewaltige Umwälzung. Aber auch zahlreiche Territorialherren und Reichsstädte verloren durch die Mediatisierung („mittelbar“ machen; die bisher unmittelbar dem Reich unterstehenden Herrschaften oder Besitzungen der Landeshoheit unterwerfen) ihre Reichsstandschaft und Landeshoheit.

Nach dem Sieg über die Revolution galten Napoléons (Napoléon Bonaparte, Kaiser der Franzosen von 1804 – 1814/1815) Zukunftspläne der Konsolidierung der revolutionären Errungenschaften und der Machtausdehnung auf Europa. Er – der im Code Napoléon die Rechtsverhältnisse im bürgerlichen Leben regelte – ließ nach der Besetzung des Rheinlandes und Westfalen (1807) im Jahre 1808 zur Besteuerung von Grund und Boden die Vermessungen und das Anlegen eines Parzellenkatasters anordnen. Da es über 100 verschiedene Grundsteuerarten in den „teutschen Landen“ gab, sollten diese durch ein einheitliches, auf gesicherte Daten gestütztes System ersetzt werden. Der Weg dahin führte über die Katastervermessung – der Vermessung der Grundstücke, die nicht nur dem Staat, sondern auch den Eigentümern bei der Sicherung ihres Grundbesitzes und beim Grundstücksverkehr dienen sollte.

Es kam nicht von ungefähr, dass die Impulse für die erste Vermessung eines ganzen Landes – wie das Herzogtum Bayern4, das erste exakt vermessene Land Europas – unter modernsten Gesichtspunkten von Frankreich ausgingen. Frankreich war seit Jahrhunderten eine wichtige Kolonialmacht und hatte deshalb – wie England und Spanien – großes Interesse an der genauen Vermessung seiner kolonialen Besitztümer. Das erleichterte deren Regierbarkeit und Ausbeutung. Dabei mussten immer wieder die Messtechnik und Messinstrumente verbessert werden. Napoléon selbst sah sich als Wissenschaftler. Er beschäftigte ein Heer von Landvermessern, Ingenieurgeografen, Trigonometern, Topografen, Geometern und Geodäten.

Am 10.02.1815 bzw. im preußisch-nassauischen Tauschabkommen vom 31.05.1815 erhielt Preußen die ehemaligen kurkölnischen Ämter Altenkirchen, Altenwied und Linz mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit zugesprochen und nahm sie bereits einen Tag später offiziell in Besitz. Preußen ließ die entstandenen Kreise Linz (Auflösung am 01.05.1822 und Eingliederung in den Landkreis Neuwied), Neuwied, Altenkirchen, Wetzlar und den rechtsrheinischen Teil des Kreises Koblenz ordnen. Die Kreisgebiete wurden Bestandteil des Regierungsbezirks Koblenz, der 1816 neu gebildet und mit den Regierungsbezirken Trier und Aachen zur Provinz Niederrhein zusammengefasst wurde. 1822 wurde diese Provinz mit der Provinz Kleve-Jülich-Berg (Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf) vereinigt. Fünf Jahre nach Übergabe der Rheinlande und Westfalen an Preußen ließ das Königreich Preußen (1820) die Napoléonischen und bewährten Katasterarbeiten fortsetzen, vervollständigen und 1834 das Parzellenkataster abschließen. Dies war die Basis für das 1839 im Rheinland und Westfalen eingeführte Grundsteuergesetz.

Von besonderer Bedeutung war einst das Liegenschaftskataster, das ursprünglich die Aufgabe hatte, die auf dem Grund und Boden ruhenden Lasten nach dem Verhältnis des Ertrages zu verteilen. Diesem Kataster lag eine Parzellenvermessung mit anschließender Bonitierung (Schätzung von Grund und Boden) zugrunde, die durch Napoléon im Anfang des 19. Jahrhunderts in den Rheinlanden und Westfalen begonnen und von Preußen im Jahre 1822 weitergeführt wurde. Durch Gesetz vom 21.05.1861 wurde das Liegenschaftskataster auf die anderen preußischen Provinzen ausgedehnt, auch ein Gebäudekataster angelegt und damit die Neuordnung der Grundsteuererhebung für die östlichen Provinzen Preußens legitim. Schon vier Jahre später (1865) existierte in ganz Preußen ein Kataster zur Besteuerung von Grund und Boden. Von 1868 – 1875 wurde auch in Hannover – diese Provinz war bis 1867 ein selbständiges Königreich – das Kataster aufgebaut. Noch 1872 wurden „Eigentumserwerb und die dingliche Belastung“ im Grundbuch eintragungspflichtig. Diese Eintragungen mussten auf das bestehende „Steuerkataster/ Eigentumskataster“ zurückgeführt werden.

1877 erhielten die Katasteranweisungen I – VII ihre Gültigkeit. Nach der Anweisung II haben Neuvermessungen den Genauigkeitsanforderungen zu entsprechen. 1881 wurde gemäß Anweisung VIII die Eichung von Vermessungsgeräten erforderlich und 1896 die endgültige Fassung der Fortführungs-Anweisung II amtlich, die die unterirdische Vermarkung, Grenzherstellung und Grenzverhandlungen regelt.

Am 01.01.1900 trat das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die darauf fußenden Ausführungsgesetze der RGO = Reichsgrundbuchordnung (1897) in Kraft.

1910 ist die Übergangsphase des „Steuerkatasters/Eigentumskatasters“ nach einem Reichsgerichtsurteil beendet und die Katasterangaben (mit Ausnahme der Fläche) im Grundbuch werden bindend. Die Reichsgrundbuchordnung (RGO) von 1877 erhob das Kataster zum Gewährsbuch des Grundbuches. Durch das vorläufige Grundvermögenssteuergesetz vom 14.02.1923 wurde eine Umbildung des Katasters zum Wertkataster eingeleitet, das vornehmlich steuerlichen Zwecken diente. Der Zwang, beweiskräftige Grundeigentumskarten zu erhalten, und der Verfall der alten Katasterkarten führte zur Neumessung ganzer Gemarkungen (bis 1931 20 % des preußischen Staatsgebiets). In Preußen wurde damals den Katasterämtern die Hauszinssteuerveranlagung und –verwaltung übertragen. Bis 1934 unterstand das amtliche Vermessungswesen den damaligen Ländern. Nur trigonometrische (Dreiecksmessung, trigonometrischer Punkt = TP) Netze höherer Ordnung und das Anfertigen topografischer Karten gehörten zum Aufgabengebiet des Reichsamtes für Landesaufnahme in Berlin.

Das Gesetz über die Schätzung des Kulturbodens (Reichsbodenschätzung im Zuge einer Reichssteuerreform) von 1934 hatte zum Ziel, eine gerechte Verteilung der Steuern, eine planvolle Gestaltung der Bodennutzung und eine Verbesserung der Beleihungsunterlagen sicherzustellen. 1935 wurde die Grundbuchordnung und 1940 die Verordnung über die Einführung des Reichskatasters als amtliches Verzeichnis der Grundstücke (§ 2 Abs. 2 GBO) im Sinne des Grundbuches erlassen. Am 26.05.1994 erfolgte die Veröffentlichung der Neufassung der Grundbuchordnung (GBO).

Im Kataster oder Liegenschftskataster (frz. cadastre, von gr. katástichon = „Liste“, „Register“ bzw. mlat. catastrum, capitastrum = Kopfsteuerverzeichnis) werden sämtliche Flurstücke (Parzellen) und bauliche Anlagen einer Liegenschaft nach ihrer Lage, Art der Nutzung und Größe beschrieben und kartografisch dargestellt. Heute wird als Kataster nicht mehr die Liste der Steuerpflichtigen (Steuerliste, Steuerrolle, Stammrolle) bezeichnet, sondern es gilt in erster Linie als das Bestandsverzeichnis der Steuerobjekte, besonders als das amtliche Verzeichnis aller Grundstücke (Flurbuch), das als Unterlage für das Grundbuch dient. Das Katasterwesen ist heute in Deutschland wieder Ländersache. Im Wesentlichen sind die ausführenden Vorschriften vereinheitlicht. In den meisten Bundesländern ist das Innenministerium, das Finanzministerium oder das Wirtschaftsministerium zuständig. Die Basis des Katasters ist nach wie vor das Grundbuch. Es wird vom jeweils zuständigen Kataster- bzw. Vermessungsamt geführt. Das Kataster stellt das amtliche Verzeichnis im Sinne des § 2 Abs. 2 GBO dar und dient zur Gewährleistung des Eigentums. Während im Grundbuch die rechtlichen Verhältnisse an den Grundstücken nachgewiesen werden, stellt das Kataster die tatsächlichen Verhältnisse (unter anderem die räumliche Lage und Abgrenzung, Nutzung, Gebäude und Größe) dar.

Aus der im Kataster bzw. Grundbuch eingetragenen Flächengröße ergibt sich jedoch kein Anspruch darauf, dass das Flurstück auch tatsächlich diese Größe besitzt. Im immerwährend aufzubewahrenden Kataster werden die Veränderungen (Eigentümer, Nutzungsart, Größe, Teilungen) chronologisch fortgeschrieben und unterliegen der permanenten Aktualisierung. Der Katasterplan (auch Liegenschaftskarte oder Flurkarte genannt) genießt – im Gegensatz zum Grundbuch – öffentlichen Glauben bezüglich der Lage, der Größe und der Nutzung des Grundstücks und damit die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit (BGB § 313 und GBO). Dagegen nehmen die im Grundbuch vermerkten Eintragungen (Lage, Größe, Nutzung) nicht am öffentlichen Glauben teil. Das Grundbuch beschränkt sich auf die Rechte und Lasten sowie die Flurstücksbezeichnung des entsprechenden Grundstücks.

 

Vermessungen auf der rechten Rheinseite

 

Die Ämter und Schlösser Altenwied, Lahr und Linz sowie das Kirchspiel Neustadt („Amt und Burg Weda und die Stadt Lynse“) waren bis zur Säkularisation („Verweltlichung bzw. Umwandlung von Kirchen- in Staatsgut“) am 12.09.1803 über fünfeinhalb Jahrhunderte in der politischen Obhut von Kurköln, aber mehrmals aus monetären Gründen durch die Kölner Erzbischöfe – die nicht selten ohne kirchliche Weihen und in allerlei Händel verstrickt, sich zur Machterweiterung mit weltlichen Souveränen verglichen und viel Geld brauchten – für längere Zeiträume an andere Herrschaften verpfändet.

Unsere damalige Regentin, die Witwe Gräfin Mechtild von Sayn geborene von Landsberg (* 1200/1203, † 07.07.1285, die zwischen 1215 und 1218 mit dem Grafen Heinrich III. von Sayn verheiratet worden war), hatte nach dem Tode ihres Gemahls († 01.01.1247) zu ihrem Seelenheil und das ihres verstorbenen Gatten unser Gefilde durch Verträge (1250, 1262, 1264 und 1275) trotz großer Widerstände der Verwandtschaft der „Kölner Kirche“ (Kurköln) vermacht, nachdem sie von ihrem Onkel, dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238 – 1261) beeinflusst worden war.

Erzbischof Konrad von Hochstaden – der die Gräfin Mechthild von Sayn als seine Nichte bezeichnete – war auch mit Graf Heinrich III. von Sayn verwandt und zählte seiner Zeit zu den reichsten Fürsten Deutschlands. Trotzdem kam es im März 1239, als der Erzbischof rheinaufwärts in Richtung Rom ziehen wollte, zu einer kurzen Fehde mit Graf Heinrich III. von Sayn, der ihm den Rheinübergang bei Bonn versperrte und erst nachgab, als die Kölner ihrem Stadtherrn zu Hilfe eilten. Aus einer Urkunde vom 21.06.1261, die in Linz ausgefertigt wurde, ist zu entnehmen: „Der Kölner Erzbischof Konrad bekundet den von ihm zustande gebrachten Vergleich zwischen seiner Verwandten (Nichte) Mechthild, ehemals Gräfin von Sayn und (deren Lehnsmann) Ludwig, dem Walpoden von der Neuerburg, ...“

Mit der Säkularisation (1803) war auch für unsere Gegend das Kölner Kurfürsten- und Erzbistum politisch mit seinen Ämtern in Linz und Altenwied zur Geschichte geworden. Während Linz-Stadt und Linz-Land an den Fürsten Friedrich August von Nassau-Usingen fielen, erhielt Fürst Karl Ludwig von Wied-Runkel die Ämter Altenwied und Neuerburg als Entschädigung für Landabtretungen in Lothringen zugewiesen, die ihm eine Regierungsbeteiligung einräumte. Da der Fürst von Wied-Runkel aus nationalen Bedenken 1806 nicht dem Rheinbund beitreten wollte, verlor die Grafschaft Wied-Runkel ihre Souveränität. Das Amt Altenwied wurde dem Herzogtum Berg zugeschlagen, kam aber bereits 1806 zu Nassau-Usingen und wurde 1815 preußisch bzw. 1824 in die Rheinprovinz eingegliedert.5

In Godesberg wurde in den Jahren 1817 bis 1819 festgelegt, nunmehr im rechtsrheinischen Teil mit dem 1816 gegründeten Kreis Neuwied auch das bewährte Katasterwesen von der linken Rheinseite zu übernehmen bzw. einzuführen und mit den Vermessungen zu beginnen. 1817 umfasste der Kreis Neuwied die Bürgermeistereien Altenwied, Anhausen, Asbach, Dierdorf, Heddesdorf, Neuerburg, Neustadt, Neuwied, Niederwambach und Puderbach. Am 01.05.1822 wurde die Bürgermeisterei Engers mit dem Dorf Irlich und der 1816 geschaffene Kreis Linz mit dem Kreis Neuwied vereinigt.

In den Grenzen der Kirchspiele wurden 1816 Bürgermeistereien gebildet, die sich allmählich und viel später auf der Grundlage der Landgemeindeordnung vom 23.07.1845 verwirklichen konnten und den Einzelgemeinden das Recht einer eigenen Vertretung zustand. Nach dem Dreiklassenwahlrecht konnten nun die Gemeinderäte gewählt werden. Wählbar und wahlberechtigt waren nur die „besitzenden Einwohner“.6

1817 nahm man im früheren Amtsbezirk Altenwied eine Trennung von Verwaltung und Gerichtspflege vor. Für Rechtsangelegenheiten blieb wie bisher der Amtmann zuständig, während die Verwaltung von zwei voneinander unabhängigen „Bürgermeistern“ geregelt wurde. Der eine saß in der „Bürgermeisterei“ Altenwied und der andere in Neustadt. Zur Bürgermeisterei Altenwied zählten die Gemeinden (Honschaften) Bühlingen, Elsaffthal, Lorscheid/Vettelschoß und Windhagen. Die Bürgermeisterei Neustadt bestand aus den Gemeinden Bertenau, Rahms und Schöneberg.

Im Jahre 1823 wurde die Bürgermeisterei Altenwied dem Amt Asbach und die Bürgermeisterei Neustadt dem Amt Neuerburg (Waldbreitbach) angegliedert. Dieses erfolgte vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen. Als erster Bürgermeister in Asbach ist ein Herr Mäurer aus Linz und in Neuerburg ein Herr namens Pasch überliefert.

Schon 1834 gab es in Neustadt einen „Bürgermeister-Verwalter“ mit Namen Rübsamen. Daraus kann gefolgert werden, dass Neustadt um diese Zeit wieder – vielleicht aus verwaltungstechnischen Umständen – von Neuerburg ausgegliedert oder eine Nebenstelle geworden war. Als Nachfolger von Rübsamen in Neustadt kennen wir Karl Johann Baptist Zimmermann aus Asbach, der die Bürgermeisterei Neustadt bis 1842 verwaltete. Erster eigenständiger Bürgermeister in Neustadt war der Artillerie-Offizier a.D. Carl von Baberath, den noch 1842 Fürst Hermann von Wied-Runkel ernannte und der dem Bürgermeisteramt in Neustadt bis 1853 vorstand.7

Mit Einführung der Landgemeindeordnung (GemO) für die Rheinprovinz am 23.07.1845 erfolgte eine Stärkung der Stellung des Bürgermeisters. Erstmals wurde die Zuständigkeit der Bürgermeisterei (Bürgermeisteramt) in Neustadt mit den Gemeinden Bertenau, Bühlingen, Elsaffthal, Lorscheid, Rahms und Vettelschoß sowie das Mitbestimmungsrecht geregelt und schließlich im „Gesetz über die Gemeinde-Verfassung vom 15.05.1856“ festgeschrieben.

In seinem Aufsatz „Das Kreuz auf dem (alten) Friedhof in Vettelschoß“ („AO 1760 – DIE HALBE HVNSCHAF FEDDELSCHOS HAT DIESES CREUZ LASSEN MACHEN“) – vom Volksmund als „Honschaftskreuz“ überliefert – schreibt der Vettelschosser Lehrer Wilhelm Schreiber (01.04.1928 – 30.04.1934) in „700 Jahre Neustadt-Wied ein Fest- und Heimatbuch (1229 – 1929)“ folgendes: ... „Vettelschoß bildete mit Lorscheid damals eine Gemeinde oder Honschaft. Alte Leute können sich der Trennung beider Gemeinden, die 1865 erfolgte, noch entsinnen.“ ... Zuerst stand dieses „Honschaftskreuz“ vor dem 1865/1866 angelegten und eröffneten Friedhof. Die Flur hieß seinerzeit „Am Heiljestock“, womit es als wahrscheinlich gilt, dass dort schon vor dem „Honschaftskreuz“ ein Kreuz (Feld- oder Flurkreuz) oder ein „Hellijehüßchen“ (Heiligenhäuschen) gestanden haben dürfte. Es ist womöglich von den frommen und armen Bauersleuten noch vor der St.-Michaels-Kapelle errichtet worden.

 

„Das schönste Wappen auf der Welt,

ist der Pflug im Ackerfeld.“

 

Während der 20jährigen französischen Herrschaft auf dem linken Rheinufer hatte sich dort bereits der „Code Napoléon“ (Zivilgesetzgebung) durchgesetzt, während auf der rechten Rheinseite ein Wirrwar von Partikularrechten und eine sehr differenzierte Gerichtsorganisation der Vereinheitlichung im Wege stand. Die bisherige nassauische Behörde, die ihren Sitz in Ehrenbreitstein hatte, wurde 1816 aufgelöst. Ihre Aufgaben übernahm die Preußische „Rheinprovinz“ in Koblenz. Das Katasterwesen wurde vereinheitlicht. Schon 1822 standen 550 Katastergeometer und -gehilfen in preußischer Ausbildung. Die Maßeinheit bildete die Rute (1 Rute entspricht 3,7662 m) und in einzelnen Gemarkungen das Ketten-Maß (1 Kette = 11,2985 m). Die Meter-Einführung geht auf 1872/1873 zurück.

Die Erstaufstellung des so genannten Grundsteuerkatasters für den Kreis Neuwied erfolgte in den Jahren 1826 bis 1832 unter Leitung der Generaldirektion in Köln. Veränderungen hatten – nach einer Anweisung von 1828 – die jeweiligen Honschaften (Gemeinden) mitzuteilen. Das funktionierte wahrscheinlich über die Ämter (Bürgermeistereien). In unserem Gefilde durch das Amt Altenwied bzw. die Bürgermeisterei Neustadt.

Ab 1844 musste für jede Veränderung ein Kartenauszug aus der Original-Flurkarte im „Katasterbuerau“ angefordert werden. Diese wurden nach der Berichtigung wieder an die Bürgermeistereien zurückgegeben. So verfuhr man bis etwa 1885. Erste Neuaufnahmen entstanden 1870.

Ursprünglich hatte der Landkreis Neuwied fünf Katasterämter. Sie befanden sich in Asbach, Dierdorf, Linz und die als Neuwied 1 und Neuwied 2 bezeichneten. 1920 wurden die Ämter Asbach und Linz zum Amt Linz vereinigt. Zehn Jahre später legte man Neuwied 1 und Neuwied 2 zusammen. 1938 erfolgte die Auflösung der Ämter in Dierdorf und Linz, die in das Katasteramt Neuwied integriert wurden.

Nach der Zerstörung des Katasteramtes Neuwied 1944 waren verschiedene Standortlösungen erforderlich, bis 1954 der Neubau in der Seminarstraße in Neuwied bezogen werden konnte. Doch schon 1972 war ein Anbau nötig. 1998 wurde die Vermessungs- und Katasterverwaltung neu organisiert und 2001 in Vermessungs- und Katasteramt Neuwied umbenannt. Die Adresse lautet: Vermessungs- und Katasteramt, Seminarstraße 2, 56564 Neuwied, Telelefon: 02631/98600, Fax: 02631/986-599. E-Mail: katasteramt.neuwied@lvermgeo.rlp.de Der Amtsbezirk umfasst rund 627 km², der in 112 Gemarkungen aufgeteilt ist und insgesamt rund 322.000 Flurstücke beinhaltet. Das Vermessungs- und Katasteramt in Neuwied ist dem Innenministerium des Landes Rheinland-Pfalz unterstellt.

 

Reifstein und der Grenzstein

 

Wer kennt auf der Linzer Höhe nicht den Gemarkungsstein in der Flur „Reifstein“ (die wahrscheinlich von Reifel- oder Riffelstein = Reif, mhd. rif, fries, rep (e) = Rand, Ufer bzw. von Grenzstein abzuleiten ist, der zur besonderen Markierung Riefen, vertiefte Rillen aufweist) aus dem Jahre 1680?

Der dreiseitige und stark verwitterte Grenzstein mit dem Text „NEVWSTAT, ERPEL, 1680 LINTZ“, durch den die Gemarkungen (Kirchspiele) Erpel, Linz und Neustadt bzw. die frühere Bürgermeisterei oder das Amt Neustadt (Halbe Honschaft = Gemeinde Vettelschoß, die seit 1970 zur Verbandsgemeinde Linz gehört) abgemarkt werden, steht auf Höhe der Asbacher Straße 85 – unweit der Einfahrt zum ehemaligen Forsthaus Reifstein und zu Beginn des Erpeler Kirchspielwaldes. Ein Teil von Reifstein gehört seit 1974/1993 durch Grenzregulierungen zur Gemeinde Vettelschoß und wurde inzwischen bebaut.

 

Der „Urzustand“ von Vettelschoß

 

Wahrscheinlich im Zuge der Vermessung und Katastrierung der rechten Rheinseite und des Westerwaldes sind die handgezeichneten Katasterkarten („Handriß-Karten“) mit den seinerzeitigen Eigentümern der jeweiligen Flur (altgermanisch) im Jahre 1829 entstanden. Sie ähneln den „Brouillon-Karten“, lagern im Vermessungs- und Katasteramt Neuwied und sind für die historische Forschung eine Quelle ersten Ranges, aber auch bedeutende „Zeitdokumente“. Diese „Uraufnahmen“ bildeten die Grundlage für die späteren gedruckten Flurkarten. Nicht selten wird noch heute zur Bereinigung von Unklarheiten auf diese so genannten „Handriß-Karten“ zurückgegriffen. Sie sind mit den Flurbezeichnungen in den Ortsteilen der Gemeinde Vettelschoß, „Regierungs-Bezirk Coblenz, Landräthlicher Kreis Neuwied, Bürgermeisterei Altenwied, Gemeinde Lohrscheid (Vettelschoß gehörte als halbe Honschaft bis 1865 zur Honschaft Lorscheid), Angefangen, den 26ten August 1829 und beendigt, den 15ten September 1829“ einzigartige Belege von nicht nur ästhetischem oder kartografischem Wert, sondern zugleich eine unerschöpfliche Informationsquelle für Fragen der Landes-, Sozial- und Wirtschafts- sowie der Orts-, Familien- und Heimatgeschichte. Anderswo lagern diese „Uraufnahme-Karten“ längst in Staatsarchiven oder sind vernichtet worden bzw. gelten als verschüttet.

Vor den jeweiligen „Handriß-Karten“ der entsprechenden Flur befindet sich ein gesondertes Blatt mit den Bemerkungen: „Daß der Kataster = Geometer (namens) Clotten nach vorheriger Verkündigung des hierzu bestimmten Tags, in meiner Gegenwart, den versammelten Grund = Eigentümern die Karte der Flur Nr. 7 genannt Vettelschoos vorgelegt, die Namen der in den Handrissen eingeschriebenen Eigenthümern, und die Größe der Grundstücke deutlich verlesen, alle hiergegen gemachten Erinnerungen, vorstehend, notirt, und die Vorschriften der §§. 69, 70, 71 und 72 der Instruktion vom 12ten März 1822, befolgt habe, und daß namentlich die Eigenthümer der Nr. --- nicht ermittelt werden konnten, und daher diese als herrenlose Grundstücke anzusehen sind, wird demselben hiermit pflichtmäßig bescheinigt. Strödt, den 18ten August 1830. Der Gemeinde Schöffen Wagner (Unterschrift)“.

Die Vermessungen in Kalenborn fanden wahrscheinlich erst 1858 ihren Abschluss, wie uns aus den Gesprächen von Anton Kretz (dem Namengeber von Kretzhaus, dessen Sohn Jakob Kretz in Kretzhaus, Asbacher Straße 27, das erste Wohnhaus errichtete und damit Kretzhaus, das verwaltungsmäßig zur Stadt Linz gehört, gründete) mit einem Geodäten bzw. Geometer überliefert ist. Der Landmesser oder -vermesser, die sich im Römerreich „Agrimensoren“ nannten, logierte vorübergehend in der Behausung des „Kretzen Tünn“ in Kalenborn (Kalenborner Straße 98).

Dieser Landvermesser (sein Name ist leider der Vergessenheit anheimgefallen) war mit Distanzlatten, Messstangen, Messruten und einem Lot „bewaffnet“. Er handelte nicht zuletzt im Auftrage des Königlichen Landrats Eduard Justus von Runkel (1852 – 1877) aus Heddesdorf, um die Landvermessung zur Katastrierung des Straßen- und Kreuzungsverlaufs im späteren Kretzhaus durchzuführen. Der „Landräthliche“ Vermessungsfachmann hatte nach einem Itinerar (Wegekladde, Wegstreckenverzeichnis) vorzugehen und minutiöse Zeichnungen anzufertigen, die das Katasterwesen für den Bereich Kalenborn/Kretzhaus ganz wesentlich bereichert haben dürften.

Nach den schlimmen Verwüstungen während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648) wollten die Regenten sich in den „teutschen Landen“ letztendlich einen Überblick darüber verschaffen, was von ihren Besitzungen einschließlich der Behausungen noch übrig geblieben war, weshalb sie etwa 10 Jahre danach ihre zuverlässigsten Landsleute mit einer gründlichen Bestandsaufnahme beauftragten.

„So hatte auch „Seine Churfürstliche Durchlaucht zu Köln, Herzog Maximilian Heinrich von Baiern/Bayern (er war von 1650 – 1688 der Erzbischof von Köln, aber auch der Bischof von Hildesheim und Lüttich, * 08.12.1621 in München, † 05.06.1688 in Bonn, und galt als menschenscheu), der Gnädigste Herr des Amtes Altenwied, im Sommer 1659 gnädigsten Befehl erlassen, eine genaue Beschreibung aller liegenden Güter des Amtes zu fertigen.“

Sichere Personen sollten die Beschreibung vornehmen, nachdem sie zuvor mit einem „absonderlichen Eid“ zu Protokoll beladen worden waren. Zuständig für die Beladung mit dem „absonderlichen Eid“ wäre der Wohlgeborene Herr Henrich Freiherr Wallpott (Waldbott) zu Bassenheim, Herr zu Königsfeld, Amtmann zu Linz, Unkel, Altenwied und Neuerburg gewesen. Da er aber anderer wichtiger Geschäfte halber der Beschreibung im Amt Altenwied in Person selbst nicht hat beiwohnen können, wurde an seine Stelle der Edel Hochgelehrte Herr Adolf Niessen (Neissen), beider Rechte Licentiat, gräflich-isenburgischer Rat und Schultheiß zu Linz, substituiert. (Lic. jur. Damian Adolf Neissen war von 1624 – 1660 der Schultheiß zu Linz, von 1643 – 1652 auch der zu Unkel, Amtmann zu Neuerburg von 1627 – 1646 und Rat der Grafschaft Isenburg von 1615 – 1652.)

Er berief zu der gnädigst anbefohlenen Beschreibung die nachgenannten Schöffen, Gemeinsmänner und Landmesser sowie den Gerichtsschreiber und dessen Adjunkten und Substituten am 20. und 24. März des Jahres 1660 nach Linz ein. Als Schöffen waren erschienen: Georg in den Hänen; Johannes zu Eidtscheidt; Theiß zu Irmenroth; Thönies zu Wahldt und Johannes in der Bennau.

Als Geschworene und Gemeinsmänner waren vertreten: Franz Eilenberg; Johann zu Schützeichell; Bertram zu Bertscheidt; Peter zu Sollscheidt; Wilhelm zu Hortenbach; Lambrich zu Jungeroth; Hilger zu Kotting; Bertram zu Aldenburg; Thönies zu Rott; Stoffel zu Rüdell; Theiß zu Schweinfelt; Thönies zu Haan; Klein Johann zu Stockhausen und Theiß Krewell zu Birken.

Als Landmesser fungierten: Drieß zu Rauenhaan; Paulus zu Dinstell; Johann zu Ströhdt und Johann Halfmann zu Schutzeichell. Als Gerichtsschreiber (Substituten) traten Hilgert Limbach und Hermann Hart auf.

Alle leisteten den verlangten Eid mit aufgereckten zween Fingern körperlich ab. Dann begannen sie mit der Arbeit. Jede Gebäudefläche, jeder Garten und Acker, jedes Zipfelchen Land, und war es auch „in Bergen zwischen Hecken und Sträuchern abgelegen“, wurde vermessen und taxiert. Auch „wenn es nit ohne große Mühe, Arbeit und Kosten zu gewinnen war, daß es ein Jahr oder zwey etwas Nutzen einbringe, darnach aber wiederumb zehn und mehr Jahr öd und ohne einige Nutzbarkeit liegen blieben müsse.“

Am 1. April (1660) wurde im Kirchspiel Neustadt mit der Honschaft Bertenau der Anfang gemacht. Honschaft um Honschaft, Gemeinde um Gemeinde wurde durchgegangen. Am 22. April 1660 war die Riesenarbeit bewältigt. Mit der Unterherrlichkeit Ehrenstein wurde der Schluß gemacht. 170 Taler waren an Kosten drauf gegangen. Den Löwenanteil steckte der Gerichtsschreiber mit 24 Talern ein; der Amtmann erhielt 20 und jeder Landmesser 10 Taler.

In der umfänglichen Liste sind an Häusern, Höfen und Hofplätzen angegeben: Vettelschosser Honschaft: in Seiffen (Seiferhof) eins, in Calenborn und Hambscheid (Homscheid) je zwei, in Stroeth fünf und in Vettelschoß elf Häuser, von denen eins „ausgestorben“ und unbewohnt war.

In Wilscheid (Willscheid) gab es drei Häuser und dazu den Obristhof zu Oberwilscheid (Oberwillscheid) und den untersten Hof daselbst sowie einen Hof zu Mittelwilscheid (Mittelwillscheid). Lorscheidt zählte sechs Häuser, darunter ein unbewohntes und in Hinterlorscheid gab es nur ein Haus.

In Notscheid und in Hilkerscheid waren alle Häuser verschwunden, es gab dort nur noch Wiesen. Auf „dem Hause Altenwieth (Altenwied) befand sich das Lehenhaus und den Bungardt.“

Aber auch die Äbtissinnen des 1257 von den Rennenbergern zunächst als „Hauskloster“ gegründeten Zisterzienserinnenabtei St. Katharina inspizierten bis zur Aufhebung des Klosters nach der Säkularisation (1803) regelmäßig ihre Ländereien (Höfe) und Weingärten, taxierten den Wert, die Pacht und den zu erwartenden Ertrag. Die Nonnen beschäftigten sich nicht selten mit den Landmessungen und den Grundstücksbegrenzungen. Sie fertigten oder ließen über den klösterlichen Besitzstand kleine Skizzen anfertigen, die den Visitationsakten beigefügt wurden.

Daraus wird ersichtlich, dass bereits die Klöster und insbesondere nach dem Dreißigjährigen Krieg in der Pfarrei Neustadt bzw. in der Honschaft Lorscheid/Vettelschoß durch Kurköln eine Bestandsaufnahme von Grund und Boden und den Behausungen mit Taxierungen vorgenommen wurden, allerdings nicht systematisch und auch nicht fortführend. Man wartete also nicht mit allem auf das Napoléonische Katasterwesen oder bis die Preußen kamen!

 

„Ich wollte, es würde Nacht, oder die Preußen kämen!“

(Nach Wellington, Waterloo, 1815)

 

 

Anmerkungen:

 

  1. 1.Der Name „Erpel“ dürfte keltischen Ursprungs sein; denn er ist aus „Herpilla“ bzw. „Erpilla“ und schließlich „Erpell“ hervorgegangen und bedeutet „wiesenbewachsener Hügel“ (Erpeler Ley). Bereits 1301 führte die kurkölnische Herrlichkeit Erpel ein eigenes Siegel. Eine Urkunde von 1167 gibt Zeugnis darüber, wie Erpel 1130 dem Kölner Domkapitel geschenkt wurde. – Viel erzählen könnte uns die älteste Glocke mit der Jahreszahl 1388 in der spätromanischen Erpeler Kirche aus der Mitte des 13. Jh., die dem hl. Severinus geweiht ist. Das Geläut wurde aus der im 10. Jh. erbauten Vorgängerkirche übernommen. 

 

  1. 2.Dagegen stammt der Name Unkel mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Lateinischen „uncus“ = Bogen, Haken bzw. aus dem Fränkischen „angel' = Bogen, Krümmung. Die erstmalige urkundliche Erwähnung als „Unchele“ im Goldenen Buch der Abtei Prüm datiert vom 26.02.886. Im Jahre 943 wurde Unkel letztmalig als Prümer Besitz erwähnt. – Mitte des 11. Jh. kam Unkel an die Kölner Kirche. Erzbischof Anno II. oder Hanno (1056 – 1075) soll Unkel an die damalige Königin Richeza von Polen (* 994, † 21.03.1063 in Saalfeld, 3. Tochter des lothringischen Pfalzgrafen Ehrenfried oder Ezzo, * 955, † 21.05.1034 oder 1036 in Saalfeld/Thüringen, und seiner Gemahlin Mathilde, * 979, † 04.11.1025, 3. Tochter Kaiser Ottos II. (973 – 983) und der Kaiserin Theophano, eine byzantinische Prinzessin) verliehen haben. Doch nach ihrem Tode fiel Unkel wieder an Kurköln zurück. – Sechs der Schwestern von Richeza geb. Pfalzgräfin von Lothringen hatten den Schleier genommen und waren Äbtissinnen geworden, ein Bruder Erzbischof von Köln (Hermann II., Pfalzgraf von Lothringen, von 1036 – 1056, sein Vorgänger war Anno II.) und der andere (Otto, * 995, † 1047) wurde nach dem Tode seines Vaters (1034) Pfalzgraf von Lothringen, Graf im Deutz- und Auelgau und Vogt von Brauweiler. – Im Jahre 1045 belehnte ihn der Salier Heinrich III. (König von 1039 – 1056, Kaiser seit 1046) mit dem Herzogtum Schwaben. Otto war offensichtlich unterwegs, um sich dem Feldzug Heinrich III. gegen Friesland 1047 anzuschließen, als er auf seiner Veste Tomburg (bei Rheinbach, im 11. Jh. bezeugt, war ursprünglich pfalzgräflicher Besitz, später Mittelpunkt einer selbständigen Herrschaft unter der Lehnshoheit von Kurköln) völlig unerwartet starb. – Die Nachricht erreichte den Kaiser in Xanten, wo er das Fest Mariä Geburt feierte, bei dem  Erzbischof Hermann von Köln (der Bruder Ottos und seiner Schwester Richeza) die Predigt hielt. Heinrich III. gestattete es dem Erzbischof nicht, seinen Bruder zu bestatten; denn er mochte ihn im Augenblick nicht missen. – Bischof Bruno von Toul, der spätere Papst Leo IX. (1049 – 1054), von Kaiser Heinrich 1048 zum Papst designiert (vorgesehen/vorgeschlagen), wurde an seiner Stelle nach Brauweiler geschickt, um Otto im Hauskloster mit allen Feierlichkeiten zu beerdigen. – Vermutlich 1013 hatte man Richeza mit dem Polenherzog (König) Miezko II. (1025 – 1034) oder Micislaw bzw. Mesko verheiratet, dessen Vater, der am 17.06.1025 verstorbene und selbsternannte Piasterkönig Boleslaw Charbry war („der Tapfere“, gilt als der Gründer des polnischen Staates). Nach dessen Tod zwang man sie zur Flucht in ihre rheinische Heimat. – Erzbischof Anno II. von Köln wurde um 1015 als Sohn der Edelleute Walter und Engela von Steußlingen geboren. Von 1063 – 1065 war er Regent des Deutschen Reiches und Erzkanzler der römischen Kirche. Er leitete als Erzkanzler für das Königreich Italien (1057) die Synode von Mantua, die 1064 Alexander II. (1061 – 1073) als Papst bestätigte. – Anno II. ist am 04.12.1075 in Siegburg verstorben und in der von ihm gegründeten Benediktinerabtei auf dem Michaelsberg bei Siegburg beigesetzt. 1183 erfolgte seine Heiligsprechung und Umbettung in den kostbaren Annoschrein. – Er gilt als einer der größten Erzbischöfe Kölns. Nach dem Benediktinerkloster Siegburg sicherte er sich den Erwerb der Anwartschaft auf Saalfeld und Coburg (1057) von der polnischen „Königin“ Richeza und ließ die Stifte „St. Maria ad gradus“ und „St. Georg“ in Köln gründen. Auch gewann er für seine Stiftung „Mariengraden“ den reichen Besitz um Klotten (Landkreis Cochem-Zell) an der Mosel. – Die „Polenkönigin“ Richeza und Enkelin Kaiser Ottos II. lebte in „Clotten“ (Klotten) von 1040 – 1047. Sie ließ sich dort eine Kapelle und ein Wohnhaus bauen, das sie später „mit ihrem Gut (Weingut) Clotten“ (1056) dem Kloster Brauweiler (das Richeza zusammen mit ihrem Gemahl Mesko gegründet und reichlich ausgestattet hatte) vermachte. Gleichzeitig übereignete Richeza das Gut Saalfeld mit allem, was dazu gehörte und Coburg der Kölner Kirche bzw. Erzbischof Anno II. Kurköln ließ später das Schloss Saalfeld in eine Abtei umwandeln, die der Kölner Kirche unterstand. – Das frühere Kölner Stift „St. Maria ad gradus“ (Zu den Stiegen) – einst zwischen Dom und Hauptbahnhof in Köln gelegen – hatte in Unkel umfangreichen Besitz, den es von einem Baumeister (Rechnungsführer) und sieben Schöffen verwalten ließ. – 1434 waren 13 ½ Lehen in der Pfarrei Windhagen von diesem Unkeler Besitz abhängig und wurden von dort mitverwaltet. Neben der üblichen Haferabgabe mussten die Lehnsträger auch Erzeugnisse aus der Waldwirtschaft abgeben. Im Haferpachtregister des Stifts „Mariengraden“ von 1572 ist ein Kuirtz Dreisgen zu Fettelschoß (Vettelschoß) überliefert. 

 

  1. 3.Ihm sind unzählige Kirchhöfe und Karner (Beinhäuser, Toten- oder Friedhofs- und Burgkapellen) geweiht. St. Michael gilt als Beschützer des Volkes Israel, als Schutzpatron übernahm ihn die römische Kirche und später das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation.“ Als „Engel des Volkes“ oder „Volksheiliger“ findet St. Michael besonders in Deutschland seine Verehrung. – Die Christianisierung und die zweite Rodungs- und Besiedlungsphase des Westerwaldes (des „rechtsrheinischen wilden, sumpfigen, weglosen und unerforschten Waldgebietes“, wo Cäsar die Bewohner noch Barbaren oder Waldmenschen nannte und diese den obergermanischen „Limes“ die Teufelsmauer bezeichneten) war wohl um 1185/1200 abgeschlossen. Schon weit vorher unter König Chlodwig I. (* 466, † 511) – ein Merowinger, der die Grundlage für eine gesicherte Missionierung unserer Heimat schuf – wurde der Gau (Engersgau) zum Dekanat, die Gerichts- und Opfergemeinde zum Kirchspiel. An Opferstätten wurden Kapellen gesetzt. Zum Gaugrafen trat der Dekan und zum Hun- oder Honschaftsführer kam ein Seelsorger. – Als es im Westerwald die ersten Taufen gab, existierten am Rhein schon praktizierende Christengemeinden. Eine Christengemeinde in Asbach ist von 1166 und in Neustadt erst von 1213/1229 überliefert. Papst Gregor IX. (1227 – 1241) ließ viele vorchristliche Kultstätten mit christlichen Kapellen/Kirchen überbauen, um ihnen die Funktion als heidnische Ritualplätze zu nehmen. 

 

  1. 4.Dass Bayern das erste exakt vermessene Land Europas war, hängt mit seiner Staatswerdung zusammen. Als sich im Zuge der Säkularisation das heutige Staatsbayern herausbildete, galt es rund 70 ehemals selbständige Territorien, die sich in Größe, Rechtswesen, Herrschaftsform, Finanzkraft und vielem anderen erheblich voneinander unterschieden, zu vereinen. Ein zentraler Teil der dafür nötigen Reformen war die Vermessung des Landes. – Diese sollte dem neu entstehenden Staat die Grundlage für eine seiner Haupteinnahmequellen, die Erhebung von Grund- und Gebäudesteuern, schaffen. Man stand vor der gewaltigen Aufgabe ein ganzes Land und Millionen von Grundstücken zu vermessen. – Unter Max IV. (I.) Joseph (1756 – 1825), ab 1806 König von Bayern, entstand der moderne, von den Idealen der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ beeinflusste bayerische Staat. 1825 waren die Vermessungen in Bayern abgeschlossen – rechtsrheinisch hatte man zu dieser Zeit damit noch nicht einmal angefangen. 

 

  1. 5.Die Preußische Rheinprovinz, die das links- und rechtsrheinische Gebiet von Nahe und Wied bis zur Grenze der Niederlande umfasste, entstand 1824 aus dem Zusammenschluss der 1815 gebildeten Provinzen Kleve-Berg und Niederrhein. Das Fürstentum Lichtenberg kam 1834 und das Oberamt Meisenberg 1866 hinzu. Der Sitz des Oberpräsidenten war bis 1945 Koblenz. Nach Auflösung 1945 wurde das Gebiet auf die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland aufgeteilt. – Im „Wiener Kongress“, der vom 18.09.1814 – 09.06.1815 in Wien stattfand, ging es um die Neuordnung Europas nach den Napoléonischen Kriegen. Er fand seinen Abschluss mit der Wiener Schlussakte vom 09.06.1815. Dem Königreich Preußen wurde der größere nördliche Teil Sachsens und als weitere Entschädigung das Rheinland, Westfalen und Pommern zugesprochen. 

 

  1. 6.Die rheinische Landgemeindeordnung vom 23.07.1845 gilt als bedeutendes Werk des Preußischen Reformkomplexes. Es ist davon auszugehen, dass ab diesem Zeitpunkt ebenfalls Verzeichnisse mit Einwohnerdaten geführt wurden. Die „Hauskatasterbücher“ von um 1840 waren teilweise auf lokaler Ebene die Vorform späterer Einwohnermelderegister. – Die „moderne“ kommunale Selbstverwaltung hatte mit der Einführung der Preußischen Städteordnung des Reichsfreiherrn Karl vom und zum Stein (1757 – 1831) vom 19.11.1808 begonnen, die allen städtischen Gemeinden ihre Selbstverwaltung gab. Dieses Vorbild veranlasste die meisten anderen Kommunen, ihre Gemeindeordnungen nach ähnlichen Grundsätzen auszurichten. In vielen Fällen erfolgte das auch unter Beibehaltung der unter französischem Einfluss entstandenen und bewährten Bürgermeisterverfassung. Mit Bürgermeisterverfassung wird eine Kommunalverfassung bezeichnet, bei der der Bürgermeister der Gemeindeversammlung mit den Beigeordneten als Gemeindevorstand gegenübersteht. Der Bürgermeister ist dabei, im Unterschied zur Magistratsverfassung, gegenüber den Beigeordneten weisungsbefugt. Die (rheinische) Bürgermeisterverfassung ist ein Kommunalverfassungstypus, der der Süddeutschen Ratsverfassung ähnelt. – Sie setzte sich nach französischem Vorbild im 19. Jh. im Rheinland durch. Die (unechte) Bürgermeisterverfassung galt nach 1945 in Rheinland-Pfalz und im Saarland. In den 1990er Jahren wurde sie durch Einführung der unmittelbaren Wahl des Bürgermeisters im Sinne der Süddeutschen Ratsverfassung modifiziert. 

 

  1. 7.Die gemeinsame Verwaltung von Preußen mit der Fürstlich-Wiedischen Regierung wurde 1848 aufgehoben und Fürst Hermann von Wied-Runkel trat zurück. Durch Verordnung von 1855 und den Rezess (Vergleich) vom 25.06.1860 lebten die königlichen und fürstlichen Hoheitsrechte noch einmal in etwa auf und hatten bis 1920 formellen Bestand, wurden dann aber aufgehoben. Preußen konnte nunmehr die eigene Gesetzgebung schneller und effektiver verwirklichen. 

 

Bildverzeichnis:

 

  1. 1.Vettelschoß, das Ende der 1950er/Anfang der 1960er Jahre noch überwiegend landwirtschaftslich strukturiert war und viele Bürger in der Basaltindustrie im Brotberuf standen, entwickelte sich erst nach Ansiedlung der Firma Hans Streif GmbH. – die 1956 den Betrieb auf dem ehemaligen Brecher- und Bahnverladegelände der Firma Christian Uhrmacher & Söhne aus Oberkassel begründete – allmählich zur prosperierenden Industriegemeinde (links im Bild das ehemalige Streifgelände, rechts die inzwischen zum Gewerbepark bestimmte Gewannflur „In der Farmersheck“). In den „Handriß-Karten“ von 1829 steht als Flurbezeichnung „In der Farmesheck“. Als Deutung wird ein ehemals eingefriedigter Landwirtschaftsbetrieb mit Weideplatz oder Acker angenommen! – Früher mussten die Getreide- wie hier die Roggen- oder Korngarben zu dreimal drei und mit einer Garbe zusammengestellt werden. Die letzte, den Zehnten, war für den Schultheiß bzw. als Abgabe für das kurkölnische Amt Altenwied bestimmt. 

  2. 2.Dieses Foto stammt von einem unbekannten GI und zeigt Vettelschoß kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Fotografiert wurde aus der Sicht zwischen der Michaelstraße 73 und 75 mit Blick vom „Fuckenhohn“ („Fucken“ oder „Vocken“ = ein evtl. abgewandelter Insassenname oder des eines früheren Honschaftsführers, der einmal Eigentümer dieses Gebietes war) ins „Alehohn“ (Im alten Hohn). Die benachbarte Flur „In der Hähn“ oder „In den Hähnen“ wird als „Haenbuche“ oder „Haynboiche“ „Hagenbuoche“ – Hain- oder Weißbuche – gedeutet. – Es ist der Feuerwehrturm, gegenüber das Objekt, in dem sich der erste Vettelschosser Kindergarten befand, das fensterlose Wohnhaus der „Kretz Ann“ (Im alten Hohn 9) und der Schornstein von der einstigen Brecheranlage der Firma Uhrmacher sowie Kirche/Kirchturm und ganz links der Fichtenwald zu erkennen. 

  3. 3.Interessanten Aufschluss über die Flurnamen und die seinerzeitigen Grundstückseigentümer (diese jedoch nur in den „Handriß-Karten“) in der Gemeinde Vettelschoß geben die im Vermessungs- und Katasteramt in Neuwied lagernden so genannten „Uebersichts-Handriß-Karten der Gemeinde Lohrscheid (Regierungs=Bezirk Coblenz – Landräthlicher Kreis Neuwied – Bürgermeisterei Altenwied – Gemeinde Lohrscheid – Handriß der Flur No VII genannt Vettelschoss) – Angefangen, den 3ten Juli 1829 und beendigt, den 30ten Juli 1829 durch den Kataster-Eleven (Praktikanten) Joh. Schmidt. Eingesehen durch den commissarischen Ober=Geometer (Unterschrift).“ – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  4. 4.„Handriß der Flur No. VII genannt Vettelschoss“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  5. 5.Zu Beginn des 17. Jahrhunderts bekam die baulich erweiterte Kirche „im Tal von Dattenberg“ mit der Einführung des hl. Antonius („Wüstenvater“) als Patron der „Herrlichkeit Dattenberg“ bzw. der Dorfschaft ein zweites Patrozinium. Damit sollte vermutlich an die dortige frühere Einsiedlerklause [in der „Cristina de/aus Vertilschos“ (Vettelschoß) – ein Viertel (Land), das im Hang (Schoß/ Schos) gelegen ist – als „Inclusa“ (Inklusin/Einsiedlerin) lebte und 1344 die Testamentsurkunde, der bisher älteste Beleg für Vettelschoß, ausstellen ließ] erinnert werden! Sicherlich ist der hl. Antonius in und um Dattenberg auch angefleht worden, um drohende Seuchen (Pest) und Viehkrankheiten abzuwenden. Aus der mittelalterlichen Kapelle mit Einsiedelei in Dattenberg wurde in Jahrhunderten die Pfarrkirche, der übriggebliebene Chor letztlich eine Friedhofskapelle, aus der entstand eine Marienkapelle bzw. die gegenwärtige Kriegergedenkstätte. Christina aus Vettelschoß hatte als Erblasserin in ihrem Testament unter anderen zum Heil ihrer Seele auch den „Konvent der Nonnen der hl. Katharina beim Rennen­berg“ (Zisterzienserinnenkloster) bedacht, damit „ihr Jahrgedächtnis gehalten wird.“ Es sollte am Todestag (?) der Christina alljährlich in der Klosterkirche St. Katharina (St. Katharinen) für sie eine hl. Messe gelesen  werden. 

  6. 6.„Handriß der Flur No. X genannt Kauhoefe“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  7. 7.„Handriß der Flur No. II genannt Kalenborn“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  8. 8.„Handriß der Flur No. IV genannt Willscheid“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  9. 9.„Handriß der Flur No. III genannt Willscheiderhof“. Es dürfte sich um den „Kanoniehof“ in Wyllenscheid“ oder um den Willscheiderhof handeln, der erstmals 1415 im Zinsregister des Rorichs III. von Rennenberg genannt wurde. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  10. 10.Ausschnitt aus der „Düntzfeldkarte“ mit der „Alten Grafschaft Wied“ aus dem Jahr 1772. Sie zeigt uns auch die Honschaft Lorscheid/Vettelschoß. – „Carte von denen Wiedischen und Nieder Isenburgischen Landen mit daran gräntzenden Landen, Ortschaften und Flüßen nebst Prospect vom Schloß und Flecken Neuburg“ (1772) von Lieutenant-Ingenieur Johann Friedrich von Düntzfeld – (LHAK Best. 702 Nr. 684 II und Reproduktions­genehmigung vom 02.07.2004/29.10.2004). 

  11. 11.„Handriß der Flur No. XV genannt Birkenhohn“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  12. 12.„Handriß der Flur No. IX genannt Schmalscheid“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  13. 13.Bis 1912 verfolgte Trier die Absicht, „Vettelschoß, Willscheid, Willscheiderberg, Seiferhof, Oberwillscheid, Kalenborn, Kretzhaus, Kau, Rott, Rotterheide, Unterelsaff, Schule Unterelsaff, Mittelelsaff und Oberelsaff zu einer Filialgemeinde Vettelschoß“ zusammenzuschließen. Aus diesem Grunde entstand diese „Handzeichnung“ mit folgenden Angaben: „Karte zur Kapellengemeinde Vettelschoß. Uebersichtskarte der Gemeinde Vettelschoß und eines Theiles der Gemeinde Elsaf-Thal. Ungefährer Maßstab 1:10000. Angefertigt durch gez. Borner – Revidiert durch gez. Stropfer – Coblenz, den 7. März 1905 – Der Katasterinspektor (gez. unleserliche Unterschrift). 

  14. 14.„Handriß der Flur No. VIII genannt Eichelsberg“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  15. 15.„Handriß der Flur No. VI genannt Altenhof“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  16. 16.„Handriß der Flur No. XI genannt Wald“. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  17. 17.Da auf dem vorherigen „Handriss Flur No. XI genannt Wald“ der spätere Säulenbasaltsteinruch Wöls- oder Willscheiderberg erkennbar ist, sind im Zusammenhang mit diesem Bildnis folgende Bemerkungen erforderlich. Hier: Kurzer Fotostopp der mit Säulen beladenen Wagenkette auf dem betriebseigenen Schmalspurgleis vom Wöls- („Wühlberg“) oder Willscheiderberg (Vettelschoß) zur Verladestelle „Am Rampen“ in Kalenborn, um in Eisenbahnwaggons oder auf Lastkraftwagen umgeladen zu werden. Oder der Säulentransport – die Säulen wurden mit der Hand auf den „Hunt“ = spezieller Tief- oder Flachwagen oder auf Hunnen (Kippkastenwagen) geladen – ging an den Mehrberg (Düstermich). Dort wurden die Säulen für den Weitertransport an den Rhein in Seilbahnloren und zwischen Linz und Erpel in Rheinkähne wieder manuell umgeladen. Die Säulen fanden reißenden Absatz zur Schleusen- und Küstenbefestigung sowie zur Trockenlegung der Zuidersee in den Niederlanden, waren aber auch als Baumaterial für Rheinuferbefestigungen, zu Erweiterung und Sicherung von Helgoland und Sylt wie auch zum Bau des Nord-Ostsee-Kanals und vor allem für die Schleusenanlagen in Brunsbüttel und Kiel sehr begehrt. Wahrscheinlich 1865 haben die Gebrüder Jan Goedkoop (Kaufmann und Reeder) und Wouter Goedkoop (Kaufmann und Steinbruchbesitzer) aus Amsterdam unter Beteiligung der Firma Dominikus Zervas Söhne aus Brohl bzw. Köln am „Wölsberger Kegel“ mit dem systematischen und manuellen Abbau des Säulenbasalts begonnen. Die offizielle Pachtung des Wöls- oder Willscheiderberges durch die „Basalt-Actien-Gesellschaft“ (BAG) in Linz erfolgte am 16.03.1893 und zum 31.12.1974 wurde dieser Steinbruch – er war ausgebeutet – geschlossen. – Auf dem Foto sind (links unten) der Lokomotivführer Anton Fuchs, Kalenborn, und die Bremser Siegfried Teuner, Vettelschoß, und Franz Josef Donauer, Kalenborn, zu sehen. Im Führerstand steht der Heizer (später selbst Lokführer) Wilhelm Neifer, Vettelschoß. 

  18. 18.So wie in Bayern – das erste exakt vermessene Land Europas – standen überall die Bauern der Katastervermessung zunächst skeptisch gegenüber, da sie der Festlegung der Steuern diente. Diese kritische Einstellung änderte sich erst nach 1848, als vom Fiskus der Eigentümernachweis des von den Bauern bewirtschafteten Bodens gefordert wurde. 

  19. 19.Die erste großräumige Vermessung und Kartierung der Rheinlande im Maßstab 1:25.000 führten in den Jahren 1803 bis 1820 der französische Oberst Jean Joseph Tranchot und der preußische Generalmajor (Generalfeldmarschall) Friedrich Karl Ferdinand Freiherr von Müffling (1775 – 1851) im einheitlichen Zeichenschlüssel durch. Der Ausschnitt zeigt uns ein Teil der späteren Gemeinde Vettelschoß. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 14.08.2006, Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  20. 20.Diese Standbilder – Vollholzbildwerke aus einem Laubbaum, wahrscheinlich Eiche – im Kreuzgang der Zisterzienserabtei Marienstatt stellen die Stifter des Klosters, Gräfin Mechthild von Sayn und Graf Heinrich III. von Sayn, dar. Schon aus der Kleidung, den so genannten Sternenmänteln aus blau schillernder Seide, die Macht und Ansehen verliehen und nur von Herrscherpersönlichkeiten getragen wurden, ist zu schließen, dass es sich um hochstehende Autoritäten handelte. Nach einem fotografischen Bildnis des Klosters standen diese Skulpturen eines unbekannten Künstlers bereits um 1890 im Kreuzgang von Marienstatt. Die Schnitzereien haben womöglich einst den alten barocken Hochaltar der 1718 von Abt Benedikt Bach (1688 – 1720) barockisierten Abteikirche von Marienstatt begrenzt. 

  21. 21.Der Zuständigkeitsbereich des Neuwieder Vermessungs- und Katasteramtes. 

  22. 22.Eine Postkarte von Kalenborn/Kretzhaus vom 23.10.1937 mit dem Grenzstein von Reifstein. 

  23. 23.„Uebersichts-Handriß-Karte“ von 1829/1830 mit den Flurnamen und Grundstückseigentümern; hier: „aufm Kapellen Bungert“ in Vettelschoß. Der von der Gemeinde Vettelschoß erworbene und kostenintensiv restaurierte frühere „Schmitzhoff“ in Vettelschoß (Hauptstraße 21), in dem sich bereits eine Weinschenke befindet und das Heimatmuseum untergebracht werden soll, befand sich 1829/1830 im Besitz von „Josef Schmitz Nachf.“ in Vettelschoß. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  24. 24.„Uebersichts-Handriß-Karte“ (1830) von Willscheid. Der Willscheiderhof war zu jener Zeit als Eigentum des „Fürsten zu Neuwied“ ausgewiesen. – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

  25. 25.Stallung, Wohnhaus und „Gastwirtschaft Kretzhaus“ (Apollinar Kretz). An der Haustür ist Anton Kretz erkennbar und vor ihm haben sich seine Enkel postiert. Eine vorgefahrene Hochzeitsgesellschaft drängt sich in den Vordergrund. Am Haus weist ein Schild mit Pfeil „Nach Notscheid“. Auf dem anderen steht: „Kretzhaus, Gem.(einde) Vettelschoß, Bürgermeist.(erei) Neustadt, Kreis Neuwied, Regier.(ungs) Bez.(irk) Koblenz, Landwehrbez.(irk) Neuwied, Hauptwehramt Neuwied.“ Das Jahr der Aufnahme liegt weit vor 1898/1899. 

 

 


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