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Die Kalenborner Marienkirche

wurde am 17. August 2008 ein halbes Jahrhundert alt

 

Von H. H. Mohr

 

Kapellenbauverein

L

Seit der feierlichen Konsekration der Marienkirche in Kalenborn am 17. August 1958 ist ein halbes Jahrhundert (Jh.) vergangen. Viele – nicht nur aus Kalenborn, Kretzhaus, Reifstein und Oberwillscheid – können sich noch gut an diesen historischen Tag mit einem einmaligen Fahnen- und Gebäudeschmuck in Kalenborn erinnern. Dass der Bau mit allerlei Heckmeck bis hin zu Animositäten verbunden war, ist sicherlich von den Zeitzeugen verdrängt, aber nicht vergessen worden. Eine Grundsanierung dieser schönen Kirche (Filiale von Vettelschoß), an deren Stelle eigentlich nur ein einfaches Kapellchen entstehen sollte, war zwischenzeitlich dringend erforderlich. Sie wurde in den Jahren 1987/1988 aufwändig und kostenintensiv vorgenommen.

Die tatsächlichen fassbaren Anfänge der Kapelle in Kalenborn, die letztlich eine Kirche wurde, scheinen wohl auf den Beschluss der Gemeindeväter von Vettelschoß am 20.02.1934 zurückzugehen, der wahrscheinlich in der einstigen Bahnhofsgaststätte von Peter Reufels in Kalenborn (Bahnhofstraße 12) verabschiedet wurde. Dem „Kapellenbauverein Kalenborn“ sollte ein Grundstück von 150 Ruten (früheres deutsches Längenmaß zwischen 2,80 und 5,30 m bzw. die rheinische Rute mit 3,77 m) zum Bau eines schlichten Gotteshauses auf dem ausgebeuteten Quarzitgelände überlassen werden.

Nach dem Hörensagen hatte bereits der erste eigenständige Vettelschosser Geistliche, Johann Peter Klöckner (1896 – 1906, 18.03.1939 in Oberfell), über den Bau einer kleinen  Kapelle in Kalenborn „laut nachgedacht“, aber Belege dafür existieren nicht. Sicherlich wurde auch von den nachfolgenden Vettelschosser Geistlichen ein derartiges Vorhaben den Gläubigen – vor allem in Kalenborn – zur Diskussion gestellt, doch konkrete Hinweise lassen sich auch in Trier nicht finden.

 

„Nichts Genaues weiß man nicht!“

 

In der Tat wurde der „Kapellenbauverein Kalenborn“ am 23.06.1925 von Bürgern aus Kalenborn, Kretzhaus und Oberwillscheid gegründet. Auf der Gründungsversammlung wählte man Peter Rüdel (Lehrer vom 16.12.1918 – 01.11.1931 an der Volksschule in Kalenborn) zum Vorsitzenden, Johann Weber zum Schriftführer, Matthias Donauer zum Schatzmeister, Wilhelm Knopp und Johann Weck zu Beisitzern.

Die Pastoratsstelle in Vettelschoß war um diese Zeit vakant. Der Pfarrvikar Peter Isermann (01.05.1909 – 31.05.1925, † 04.12.1952 in Niederbreisig) hatte Vettelschoß bereits verlassen und Pfarrverwalter Ferdinand Gerhardus (15.07.1925 – 31.12.1931, † 22.10.1973 in Herdorf) wartete noch auf seine  Einführung als Vettelschosser Seelsorger.

Am Sonntag, 20.09.1925, hielt der „Kapellenbauverein Kalenborn“ seine erste Generalversammlung ab, die in der Bürgerschaft große Akzeptanz fand. Auch der eingeladene neue Vettelschosser Pastor, Ferdinand Gerhardus, nahm an der Veranstaltung teil. Die Anwesenden wurden von ihm zu einem langen Atem ermuntert, um das Projekt zu verwirklichen. Ferdinand Gerhardus hoffte, dass es „recht bald zum Kapellenbau in Kalenborn kommen“ werde. Doch es mussten bis zur Realisierung noch weitere und schwierige 33 Jahre vergehen!

In der am Dreikönigstag (06.01.1934) im „Schulhaus Kalenborn“ abgehaltenen Versammlung des „Kapellenbauvereins Kalenborn“ wurde der Kalenborner Lehrer und Ortsgruppenleiter der NSDAP, Egidius Bieger (* 07.11.1900 in Hart, Kreis Hechingen, † 22.09.1976 in Heister/Unkel), einstimmig zum 1. Vorsitzenden gewählt. Er war ein sehr beliebter Lehrer, der vom 01.12.1933 bis 01.11.1950 in Kalenborn tätig war.

Durch jahrelanges Sparen hatten die Vereinsmitglieder eine namhafte Summe zusammengetragen und auch die strittige Platzfrage schien damals gelöst, sodass beschlossen wurde, noch im selben Jahr mit dem Bau einer kleinen Kapelle in Kalenborn zu beginnen. Man setzte auf die Unterstützung aller Vereinsmitglieder und die Hilfe des „Arbeitsbeschaffungsprogramms“ der neuen nationalsozialistischen Reichsregierung in Berlin. Die Versammlung, die mit dem „deutschen Gruß“ eröffnet und geschlossen wurde, stand unter dem Motto: „Einigkeit macht stark!"

Der vielseitig engagierte Kalenborner „Schulllehrer“ sollte am 01.05.1938 aus politischen Gründen von Kalenborn nach Kurtscheid versetzt werden, wogegen er sich erfolgreich zur Wehr setzte. Die Schulaufsichtsbehörde ließ Egidius Bieger wissen, dass seine Versetzung aufgrund verschiedener kritischer Äußerungen („Erbhofgesetz, Rassengesetze und Marktordnung“), die sich gegen den Nazi-Staat richteten, erfolge. Lehrer Bieger war offensichtlich aus seinem „braunen Lager“ bzw. von seinen eigenen Parteigenossen (PG) der NSDAP in der Gemeinde Vettelschoß angeschwärzt worden.

Schließlich wurde Lehrer Bieger nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges (01.09.1939) zur Wehrmacht einberufen. Wegen Kriegsversehrtheit kehrte er allerdings schon im März 1942 nach Kalenborn zurück und nahm den Schuldienst wieder auf. An drei Wochentagen musste er zusätzlich in der Hallerbacher Volksschule die dortigen Kinder unterrichten. Außerdem übertrug man ihm die Unterrichtserteilung an der „Landwirtschaftlichen Berufsschule“ in Vettelschoß/Kalenborn für die Schulbezirke Kalenborn, Lorscheid, St. Katharinen und Vettelschoß. Die Berufsschule war identisch mit seiner Volksschule in Kalenborn, doch den Unterricht hielt Egidius Bieger aus Zeitgründen nachmittags oder am Abend.

Es hatte inzwischen die Zeit von „Vater Staat und Mutter Sorge“ begonnen. An den Bau einer Kapelle in Kalenborn – gleich welcher Art – vermochte vorerst keiner mehr zu denken oder zu träumen.

Als am 25.09.1944 alle waffenfähigen Männer zwischen 16 und 60 Jahren zum Deutschen Volkssturm aufgerufen wurden, traf es auch den wohlgelittenen Kalenborner Lehrer. Man hatte ihn allerdings verpflichtet, schon am 01.09.1944 im saarländischen Perl (unweit der Mosel und der luxemburgischen und französischen Grenze) den Dienst anzutreten, um den Bau von Panzersperren und Unterständen am Westwall – eine von 1938 bis 1940 auf einer Länge von über 600 km errichteten deutschen Befestigungsanlage – zu koordinieren. Seine Schule in Kalenborn war längst geschlossen worden. Die Schulkinder konnte Egidius Bieger bis dahin nur noch sporadisch in seinem Wohnzimmer unterrichten, weil das Schulgebäude in Kalenborn für den „Endsieg“ und das Militär konfisziert worden war.

Noch weit vor Kriegsende „türmte“ Bieger mit den Vettelschossern Josef Hecken (der Blasen an den Füßen hatte und im Volksmund besser als „Backmann’s-Jupp“, dem Bäcker und Gastwirt, bekannt war) und Josef Manns (Pensions- und Gastwirt sowie erster Nachkriegsbürgermeister der Gemeinde Vettelschoß) zunächst zu Fuß bis Trier und dann in den überfüllten Zügen bis Kalenborn/Vettelschoß. Sie hatten sich durch das Abhören des „Feindsenders“ über den Frontverlauf informiert und waren von der Sinnlosigkeit ihres Verbleibens am Westwall überzeugt. Der beleibte Josef Hecken lief zuletzt nur noch auf Strumpfsocken. Kurz vorher hatte die Schwägerin von Josef Manns den Ortsgruppenleiter der NSDAP, Kurt Förster aus Kalenborn, mit fetten Bauerndevisen „bestochen“ und so dafür gesorgt, dass die „Fahnenflucht“ nicht amtlich wurde.

Dennoch musste Egidius Bieger am 25.11.1944 – er hatte das verbrecherische Naziregime nicht erst seit gestern erkannt, sich distanziert, vom „Saulus“ zum „Paulus“ geläutert und war in Schwierigkeiten geraten – erneut eine Wehrmachtsuniform anziehen, um auf „De schäl Sick“ ( am rechten Rheinufer) mit anderen Offizieren in der Endphase des Zweiten Weltkrieges den reibungslosen Rücktransport der deutschen Truppen (nach dem Motto, „vorwärts Kameraden, wir müssen zurück“) sicherzustellen.

Noch im zeitigen Frühjahr 1945 wurde Lehrer Bieger nochmals in Uniform gesteckt und nach Vettelschoß kommandiert. Er hatte auch dort mit anderen Offizierskameraden für ein zügiges Passieren der zurückflutenden Heeresverbände zu sorgen. Der Trupp unter Leitung von „Hauptmann“ Egidius Bieger sollte mit zwei Kompaniestärken die Verbindung zu einer Stelle des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) in Weyerbusch halten, wo bereits nach dem 15.02.1945 „Funkstille“ herrschte.

Am Freitag, 16.03.1945, war für Kalenborn und am Samstag, 17.03.1945, für Vettelschoß der „Beschuss“ und der Zweite Weltkrieg zu Ende. Nun hatten die „GIs“ das Sagen und die „Krauts“ – wie die Amis vor allem die deutschen Landser betitelten – in Gefangenschaft geraten und Hitlerdeutschland mit schrecklichen militärischen und zivilen Verlusten besiegt.

Die St.-Bernhardus-Kapelle in Willscheid und die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß sowie die Kirche (Hl Familie) in Vettelschoß glichen Trümmerhaufen. Pfarrvikar Friedrich (Fritz) Blanckart (29.10.1937 – 12.04.1946, † 29.01.1986 in Niederbreisig) feierte nach dem „Beschuss“ zunächst mit den Gläubigen von Kalenborn, Kretzhaus und Oberwillscheid in der „Dittscheids-Scheune“ (von Peter Dittscheid, Vater des Geistlichen Joseph Dittscheid) in Kalenborn die hl. Messe. Und erst nach der Währungsreform (1948) dachte man wieder an den auf Eis liegenden Plan, in Kalenborn eine Kapelle zu errichten. Den entscheidenden Anstoß dazu soll Joseph Dittscheid (* 1913, † 1971) aus Kalenborn, der am 04.08.1946 im Hohen Dom zu Trier zum Priester geweiht worden und zuletzt Oberstudienrat am Prümer Priesterseminar war, gegeben haben, und zwar aus Dankbarkeit für das Ende des furchtbaren Zweiten Weltkrieges.

1952 erfolgte die Neugründung des „Kapellenbauvereins Kalenborn-Kretzhaus e.V.“. Einstimmig erklärte sich der Vettelschosser Gemeinderat am 18.12.1952 damit einverstanden, dem Antrag des Kapellenbauvereins auf Überlassung eines Grundstückes am „Hofe gegenüber der Wohnung Gerhard Drießen in Oberkalenborn“ zum Bau einer Kapelle zuzustimmen. Am 20.04.1953 wurde der Antrag des Kapellenbauvereins auf Gewährung eines Zuschusses mit 8 gegen 7 Stimmen zunächst vertagt.

Der Vettelschosser Gemeinderat beschloss am 28.08.1953 mit 8 gegen 7 Stimmen dem Kapellenbauverein Kalenborn ein Grundstück zum Bau einer Kapelle (Flur 11, Nr. 88/54) kostenlos zu überlassen. Die Größe dieses Grundstücks sollte 45 Ar betragen und die Auflassung und Übertragung an die Kirchengemeinde Vettelschoß nach Fertigstellung des Rohbaues erfolgen. Auf die Dauer von 3 Jahren wurde ein jährlicher Zuschuss von 5.000 DM bewilligt, der als Rücklage anzulegen und nach 3 Jahren, wenn der Kapellenbau soweit fortgeschritten war, ausgezahlt werden sollte. Dieser Beschluss erfolgte vorbehaltlich der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (Landratsamt Neuwied).

 

Es sollte keine Simultankirche werden

 

In Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck (Seelsorger in Vettelschoß vom 04.06.1946 – 01.05.1959 und seit 20.05.1947 der erste Vettelschosser Pfarrer) hatten die Kalenborner zwar keine „Lokomotive“ in der Verwirklichung ihrer Kapelle – aus deren Plänen zwischenzeitlich der Bau einer Kirche gereift war – gefunden, aber er war auch kein notorischer Querulant, wenn er sich vom Sinn und Zweck überzeugt hatte. Und das schien zunächst schwierig!

Dr. Dr. Peter Eck ging es – wie er am 06.09.1954 Trier wissen ließ – primär zu verhindern, dass aus der Kapelle in Kalenborn eine Simultankirche werden könnte; denn der zuständige evangelische Pfarrer aus Asbach hatte kurz vorher den Vettelschosser katholischen Pfarrer aufgesucht und um „dringende Überlassung der Vettelschosser Pfarrkirche für die protestantischen Gottesdienste gebeten.“

„Bei dieser Gelegenheit klagte er darüber, daß ihm in Kalenborn kein passender Raum zur Verfügung stünde. Ich riet ihm, mit Hilfe der zahlungskräftigen Glaubensgenossen einen kleinen Betsaal erbauen zu lassen.“

„Gegen meinen ausdrücklichen Willen ging man (auch) zu den Protestanten sammeln. Als ich U.R.L. Josef Dittscheid am 29. August (1954) meine ersten Bedenken äußerte, es sei mit moralischer Sicherheit damit zu rechnen, daß nach Vollendung des Kapellenbaues der protestantische Pfarrer Ansprüche auf Benutzung der Kapelle stellen würde, meinte U.R.L.: „Sag' davon in Trier nichts. Erst muß die Kapelle erbaut und die Erlaubnis erteilt sein, dort das Sanctissimum (das Heiligste, in der katholischen Kirche die Hostie) aufzubewahren. Wollen dann die Protestanten das Gotteshaus benutzen, so überlaß diese Sorge der Behörde in Trier.“

Pfarrer Dr. Dr. Eck: „Wenn nicht die Zivilgemeinde Vettelschoß und die Bistumskasse erheblich beisteuern, weiß ich nicht, wie die Kapelle schuldenfrei erstellt wird. Unaufgefordert warnte mich der jetzige Ortsbürgermeister von Vettelschoß, Willi Schumacher, davor, die restlichen Kosten zu übernehmen, da ich daran zerbräche.“

„Meines Erachtens würde noch mehr gespendet, wenn der ursprünglich in Aussicht genommene Bauplatz, der zentral gelegen ist, genommen worden wäre. H. (Peter) Dittscheid (Kalenborn) versprach erst diesen Platz, zog aber später sein Versprechen zurück und ließ auf dem Gelände ein sehr schönes Eigenheim errichten.“

„Warum wird nicht in Vettelschoß, Elsaff, Kau und Willscheid für die Kapelle in Kalenborn gesammelt?“

„Zur Zeit als H. Dittscheid Gemeindeoberhaupt von Vettelschoß war (1929 – 1933), erhielt Elsaff nie einen Bauzuschuß vom zivilen Sektor für die Antonius-Kapelle (Oberelsaff).“

Wenn man vorbringt, ich sei „krank und meinen Aufgaben nicht mehr gewachsen,“ so füge ich ein Schreiben meines Hausarztes bei, das ich nicht erbeten habe. Bisher hatte ich noch nicht notwendig, eine mehrwöchentliche Kur in Bad Orb vorzunehmen wie U.R.L. Dittscheid und andere Bistumspriester.“

„Wäre Dittscheid mit Anhang, die sehr unbeliebt sind, nicht zu stark in den Vordergrund getreten, dann wären m.E. ganz andere Sammelergebnisse zu verzeichnen.“

„Immer wieder heißt es: „Warum zahlt die Bistumskasse für Kalenborn keine Zuschüsse, obwohl andere Orte, z.B. Ariendorf, Pfarrei Hönningen/Rh. enorm bedacht werden?“

Die Baubeschreibung für den Neubau der „katholischen Kapelle in Kalenborn und Kretzhaus“ datiert vom 12.04.1954 bzw. 01.02.1955. Sie wurde von dem Architekten Josef Gaksch aus Bad Hönningen erstellt. Eine kritische Prüfung der Unterlagen im Bischöflichen Generalvikariat in Trier erfolgte am 06.05.1955 und 10.05.1955 durch den Diözesanarchitekten Dr. Craemer.

Am 12.05.1955 meldeten sowohl der Pfarrer und Definitor aus Vettelschoß als auch das Pfarramt in Linz (Dechant Schütz) im Bischöflichen Generalvikariat in Trier zum Kapellenbau in Kalenborn erhebliche Bedenken wegen der Finanzierung an. „Der Rohbau ohne Ziegeldach kostet ca. 80.000 DM. Vorhanden sind ungefähr 25.000 DM. Manche Arbeiten wollen die Leute selbst leisten. Voranschlagen wir das mit etwa 10.000 DM, dann ist bei weitem der Rohbau finanziell nicht gesichert.“

 

„Und es is a Kreuz auf der Welt,

de oan haben an Beitl

und de andern habns Geld!“

 

Vettelschoß galt als „die ärmste Pfarrei des Dekanates Linz“. Und „die Gemeinde Vettelschoß scheint wenig Vertrauen zu dem „Kapellenbauverein Kalenborn“ zu haben, sodass sie mit der Übereignung zögert“ – meinten die Geistlichen.

Am 27.05.1955 gab Trier an den Vettelschosser Pfarrer die Weisung, dass der „Kapellenbau in Kalenborn zurückzustellen ist, weil die Finanzierung nicht gesichert scheint.“

Unter dem 05.09.1955 teilte Pfarrer Dr. Dr. Eck dem Generalvikariat in Trier mit: „Die Zivilgemeinde von Vettelschoß sagte dem Kapellenbauverein von Kalenborn-Kretzhaus einen Zuschuß von 15.000 DM rechtsverbindlich zu und knüpfte daran die Bedingung, daß der Rohbau am 01. April 1956 errichtet sein muß, andernfalls fällt das Geld wieder an die Zivilgemeinde zurück.“

„Am 04.09.1955 bat mich der protestantische Pfarrer von Asbach sehr dringend um die Mitbenutzung dieser Kirche in Oberkalenborn für die protestantischen Gottesdienste. Ich habe damit eine Bestätigung dessen, was ich von Anfang an befürchtete, die Kirche in Oberkalenborn könne eine Simultankirche werden. Als ich die Bitte des protestantischen Pfarrers ablehnte, berief er sich darauf, das St. Josefshaus in Neustadt/Wied habe ihm das Recht der Benutzung der Hauskapelle eingeräumt. Ich erwiderte dem Pfarrer: „Wenn andere Fehler machen, brauche ich es nicht zu tun.“ Ich blieb bei meiner Auffassung, denn m.E. dürfte es mit Unterstützung der dazu bereiten Zivilgemeinde von Vettelschoß und einiger reicher Leute, die in Kalenborn tätig sind, nicht sehr schwierig sein, den Bau eines eigenen Betsaales für die Protestanten zu finanzieren.“

Die Stellungnahme von Dechant Schütz (Pfarramt Linz) zu dem Schreiben des Vettelschosser Pfarrers vom 05.09.1955 nach Trier lautete: „Unser guter Definitor hat in Kalenborn seine Schwierigkeiten. Wenn jetzt schon der evgl. Pfarrer darum bittet, die kommende Kirche in Kalenborn benutzen zu dürfen, so ist das doch bedenklich, da die Evangelischen sich später darauf berufen werden, daß die DM 15.000,- von der Zivilgemeinde stammen, woraus sich für sie auch ein Recht auf die Kirche ergibt. – Der Unterzeichnete schlägt deshalb vor, eine feierliche Grundsteinlegung vorläufig nicht zu gestatten, bis die Verhältnisse sich geklärt haben. Bei der kommenden Visitation können wir im einzelnen darüber verhandeln. Schütz, Dechant.“

Schon am 06.09.1954 hatte der Vettelschosser Pfarrer unter anderem nach Trier berichtet: „Auch soll die BAG in Linz noch erheblich (zum Kapellenbau in Kalenborn) beisteuern. Wie aus Rechnungen früherer Zeit erhellt, haben die unter protestantischer Leitung stehenden Werke (BAG und Schmelz) selten viel gestiftet, wenn es sich um katholische Belange handelte.“

Dr. Dr. Peter Eck († 07.09.1965 in Rheinbrohl) teilte am 28.09.1955 Trier mit, „dass mit dem Bau begonnen worden sei und auch keine Grundrissänderungen mehr möglich seien.“ Dieses wurde am 01.10.1955 von Trier auch dem Architekten Josef Gaksch in Bad Hönningen übermittelt. Der Diözesanarchitekt wollte am 09.11.1955 noch einige Änderungen einbringen.

Am 04.04.1955 hatte man in Kalenborn für die „Kapelle“ bzw. Kirche den ersten Spatenstich getan, am 13.10.1955 wurde der Grundstein gelegt und am 12.11.1955 das Richtfest gefeiert.

Mit 11 gegen 3 Stimmen beschloss der Vettelschosser Gemeinderat am 21.06.1956, den Antrag des „Kapellenbauvereins Kalenborn-Kretzhaus e.V.“ auf Bewilligung eines weiteren Zuschusses mit Rücksicht auf die augenblickliche Finanzlage der Gemeinde zurückzustellen. Am 22.03.1957 sagten die Gemeindeväter dem „Kapellenbauverein Kalenborn e.V.“ einen weiteren Zuschuss von 3.000 DM zu. Mit 12 Stimmen bei 3 Enthaltungen wurde dem „Kapellenbauverein Kalenborn e.V.“ am 05.02.1958 von der Gemeinde Vettelschoß „für die Fertigstellung des neuen Gotteshauses ein letztmaliger Zuschuss von 10.000 DM bewilligt, der 1958 zur Auszahlung kommen sollte.“ Am 02.05.1958 beschlossen die Gemeinde­ratsmitglieder, sofort 5.000 DM und den Rest im Laufe des Jahres auszahlen bzw. anweisen (Amtskasse Neustadt) zu lassen.

 

Vettelschoß und die Ursulinen

 

Am 07.06.1946 teilte Trier dem Studienrat Dr. Dr. Peter Eck folgendes mit: „Anliegend erhalten Sie Ihre Ernennung zum Pfarrvikar von Vettelschoß. Da die Pfarrvikarie schon längere Zeit unbesetzt ist, wollen Sie die Stelle baldmöglichst antreten. Einige Zimmer des Hauses (das Pfarrhaus in Vettelschoß hatte 12 Zimmer und einen Pfarrsaal) sind noch von Kölner Ursulinen bewohnt, die Pfarrvikar Blanckart dort aufgenommen hatte. Doch kann der Pfarrvikar in dem großen Hause neben den Schwestern gut wohnen und eigenen Haushalt führen. Wir möchten Sie bitten, die Ursulinen auch weiterhin im Hause wohnen zu lassen. Ihren Dienstantritt wollen Sie hierher melden.“

Pfarrvikar Friedrich Blanckart hatte in den Kriegswirren einige Schwestern aus dem zerbombten und vor allem „durch Brandbomben der Alliierten am 09.07.1943 zerstörten“ Ursulinenkloster in Köln nach einer Odyssee durch den Westerwald im Pfarrhaus und „Pfarrsälchen“ aufgenommen. „Sie fanden liebevolle Aufnahme in Vettelschoß und waren von der Bürgerschaft sehr schnell integriert worden.“ Die ersten Schwestern trafen am 18.07.1943 in Vettelschoß ein. Der Pfarrsaal (12 m lang und 4,25 m breit) wurde in sechs kleine Schlafzellen aufgeteilt und war am 11.08.1943 bezugsfertig. („Der Schlafraum war 6,5 m lang, der Wohnraum 2,5 m und die Küche 3 m. Von der Küchenbreite wurden etwa 1,20 m abgetrennt, teils als Garderobe, teils als Vorratsraum.“) Die anderen Räumlichkeiten stellte der Seelsorger im Pfarrhaus zur Verfügung. Im Januar 1944 konnte ein Zusatzbau als Pfarrsaal bezogen werden.

Die Schwestern betätigten sich in der Seelsorge, als Religions- und Aufbaulehrerinnen (sie unterrichteten zeitweise sechzig Privatschüler in kleineren und größeren Gruppen) sowie als Krankenpflegerinnen und unterhielten eine kleine Apotheke im Pfarrhaus in Vettelschoß.

Als der „Beschuss“ immer näher rückte – insbesondere nach Einnahme der Remagener Brücke durch die Amerikaner am 07.03.1945 – suchten einige Einheimische mit Kind und Kegel den Schutz im Pfarrhauskeller ihres Pastors. Die „Kellerbewohner“ waren bald auf (über) 30, letztlich auf um die 55 Personen einschließlich 15 Ursulinenschwestern angewachsen. Am 12.03.1945 diente die alte Waschküche des Pfarrhauses als „Kreißsaal“ zur Entbindung eines gesunden Mädchens – ohne Arzt und Hebamme versteht sich.

Nach Kriegsende trugen die Schwestern sich ernsthaft mit dem Gedanken, in Vettelschoß einen (kleinen) Konvent (Klostergemeinschaft) zu gründen, doch es war kein passendes Haus frei und Gelder für einen Neubau standen auch nicht zur Verfügung. Als Pastor Blanckart seine Versetzung zum 01.05.1946 als „Rektor von Waldbreitbach“ in Händen hatte, kam für die Ursulinen – „nach reiflicher Überlegung“ – der schwere und tränenreiche Abschied am Ostermontag, 22.04.1946, von Vettelschoß und dem Pastor. „Der gute Herr Pastor war wie ein Vaterabt zu uns!“ – meinten die Schwestern.

Einige der wirklich „Unbedarften“ im Vettelschosser Kirchenvorstand dachten zur Verabschiedung der „Nonnen“ so ähnlich wie einst der hl. Franz von Assisi (1181/1182 – 1226), als es um die Frauenklöster ging, die in keinem guten Ruf standen und angezweifelt wurde, ob alle, die ihr Klostergelübte abgelegt hatten, so keusch lebten wie Rosen unter Dornen: „Gott hat uns die Frauen genommen, nun kommt der Satan und gibt uns Schwestern“ – obwohl in Vettelschoß dazu überhaupt keine Veranlassung bestand.

Pastor Dr. Dr. Peter Eck verfügte über einige Frömmler als „Pastorenflüsterer“ im Gemeindegebiet von Vettelschoß, die ihn offensichtlich zu beeinflussen vermochten. Es waren meist einfache Leute, die kaum über ihren eigenen Tellerrand zu blicken in der Lage waren.

Der spätere Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck und seine Haushälterin (Helene Reuschenbach aus Rheinbrohl) fanden sich später aus „reiner Nächstenliebe“ außerstande, im geräumigen Pfarrhaus mit Pfarrsaal wenige leerstehende Zimmer zur Verfügung zu stellen, um auch nur vorübergehend „Flüchtlinge“ oder für kurze Zeit einen Junglehrer aufzunehmen. In dessen zur Reparatur anstehenden Lehrerwohnung tropfte es vom Dach auf seine Bettkante. Er war – nach Stärke des Regens und der Windrichtung – immer wieder damit beschäftigt, die so genannten „Ami-Dosen“ entsprechend zu platzieren und zu leeren, damit die darunter liegenden Klassenräume trocken blieben.

 

Kirchenweihe in Kalenborn

 

Die feierliche Benediktion der Kirche in Kalenborn mit Namensgebung „Mutter Gottes von Fátima“ erfolgte unter großer Teilnahme der Bevölkerung am 17.08.1958 durch Pfarrer und Definitor Dr. Dr. Peter Eck aus Vettelschoß, wobei der frühere Vettelschosser Geistliche, Friedrich (Fritz) Blanckart, und der in Kalenborn gebürtige Geistliche und Religionslehrer (Oberstudienrat), Joseph Dittscheid, sowie Subdiakon Eudenbach aus Bad Hönningen assistierten.

Mit der Namensgebung „Mutter Gottes von Fátima“ scheint sich der Vettelschosser Pfarrer durchgesetzt zu haben; denn er war ein großer Verehrer der „Muttergottes vom Rosenkranz“ in Fátima.

 

Nach den Erzählungen dreier Hirtenkinder soll sie ihnen am 13. der Monate Mai bis Oktober 1917 erschienen sein und zur Buße die Errichtung einer Kapelle am Erscheinungsort aufgefordert haben. Das einstige „Nest“ namens Fátima zählt heute nach Lourdes mit zu den bedeutendsten Marien-Wallfahrtsorten der katholischen Kirche.

Als Vorsitzender des „Kapellenbauvereins Kalenborn-Kretzhaus e.V.“ fungierte am Tage der Einweihung der Kalenborner Kirche – die sich heute „Marienkirche“ nennt – der Volksschullehrer Franz Jäkel aus Kalenborn. Er wirkte vom 01.11.1950 in Kalenborn bzw. bis 14.07.1971 als Hauptlehrer in Vettelschoß. Auch er hatte seine Probleme mit dem Pfarrer in Vettelschoß.

Zu den wesentlichen Mäzenen des Kapellen- bzw. Kirchenbaues in Kalenborn zählen die Gemeinde Vettelschoß (unter Bürgermeister Wilhelm bzw. Willi Schumacher aus Willscheid), das Schmelzbasaltwerk in Kalenborn, die Basalt-Actien-Gesellschaft (BAG) in Linz und die „Teer“ (Deutag-Mischwerke GmbH. & Co. aus Köln) sowie nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger aus Kalenborn, Kretzhaus, Oberwillscheid und Reifstein.

Den Antrag von Karl Rohde, Kalenborn, in der Nähe der Marienkirche in Kalenborn noch Ruhebänke aufzustellen, verwies die Gemeinde Vettelschoß am 07.04.1961 an die Kalenborner Jugend.

 

„Den Zufall gibt die Vorsehung,

zum Zwecke muss ihn der Mensch gestalten."

(Aus „Don Carlos“ von Friedrich von Schiller.)

 

„Johannus“-Orgel

 

So ähnlich verhielt es sich mit dem niederländischen elektronischen „Johannus“-Orgelwerk in der Marienkirche in Kalenborn. Nach Einweihung der Kirche (1958) gelangte zunächst ein Harmonium – eine Schenkung der verstorbenen Gertrud Jünger geb. Münch ( 17.02.2006) aus Kretzhaus – auf die Empore. Einen Monat nach der Einsegnung der Friedhofskapelle in Vettelschoß (20.11.1988) wurde es dorthin platziert und seitdem für Trauerfeiern als letzte musikalische Begleitung der Verstorbenen genutzt.

Als Anneliese Buchholz („Päntels Annelies") aus Vettelschoß ein Ausbildungszentrum der Diözese Trier im Saarland leitete, lernte sie den reformierten Kalvinisten und passionierten Orgelspieler Rinse Albert Kofeman aus einer musikalischen, angesehenen und gut situierten Familie aus den Niederlanden kennen, mit dem sie 20 Jahre liiert war und in Kalenborn wohnte. Das Wohnhaus war zu klein, um auch noch diese großartige elektronische Johannus-Orgel aufzunehmen, die um die 30.000 DM gekostet hatte.

So entstand die Überlegung, die schöne Sakralorgel mit der niederländisch beschrifteten Tastatur in der Kalenborner Marienkirche mit der Maßgabe aufzustellen, jederzeit darauf spielen zu können. Schließlich entschloss sich Rinse Albert Kofeman, diese Kirchenorgel der Kirche in Kalenborn zu schenken, was nach der Schenkungsurkunde am 21.06.1988 aus „Dankbarkeit für alle hier empfangene Freundschaft“ geschah.

In der Stadt Ede, im Herzen der Niederlande und die führend in der niederländischen Kunstfaserproduktion ist, befindet sich die weltweit bekannte „Johannus-Orgelbouw-Firma“, die im Jahre 2001 ihr 30jähriges Bestehen feiern konnte. In diesen 30 Jahren mauserte sie sich zu einem der führenden Orgelhersteller bzw. zu einem internationalen Konzern, der die Johannus-Spielwerke in über 70 Länder verkauft und tief mit der niederländischen Geschichte verwurzelt ist. Auf dem  bisherigen Firmengelände in Ede entstand inzwischen ein repräsentativer Neubau. Mit der neuen „Monarke-Orgel“ ist die Firmenphilosophie des Johannus-Orgelbaubetriebes dem Traum, eine Orgel zu entwickeln, deren Klangqualität einer Pfeifenorgel gleicht, ein gutes Stück näher gekommen.

 

Küsterdienst

 

Den Küsterdienst in Kalenborn versahen anfangs im Wechsel verschiedene in der Nähe ansässige Bürgerinnen und Bürger. Erst mit der Ehefrau von Lehrer Rudolf Haas (1979 – 2002) hatte Kalenborn eine engagierte und ständige Küsterin. Seit dem 01.08.2002 versehen die „Schwestern von Oberwillscheid“ mit viel Liebe und Freude den Küsterdienst in der Kalenborner Marienkirche.

„Es waren sieben Mitglieder des „Instituts Jeanne d’Arc“, die an Mariä Himmelfahrt (15. August) 2002 das rot verklinkerte Drei-Giebel-Haus am Oberwillscheider Weg 73 bezogen und aus dem Geist der evangelischen Räte (der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams) im Liebesbündnis mit der Gottesmutter von Schönstatt in einer familienhaften, religiösen Gemeinschaft das Leben nach dem Evangelium zu gestalten versuchen.“

Bei den Schwestern handelte es sich – wie im Pfarrbrief St. Michael Nr. 8/1997 von Pfarrer Joachim Fey vorgestellt – um Schwester (Sr.) Hartgunde (Erna) Fuchs, Gemeindereferentin, die das Institut leitet; Sr. Christtrude (Christel) Leuders, Erzieherin; Sr. Annemarie Solfrank, Schneiderin und Paramentsmeisterin; Sr. Thereshild (Maria) Schmidt, Erzieherin; Sr. Reintrud (Gertrud) Hartken, Kranken- und OP-Schwester; Sr. Britta (Marlies) Rose, Oberstudienrätin und Sr. M. („M“ steht für Maria) Ludowika (Dr. Elisabeth) Badry, Professorin für Erziehungswissenschaft an einer Fachhochschule.

Zu ihren Namen schreiben die Schwestern in einem Vettelschosser Pfarrbrief: „Wir wählten Jeanne d’Arc, die junge Frau aus Lothringen, die 1412 in Domrémy geboren wurde, zur Patronin unserer Gemeinschaft. Sie verließ auf Gottes Weisung hin mit 16 Jahren ihr Elternhaus, um vom Dauphin von Frankreich, dem späteren König Karl VII. (1422 – 1461), die zur Erfüllung ihres Auftrages notwendigen Mittel zu erhalten und die Stadt Orléans aus der Belagerung durch die feindlichen (englischen) Truppen zu befreien und den König zur Krönung nach Reims zu führen.

Ihre vorbehaltlose Hingabe an Gott und ihre großmütige Einsatzbereitschaft für ihre Sendung sind für uns beispielhaft. Sie veranschaulicht auf eine spezifische Weise, was alle Heiligen auszeichnet: Glauben heißt, sich mit allen Konsequenzen für das eigene Leben auf Gott ein- und von ihm in den Dienst an den Mitmenschen verfügen zu lassen.

Gottes verborgene Gegenwart erscheint im Gewand des Alltäglichen. Das ist der Grund, warum wir kein eigenes Schwesternkleid tragen. Pater Josef Kentenich (1885 – 1968), der Gründer der Schönstatt-Bewegung, betonte immer wieder die besondere Bedeutung des „Apostolats des Seins“ in einer säkularisierten Welt.“

 

Die Glocke der Kalenborner Marienkirche

 

Das weithin vernehmbare Kirchengeläut eröffnete am 17. August 2008 das 50jährige Kirchweihfest der Marienkirche in Kalenborn. Die 1926 gegossene Bronzeglocke stammt aus der ehemaligen und nach schweren Kriegsschäden 1945/1946 abgerissenen St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß. Diese Kapelle selbst ist auf der Dekanatskarte von Engers schon 1550 verzeichnet.

Auf Peter Isermann als Pfarrverwalter in Vettelschoß folgte  Ferdinand Gerhardus. Peter Isermann – der sich im Frühjahr 1921 vergeblich um die Pfarrstelle in Neustadt bemüht hatte – setzte sich unermüdlich für die Unabhängigkeit der Vettelschosser Vikarie von der Pfarrei in Neustadt ein, was schließlich am 07.09.1925 auch erreicht wurde.

Es gab deshalb schwere Differenzen zwischen Neustadt (Pfarrer Paul Josef Scholten, der von 1911 – 1921 in Neustadt wirkte) und Peter Isermann sowie dem vorherigen Vettelschosser Pfarrvertreter/Pfarrverwalter Johann Peter Klöckner wegen gegenseitiger finanzieller Forderungen. Peter Isermann gründete 1911 die „Volksbibliothek“ in Vettelschoß, die jetzige „Katholische Öffentliche Bücherei (KÖB) St. Michael“.

Mit zur ersten „Amtshandlung“ von Ferdinand Gerhardus gehörte die Bestellung von zwei neuen Glocken für die nun selb- oder eigenständig gewordene „Kapellengemeinde Vettelschoß“. Denn wie fast überall, so musste auch Vettelschoß im Ersten Weltkrieg zur Herstellung von Munition und Kriegsgerät zwei Kirchenglocken abliefern, die eingeschmolzen wurden. Darunter befand sich auch die erste St.-Michaels-Glocke von anno dazumal aus der alten St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß. Über die Herkunft der ersten Glocke der altehrwürdigen „Michaelskapelle“ sind keinerlei Hinweise mehr auffindbar. In den Kirchturm der einstigen Pfarrkirche Heilige Familie in Vettelschoß waren bereits am 17.08.1898 drei Glocken bugsiert worden, die man dem hl. Petrus, dem Erzengel Michael und der Muttergottes geweiht hatte.

Schon wenige Wochen nach seiner am Sonntag, 02.07.1925, erfolgten feierlichen Einführung in Vettelschoß ließ Pastor Ferdinand Gerhardus die Gläubigen seines Kirchensprengels wissen, dass er das Geläut in Vettelschoß recht bald wieder vervollständigen möchte. Er bat um reichliche Spenden zur Anschaffung von zwei Glocken – eine für die „Mechelskapell“ und die andere für die Kirche „Heilige Familie“ in Vettelschoß.

Bereits an Kirmes 1925 ließ der „geschäftstüchtige“ Geistliche von den Schulmädchen kleine Glöckchen verkaufen, die aus dünnen messingfarbenen Materialien gefertigt waren und noch heute in verschiedenen Familien als Souvenir verwahrt werden. Doch vielfach ist durch den Generationswechsel die Bedeutung des kleinen Erinnerungsstückes – das vielleicht noch in einer der Kommodenschubladen lagert – „verloren“ gegangen.

Allein bei dieser Verkaufs- oder Sammelaktion kamen 1.120 Mark zusammen, die den „Glockenfonds“ sprunghaft aufstocken ließen. Eine weitere Haussammlung und einige Theateraufführungen – vor allem durch die Mitglieder des am 10.05.1885 gegründeten Vettelschosser Kirchenchores „Cäcilia“ – (im Volksmund auch als „Gesangverein“ bekannt und vermutlich zum Patroziniumsfest, 22. November des Jahres 1987, in „Katholischer Kirchenchor St. Michael“ umbenannt) erbrachten weitere Spendengelder, sodass der Geistliche es wagte, den Guss von zwei Bronzeglocken noch vor Spätherbst des Jahres 1925 in Auftrag zu geben.

Mit der Glockengießerei Mabilon & Co. in Saarburg vereinbarte er, die Glocken bis zum Fest der Heiligen Familie (27.12.), der die erste Vettelschosser Kirche geweiht war, fertigzustellen. Doch durch ein unvorhergesehenes Hochwasser, das sowohl das Rheintal stark in Mitleidenschaft gezogen als auch die Glockengießerei an der Saar nicht verschont hatte, konnten die Glocken erst in der zweiten Februar-Woche 1926 ausgeliefert werden.

Bis ins Jahr 1590 reichen die Wurzeln der Glockengießerei Mabilon in Saarburg zurück. Zu dieser Zeit wurden die Glocken aus praktischen Gründen – ein Transport der schweren Glocken über weite Strecken war nicht möglich – vor den Kirchen gegossen. Im Jahre 1770 ließ sich Urbanus Mabilon in Saarburg nieder und gründete eine feste Gießstätte. Seither wurde die Kunst des Glockengießens von Generation zu Generation weiter vererbt. Bis Dezember 2002 wurden noch Glocken in Saarburg gegossen. Heute ist die Gießstätte ein Museum.

Die Glocken aus Saarburg trafen am 13.02.1926 in Vettelschoß (Bahnhof) ein. „Auf einem prächtig geschmückten Wagen – inmitten fackeltragender Schulkinder – und umjubelt von (der Bürgerschaft) der ganzen Gemeinde (Vettelschoß) hielten sie ihren Einzug in die Kirche.“ Dechant und Pfarrer der Pfarrei St. Katharina, Heinrich Roessel (1899 – 1926), vollzog die feierliche Glockenweihe am Sonntag, 21.02.1926.

Eine „Gemeindefeier“ unter großer Teilnahme aus allen Schichten der Bevölkerung fand am Dienstag, 23.02.1926, statt. „Die Schulkinder aus der Oberklasse beider Volksschulen (Kalenborn und Vettelschoß mit den Lehrern Peter Rüdel, 1918 – 1931, und Hubert Gilles, 1912 – 1928, der auch vom 04.06.1924 – 07.03.1928 dem sechsköpfigen Gemeinderat angehörte) „deklamierten“ „Das Lied von der Glocke“ von Friedrich von Schiller.

Der Jungmännerverein und die Jungfrauenkongregation führten zwei „sinnreiche Theaterstückchen“ auf, die der Kirchenchor mit entsprechenden Liedern umrahmte. Eine „Tellersammlung“ und der Verkauf von Ansichtskarten stärkte den „Glockenfonds“, sodass die Glocken mit Aufmontage – eine in den Kirchenturm und die andere in das Türmchen der St.-Michaels-Kapelle – restlos bezahlt werden konnten. Die Gesamtkosten betrugen 1.820 Mark.“

In der Vettelschosser Gemeinde lebten 1926 um die 830 Bürgerinnen und Bürger und die Kirchengemeinde Vettelschoß – mit Kretzhaus, Reifstein, Ober- und Mittelelsaff – zählte 1.030 Seelen.

Die ersten Kirchenglocken überhaupt waren von geringem Umfang und wurden nicht gegossen, sondern geschmiedet. Im kirchlichen Gebrauch finden sie sich seit dem 6. Jahrhundert (Jh.). So erinnerte die so genannte „Betglocke“ die Gläubigen durch das Morgenläuten an die Auferstehung, das Mittagsläuten an das Kreuzesleiden und das Abendläuten an die Menschwerdung Christi. Vermutlich liegen die Ursprünge im Feierabendläuten im 11. Jh. und in dem 1317 erstmals in Parma bezeugten Läuten zu Beginn des Arbeitstages. Das 1456 von Papst Calixtus III. (1435 – 1458) angeordnete Mittagsläuten galt als Aufforderung zum Gebet um Abwendung der Türkengefahr. Die entscheidenden Impulse für den „Engel des Herrn“ (Angelus Domini) kamen im 13. Jh. von den Franziskanern und das „Gebetläuten“ wurde im 16. Jh. durch die Jesuiten allgemein üblich.

Das „Michaelsglöckchen“ in Vettelschoß wurde nicht nur dreimal täglich – durch ein dreimaliges Anziehen der Glocke mit längerem Nachläuten – zum „Engel des Herrn“ (Ave-Maria- oder Angelus-Läuten) „gekläppt“ (geläutet), sondern begleitete die Gläubigen der Kirchengemeinde Vettelschoß auf allen ihren Lebenswegen von der Wiege bis zur Bahre. Am Geläute glaubten die Bürger von Vettelschoß einst zu erkennen, ob es eine freudige oder traurige Botschaft verkündete, wenn der Küster am abgegriffenen Hanfseil „zupfte“, das „Mechelsglöckchen“ in Schwung brachte und lange „lachen“ oder „weinen“ ließ.

Andererseits wussten nach dem Läuten die Bauersleute im Hof und auf dem Feld, wie früh oder spät es war. Das kleine Glöckchen verkündete auch in dörflichen Notfällen (Feuer- oder Sturmläuten), ob sich die Bewohner in „Gefahr“ (Überfälle, Natur- und Brandkatastrophen) befanden. Ein bestimmtes Läuten signalisierte den Nachbarorten, was insbesondere zwischen Vettelschoß und Willscheid bestens funktionierte, wenn Vettelschoß oder Willscheid dringend Hilfe brauchten.

So war es am 16.05.1797, als in Vettelschoß die französische Soldateska wütete und der Dorfschulze bzw. Honschaftsvorsteher sich mit zwei weiteren Bürgern in Geiselhaft befand und alle erst nach Beibringung eines horrenden Lösegeldes wieder frei kamen.

Vettelschoß – eine Bronzeglocke geschweißt und zwei Stahlglocken beschafft

 

Ab 18.04.1951 korrespondierte Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck mit Trier wegen der im „Beschuss“ gesprungenen Glocke in der Pfarrkirche von Vettelschoß. „Dank der Fürsprache meines priesterlichen Freundes, H. St.R. Schüller in Leverkusen, hat die Schweissabteilung der I.G. Farbenwerke Beyer in Leverkusen (Bayer-Werke Leverkusen) die genannte Glocke kostenlos geschweisst.

Einige edle Pfarrkinder, darunter auch der gehorsamst Unterzeichnete, wollen die 2 Ergänzungsglocken stiften und haben die erforderliche Summe schon bereitgestellt. Auf meine Bitten war der bischöfl. Glockenprüfer, H. Domkapellmeister Dr. Klassen, hier u. hat das Tonbild der geschweissten Glocke amtlich festgestellt. Die Glocke hatte den Ton b 10. Dr. Klassen erklärte, dazu müssten die Glocken f'-as' gegossen werden. Diese 3 Glocken f'-as'-(b 10) ergäben ein harmonisches Geläute. Da die Stiftsumme nur ausreicht für 2 passende Stahlglocken, Dr. Klassen sagte, nach den neuesten Verbesserungen könne man schon passende Stahlglocken mit Bronzeglocken zu einem harmonischen Geläute verbinden – , so bittet der gehorsamst Unterzeichnete namens der Stifter das Hochwürdigste Bischöfl. Generalvikariat um die Genehmigung, 2 passende Stahlglocken nach der Weisung v. Dr. Klassen beim „Bochumer Verein“ bestellen zu dürfen. Ich habe schon als Studienrat v. Prüm in meine Heimatkirche zu Dickenschied eine Glocke gestiftet, eine Tatsache, die Ihnen auf Befragen H. Pf. Castor in Hetzerath, früher Definitor in Dickenschied, bestätigen kann. So stehe ich auch für die 2 Ergänzungsglocken ein u. erkläre hiermit, dass für die Beschaffung der Ergänzungsglocken keine Kirchensteuer, sondern lediglich die Stiftgelder verwandt werden. Das Hochwürdigste Bischöfl. Generalvikariat bitte ich daher, die erbetene Genehmigung gewähren zu wollen, sodass die Bestellung bald erfolgen kann u. es möglich ist, dass die Glocken bei der Festfeier z.E. (zu Ehren) des hl. Erzengels Michael am 30. Sept. 51 läuten können. Die künstlerische Begutachtung erfolgte durch Dr. Klassen, der vermögensrechtl. Genehmigung steht nichts im Wege, da die Stiftsumme vorhanden ist.

Schon im voraus sage ich gehorsamsten Dank für die erbetene Genehmigung zur Beschaffung von 2 Ergänzungsglocken. In tiefster Ehrfurcht verharrt gehorsamst u. dankbarst Dr. Eck, Pfr. u. Definitor.“

Vom Kirchenvorstand der katholischen Kirchengemeinde Vettelschoß wurde am 29.04.1951 die Anschaffung der zwei Stahlglocken genehmigt. Nach dem Kostenvoranschlag sollten die Kosten 5050 DM betragen. Für alle weiteren Unkosten versprachen die Stifter aufzukommen. Dem Kirchenvorstand gehörten damals an: Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck als Vorsitzenden; Kaufmann Josef Ewens, Oberelsaff; Maurer Peter Lorscheid, Vettelschoß; Arbeiter Heinrich Becker, Vettelschoß; Landwirt Matthias Buchholz, Vettelschoß; Landwirt Anton Weißenfels, Kalenborn; Bruchmeister Johann Klein, Vettelschoß; Bahnhofsvorsteher Johann Hoppen, Kretzhaus; Betriebsleiter Johann Jünger, Kretzhaus.

Die Inschrift für die f-Glocke sollte lauten: „Der Hl. Familie zur Ehr.“ Für die as-Glocke „St. Michael beschütze uns.“ Das Gewicht sollte etwa 3.000 kg und der Durchmesser 1260 und 1045 mm betragen. „Turm und Glockenstuhl halten nach fachmännischem Urteil die Belastung aus, da die früheren abgelieferten Glocken im Gewicht noch etwas schwerer waren.“

Trier genehmigte die Anschaffung der zwei Stahlglocken am 03.05.1951 und das Motiv f'-as'-(b') als Geläuteergänzung am 05.05.1951.

Doch zur Weihe und zum Geläut zu Kirmes 1951 ist es nicht gekommen, weil die Prüfung durch Trier und letztlich die Anlieferung sich verzögerten.

Der „Bochumer Verein“ wurde 1842 als von Jacob Mayer und Eduard Kühne als Gussstahlfabrik Mayer & Kühne gegründet und 1854 in Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation umbenannt. 1873 wird der erste Hochofen, eine Kokerei und ein Siemens Martin Stahlwerk errichtet. Ab 1965 gehörte das Werk zu den Friedrich Krupp Hüttenwerken, 1969 wurde die Roheisenproduktion eingestellt.

Die ursprüngliche Gussstahlfabrik stellte auch Gussstahlglocken nach einem eigenen Patent von 1852 her. Der entscheidende Schritt in die Rüstungsproduktion erfolgte 1863 durch die Genehmigung der Generalversammlung, das Hammerwerk 2 und die Kanonenwerkstatt zu bauen. 1866 begann die Produktion mit 100 Gussstahlgeschützen für die Königliche Bayerische Regierung. Auch im Ersten und im Zweiten Weltkrieg setzte man die Waffenproduktion in Bochum fort.

1998 erfolgte die Übernahme des Werkes durch die Georgsmarienhütte und Umbenennung in „Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH.“. Neben einem Hammerwerk und einem Ringwalzwerk betreibt man heute eine 6.500 Tonnen Schmiedepresse für Eisenbahnräder. Darüber hinaus werden Radsätze, Radreifen und Ringe geschmiedet. Das Unternehmen ist ein weltweit führender Hersteller von rollendem Eisenbahnmaterial für den Fern- und Nahverkehr.

Die „Inspektion“ des „Glockenturmes“ der am 25.09.1977 geweihten neuen Vettelschosser Kirche [die St.-Michaels-Kirche war bis 31.12.2007 die zweite Pfarrkirche der Pfarrei Vettelschoß, doch nach der Fusion mit St. Katharina ist die dortige alte Klosterkirche von 1317/1324 die (neue) Pfarrkirche] am 29.09.1990 durch Johannes Heßler, Oberelsaff, und Peter Mohr, Vettelschoß, ergab: „Die drei Glocken hängen senkrecht übereinander. Die obere Glocke ist aus Bronze, Klöppel aus Stahl mit der Nr. 3732 Vettelschoß und trägt die Jahreszahl 1926. Das Gewicht beträgt ca. 500 kg. Die Inschrift lautet: „Königin des Friedens bitte für uns“. Die mittlere Glocke trägt die Nr. 3608 und die Jahreszahl 1951, hergestellt aus Stahl, Klöppel aus Bronze. Das Gewicht beträgt ca. 1.000 kg. Die Inschrift lautet: „St. Michael beschütze uns“. Die untere Glocke ist mit der Jahreszahl 1951 und mit der Nr. 3610 versehen. Sie besteht aus Stahl, Klöppel aus Bronze und ihr Gewicht beträgt ca. 1.500 kg. Die Inschrift lautet: „Der Heiligen Familie zur Ehren“. Alle Glocken sind ohne Wulst.“

Unsere Altvordern meinten, dass es sich bei dem Glöckchen, das seit 1946 in der zu Pfingsten am 09.06.1935 geweihten St.-Antonius-von-Padua-Kapelle in Oberelsaff hängt und den Zweiten Weltkrieg in einer Scheune in Oberelsaff überlebte, um die erste Glocke der altehrwürdigen St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß handelte. Dem ist also nicht so!

In den Kriegswirren war ein undatiertes Glöckchen von dem Vettelschosser Pastor Friedrich (Fritz) Blanckart seinem Kirchenrechner und Kirchenvorstandsmitglied Josef Ewens anvertraut worden, um es vermutlich vor Diebstahl oder Einschmelzung zu retten. Die im Vettelschosser Pfarrhaus lange und unbeachtet gelagerte kleine Glocke wurde von dem frommen Mann aus Oberelsaff in seiner Scheune versteckt, wo sie später durch Zufall entdeckt wurde und wieder das Tageslicht erblickte.

Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand kann dieses Glöckchen nicht mit der Vettelschosser St.-Michaels-Kapelle in Verbindung gebracht werden. Seine Herkunft bleibt weiter ungeklärt. Wahrscheinlich stammt die kleine Glocke – wie das „Marienaltärchen“ mit den Insignien „AM“ = Ave Maria, der „Englische Gruß“ und den Engeln, den Kreuzwegstationen sowie die Herz-Jesu-Statue und die Muttergottesfigur im schmucken „Oberelsaffer Kapellchen“ – auch aus dem St.-Anna-Kloster der Franziskanerinnen in Remagen!

Über Kirche, Glocke und Orgel sind die Bürgerinnen und Bürger in Kalenborn, Kretzhaus, Oberwillscheid und Reifstein zu recht stolz – und das können sie auch!

 

Kalenborn bereits 1509 belegt

 

Der einstige Flurname (Kalenborn) – abgeleitet von Kaldenborn (Kaltenborn) bzw. dem „kalten Born“ nach evtl. „Wüstung“ der ursprünglichen kalten und kahlen Lage mit kümmerlichem Ackerbau oder „nicht bewachsen“ und „nicht bewaldet“ – kann womöglich als „Stellenbezeichnung“ zwischen 900 und 1214 mit Willscheid und Seiferhof entstanden sein.

Von Dr. med. et phil. Ulf Lind, Neustadt, wurde festgestellt und im HJN 2009 publiziert, dass die älteste derzeit bekannte schriftliche Erwähnung von Kalenborn schon vor fünfhundert Jahren im Register (Kladde) über regelmäßige Einkünfte und Ausgaben des 1803 säkularisierten Zisterzienserinnenklosters  St. Katharina von 1509/1511 erfolgte.

Kalenborn gehört von jeher zur Gemeinde Vettelschoß und nunmehr zur Pfarrei St. Katharina/St. Michael des Bistums Trier. Die Gemeinde Vettelschoß wurde seit Menschengedenken von der Bürgermeisterei/Amtsverwaltung bzw. Verbandsgemeinde Neustadt verwaltet, nach 1970 aber – Auflösung von Neustadt – ist sie in der Verbandsgemeinde Linz (Landkreis Neuwied in Rheinland-Pfalz) gut aufgehoben.

Zwanzig Jahre bevor das endgültige Aus zum 31.12.1974 für die Basaltindustrie der Gemeinde Vettelschoß von der BAG in Linz am 31.07.1974 mitgeteilt wurde, hatten sich die Gemeindeväter unter Bürgermeister Wilhelm (Willi) Schumacher aus Willscheid schon um die Ansiedlung anderer Industriezweige im Vettelschosser Gemeindegebiet gekümmert. Diese Praxis wird von Bürgermeister Falk Schneider in Vettelschoß seit 1999 kontinuierlich und oft verkannt fortgesetzt.

Durch diese weitsichtige Kommunalpolitik zählt die prosperierende Gemeinde Vettelschoß mit den Kommunen von St. Katharinen und Windhagen zu den finanzstärksten Gebietskörperschaften nicht nur in der Verbandsgemeinde Linz bzw. Asbach sondern auch im Landkreis Neuwied. Diese Gemeinden auf der Linzer Höhe werden oft aufgrund ihrer Bauvorhaben und -maßnahmen beneidet.

Im Jahre 2008 war Vettelschoß die „reichste“ Gemeinde der Verbandsgemeinde Linz und Windhagen die in der Verbandsgemeinde Asbach. Windhagen ist aber auch die „finanzstärkste“ Gemeinde des Landkreises Neuwied.

Die Verbandsgemeinde Linz zählte am 01.01.2008 insgesamt 19.307 Einwohner. In der Gemeinde Vettelschoß lebten 3.490 und in der Gemeinde St. Katharinen 3.586 Bürgerinnen und Bürger.

In der Asbacher Verbandsgemeinde wohnten 23.361 Menschen. Die Gemeinde Windhagen hatte eine Einwohnerzahl von 4.487 Bürgerinnen und Bürgern.

 

 

Bildverzeichnis:

 

  1. 1.Kalenborner Marienkirche. 

 

  1. 2.Gemeinderatsbeschluss vom 20.02.1934. Bei den an der Sitzung teilgenommenen Personen handelte es sich um den Gemeindevorsteher Heinrich Stockhausen III. (auch „Helmes-Här/Herr“ genannt) aus Willscheid (1933 – 1934); Josef Prangenberg, Kalenborn; Matthias Buchholz, Vettelschoß; Peter Ewenz, Vettelschoß; Josef Saal (der Erznazi als Aufpasser für die NSDAP und selbsternannter Brandmeister der Freiwilligen Feuerwehr Vettelschoß), Vettelschoß; Josef Hecken, Kalenborn; Peter Dittscheid, Kalenborn; Johann Prangenberg, Vettelschoß; Josef Wester, Oberwillscheid. 

 

  1. 3.Kalenborn/Kretzhaus im Jahre 1937. 

 

  1. 4.Lehrer Egidius Bieger. 

 

  1. 5.Die am 03.11.1904 eingeweihte Kalenborner Volksschule. Während in den von Egidius Bieger als Leiter des Luftschutzbundes eingerichteten musterhaften Schutzräumen im Kellergeschoss der Schule einige Einwohner aus Kalenborn und Oberwillscheid sich im „Beschuss“ in Sicherheit wähnten, hatte Generalleutnant Wend von Wietersheim seinen Befehlsstand am 08.03.1945 in die Kalenborner Schule verlegt und traf dort mit General Joachim von Kortzfleisch und Generalfeldmarschall Walter Model zusammen, um Entscheidungen über den „Brückenkopf von Remagen“ zu sondieren und Befehle zu konzipieren. 

 

  1. 6.Ein „Ami“ ließ sich am oder nach dem 17.03.1945 zur Erinnerung fotografieren. Im Hintergrund ist die schwer beschädigte St.-Bernhardus-Kapelle in Willscheid zu erkennen. 

 

  1. 7.Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 18.12.1952. Dieser Gemeinderatsbeschluss kam zustande unter dem Ortsbürgermeister der Gemeinde Vettelschoß, Wilhelm Schumacher aus Willscheid und den Gemeinderatsmitgliedern Heinrich Mohr, Vettelschoß; Johann Schiefer, Oberelsaff; Peter Homscheid, Kalenborn; Johann Buchmüller, Kau; Johann Kröll, Vettelschoß; Friedrich Muhs, Vettelschoß; Albert Zimmermann, Kalenborn; Peter Ewenz, Vettelschoß; Matthias Manns, Vettelschoß; Hans Klein („Schmitz-Hans“), Vettelschoß; Peter Weinberg, Oberwillscheid; Philipp Frings, Willscheid; Peter Prangenberg, Kalenborn; Anton Fuchs, Kalenborn (er fehlte auf der Anwesenheitsliste, unterschrieb aber das Protokoll). 

 

  1. 8.Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck. 

 

  1. 9.Gemeinderatsbeschluss vom 28.08.1953. Als Protokollführer (Handschrift) fungierte Johann Müller, der spätere (01.04.1956 – 31.03.1966) Amtsbürgermeister des Amtes Neustadt. Am Gemeinderatsbeschluss beteiligt – in Anwesenheit des Amtsbürgermeisters des Amtes Neustadt, Johann Junior (01.08.1945 – 31.10.1955) – waren der Ortsbürgermeister der Gemeinde Vettelschoß, Wilhelm Schumacher aus Willscheid und die Gemeinderatsmitglieder Johann Schiefer, Oberelsaff; Hans Klein („Schmitz-Hans“), Vetteslchoß; Peter Homscheid, Kalenborn; Albert Zimmermann, Kalenborn; Friedrich Muhs, Vettelschoß; Matthias Manns, Vettelschoß; Anton Fuchs, Kalenborn; Johann Kröll, Vettelschoß; Johann Buchmüller, Kau; Heinrich Mohr, Vettelschoß; Peter Weinberg, Oberelsaff; Peter Ewenz, Vettelschoß; Peter Prangenberg, Kalenborn; Philipp Frings, Willscheid. 

 

  1. 10.Das erste und längst abgerissene Pfarrhaus in Vettelschoß. Mit dem Bau war im Frühjahr 1899 begonnen worden. 

 

  1. 11.Die Johannus-Orgel mit Prospekt in der Kalenborner Marienkirche. 

 

  1. 12.Die erste Vettelschosser Kirche (Pfarrkirche), die am 27.06.1900 der Heiligen Familie geweiht und im Herbst 1974 abgerissen wurde. 

 

  1. 13.Die Gelder für die vor Ostern 1915 in der Vettelschosser Kirche durch den Orgelbaumeister Johannes Klais aufgeschlagene Klais-Orgel (Opus 542, MV 545), für das 1928 eingeweihte Krieger- oder Gefallenendenkmal und für die 1930 in den Vorraum der Kirche eingebaute Dampfheizung stammen überwiegend aus Spenden der Gläubigen. Aber auch ansehnliche Summen erspielte der Vettelschosser Theaterverein bzw. der Kirchenchor „Cäcilia“ ein. Bei dieser Szene handelte es sich um das Theaterstück „Das Waldvögelein“, das 1931/1932 im Saale von Anton Thomé in Willscheid zur Aufführung kam und aufgrund der großen Nachfrage mehrmals aufgeführt werden musste. Regisseure dieser Theaterlaienspielschar waren Johann Kaspar (Lehrer in Vettelschoß vom 01.10.1925 – 31.05.1939 und Organist und Leiter des Kirchenchores) und Johann Kröll („Kreuzchens Hännes“) von Kreuzchen/St. Katharinen. Er war Dirigent des Kirchenchores von 1922 – 1941. Die Hauptrolle dieses Theaterstückes spielten Anna Maria Klein aus Vettelschoß und Josef (Jupp) Nassen aus St. Katharinen. Bereits nach den ersten Theateraufführungen ist Josef Nassen nach einem Badeunfall im „Notscheider Hüvvel“ verstorben. In die Bresche sprang Peter Mohr aus Vettelschoß. Da er zwar die ihm zugewiesene Theaterrolle mit seiner Verlobten auszufüllen vermochte, aber seine Stimme auch mit Hilfe von Kreide nicht zu verbessern schien, übernahm Hermann Hoss aus Oberelsaff den singenden Part des Theaterstückes. V.l.n.r.: Gertrud Klein, Vettelschoß; Therese Jungheim, Vettelschoß; Anna Maria Klein, Vettelschoß; Josef Nassen, St. Katharinen; ?; Ursula Stümper, Vettelschoß. Stehend v.l.n.r.: Peter Prangenberg, Kalenborn, Matthias Hoss, Vettelschoß; Theodor Stüber, Kalenborn; Jakob Kretz, Vettelschoß. 

 

  1. 14.Die einstige St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß. Kein Stein, kein Strauch erinnert mehr an das einmal wie eine „Ikone“ verehrte Kapellchen, das wohl ursprünglich einsam auf einer dicht bewaldeten Anhöhe stand und das Wachsen des kleinen Weilers Vettelschoß „überwachte“, zu Freud und Leid der Bauersleute aufgesucht wurde und der Erzengel Michael seine innigste Verehrung fand. So ist der Kapellenplatz in Vettelschoß nur noch ein Ort, der in der Erinnerung besteht. 

 

  1. 15.Die St.-Michaels-Kirche (Pfarrkirche) in Vettelschoß. 

 

  1. 16.So geschäftig ging es einst in Kalenborn/Kretzhaus zu, als die vollbeladenen „Basaltzüge“ vom Wöls- oder Willscheiderberg in Vettelschoß sowie vom Minderberg an den „Rampen“ (Eisenbahnwaggons), die „Teer“, „Schmelz“ oder an den Mehrberg (Düstermich) zu den Brecheranlagen oder zur Umladung in Seilbahnloren für den Weitertransport in Rheinkähnen rollten. 

 

  1. 17.„Handriß der Flur Nr. II genannt Kalenborn – Regierungs-Bezirk Coblenz, Landräthlicher Kreis Neuwied, Bürgermeisterei Altenwied, Gemeinde Lohrscheid – Angefangen, den 26ten August 1829 und beendigt, den 15ten September 1829.“ Zu dieser Zeit gehörte Vettelschoß bis 1865 als halbe Hon- oder Hunschaft zur Hon- oder Hunschaft Lorscheid. „Historischer Handriß © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz, 07.11.2008, Az.: 26722-1.401.“ 

 

 


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