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VettelschoĂź

gehörte von 1806 bis 1815 zum

Herzogtum Nassau und war die Ziffer 1748

 

(1749 Willscheid, 1750 Kalenborn und 1751 Kau)

 

Von H.H. Mohr

 

Lass’ das Vergangene vergangen sein!

(Aus Goethes Faust)

 

Durch die verwitwete Regentin Gräfin Mechthild von Sayn (1200/1203 – 1285) kam auch unser Gefilde 1250 kommunal/politisch an das Kurfürsten- und Erzbistum in Köln und gehörte 553 Jahre lang mit der steten Wiederkehr von Not und Elend, Pflichten und Sorgen zu dessen Herrschaftsbereich.

Den Landesherrn, Graf Heinrich III. von Sayn, hatte bereits 1247 das Zeitliche gesegnet. Er verstarb kinderlos. Die kurz nach seinem Tode geborene Tochter war eine Totgeburt oder ist bald verstorben.

Graf Heinrich von Sayn und Gräfin Mechthild von Sayn haben auch in der näheren Region nachhaltige Spuren hinterlassen. Auf sie geht die „Gründung und Dotierung der Pfarrkirche (die wohl erste Steinkirche) zu „Nuenstat“ (Neustatt) am 11.12.1230“ zurück. Zur Pfarrei St. Margaretha oder Margarita in Neustadt gehörte jahrhundertelang zudem die Hon- oder Hunschaft Lorscheid (I. Teil = Lorscheid und II. Teil = Vettelschoß).

Die Hon- oder Hunschaft war über das Mittelalter hinaus die unterste Verwaltungseinheit auf dem Lande und reicht vermutlich in die Zeit der fränkischen Gaugrafenverfassung zurück. Bei den Franken sollen jeweils 100 Familien zu einer Honschaft zusammengefasst worden sein. Doch diese Annahme ist immer noch nicht eindeutig. Lorscheid/Vettelschoß waren praktisch zwei Honschaften mit immer eigenen Honnen. Sie bestanden bis 1865 und wurden dann Gemeinden mit unabhängigen Vorstehern bzw. Bürgermeistern.

Der Orts- oder Siedlungsname „Vettelschoß“ basiert aus der Flurbezeichnung „Vertilschos“. Näheres dazu und auch zur Deutung geht aus dem Artikel „Flurnamen sind Wegweiser in die Heimatgeschichte (Vettelschoß)“ hervor.

Im „Fest- und Heimatbuch (1229 – 1929) von Neustadt“ heißt es: „Die alte Pfarrkirche, von dem Grafen Heinrich III. von Sayn und seiner Gemahlin Mechtildi, im Jahre 1229 gestiftet, stand oberhalb im Dorfe, auf dem Platze des jetzigen Amtsgebäudes, das seiner Zeit aus dem Material der abgebrochenen Kirche im Jahre 1875 errichtet wurde. Aus Bruchsteinen im Stile der typischen Westerwaldkirchen (siehe Almersbach) mit verhältnismäßig hohem Turm und steilem Helm erbaut, überragte das Gotteshaus alle Gebäude des Ortes und gab ihm selber, von der Wiedseite aus geschaut, umstanden von alten Lindenbäumen, das markanteste Gepräge.“

„Ein Friedhof umgab diese Stätte, auf dem ein Beinhaus zum Aufbewahren der ausgegrabenen Totenknochen Platz gefunden hatte. Freud und Leid mögen Kirche und Platz im Laufe der Jahrhunderte gesehen haben. Generationen waren gekommen und gegangen. Gewachsen war die Zahl der Pfarreieingesessenen; einen Vorbau hatte sich das Gotteshaus gefallen lassen müssen. Wind und Wetter hatten an dem Bauwerk gerüttelt und genagt, ihn baufällig und schwach gemacht. All diese Mängel verdichteten sich im Jahre 1852, so daß Bürgermeister (der Bürgermeisterei in Neustadt, später Amtsbürgermeister) Baberath (Artillerie-Offizier außer Dienst, Carl von Baberath, 1842 – 1853, wurde noch von Fürst Hermann zu Wied-Neuwied, Vater der „Carmen Sylva“, ernannt) die Vorhalle als „polizeiwidrig“ bezeichnete und ihren Abbruch anordnete.“

Die 1875 abgetragene Steinkirche mit dem schon 1834 aufgelassenen Gottesacker mit Beinhaus in Neustadt (HauptstraĂźe) war gleichfalls das Gotteshaus und der Friedhof fĂĽr die Bewohner der Honschaft Lorscheid/ VettelschoĂź.

Noch die im Juli 1873 „eingesegnete“ (zweite) Pfarrkirche in Neustadt wurde von den Bürgerinnen und Bürgern aus Vettelschoß und seinen Weilern lange Jahre von der Wiege bis zur Bahre („in Freud und Leid“) besucht und die Toten auf dem nahe der Kirche (Wiedtalstraße) gelegenen und 1834 für Beerdigungen freigegebenen Kirchhof, der in den 1950er Jahren aufgegeben wurde, beklagt, beweint und beerdigt.

Das änderte sich, nachdem Vettelschoß am 01.05.1866 einen eigenen Friedhof eröffnet und die am 27.06.1900 eingeweihte schmucke einschiffige Hallenkirche erbaut hatte. Erst mit der Ab- oder Auspfarrung von Neustadt am 07.09.1925 war Vettelschoß faktisch eigenständig.

Es war wiederum die verwitwete Gräfin Mechthild von Sayn, die als Landesherrin zur Errichtung des Zister­zienserinnenklosters (St. Katharina) im Distrikt „Hargarten“ zu Pfingsten (27.05.1257) ihr Plazet erteilte.

Die nach 1317 entstandene und 1324 als Neubau überlieferte ehemalige Klosterkirche St. Katharina („Ob de Hüh“) ist nach der Fusion der Pfarreien St. Michael (Vettelschoß) mit St. Katharina (St. Katharinen) zum 01.01.2008 die Pfarrkirche der Gemeinden St. Katharinen und Vettelschoß.

Nach der Säkularisation bzw. dem Reichsdeputationshauptschluß vom 25.02.1803 (des Regensburger Reichstags des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation) – der Enteignung kirchlichen Eigentums durch den Staat und Umwandlung geistlicher Herrschaftsbereiche in weltliche, um profane Fürsten für den Verlust ihrer linksrheinischen Gebiete an Frankreich zu entschädigen – fiel Linz-Stadt und Linz-Land an den Fürsten Friedrich August von Nassau-Usingen (1739 – 1816, er war ab 1803 Fürst und 1806 Herzog) und die kurkölnischen Ämter Altenwied und Neuerburg (Waldbreitbach) sowie die Trierische Kellerei Villmar bekam erst Fürst Karl Ludwig Friedrich Alexander von Wied-Runkel (1763 – 1824) als Entschädigung für Landabtretungen in Lothringen zugewiesen.

Graf Christian Ludwig Wied-Runkel (1762 – 1791) wurde am 22.07.1791 in den Reichsfürstenstand erhoben. Sein Sohn, Fürst Karl Ludwig Friedrich Alexander von Wied-Runkel, verlor 1796 das linksrheinische Erbe seiner Großmutter an Frankreich, wurde aber dafür 1803 mit den Ämtern Altenwied und Neuerburg entschädigt, die eine wertvolle Ergänzung der Westerwälder Stammlande bedeuteten.

Aber schon 1806 wurde jedoch sein Fürstentum vom Herzogtum Nassau und 1815 zum Teil dem Königreich Preußen einverleibt. Als er am 09.03.1824 kinderlos starb, folgte ihm sein Bruder, Fürst Friedrich Ludwig von Wied-Runkel, mit dem am 28.04.1824 diese Linie erlosch.

Die Grafschaft Wied bzw. das Fürstentum Wied war ein historisches Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Bereich des Westerwaldes und des heutigen Landkreises Neuwied. Es war nach dem rechtsrheinischen Nebenfluss – der Wied – benannt und bestand etwa von Anfang des 12. bis Mitte des 19. Jahrhunderts.

Im Laufe der Geschichte wurde es zwischen den verschiedenen Zweigen des Wiedischen Grafen-Hauses mehrfach geteilt und wiedervereinigt. Die Obergrafschaft lag um die Zentren Dierdorf und Runkel an der Lahn, die Residenz der Niedergrafschaft war bis 1653 die Burg Altwied, anschließend bis 1848 das Neuwieder Schloss bzw. die Stadt Neuwied. Das Geschlecht zählte bis zur Aufhebung des Adelsstandes mit der Weimarer Reichsverfassung 1919 zum Hochadel.

Da der Fürst von Wied-Runkel aus nationalen Bedenken 1806 nicht dem Rheinbund (Confédération du Rhin, am 12.07.1806 nach dem 3. Koalitionskrieg auf Veranlassung Napoleons [Bonaparte, Kaiser der Franzosen von 1804 – 1814/1815] gegründeten Bund zwischen 16 süd- und südwestdeutschen Fürsten, die sich unter französischem Protektorat für souverän erklärten und sich am 01.08.1806 vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation lösten) beitreten wollte, verlor die Grafschaft Wied-Runkel ihre Souveränität.

Nach dem Verlust der Souveränität behielten die Fürsten zu Wied-Neuwied die Standesherrschaft über ihr ehemaliges Fürstentum im Rahmen des Königreichs Preußen. Als 1824 die Linie Wied-Runkel (Dierdorf) ausgestorben war, beerbte Fürst Wilhelm Hermann Karl zu Wied-Neuwied (* 1814, † 1864) diese und vereinigte die beiden Wiedischen Teilgrafschaften nach fast 300 Jahren erneut wieder.

1846 beantragte Fürst Hermann zu Wied-Neuwied bei der preußischen Regierung die Aufhebung der Standes­herrschaft, weil das kleine Fürstentum sich nicht selbst wirtschaftlich unterhalten ließ. Preußen stimmte dem 1848 zu. Die Verwaltungsgeschäfte gingen nun ganz auf die preußische Regierung über und die fürstliche Regierung wurde am 30.10.1848 aufgelöst.

Die ehemaligen kurkölnischen Ämter Altenwied und Neuerburg waren nach der Säkularisation anfangs dem Herzogtum Berg zugeschlagen worden, kamen aber bereits 1806 zu Nassau-Usingen und wurden 1815 preußisch bzw. in die 1824 entstandene preußische Rheinprovinz (der Sitz des Oberpräsidenten der Rheinprovinz war Koblenz) eingegliedert.

Das Herzogtum Kleve und Berg war ein Territorium des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im östlichen Rheinland. Es bestand vom 11. Jh. (bis 1380 als Grafschaft) bis 1806 als Herzogtum Kleve und Berg und noch im gleichen Jahr für wenige Jahre als Großherzogtum. Der Herrschaftssitz war zunächst Altenberg, ab 1133 dann Schloss Burg und ab dem späten 14. Jh. Düsseldorf.

Die Großmutter des Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen war Marie Antoinette (Antonia) Fürstin von Hohenzollern-Sigmaringen geborene Prinzessin Murat (1793 – 1847). Ihr Vater (Pierre Murat) war der Bruder des legendären Joachim Murat, ein ursprünglicher Reiteroffizier, 1804 Marschall, ab 19.03.1806 Herzog bzw. vier Monate später Großherzog von Kleve und Berg und 1808 König von Neapel als Joachim I. Napoleon. Er war ein Vertrauter Napoleons. Die Regierungszeit Napoleons endete mit seiner Niederlage in der Schlacht von Waterloo (Belgien) am 18.06.1815 und seiner Internierung auf Lebenszeit auf St. Helena, wo er am 05.05.1821 verstarb.

Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen – seit 1866 Fürst Carol I. von Rumänien und 1881 zum König von Rumänien proklamiert – war seit 1869 mit Prinzessin Elisabeth zu Wied – der „Dichter“-Königin „Carmen Sylva“ – verheiratet. Ihre Mutter (Fürstin Marie Wilhelmine Friederike Elisabeth) war eine geborene Prinzessin von Nassau-Weilburg und wurde am 29.01.1825 auf Schloss Biebrich geboren.

Die Fürsten von Nassau lösten von Dezember 1802 bis September 1803 die Klöster und Stifte auf und von Oktober 1803 bis Februar 1804 folgte zunächst die teilweise militärische Besetzung, dann die Mediatisierung (Unterwerfung) zahlreicher reichsritterlicher und reichsunmittelbarer Territorien – darunter das Fürstentum Wied.

Erst im August und September 1806 vollzog man – auch rechtlich per Edikt und gestützt auf die „Rheinbundakte“ vom 12.07.1806 – die Inbesitznahme des neuen Herrschaftsbereichs. Dieser Vorgang rief unter der Reichsritterschaft erheblichen Widerstand hervor, der aber folgenlos blieb; denn die Nassauer Fürsten ließen sich von französischen Beamten und Soldaten unterstützen.

Das Herzogtum Nassau entstand unter dem politischen Druck Napoleons – dem die beiden Fürsten von Nassau nachgeben mussten – und ohne, dass die Untertanen involviert waren. Aus mehr als 20 vorher selbständigen Teilen und Territorien, säkularisierten und ehemals dem Reich unterstellten Gebieten mit unterschiedlichen Bekenntnissen und Interessen wurde das neue Land – das Herzogtum Nassau – geformt.

Auf den Fürsten Karl Wilhelm von Nassau-Usingen (1735 – 1803), der ohne Hinterlassung männlicher „Deszendenz“ (Nachkommen) starb, folgte sein Bruder, der Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen.

Am 17.07.1806 traten Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen und sein Vetter, Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg, dem Rheinbund bei. Im Gegenzug dafür erhielt Fürst Friedrich August, der Älteste des Hauses Nassau, den Titel eines „souveränen Herzogs von Nassau“ verliehen. Und Friedrich Wilhelm wurde der Titel des „souveränen Fürsten von Nassau“ übertragen.

Beide Fürsten fällten nunmehr die Entscheidung, ihre beiden Fürstentümer endgültig zu einem Herzogtum zu vereinen, was am 30.08.1806 erfolgte. Diese Entscheidung wurde dadurch begünstigt, dass Friedrich August von Nassau-Usingen, der am 24.03.1816 verstarb, auch keine männlichen Nachkommen hatte und der wesentlich jüngere Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilheim ohnehin sein Erbe geworden wäre.

Das neue Herzogtum Nassau hatte zu jener Zeit (1806) um die 302.769 Einwohner. Seine Untertanen waren zumeist Bauern, Tagelöhner oder schlichte Handwerker.

Im Jahre 1815 war es noch einmal zu einer Gebietserweiterung gekommen; denn als die nassau-oranische Linie am 31.05.1815 die niederländische Königskrone erhielt, musste sie ihre Stammlande an Preußen abtreten, das am folgenden Tag einen Teil davon an das Herzogtum Nassau weitergab. 1

1806 hatte das Herzogtum Nassau die Leibeigenschaft aufgehoben. Und 1810 wurde die EinfĂĽhrung von Reise- und Niederlassungsfreiheit und eine grundlegende Steuerreform durchgefĂĽhrt.

Nach einer Ăśbergangszeit mit vier Distrikten wurde das neue Herzogtum Nassau zum 01.08.1809 in die drei Regierungsbezirke Wiesbaden, Weilburg und Thal-Ehrenbreitstein unterteilt und die Zahl der Ă„mter von 62 im Jahr 1806 auf 48 verringert.

Auf Grund der religiösen Heterogenität führte Nassau 1817 die Simultanschule (Gemeinschaftsschule) ein und am 14.03.1818 – erstmals in Deutschland – ein flächendeckendes staatliches Gesundheitssystem. Am 02.09.1814 war in gleicher Weise eine Verfassung erlassen worden. Es war die erste moderne Verfassung eines deutschen Staates überhaupt.

Das Herzogtum Nassau bestand quasi nur 60 Jahre lang (1806 bis 1866). Es lag auf dem Gebiet der heutigen Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz. Seine Hauptstadt war bis 1816 Weilburg, danach Wiesbaden. 1865 hatte das Herzogtum Nassau 465.636 Einwohner.

Die Reichsfürsten hatten als Bundesgenossen Frankreichs starke Heereskontingente für die „Grande Armée“ zu stellen und erhielten dafür Gebietszuwächse und Standeserhöhungen. Nach der Niederlage Preußens von Jena und Auerstedt (1806) – Preußen musste im Frieden von Tilsit (1807) alle linkselbischen Gebiete sowie den größten Teil des Gewinns aus den Polnischen Teilungen abtreten – traten auch Würzburg, Sachsen sowie die restlichen mittel- und norddeutschen Kleinstaaten dem Rheinbund bei. Das neu geschaffene napoleonische Königreich „Westphalen“ (1807 – 1813) hatte man 1807 schlicht zum Reichsstaat erklärt.

Damit befanden sich 36 Staaten im Rheinbund, die fast 120.000 Soldaten zu stellen hatten. Ihr Territorium umfasste mehr als die Hälfte des untergegangenen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Abseits hielten sich Österreich, Preußen, Kurhessen und Braunschweig. Fürstprimas des Rheinbundes war Karl Theodor von Dalberg. Der Rheinbund löste sich 1813 während der Befreiungskriege auf. Teile seiner Verfassung wurden in die des Deutschen Bundes übernommen.

Der Deutsche Bund – ein von 1815 bis 1866 bestehender „unauflöslicher“ Bund von 35 (zuletzt 31) souveränen deutschen Fürsten und 4 Freien Städten zur Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutschlands. Sein Ausbau erfolgte nach der Bundesakte vom 08.06.1815 (Teil der Kongressakte des Wiener Kongresses) und der Wiener Schlussakte vom 15.05.1820.

Dem Deutschen Bund mit zunächst knapp 30 Millionen Einwohnern gehörten unter anderem Österreich und Preußen mit den Gebieten an, die bis 1806 Teil des Reichs gewesen waren, sowie der König von England für Hannover, der König von Dänemark für Holstein und der König der Niederlande für Luxemburg und Limburg.

 

Die Fürstentümer und das spätere Herzogtum Nassau

 

Um 1100 erbauten die Grafen von Laurenburg an der Lahn eine Burg. Sie war der Herrschaftssitz des Geschlechts und zuvor vermutlich der Ort Lipporn. 1159/1160 wird die Burg zum Sitz der Sippe, das sich seither und weiterhin nach dieser Burg „Nassau“ nannte. Der 1093 genannte Dudo-Heinrich von Laurenburg ist der vermutliche Stammvater.

Die Grafen von Laurenburg und Nassau erweitern unter den Brüdern Arnold I. von Laurenburg (1123 – 1148) und Ruprecht I. (1123 – 1154), dessen Sohn Walram I. (1154 – 1198) sowie Walrams Sohn Heinrich II., dem Reichen (1198 – 1247), stetig ihren Besitz im Raum zwischen Taunus und Westerwald an der unteren und mittleren Lahn.

Vor 1128 erwerben sie die Vogtei des Klosters Worms, welches in der Gegend zahlreiche Rechte besaĂź und schaffen so eine Verbindung zwischen ihrem Erbe an der unteren Lahn und ihrem Besitz um Siegen.

Um die Mitte des 12. Jh. wird diese Verbindung gefestigt mit dem Erwerb der so genannten Hessisch-Thüringischen Reichslehen, nämlich der Herborner Mark, der Kalenberger Zent und des Gerichts Heimau (Löhnberg). Eng damit verbunden war die „Herrschaft zum Westerwald“, die ebenfalls zu dieser Zeit in nassauischen Besitz gelangte. Ende des 12. Jh. kann mit dem Reichshof Wiesbaden ein wichtiger Stützpunkt im Südwesten erworben werden.

Bei der Teilung 1255 begründete Graf Walram II. die walramische Hauptlinie, Otto I. die ottonische Linie. Die Grenzlinie war im Wesentlichen die Lahn, wobei Otto den nördlichen Landesteil mit den Städten Siegen, Dillenburg, Herborn und Haiger und Walram den südlichen des Flusses gelegenen Teil der Grafschaft mit Weilburg und Idstein erhielt.

Der bekannteste und bedeutendste Nassauer war Graf Adolph von Nassau (* vor 1250, † 02.07.1298 in der Schlacht bei Göllheim (Nordpfalz zwischen Kaiserslautern und Worms) im Kampf gegen seinen Widersacher und Nachfolger Albrecht von Habsburg. 2

Nassau ist im Verlauf seiner fast tausendjährigen Geschichte mehrfach in eine große Zahl von Seitenlinien zerfallen. Engelbert I. (ottonische Linie Nassau-Dillenburg) gewann durch Heirat ausgedehnte Besitzungen in den Niederlanden (Breda 1403). Renatus (aus derselben Linie) erwarb 1530 durch Erbschaft das Fürstentum Orange in Südfrankreich; die Nachfolger nahmen den Titel Prinz von Oranien (Linie Nassau-Oranien) an.

Die Linie Nassau-Weilburg erhielt bereits 1688 unter Johann Ernst (1675 – 1719) die Fürstenwürde, die jedoch erst sein Sohn Karl August (1719 – 1753) im Jahre 1739 annahm.

Bis ins 18. Jh. hatten sich jedoch die drei Hauptlinien der kleinen Fürstentümer Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg sowie Nassau-Dietz (später Nassau-Oranien) mit dem ungleich größeren Territorium in den Niederlanden und Belgien herausgebildet.

Ab 1736 wurden mehrfach Verträge und Abkommen zwischen diesen Linien geschlossen, die eine erneute weitere Aufspaltung verhindern und das gemeinsame politische Vorgehen koordinieren sollten. In diesem Rahmen wurden auch die Verwaltungsgliederungen der einzelnen Territorien angeglichen und damit der Grundstein für den späteren Zusammenschluss gelegt.

Wilhelm IV. vereinigte alle Besitzungen der nassauisch-ottonischen Linie und wurde 1748 Erbstatthalter der Niederlande. Sein Enkel Wilhelm VI. verlor 1806 alles, weil er sich weigerte, dem Rheinbund beizutreten, wurde aber 1815 als Wilhelm I. König der Niederlande. Nassau-Dietz hatte nach dem Ersten Koalitionskrieg (1792 – 1797) seine Besitzungen in Belgien und den Niederlanden sowie die beiden kleinen Fürstentümer mit den linksrheinischen Ländereien an Frankreich verloren.

Die aus der seit 1737 gefürsteten walramischen Linie stammenden Friedrich August von Nassau-Usingen und sein Vetter Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg nahmen 1806 den Herzog-Titel an und traten dem Rheinbund bei und 1815 dem Deutschen Bund. Mit der Gründung des Herzogtums Nassau (1806) wurden die Residenzen von Usingen und Weilburg nach Wiesbaden in das Schloss Biebrich verlegt. Seit 1816 war das gesamte Herzogtum Nassau in den Händen der Weilburger.

Nach Übernahme der ehemaligen und uralten kurkölnischen Ämter hatte das Herzogtum Nassau zwischen 270.000 bis 273.000 Einwohner und war in 62 Verwaltungsämtern gegliedert, die zunächst in ihrer bewährten Struktur unverändert erhalten blieben. Erst allmählich, und zwar bis 1813 nahm das Herzogtum Nassau in den Verwaltungsbezirken mannigfache Veränderungen vor.

Das Herzogtum Nassau umfasste 152 katholische, 120 lutherische und 97 reformierte Pfarreien. „Die katholischen, ehemals Mainzischen Pfarreien, standen unter dem Erzbischöflich Regensburgischen General-Vicariats zu Aschaffenburg; die vormals Trierischen unter dem General-Vicariate zu Limburg; die vormals Cölnischen unter dem General-Vicariate zu Deutz.“

„Das Landcapitel Cunostein-Engers, bestehend aus folgenden Pfarreien: Engers, Oberhammerstein, Hönningen, Irlich, Leutesdorf, Rheinbrohl, Arenberg, Arzbach, Arzheim, Ehrenbreitstein, Horchheim, Niederberg, Niederlahnstein, Pfaifendorf, Heiligenroth, Helferskirchen, Kirchähr, Montabaur, Oberelbert, Wirges, Bendorf, Breitenau, Heimbach, Hillscheid, Höhr, Nauort, Ransbach, Sayn, Vallendar, Neustadt, Grossmaischeid, Isenburg, Waldbreitbach, Nievern, Hartenfels, Herschbach, Horhausen, Marienrachdorf, Peterslahr, Oberlahnstein, auf dem Spiess, Winden, Dattenberg, Linz, Ohlenberg, Fischbach, Gebhardshain, Kirchen, Neuwied, Dierdorf, Hachenburg, Marienstatt, Marienthal.“

„Zu dem General-Vicariate zu Deutz, die einen Theil des Landcapitels Siegburg bildeten und 1815 an Preußen abgetreten wurden, gehörten Asbach, Windhagen, Bruchhausen, Erpel, Lahr, Unkel, Rheinbreitbach, Wissen und Herdorf.“

„An höheren Schulen bestanden im Herzogtum Nassau die Gymnasien zu Idstein, Weilburg und Montabaur. Ein Schullehrerseminar gab es zu Idstein und eine Normalschule zu Montabaur. Außerdem existierten die Friedrichschule zu Wiesbaden, das Tyrocinium zu Ehrenbreitstein und die Lateinschulen zu Dietz, Hachenburg, Linz, Neuwied und in Usingen.“

„Die Justizbehörden waren:

1) Das Oberappellationsgericht zu Dietz, welches 1804 in Hadamar fĂĽr Nassau-Usingen, Nassau-Weilburg und Nassau-Oranien-Fulda errichtet und 1806 nach Dietz verlegt worden war, dritte und letzte Instanz fĂĽr bĂĽrgerliche Rechtsstreitigkeiten bei einer Appellationssumme von 300 Gulden.

2) Das Hofgericht zu Wiesbaden, zweite Instanz für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Criminalhof des oberen Herzogthums und obervormundschaftliche Behörde für Minorennen und Abwesende im Regierungsbezirk Wies­baden. Es ertheilte Moratoria. Die Appellationssumrae war nach den verschiedenen Landestheilen verschieden. Das Hofgericht war in 2 einander coordinirte Senate getheilt.

3) Der Justizsenat zu Ehrenbreitstein, unterste Instanz in Civilklagesachen für diejenigen, welche einem privilegirten Gerichtsstande angehörten (mit Ausnahme der Colegial-Dienerschaft zu Wiesbaden, welche ausnahmsweise ihr Forum erster Instanz bei dem Hofgerichte in Wiesbaden hatte), sowie Criminalhof für das untere Herzogthum.

4) Die zugleich mit der Verwaltung betrauten 48 Justizämter, unterste Instanz in Civilklagesachen für diejenigen, welche keinen privilegirten Gerichtsstand hatten.

5) Das Criminalgericht zu Wiesbaden für das obere und das Criminalgericht zu Ehrenbreitstein für das untere Herzogthum. Die von ihnen instruirten Criminalprozesse gingen unter Gestaltung der schriftlichen Vertheidigung des peinlichen Incuisiten an das Hofgericht zu Wiesbaden oder an den Justizsenat zu Ehrenbreitstein zum Urtheilsspruch, gegen welchen eine Appellation nicht statt hatte. In bestimmten Fällen unterlag das Urtheil der landesherrlichen Bestätigung.

6) Die Bergämter zu Linz, Kirchen und Waldbreitbach, untere Instanz für Bergwerks-Streitigkeiten. Die Berufung geschah an das Hofgericht zu Wiesbaden.“

„Zu den Ämtern Altenwied und Neuerburg zählten die Kirchspiele Asbach (mit den Hon- oder Hunschaften Asbach, Elsaff, Krautscheid, Griessenbach, Schöneberg), Neustadt (mit den Hon- oder Hunschaften Bertenau, Bühlingen, Elsaff im Thal/Wied, Lorscheid (es waren praktisch zwei Hun- oder Honschaften: Lorscheid als der I. Teil und Vettelschoß der II. Teil, aber wahrscheinlich schon immer mit zwei eigenständigen „Hunnen“ oder „Honnen“), Rahms und Windhagen (mit den Hon- oder Hunschaften Rederscheid und Windhagen) sowie Waldbreitbach (mit den Hon- oder Hunschaften Oberbreitbach, Niederbreitbach, Bremscheid, Rossbach, Breitscheid). Das Amt Neuerburg bestand nur aus dem Kirchspiel Waldbreitbach.“

„Zum Amt Linz (Stadt und Land) gehörten die Kirchspiele Dattenberg, Linz, Ohlenberg, Bruchhausen, Erpel, Oberlahr, Unkel und Rheinbreitbach. Es waren die Weiler/Ortschaften/Städte Casbach (Linzerseits), Linz mit Stern und Ockenfels, Linzhausen, Linzer-Ronig, Orsberg, Bruchhausen, Hargarten, Bruchhausen mit dem Hofe Severingsberg, Ginsterhahn und Hof Grendel, Erpel, Notscheid mit Rennenberg und Erpel, Katharinen, Hilkerscheid, Heister, Dattenberg mit den Höfen Dattenberg-Ronig, Häg, Wallen und Unkel, Alsauer Hütte, Leubsdorf mit den Höfen Hesseln, Scheuren und Krumscheid, Ariendorf (Linzerseits, die andere Hälfte gehörte zu Hönningen), Rheinbreitbach (die Hälfte war Trierisch) mit einer Kupferschmelze und Ohlenberg.“

Wegen der Zugehörigkeit zum Rheinbunde – dem die Fürsten 1806 beigetreten waren, um das Herzogtum zu gründen und zu erhalten – musste das Herzogtum Nassau 1.680 Mann stellen. Die bewaffnete Macht betrug jedoch 2 Regimenter Infanterie Feldtruppen, 2 Regimenter Landjäger und 2 Schwadronen Jäger zu Pferd. Das Oberkommando führte der Herzog Friedrich August von Nassau.

Das nassauische „Heer“, seine Militärkontigente, wurden von Napoleon nach Belieben eingesetzt, zunächst als Besatzungstruppen in Berlin (1806). Zwei Regimenter Infanterie und zwei Schwadronen Kavallerie kämpften für mehr als fünf Jahre für Napoleon in Spanien und nur die Hälfte kam zurück.

Schon 1808 nahmen Bürger aus dem Kirchspiel Neustadt im Verband des 2. Nassauischen Regiments in Spanien unter den Fahnen Napoleons an den Kampfhandlungen gegen Spanier und Engländer teil.

Darunter befand sich auch Hermann Joseph Langenfeld aus Kalenborn (* 26.08.1784 in Kalenborn, getauft am 27.08.1784 in Neustadt), der mit 28 Jahren am 20.08.1812 oder 20.08.1811 im Hospital in Valdesia auf der iberischen Halbinsel verstarb. Seine Eltern hießen Michael Langenfeld aus Kalenborn und Anna Gertrud Hardt aus Willscheid.

Mit erst 24 Jahren ist Wilhelm Hüngsberg (* 17.01.1791 in Kalenborn, getauft am 18.01.1791 in Neustadt) am 18.07.1815 bei Mont-Saint-Jean – einem Dorf in der belgischen Provinz Brabant – in der Schlacht bei „Belle-Alliance“ oder Waterloo (nahe Brüssel) gefallen. Seine Eltern waren Apollinar Hüngsberg und Anna Margaretha Engel (Engels), die in Kalenborn lebten.

Im November 1813 wechselte Nassau auf die Seite der anti-napoleonischen Alliierten. Und nach dem Wiener Kongress 1815 wurde Nassau Mitglied des Deutschen Bundes.

Die wirtschaftliche Lage des kleinen Herzogtum Nassau war prekär. Der größte Teil des Staatsgebiets wurde von landwirtschaftlich minderwertigen Lagen der Mittelgebirge eingenommen, die auch eine erhebliche Beeinträchtigung im Binnenverkehr darstellten. Dennoch arbeiteten mehr als ein Drittel der erwerbstätigen Einwohner in einer eigenen Landwirtschaft, wobei es sich fast ausschließlich um Familienbetriebe mit geringer, durch die Erbteilung aufgesplitteten Grundfläche handelte.

Diese Kleinbauern waren mehrheitlich auf einen Nebenerwerb angewiesen, im Westerwald häufig auf einen Zuverdienst als Hausierer. Bei den Gewerbetreibenden handelte es sich in der überwältigenden Mehrheit um einfache und kleine Handwerker.

 

Gebiets-Veränderungen in den Jahren 1814 und 1815

 

„Am 23.11.1813 sagte Nassau durch einen an diesem Tage mit Österreich in Frankfurt abgeschlossenen Vertrag sich vom Rheinbunde los und ging drei Tage später, am 26.11.1813, mit dem Prinzen von Oranien, der durch den Sieg der deutschen Waffen wieder in den Besitz seiner Erblande gelangte, einen Vertrag ein, welcher am 14.07.1814 in Haag ratifizirt wurde und zu verschiedenen Gebietsveränderungen führte.

1) bis 6) ...

Am 31.05.1815 schloss jedoch Oranien in Wien einen Vertrag mit PreuĂźen ab, worin es alle seine deutschen Besitzungen an PreuĂźen abtrat, welches durch Vertrag von demselben Tage davon folgende Besitzungen an das Herzothum Nassau cedirte (ĂĽbertrug): ...

I. bis IV. ...

Dagegen trat Nassau an PreuĂźen ab:

Die Aemter:

Linz, Schönstein, Altenwied, Neuerburg, Schöneberg, Altenkirchen, Freusburg, Friedewald, Dierdorf, Hainnichstein mit Engers, Neuwied, Heddesdorf, Braunfels, Greifenstein und Hohensolnis, so wie vom Amte Herschbach die Kirchspiele Peterslahr und Horhausen, vom Amte Vallendar die Gemeinden Gladbach, Heimbach, Weiss, Sayn, Mühlhofen, Aßendorf, Weitersburg, Vallendar und Mallendar und vom Amte Ehrenbreitstein die dazu gehörenden Orte.“

„Das Herzogtum Nassau umfasste nach 1816:

I. bis XI. ...

XII. Von der Grafschaft Wied-Neuwied: Den Bann Maxsayn.

XIII. Den an der Lahn gelegenen Theil der Grafschaft Wied-Runkel.

XIV. bis XIX. ...

Das seit 1816 neu gebildete „Herzogthum Nassau“ mit 28 Aemtern hatte nach der Zählung im Jahre 1864 462.384 Einwohner – nämlich 241.334 Evangelische, 213.335 Katholiken, 104 Mennoniten, 309 Deutsch-Katholiken und 7.252 Juden.“

 

Alle Wohnplätze hatten Ziffern

 

Im Herzogtum Nassau war jedem Weiler, Ort und jeder Stadt sowie jedem Amtsbezirk eine Ziffer zugeteilt worden. Das Register wurde bis zur Annektierung des Herzogtums durch PreuĂźen im Jahre 1866 beibehalten.

Hier nun die einprägsamsten und einige Örtlichkeiten aus unserem Umfeld mit den Ziffern: „Altenkirchen 1147, Altenwied 1738, Ammerich 1755, Asbach 1623, Bertenau 1717, Bruchhausen 1111, Bühlingen 1720, Cöln 152, Dattenberg 1105, Ehrenberg 1722, Eilenberg 1709, Elsaff (Asbach) 1623, Erl 1108, Erpel 1112, Etscheid 1730, Fernthal 1715, Frohnen 1695, Frorath 1787, Günderscheid 1699, Hallerbach 1696, Hargarten 1100, Hilkerscheid 1104, Hohn 1698, Hombach 1712, Homscheid 1747, Kalenborn 1750, Kau 1751, Kodden 1742, Krummenau 1723, Linz 1098, Linzhausen 1099, Lorscheid 1744, Mittelelsaff 1733, Neustadt 1708, Niederbreitbach 1768, Niederhammerstein 1466, Niederwindhagen 1706, Noscheid 1752, Notscheid 1103, Oberelsaff 1732, Oberetscheid 1729, Prangenberg 1727, Rahms 1753, Rennenberg 1103, Rheinbreitbach 1118, Rheinbrohl 1467, Rott 1731, Schweifeld 1693, St. Katharinen 1103, Steinshardt 1746, Stockhausen 1707, Strauscheid 1759, Strödt 1745, Unkel 1116, Unterelsaff 1743, Vettelschoss 1748, Vogtslag 1728, Waldbreitbach 1762, Wied 1739, Willscheid 1749, Windhagen 1700.“

Das Herzogtum Nassau dürfte mit diesen Ziffern (als eine Art von Postleitzahlen, doch eher Verwaltungs­nummern) der Postverwaltung der Thurn und Taxis um etwa 50 Jahre voraus gewesen sein, die zum ersten Mal 1853 mit Hilfe von „Ringnummernstempeln“ ermöglichte, Orte aus dem Zahlencode zu erkennen. 3

 

Als wir preuĂźisch wurden

 

Am 10.02.1815 bzw. durch Vertrag vom 31.05.1815 mit dem Herzogtum Nassau und dem Prinzen Wilhelm VI. von Oranien ist auch unsere Heimat mit allen Rechten der Landeshoheit und Oberherrlichkeit in der preußischen Rheinprovinz aufgegangen.

Wilhelm Friedrich Prinz von Oranien-Nassau (* 24.08.1772 in Haag, † 12.12.1843 in Berlin) war (als Wilhelm VI.) Prinz von Oranien (1795 – 1813), (als Wilhelm Friedrich) Fürst von Fulda, Graf von Corvey, Weingarten und Dortmund (1802 – 1806) und (als Wilhelm I.) Souveräner Fürst der Niederlande (1813 – 1815), erster König der Niederlande und Großherzog von Luxemburg (1815 – 1840) sowie Herzog von Limburg (1839 – 1840).

König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1770 – 1840, König von 1797 – 1840) vollzog am 21.06.1815 das „Besitzergreifungspatent“ und am 03.07.1815 erfolgte die Übernahme der abgetretenen nassauischen Gebietsteile.

Schon 1815/1816 richtete man Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise ein. Im Jahre 1817 „wurde in dem Justiz-Amte Altenwied die Polizei- und Communal-Verwaltung, welche bis dahin der Justizbehörde – dem Amtmanne zu Asbach – zustand, von dieser getrennt und das Amt in drei Bürgermeistereien (Asbach, Altenwied und Neustadt) eingeteilt.“ Doch die verwaltungsmäßige Eingliederung dauerte lange.

Während der 20jährigen französischen Herrschaft auf dem linken Rheinufer hatte sich bereits der „Code Napoleon“ (Zivilgesetzgebung) durchgesetzt. Auf der rechten Rheinseite dagegen stand ein Wirrwarr von Partikularrechten und eine sehr differenzierte Gerichtsorganisation der Vereinheitlichung im Wege. Die bisherige nassauische Behörde, die ihren Sitz in Ehrenbreitstein hatte, löste man 1816 auf und ihre Aufgaben übernahm die inzwischen in Koblenz eingerichtete „Preußen-Regierung“ der Rheinprovinz.

Das war auch die Geburtsstunde der Landkreise Linz (Sitz war Linz) und Neuwied (Sitz war Heddesdorf). Und Neuwied umfasste die Ämter Neuwied, Heddesdorf, Altenwied, Neuerburg und Dierdorf. Es waren die ehemals überwiegend (1803) wiedischen Gebiete. Der Kreis Linz setzte sich aus den nicht mediatisierten Bürgermeistereien Leutesdorf, Linz, Unkel und Hönnigen zusammen. Preußen bzw. der Gouverneur besetzte die neu eingerichteten Stellen der Kreisverwaltungen fast überall mit bewährten Beamten der früheren Regierungen.

An die Spitze des Kreises Neuwied trat 1816 der ehemalige fürstlich-wiedische Regierungsrat Carl Gerhard Konrad von Gaertner. In Linz war es Freiherr Philipp von Hilgers. Beide nannten sich zunächst Kreiskommissare. Am 16.01.1817 bzw. 11.02.1817 erfolgten ihre Ernennungen zu Königlichen Landräten.

Mit Bravour ging es nun an die Umsetzung und Einführung der „altpreußischen“ Bestimmungen und Verordnungen. Zur Kreisverwaltung traten ein „Rendant, ein Kontrolleur, ein Kreisphysikus und ein Kreischirurgus“. Noch 1817 wurden dem Kreis Neuwied das Amt Engers und die Gemeinde Irlich, die bisher zum Kreis Koblenz gehörten, zugeschlagen.

1820 „trat neben die landräthliche Behörde für die zur Standesherrschaft Wied gehörenden Gemeinden eine fürstlich-wiedische Behörde, die für Polizei-, Kirchen-, Schul- und Kommunalsachen“ zuständig wurde. Sie entlastete vor allem das Königliche Landratsamt in Heddesdorf bzw. Neuwied. Das erste Lehrerseminar hatte man bereits 1816 in Neuwied gegründet.

Vorgeblich aus Kostengründen wurde am 01.05.1822 der 11.000 Einwohner zählende Kreis Linz aufgelöst und mit dem Kreis Neuwied verschmolzen. Zum endgültigen Sitz der Kreisverwaltung bzw. des Landratsamtes erklärte man Neuwied.

Die Leitung des neuen und erweiterten Kreises Neuwied, der nun 38.000 Einwohner zählte, übernahm am 01.05.1822 Freiherr Philipp von Hilgers (* 09.05.1785 auf dem Hofe Horr bei Hölchrath, † 10.02.1852 in Neuwied), dessen Dienst- und Wohnsitz nunmehr Neuwied (Kreisstadt) wurde. Ihn hatte man neben Linz zusätzlich vom 01.08.1820 bis 01.05.1822 vertretungsweise auch mit der Leitung der Kreisbehörde in Ahrweiler betraut. Ursprünglich sollte der Kreis Linz mit Ahrweiler zusammengelegt werden.

Nach der krankheitsbedingten Pensionierung und der ehrenvollen Ernennung von Landrat Freiherr Philipp von Hilgers zum „Geheimen Regierungsrat“ am 01.07.1851 hatte die Wahl eines Nachfolgers aufgrund preußischer Bestimmungen, die durch „Kabinettsordre“ vom 11.07. 1816 nunmehr auch in der Rheinprovinz anzuwenden waren, zu erfolgen. Die Kreisstände (das Landratsamt hieß anfangs „Kreisständehaus“) mussten unter Mitwirkung des Fürsten zu Wied drei geeignete Personen zur Auswahl vorschlagen. Es sollten angesehene, das öffentliche Vertrauen besitzende und im Kreisgebiet ansässige Gutsbesitzer sein.

 

PreuĂźen annektierte 1866 Nassau

 

Nach dem „Domänenstreit“ trat im Herzogtum Nassau weitgehend politische Ruhe ein. Als 1839 Herzog Wilhelm verstorben war, übernahm dessen 22jähriger Sohn Adolph die Herrschaft. Adolph verlegte 1841 seine Residenz in das Wiesbadene Stadtschloss. 1842 war Adolph einer der Initiatoren des „Mainzer Adelsvereins“, der die Kolonisation in Texas fördern wollte, aber scheiterte.

Nach der „Märzrevolution“ 1848 – die Anfangsphase der Deutschen Revolution, zu der neben dem Sieg des konstitutionellen Regierungssystems die Gewährung der Pressefreiheit, die Einführung von Schwurgerichten und Volksbewaffnung sowie die Anbahnung von Wahlen zu einem deutschen Nationalparlament gehörten – gab der eigentlich streng konservativ und reaktionär eingestellte Herzog Adolph von Nassau am 04.03.1848 den „Neun Forderungen der Nassauer“ statt und gewährte seinen Bürgern im Herzogtum Nassau erstmals Bürgerrechte.

Die Revolte hatte am 04.03.1848 ihren Höhepunkt erreicht, als etwa 30.000 aufgebrachte Menschen – zum Großteil protestierende Bauern, die „mit Sensen, Heugabeln und Dreschflegeln bewaffnet“ waren – vor dem Stadtpalais in Wiesbaden lautstark demonstrierten und mit der Erstürmung des Schlosses gerechnet wurde.

Herzog Adolph – „eilends per Bahn von Berlin zurückgekehrt“ – konnte seine Untertanen vom Balkon seiner Residenz aus mit überzeugenden Worten besänftigen und das Vertrauen wieder herstellen.

In „Mein Penatenwinkel“ sind uns von „Carmen Sylva“ (Nichte Herzog Adolphs von Nassau) bzw. Prinzessin Elisabeth zu Wied zu den Revolutionstagen des Jahres 1848 folgende Aufzeichnungen hinterlassen worden:

„Im Jahre Achtundvierzig war ein schlimmer Augenblick für meine Großmama Pauline. Da war mein Onkel, der Herzog, gerade abwesend, wie die Revolution ausbrach. Die Volksmenge umdrängte das Palais und hatte bereits Reiser an allen Ecken geschichtet, um das Palais in Brand zu stecken. Da kamen einige Abgesandte herauf und verlangten die Unterschreibung der neuen Konstitution. Da war kein Besinnen. Und Großmama unterschrieb, ließ auch ihren jungen Sohn, Nicolaus, der damals erst vierzehn Jahre alt war, mitunterschreiben und stand auf dem Balkon, denn sie sagte sich, daß ihr Stiefsohn jeden Augenblick kommen müßte! Und richtig. Er hatte erfahren, wie es in Wiesbaden aussah, bestieg eine Lokomotive und kam in voller Uniform angefahren. Plötzlich erkannte meine Großmutter den wehenden Federbusch jenseits des Platzes, wo mein Onkel ruhig durch die dichten Haufen zu Fuß herankam, und da fing sie an, mit dem Taschentuch zu winken. Sofort flogen aus allen Häusern die Taschentücher heraus und winkten und winkten, obgleich es gar nicht ungefährlich war, und man sich jeden Augenblick eines Schusses gewärtigen konnte. Dann betrat der Herzog den Balkon und rief in die Volksmenge hinunter, nicht gerade mit freundlicher Stimme, aber sehr bestimmt und klar: „Was meine Mutter und mein Bruder unterschrieben haben, ich werde es halten!“ Das letzte „halten“ durchschallte den Platz mit schneidender Schärfe, Augen- und Ohrenzeugen haben mirs oft erzählt.“

Das Herzogtum Nassau unter Herzog Adolph Wilhelm Karl August Friedrich (* 24.07.1817 auf Schloss Biebrich am Rhein, † 17.11.1905 auf Schloss Hohenburg im Isartal), Herzog von Nassau, Pfalzgraf bei Rhein, Graf zu Sayn, Königstein, Katzenelnbogen und Diez, Herr zu Mahlberg, Wiesbaden, Idstein, Merenberg, Limburg und Eppstein, stand im Deutschen Krieg von 1866 zwischen Preußen und Österreich auf Seiten des Deutschen Bundes unter dem Vorsitz Österreichs.

Obwohl beide Kammern des Herzogtums Nassau – trotz zweimaliger Auflösung des Landtags – 1866 die Mittel zur Kriegführung gegen Preußen verweigerten, zog Nassau unter Herzog Adolph am 15.07.1866 auf Seiten Österreichs in den Krieg, ohne dass sich jedoch die nassauischen Truppen ernsthaft am Kampf beteiligten.

Nach der Schlacht bei Königgrätz (Ostböhmen/ Tschechien) am 03.07.1866 und dem Sieg Preußens wurden Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau (08.10.1866) und Frankfurt/Main von Preußen annektiert.

Daran konnte auch der Sieg Nassaus über Preußen am 12.07.1866 vor den Toren Nastättens, in der von Wiesbaden, in der „Schlacht bei Zorn“ nichts ändern. Sie war ein für den Kriegsverlauf unerhebliches „Scharmützel“.

Am 08.09.1866 frühmorgens verabschiedete sich Herzog Adolph von Nassau auf einem Höhenrücken zwischen Günzburg und Bubesheim von seinen Landsern, entband sie von ihrem Fahneneid, bevor er sich zunächst nach Heidelberg begab, wohin die Herzogin mit den beiden Prinzen ihm entgegeneilte.

Er lebte später abwechselnd in Frankfurt/Main und Wien im Exil. Sein heimatliches Nassau durfte und ist von Herzog bzw. Großherzog Adolph zeitlebens nicht mehr betreten worden.

Adolph aus der Linie Weilburg war der Bruder der Mutter von „Carmen Sylva“ und vom 20.08.1839 bis 20.09.1866 Herzog von Nassau und vom 23.11.1890 bis zu seinem Tode der Großherzog von Luxemburg sowie der Begründer des Hauses Luxemburg-Nassau.

Herzog Adolph von Nassau schied am 20.09.1866 nach langen Verhandlungen mit einer Abfindung für sein Domänen-Vermögen, die aus 15 Millionen Gulden (in 4 ½ prozentigen preußischen Staatspapieren) und mehreren Schlössern (Biebrich und Weilburg, dem Jagdschloss Platte/Wiesbaden und dem Paulinen-Schlösschen sowie einigem Waldbesitz) bestand, aus dem Amt.

Schließlich veranlasste der Herzog, der als einer der bestsituierten deutschen Fürsten galt, seinen Bankier, die preußischen Papiere gegen sechs prozentige nordamerikanische Obligationen zu verkaufen. Er meinte: „Nach den Erfahrungen, die ich in der Monarchie gemacht, will ich es jetzt einmal lieber mit der Republik versuchen!“

Das Herzogtum Nassau galt unter Herzog Adolph als „Musterstaat bzw. -ländle“ mit den sieben „W“! Wasser (Rhein), Wein, Wald, Wild, Wiesen, Weizen und mit den schönsten Wegen.

Die Urkunde wurde am 03.10.1866 von König Wilhelm I. von Preußen unterzeichnet und die Feier auf dem Schiller-Platz in Wiesbaden fand am 09.10.1866 statt. Nassau wurde 1868 Teil der preußischen Provinz Hessen-Nassau und Hessen ist ein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland.

Von nun an pendelte die herzogliche Familie zwischen der verbliebenen Sommerresidenz Königstein, Frankfurt/ Main, wo Herzog Adolph 1873 die „Villa Nassau“ in der Bockenheimer Landstraße 55 erwarb und Wien. Dort, in der Reisnerstraße 37 - 35, kaufte sich der Herzog 1874 eine zweistöckige Villa („Palais Nassau“), in der das Herzogs-Paar die Wintermonate verbrachte.

Als ein Nimrod – ein großer und leidenschaftlicher Jäger – bot im Herbst die Parforcejagd (Hetzjagd) in Lippspringe und ab 1880 im böhmischen Pardubitz die gewohnte und liebgewordene Abwechslung für Herzog Adolph von Nassau. 1868 pachtete er sich zunächst ein Jagdrevier um Mittenwald und die so genannte „Vereinsalpe“. Er ließ Wege anlegen und ausbauen. Auf der „Vereinsalpe“ entstand das repräsentative „Nassauische Jagdschloss“, das am 18.03.1877 durch eine Lawine zerstört, aber gleich wieder schöner und noch größer aufgebaut wurde.

Die Krönung aller Wünsche dieser natur- und jagdliebenden Herzogsfamilie war am 26.02.1870 der Erwerb der einstigen Hofmark Hohenburg mit ihrem barocken Schloss, einem Hofgut, einer Brauerei und Bäckerei im oberbayerischen Lenggries (ein Flößer- und Kalkbrenner-Ort, inzwischen ein bekannter Fremdenverkehrsort im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) sowie die Domäne Vorderriß.

Mit seiner Regierungsübernahme im 73. Lebensjahr 1890 als Großherzog von Luxemburg – ein Protestant in einem katholischen Land – endete die Personalunion zwischen den Niederlanden und Luxemburg.

Adolph galt als nächster Agnat (Blutsverwandter der männlichen Linie) eines der ältesten rechtsrheinischen Fürstengeschlechter, das bis ins Jahr 1124 zurückreicht, aufgrund des nassauischen Erbvereins von 1783 (Anerkennung der Zusammengehörigkeit von ganz Nassau und des Erstgeburtsrechts).

1912 erlischt mit dem Tod des Sohnes (Großherzog Wilhelm IV. von Luxemburg) von Großherzog Adolph von Luxemburg zwar auch die walramische Linie im Mannesstamm, doch über die weibliche Thronfolge besteht die Linie Nassau-Weilburg noch heute in Luxemburg.

Es ist leider der Vergessenheit anheimgefallen, wer in der Zeit, als Vettelschloß zum Herzogtum Nassau (1806 – 1815) gehörte, der Honschaftsvorsteher von Vettelschoß war. Mit Wahrscheinlichkeit hatte das Amt der Ackerer Heinrich Kurtenbach (* 19.10.1765 in Vettelschoß, † 13.05.1828 in Vettelschoß) inne.

Sein Urgroßvater war der geschätzte Johann Anton Kurtenbach aus Vettelschoß, der Landgerichtsschöffe des kurkölnischen Amtes Altenwied und Sendschöffe der Pfarrei Neustadt sowie Mitbegründer der St.-Matthias-Bruderschaft des Amtes Altenwied. Auf ihn geht höchstwahrscheinlich auch der „Schmitzhoff“ zurück, der seit 2009 das Dorfmuseum von Vettelschoß ist.

 

 

Anmerkungen:

 

  1. 1.Herzog – die höchste Adelsstufe – ist dem Althochdeutschen „herizogo“ (lateinisch „dux/duc“) entlehnt und bedeutet „der mit dem Heer auszog“. Bei den germanischen Stämmen ein nur für die Dauer eines Krieges gewählter Heerführer. Im Frankenreich waren die Herzöge dem König untergeordnet und hatten eigene Ämter in bestimmten Bezirken („ducatus“), lockerten aber ihre Abhängigkeit vom König zusehends. 

 

  1. 2.Graf Adolph von Nassau war von 1292 – 1298 deutscher König und der erste geistig und körperlich gesunde König des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, den die Kurfürsten ohne Bannspruch des Papstes absetzten. Graf Adolph von Nassau sprach Deutsch, Französisch und Latein, was für die damalige Zeit bei Adeligen selten war. – Graf Adolph von Nassau war ein Sohn des Grafen Walrams II. von Nassau und der Adelheid von Katzenelnbogen. Er heiratete um 1270 Imagina von Isenburg-Limburg, mit der er acht Kinder hatte. – Adolphs Bruder war Diether von Nassau, der am 18.01.1300 von Papst Bonifaz (Bonifatius VIII., 1294 – 1303) gegen den Willen des Domkapitels zum Erzbischof von Trier (1300 – 1307) ernannt wurde. Er war ein frommer Bischof, gelehrt und demütig. In seiner Regierung wohlgesinnt, aber schwach, konnte es nicht verhindern, dass der Adel und die Städte Trier und Koblenz die erzbischöfliche Macht schmälerten. – Agnes von Isenburg-Limburg, die Schwester Imaginas, war mit Heinrich von Westerburg verheiratet. Dieser war der Bruder des Erzbischofs von Köln, Siegfried von Westerburg (1275 – 1297). – Siegfried von Westerburg wurde am 16.03.1275 in Lyon zum Erzbischof von Köln geweiht. Die Stadt Köln befand sich seit 1268 unter dem Kirchenbann und war daher als Ort einer Weihe ungeeignet. Im Juli 1276 hob er als neuer Erzbischof den Bann gegen Köln auf und unterzeichnete einen Freundschaftsvertrag. – Um 1283 ergriff Siegfried von Westerburg im Limburgischen Erbfolgestreit Partei für den Grafen Rainald von Geldern. Im Juli 1287 befreite er die Stadt Köln nach einem Treueeid der Bürger auf ihn von den Zöllen zur Finanzierung seiner Kriegskosten im Limburgischen Erbfolgestreit. – Durch seine Einmischung im Limburgischen Erbfolgestreit kam es am 05.06.1288 zur Schlacht von Worringen, die der Erzbischof verlor. Er wurde von Herzog Johann I. von Brabant gefangen genommen und Graf Adolph V. von Berg übergeben. – Nachdem Siegfried von Westerburg zuerst eine Nacht im Monheimer „Schelmenturm“ eingesperrt war, wurde er anschließend nach Schloss Burg gebracht und dort 13 Monate gefangen gesetzt. Er kam am 06.07.1289 wieder frei, war aber in der Gefangenschaft schwer erkrankt. – Zuvor musste der Erzbischof am 19.05.1289 einen Friedensvertrag mit den Siegern von Worringen schließen und 12.000 Mark an Reparationen an den Grafen von Berg zahlen, Gebiete abtreten, die Stadt Deutz und einige Burgen verpfänden. – Als Folge seiner Niederlage musste Siegfried von Westerburg am 18.06.1288 in einem Vertrag mit Köln die Souveränität anerkennen. Am 18.01.1290 entband ihn jedoch Papst Nikolaus IV. (1288 – 1292) von allen Versprechen, die er den Kölnern hatte geben müssen. Am 31.01.1290 forderte der Papst sogar die Erzbischöfe von Mainz und Trier auf, Siegfried von Westerburg bei der Rückeroberung kurkölnischen Besitzes zu helfen. – Seit seiner Freilassung hatte der Kurfürst und Erzbischof es vorgezogen, seine Residenz in Bonn zu errichten. Die erzbischöfliche Münze in Köln kam zum Erliegen und Siegfried von Westerburg machte Bonn zur Münzprägestätte. Als Kampfansage an Köln wählte er für Bonn den Namen „Verona“ und ließ seine Münzen mit dem Schriftzug „Beata Verona vinces“ – „Du, glückliches Verona wirst siegen“ prägen. – Bei der Königswahl am 05.05.1292 favorisierte der Erzbischof von Köln seinen Schwager, Adolph von Nassau, den er am 24.06.1292 in Aachen krönte. Siegfried von Westerburg ließ sich in einem Vertrag in Andernach am 27.04.1292 von König Adolph von Nassau alle seine Forderungen bewilligen – darunter die Übergabe von Reichsstädten wie Dortmund und Duisburg, Reichsburgen und -höfe und der Essener Vogtei an das Erzbistum von Köln. – Adolph V. von Berg regierte die Grafschaft Berg von 1259 – 1296. Er hatte vergeblich versucht, seinen Bruder Konrad I. von Berg, den Dompropst zu Köln, auf den Stuhl des Erzbischofs von Köln zu hieven. In seine Regierungszeit fiel wohl der wichtigste Sieg für die Berger, als sich Adolph auf die Seite des Herzogs von Brabant  schlug und mit seinen Bergischen Bauern und dem Schlachtruf „Hya, Berge romerijke“ (Hoch, ruhmreiches Berg) auch den Erzbischof Siegfried von Westerburg am 05.06.1288 in der Schlacht von Worringen besiegte. Graf Adolph V. geriet 1292 durch eine Hinterlist in Gefangenschaft des Erzbischofs und Kurfürsten von Köln und starb am 28. oder 29.09.1296 in Haft. 

 

  1. 3.1917 gliederte man in Deutschland die Großräume, regionale Bereiche und örtliche Bereiche in einem Organisationsschema. – Am 05.07.1941 wurde von der Reichspost die Einführung von „Päckchenleitgebieten“ bekanntgegeben. Diese waren durch zweistellige, numerische Postleitzahlen (PLZ) gekennzeichnet. Allgemein verbindlich im zivilen Postverkehr eingeführt wurden die PLZ mit 32 Leitgebieten am 19.101943 mittels einer „Anweisung für den Briefverteildienst“. – In Deutschland sind PLZ seit dem 01.07.1993 fünfstellig. Sie waren von 1941 bis 1961 zweistellig und von 1961 bis 1993 vierstellig. – Die Post machte ab 1962 Werbung mit dem Slogan „Vergißmeinnicht – die Postleitzahl, der schnelle Wegbegleiter“ für das neue System. Ab 1964 wurde – ebenfalls als Teil der Kampagne – die Fernsehshow „Vergißmeinnicht“ mit Peter Frankenfeld und dem Briefträger Walter Spahrbier ausgestrahlt. 

 

 

Bildtexte:

 

  1. 1.Die erste überlieferte Steinkirche (Pfarrkirche) in Neustadt (1229/1230) soll wie diese romanische Kirche in Almersbach (Landkreis Altenkirchen) ausgesehen haben. Sie ist heute ein evangelisches Gotteshaus und dürfte vor/um 1199 erbaut worden sein. 

 

  1. 2.Diese Standbilder – Vollholzbildwerke aus einem Laubbaum, wahrscheinlich Eiche – im Kreuzgang der Zisterzienserabtei Marienstatt stellen die Stifter des Klosters, Gräfin Mechthild von Sayn und Graf Heinrich III. von Sayn, dar. Schon aus der Kleidung, den so genannten Sternenmänteln aus blau schillernder Seide, die Macht und Ansehen verliehen und nur von Herrscherpersönlichkeiten getragen wurden, ist zu schließen, dass es sich um hochstehende Autoritäten handelte. Nach einem fotografischen Bildnis des Klosters standen diese Skulpturen eines unbekannten Künstlers bereits um 1890 im Kreuzgang von Marienstatt. Die Schnitzereien haben womöglich einst den alten barocken Hochaltar der 1718 von Abt Benedikt Bach (1688 – 1720) barockisierten Abteikirche von Marienstatt begrenzt. 

 

  1. 3.Die außergewöhnliche und „jugendliche“ Grabfigur des Grafen Heinrich III. von Sayn aus Eichenholz mit Resten originaler Farbfassung dürfte 1247/1248 entstanden sein. Das Grabmal befand sich im Mittelschiff der Kirche des ehemaligen Prämonstratenserklosters am Fuße der Sayner Burg. Ursprünglich lag die monumentale, von einem Baldachin überhöhte Figur auf einer Tumba. Das Grab wurde später in die Nikolaus-Kapelle der Abtei-Kirche verlegt und gelangte von dort in das Treppenhaus des Sayner Schlosses. Im 18. Jh. sind die Gebeine schließlich vor dem Hauptaltar der früheren Klosterkirche beigesetzt worden. Diese einzigartige rheinische Holzplastik gelangte in der Inflationszeit nach dem Ersten Weltkrieg für 20.000 „Papiermark“ an einen Antiquitätenhändler, der dieses wertvolle Bildwerk für 200.000 Mark im Jahre 1920 dem Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg verkaufte, wo es zu dessen wertvollsten Schätzen und der deutschen Geschichte zählt. 

 

  1. 4.Die Pfarrkirche St. Margaretha oder Margarita von 1873 in Neustadt um 1902 mit der Teilansicht von Neustadt. („Die Vollendung des Baues fällt in die für das religiöse Leben schicksalsschwere Zeit des Kulturkampfes. Deshalb unterblieb auch die feierliche Konsekrierung, sondern das Gotteshaus wurde zunächst nur eingesegnet.“) Ganz links auf dem Bild ist das ehemalige Bürgermeisteramt und in der Mitte (oben) der legendäre Bertenauer Kopf zu sehen. 

 

  1. 5.„Handriß der Flur Nº. VII genannt Vettelschoss – Regierungs = Bezirk Coblenz – Landräthlicher Kreis Neuwied – Bürgermeisterei Altenwied – Gemeinde Lohrscheid (Lorscheid) mit den Flurnamen – Angefangen, den 3ten Juli 1829 und beendigt, den 30ten Juli 1829 durch den Kataster = Eleven Joh. Schmidt.“ – „Historische Katasterkarten © Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation Rheinland-Pfalz 22.07.2009; Az.: 26 722-1.401.“ – (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

 

  1. 6.Die erste und einstige Pfarrkirche „Heilige Familie“ in Vettelschoß. Sie wurde am 20.05.1947 zur Pfarrkirche erhoben und im Herbst 1974 abgerissen. Am gleichen Platz entstand die am 25.09.1977 geweihte St. Michaelskirche, die bis zur Fusion am 01.01.2008 mit der Pfarrei St. Katharina die Pfarrkirche von Vettelschoß war. 

  1. 7.Die St. Michaelskirche in Vettelschoß. 

 

  1. 8.Die Pfarrkirche St. Katharina der Gemeinden St. Katharinen und Vettelschoß. 

 

  1. 9.Die Grafschaft Wied (hellgrün) um 1400. 

 

  1. 10.Das ehemalige Residenzschloss der Grafen und Fürsten zu Wied in Neuwied. Es wurde von 1707 – 1712 erbaut und war bis 1804 der Regierungssitz des Fürstentums Wied. Vorher stand an dieser Stelle die Burg (1646 – 1648), die 1694 französische Truppen niederbrannten. 

 

  1. 11.Joachim Murat (* 25.03.1767 in der Gemeinde Labastide-Fortuniere (Labastide-Murat) in Frankreich, † 13.10.1815 in Pizzo di Calabria. Er war seit 1800 mit Caroline Bonaparte – der Schwester Napoleons – verheiratet. Da Murat vom Wiener Kongreß (18.09.1814 – 09.06.1815) als König von Neapel nicht anerkannt wurde, kämpfte er gegen die Österreicher. Bei dem Versuch, sein unteritalienisches Königreich von den Bourbonen zurückzugewinnen, wurde Joachim Murat gefangengenommen und standrechtlich erschossen. 

 

  1. 12.Caroline Bonaparte, die Schwester Napoleons, Ehefrau von Joachim Murat und Herzogin bzw. Großherzogin von Berg. Unsere Ahnen waren eine Zeit lang ihre Untertanen und die ihres Ehegatten. 

 

  1. 13.Napoleon an der „Kriegskarte“. 

 

  1. 14.Königin Elisabeth und König Carol I. von Rumänien, der am 20.04.1866 zum Fürsten ernannt und am 24.03.1881/22.05.1881 zum König von Rumänien proklamiert wurde. Der über dem Königspaar schwebende Engel soll wohl an die verstorbene gemeinsame Tochter Marie erinnern. 

 

  1. 15.Das Schloss Biebrich ist die barocke Residenz der ehemaligen Fürsten und späteren Herzöge von Nassau am Rheinufer im Wiesbadener Stadtteil Biebrich. Das Gebäude entstand nicht als einheitlicher Entwurf, sondern wurde zwischen den Jahren 1700 und 1750 immer wieder erweitert, bis sich schließlich aus einem kleinen Gartenhäuschen eine dreiflügelige Anlage entwickelt hatte. Heute ist im Schloss unter anderem das Hessische Landesamt für Denkmalpflege untergebracht. Daneben dient es Repräsentationszwecken der Hessischen Landesregierung. 

 

  1. 16.Die Gründungsurkunde des Herzogtums Nassau vom 30.08.1806. 

 

  1. 17.Nassau mit Blick auf die Burg bzw. auf den „Burgberg“. 

 

  1. 18.„Nassovia Comitatus“ im Jahre 1645. 

 

  1. 19.Das Schloss Weilburg. Die Stadt Weilburg (Landkreis Limburg-Weilburg, Regierungsbezirk Gießen) wurde mehrere Jahrhundert lang vom Haus Nassau-Weilburg geprägt. Sie war ab 1806 Regierungssitz des neu geschaffenen Herzogtums Nassau, bis 1816 die Residenz nach Biebrich verlegt wurde. Unterhalb des Altars der Weilburger Schlosskirche befindet sich die Fürsten- oder Ahnengruft der Nassauer. Die Fürstengruft gehört territorial nicht zu Deutschland, sondern ist Hoheitsgebiet des Großherzogtums Luxemburg. 

 

  1. 20.Ein Kartenausschnitt der ehemaligen preußischen Rheinprovinz – bestehend aus den Regierungsbezirken Köln, Düsseldorf, Koblenz, Aachen und Trier (1815 – 1933) – bis 1900 zählte auch der Regierungsbezirk Sigmaringen („Hohenzollersche Lande“) dazu. 

 

  1. 21.Die Burg Altenwied. Sie geht vermutlich auf das Jahr 1100 zurück und ist heute in Privatbesitz. 

 

  1. 22.Das Bürgermeisteramt in Neustadt um 1929. An der Stelle der 1875 abgerissenen ersten Steinkirche in Neustadt von 1229/1230 und unter Verwendung des Abbruchmaterials entstand das einstige Bürgermeisteramt (Amt, Amtsverwaltung, Verbandsgemeindeverwaltung). Nach Auflösung der Verbandsgemeinde Neustadt (1970) wurde das Objekt an Privat verkauft. 

 

  1. 23.Asbach (Bürgermeisteramt und Krankenhaus) um 1912. 

 

  1. 24.Linz (1918). 

 

  1. 25.Neuwied am Rhein und an der Wied um 1913. 

 

  1. 26.Die erste großräumige Vermessung und Kartierung der Rheinlande im Maßstab 1:25.000 führten in den Jahren 1803 bis 1820 der französische Oberst Jean Joseph Tranchot und der preußische Generalfeldmarschall Karl Freiherr von Müffling im einheitlichen Zeichenschlüssel durch. (http://www.lvermgeo.rlp.de). 

 

  1. 27.An der Straße zwischen Günzburg – Bubesheim erinnert dieses schlichte Denkmal mit folgenden Zeilen an den historischen Tag: „Hier sagte Herzog Adolf von Nassau seiner braven Armee das letzte Lebewohl“ – Am Sockel steht vermerkt, dass das Ehrenmal von nassauischen Offizieren erneuert wurde. 

 

  1. 28.Das Schloss Hohenburg in Lenggries im Jahre 1934. In einer gesonderten Abhandlung zur Schloss-Geschichte und über Herzog Adolph von Nassau bzw. Großherzog Adolph von Luxemburg sowie zum Aufenthalt der „Carmen Sylva“ auf Hohenburg anlässlich einer Gams-Jagd im Karwendelgebirge wird demnächst mehr zu lesen sein. 

 

  1. 29.Das Großherzogliche Palais in Luxemburg. 

 

  1. 30.Großherzog Adolph von Luxemburg. Sein Vater, Fürst bzw. Herzog Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg († 1839) und dessen Vetter, Fürst bzw. Herzog Friedroch August von Nassau-Usingen († 1816), waren für unsere Vorfahren von 1806 – 1815 die Landesherren im Herzogtum Nassau. 

 

 


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