Die „Dichter“-Königin Elisabeth von Rumänien
alias „Carmen Sylva“ geborene Prinzessin zu Wied
weilte 1888 als Sommerfrischlerin unter dem Pseudonym
„Gräfin Vrancea“ im Nordseeheilbad Westerland auf Sylt
und logierte in der Villa des Apothekers Carl Roth.
Der Gedenkstein auf dem „Heimatlosenfriedhof“ und die „Elisabethstraße“
erinnern an den unvergessenen Aufenthalt der Rheinländerin und
Monarchin von Rumänien in Westerland.
Carmen Sylva verliebte sich am Strand in einen namhaften
Berliner Kirchenpolitiker und kaiserlichen Seelsorger.
Die „Friedhöfe der Namenlosen“ an der
Donau nahe Wien.
Von H.H. Mohr
Als der Strand-Inspektor Wulf Hansen Decker im Jahre 1854 in Westerland – ein Jahr bevor sich das einstige Piraten-Nest zum Seebad (Nordseeheilbad) mauserte – eine überschaubare „Heimatstätte für Heimatlose“ (ein kleiner Friedhof – althochdeutsch „frithof“, ein eingehegter Raum – für die unbekannten von der Nordsee an den Strand gespülten Seemanns-Toten) anlegte und 1855 eröffnete, wurde die fantasievolle Prinzessin Pauline Elisabeth Ottilie Louise zu Wied erst elf Jahre alt. Zum „Sprachtest“ war sie schon in England gewesen und hatte bereits verschiedene Gedichte verfasst. 1
Ihre Vita als schwärmerische und erfolgreiche lyrische Dichterin unter dem Künstlernamen Carmen Sylva (Carmen = das Lied und Sylva = der Wald, wie sie ihren Dichter- oder Schriftstellernamen deutete) und die Ehe mit dem Fürsten (1866 bis 1881) und späteren König (1881 bis 1914) Carol I. von Rumänien – dem ehemaligen Prinzen Carl Eythel Friedrich Zephyrin Ludwig von Hohenzollern-Sigmaringen – sowie die Biografie als Fürstin und Königin Elisabeth von Rumänien stand zu dieser Zeit noch in den Sternen.
In unserer Zeit pulsiert und boomt auf Sylt der Tourismus, sodass in den Sommermonaten fast regelmäßig der Verkehrsinfarkt droht. Die Nordseeinsel mit seinen schönen Stränden und einem oft stürmischen Meer steht weitgehend unter Natur- und Landschaftsschutz und ist reich an vorgeschichtlichen Denkmälern. Einst siedelten die Wikinger, Seeräuber und Strand-Piraten trieben ihr Unwesen sowie Walfänger und Heringsfischer kamen zu Wohlstand. Das Eiland wurde im Ersten und Zweiten Weltkrieg zum „Sperr- und Festungsterrain“ erklärt und 1945/1946 waren in den Wehrmacht-Baracken vorübergehend Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten, aber auch aus Helgoland, untergebracht. Die Engländer hatten Helgoland zum militärischen Sperrgebiet und Bombenabwurfplatz für die britische Luftwaffe erklärt, weitestgehend zerstört und erst am 01.03.1952 freigegeben, sodass die Helgoländer danach wieder heimkehren konnten.
Seit Menschengedenken veränderten die Sturmfluten an den Küsten in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und auf Sylt das Gefilde nachhaltig. Und die Insulaner hatten der Not gehorchend zum Überleben keine andere Wahl – nachdem die Unwetter immer wieder ihr Weide- und Ackerland verwüsteten –, als den Lebensunterhalt durch andere Erwerbsquellen zu bestreiten. Wohl oder übel suchten sie eine Zeit lang ihr Heil in der Piraterie, Herings-Fischerei, Salzgewinnung oder die Männer fuhren auf längere Walfang-Expeditionen, die Sylt letztlich zu Reichtum führten. Seit 1854/1855 sichert nunmehr der Fremdenverkehr bzw. der Touristenstrom und nicht zuletzt die Touristik insgesamt das Auskommen der Sylter.
Die Jagd auf den Wal – das „Goldene Zeitalter“ für Sylt – begann mit dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, als die Niederländer nach der Befreiung von der Habsburgermonarchie auf die Beschäftigung spanischer Seeleute in ihrer Walfangflotte verzichteten.
Um die ärmlichen Lebensverhältnisse auf Sylt zu verbessern, schlossen sich die Inselbewohner den Niederländern an und traten an die Stelle der spanischen Seeleute. Seit 1642 sind Sylter Kommandeure (Kapitäne) in Diensten der Niederländer bezeugt. Einer der ersten war Lorens de Hahn, der bei Geburt noch Lorens Petersen hieß.
Von 1693 bis 1735 befehligte er Walfangschiffe und schon ab 1713 amtierte Lorens de Hahn als Strand-Inspektor auf Sylt. Er achtete insbesondere darauf, dass die königlichen Verordnungen befolgt und vor allem der Diebstahl von Strandgut unterbunden wurde. Lorens de Hahn galt auf der Insel Sylt als „ein Zuchtmeister der Strandräuber“.
Die Routen der Walfangschiffe berührten hauptsächlich die Küsten von Norwegen, Spitzbergen und Grönland. Das Leben und die Arbeitsbedingungen auf den Schiffen waren aufreibend und gefährlich und mit hohen Verlusten an Menschenleben verbunden. Nicht nur die Jagd auf den mächtigen Pottwal war gefährlich, auch für die Schiffe, die zwischen Frühjahr und Herbst ausliefen und gewöhnlich vier bis sechs Monate unterwegs waren, bestand ein hohes Risiko, vom Packeis eingeschlossen zu werden und zu sinken oder in heftige Stürme zu geraten und unterzugehen.
Das „Biikebrennen“ soll die Erinnerung an die seinerzeitige schmerzhafte Verabschiedung der Walfänger von ihren Angehörigen (Familien) wachhalten, die nicht selten für immer war.
Durch die vielen Schicksalsschläge der Sylter auf Seefahrt, die mit einem „nassen Grab“ vorlieb nehmen mussten, galt unter den Inselbewohnern das Zitat:
„Das ist ein glücklicher Seemann,
der auf dem Friedhof begraben wird!“
Der Fang von Walen und Robben stellte vor allem im 18. Jahrhundert (Jh.) die Haupteinnahmequelle der Sylter dar. Er brachte einen bis dahin nie gekannten Wohlstand auf die Insel. Aus Wal-Knochen errichteten die Bewohner sowohl Tore als auch Zäune zu den bzw. um ihre Anwesen, die immer größer und aparter wurden. An den zahlreichen Kapitänshäusern konnte man den Wohlstand schon von außen erkennen.
Als die erste bezeugte Sturmflut – von der sicherlich auch Sylt betroffen war – kennen wir die „Julianenflut“ (nach der Märtyrerin/Heiligen Juliana von Nikomedien, Izmid/Türkei, * 285, † 304, ihr Gedächtnistag ist der 16.02., so benannt) vom 17.02.1164, die vor allem im heutigen Niedersachsen erhebliche Schäden anrichtete und die Entstehung des Jadebusens einleitete. Es sollen dabei um die 20.000 Menschen umgekommen sein.
Am 16.01.1219 folgte die „Marcellusflut“. Sie betraf vor allem Westfriesland, doch auch an der Westküste Schleswig-Holsteins ertranken etwa 36.000 Menschen. Danach ereignete sich am 28.12.1248 die „Allerkindleinsflut“, die wiederum viele Menschenleben kostete. Der 28.12. gilt als Gedenktag für den Kindermord in Bethlehem, wonach auf Befehl des Königs der Juden (Herodes des Großen) alle Knaben getötet worden sein sollen.
Die „Luciaflut“ (benannt nach der Heiligen/Märtyrerin Lucia von Syrakus, die 304 hingerichtet wurde) brach am 14.12.1287 über die Nordseeküste mit etwa 50.000 Opfern herein.
Nach der Entvölkerung von Sylt durch die Pest (1350), die „Clemensflut“ (nach dem Heiligenfest = 23.11. von Papst Clemens [Klemens], 88 bis 97 oder 92 bis 101 so genannt) am 23.11.1334 und die „Zweite Marcellusflut“ oder „Große Mandränke“ (benannt nach den Sterbedaten und Heiligenfesten der Päpste Marcellinus bzw. Marcellus/Marzellus, 296 bis † 16.01.304 oder Marcellus I., 307/308 bis † 16.01.308/309) am 16.01.1362 soll das Kölner Erzbistum eine zweite Missionierung auf Sylt durchgeführt haben.
Das auf dem höchsten Punkt des Sylter Geestlandes in Keitum errichtete Gotteshaus trägt – nach dem dritten bekannten Bischof von Köln namens „Severin“ – den Namen „St. Severin-Kirche“. 2
Sylt war vor der ersten „Großen Mandränke“ (auch „Mandrenke“ oder „Grote Mandränke“ bzw. „Große Manntränke“ – die auch „Zweite Marcellusflut“ genannt wird) eine von Prielen durchzogene Landschaft und man konnte zumindest bei Niedrigwasser trockenen Fußes vom Festland nach Sylt gelangen.
Diese verheerende Sturmflut, die am 15.01.1362 begann, einen Tag später ihren Höhepunkt erreichte und erst am 17.01.1362 wieder abfiel, ging am 16.01.1362 etwa 2,40 Meter über die höchsten Deiche und soll 100.000 Menschen an der Nordseeküste das Leben gekostet haben.
Nach den derzeitigen gesicherten Erkenntnissen ist Sylt erst seit der „Marcellusflut“ von 1362 eine Insel. Diese Flut veränderte die bekannte Küstenlandschaft vollkommen. 3
In einigen Strophen der Ballade „Trutz, Blanke Hans“ ist die Tragödie von 1362 nachvollziehbar. Der Verfasser (Detlev Freiherr von Liliencron war nicht nur ein zeitgenössischer Literat von Carmen Sylva, sondern als „Mann der Feder“ auch mit ihr bekannt) setzte Rungholt damit ein poetisches Denkmal. 11
„Heute bin ich über Rungholt gefahren.
Die Stadt (Ortschaft) ging unter vor sechshundert Jahren.
Noch schlagen die Wellen da wild und empört,
Wie damals, als sie die Marschen zerstört.
Die Maschine des Dampfers schütterte, stöhnte,
Aus den Wassern rief es unheimlich und höhnte:
Trutz, Blanke Hans.
Von der Nordsee, der Mordsee, vom Festland geschieden,
Liegen die friesischen Inseln in Frieden.
Und Zeugen weltvernichtender Wut,
Taucht Hallig auf Hallig aus fliehender Flut.
Die Möwe zankt schon auf wachsenden Watten,
Der Seehund sonnt sich auf sandigen Platten.
Trutz, Blanke Hans.
Ein einziger Schrei – die Stadt ist versunken,
Und Hunderttausende sind ertrunken.
Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch,
Schwamm andern Tages der stumme Fisch.
Heut bin ich über Rungholt gefahren,
Die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.
Trutz, Blanke Hans?“
Rungholt war eines von sieben Kirchspielen der ehemaligen Insel „Strand“ im Nordfriesischen Wattenmeer. Es wurde in der „Zweiten Marcellusflut“ (Grote Mandränke) am 16.01.1362 zerstört.
Die beiden zusammengehörenden Siedlungen „Grote Rungholt“ und „Lütke Rungholt“ bildeten gemeinsam den Hauptort eines Verwaltungsbezirks – der „Edomsharde“. Dieser war einer von fünf Harden (Verwaltungsbezirken) der Landschaft Nordstrand. In der direkten Nachbarschaft zu Rungholt lag zudem der ebenfalls versunkene Ort Niedam. Nach der Flut wurden einige Teile des ehemaligen Rungholt-Gebietes erneut besiedelt, gingen aber in der Sturmflut von 1634 unter. Von Alt-Nordstrand sind nur noch die Halbinsel Nordstrand, die Insel Pellworm und die Hallig Nordstrandischmoor übrig. Die restlichen Gebiete gingen in der Sturmflut von 1634 verloren und sind heute Wattenmeer.
Nach der Katastrophe von 1362 blieben die Geest-Inseln Amrum und Sylt, Föhr mit Geest und Marsch und es entstand die große Marsch-Insel „Strand“. Auch bildeten sich Halligen. Die Flut hatte die Marschen zum Teil bis zum Geest-Strand durchstoßen. Mit der „Zweiten Marcellusflut“ begann in Nordfriesland die intensive Landgewinnung und der Deichbau. – Weiter zu den Sturmfluten siehe Seite 6 unter Sturmfluten.
Der dänische Name „Sild“ (Schwelle, Sockel) und auf Friesisch „Söl“ taucht zwar erstmals am 07.12.1141 als „Insel Sild“ im „Schenkungsbuch“ des Klosters Odense (Dänemark) auf, doch die Insel war bei Ebbe noch vom Festland aus erreichbar. 4
Nach einer anderen Version ist „Sild“ eine Abkürzung vom altfriesischen „Silendi“ (Sillendi) und soll „Seeland“ bzw. „wüstes, verlassenes Land“ bedeuten.
Andere meinen, es handele sich um ein jütländisches Wort und deuten es als „Hering“, weil die Insel inzwischen so schmal oder schlank wie ein Hering ist und seinerzeit die Herings-Fischerei maßgebend auf Sylt betrieben wurde. Diese Auslegung ist im 16. Jh. auch im Sylter Wappen verankert worden. 5
Als ein weiser Mann auf Sylt gilt, der viel weiß,
wenig sagt und sich in der Beantwortung von Fragen zurückhält.
Sylt – auch die Königin der Nordsee genannt – liegt zwischen 9 und 16 km vor der Küste des Festlands und ist mit 99,14 Quadratkilometern die größte nordfriesische Insel und die viertgrößte deutsche Nordseeinsel. Sie ist 38 Kilometer lang mit 38,3 km Weststrand und misst an der breitesten Stelle 12,6 Kilometer, an der schmalsten Stelle (am Königshafen bei List) hingegen nur etwa 320 Meter. Die höchste natürliche Erhebung ist mit 52,5 Metern die „Uwe-Düne“ unweit von Kampen.
Zur Ostseite liegt das Wattenmeer, das zum Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer gehört und bei Niedrigwasser weitgehend trocken fällt.
Geografisch liegt Sylt auf der gleichen Höhe wie etwa die englische Stadt Newcastle, die sibirische Stadt Omsk und der Südzipfel Alaskas.
Seit dem 01.06.1927 ist Sylt durch den 11 km langen „Hindenburgdamm“ – der die Insel strukturell ganz und gar veränderte – mit dem Festland verbunden.
Mit dem DB-Shuttle über den „Hindenburgdamm“ kommen jährlich 650.000 Fahrzeuge auf die Insel, die mit 12 Ortschaften um die 27.200 Einwohner zählt. Es gibt auf Sylt über 75.000 Gästebetten und jährlich 870.000 Gäste mit 6,97 Millionen Übernachtungen, etwa 330 gastronomische Betriebe, ein eigenes Mineralwasser („Sylt-Quelle“), 4 Golfplätze, 5 Leuchttürme, 7 Campingplätze und ca. 13.000 Strandkörbe. 6
Auf Sylt herrscht ein vom Golfstrom beeinflusstes und atlantisch geprägtes Seeklima. Die Sonne scheint jährlich durchschnittlich 1.715 Stunden (durchschnittlich täglich 4,4 Stunden), das sind ca. 150 Stunden mehr als in Hamburg. Dort, wo in den Monaten Mai und Juni bis zu 260 Stunden die Sonne scheint, besteht ein ausgeprägtes Reizklima, das durch eine besonders reine und jodhaltige Meeresluft bestimmt wird.
Rund die Hälfte der Inselfläche wie beispielsweise die Dünen und die Heide stehen unter Natur- oder Landschaftsschutz. Das Watten-Gebiet zwischen Sylt und Dänemark sowie dem „Hindenburgdamm“ ist der drittgrößte Nationalpark Deutschlands und zugleich Europareservat. Für viele Wasservögel dient es als Rast- und Brutstätte und als Nahrungsgebiet.
Die Insel ist mit der Bahn über den „Hindenburgdamm“, dem Schiff und Flugzeug erreichbar. Nach Ausbau des Flughafens in Westerland klagen nicht nur die Einheimischen über den zugenommenen nächtlichen Lärm, der vom Flugbetrieb verursacht wird. Andererseits ist Sylt nunmehr aus dem In- und Ausland bequem und schnell erreichbar. 7
Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg (1864 um Schleswig-Holstein) zwischen Dänemark, Preußen und Österreich gehörten ab 1866/1867 Sylt und Westerland – das als Nordseeheilbad immer populärer geworden war – zum neuen Kreis Tondern, wohin bereits seit 1887 die Marschbahn von (Hamburg) Altona über Husum und Niebüll führte, die man schließlich bis zum Umschlaghafen Hoyerschleuse verlängerte. Raddampfer brachten von Hoyer sowohl Passagiere und Post als auch Fracht zum Sylter Hafen Munkmarsch.
Diese Schiffsverbindung war von den Tiden abhängig. Im Winter schob sich gelegentlich das Eis im Wattenmeer zu einer unüberwindlichen Barriere zusammen. Die Überfahrt dauerte rund sechs Stunden und im Winter unter Umständen bis zu drei Tagen.
Beim Deutsch-Dänischen Krieg war Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen – der spätere Fürst/König Carol I. von Rumänien und Gatte der Carmen Sylva – als Ordonanz-Offizier dem Prinzen Friedrich Karl von Preußen zugeteilt. Er nahm nicht nur an der Belagerung und dem Sturm auf die Düppeler Schanzen teil, sondern war auch an der Einnahme von (der dänischen Stadt) Fridericia (Friedrichsodde) und dem Einmarsch in Jütland beteiligt.
Wie der Schriftsteller Berthold Auerbach (1812 bis 1882, eigentlich Moses Baruch Auerbacher, der nach dem Vorbild des Großvaters von Haus aus Rabbiner werden sollte) kritisierte auch Carmen Sylva den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/1871 – den „Völkerkrieg“ und den „Krieg zwischen zwei zivilisierten Nationen“ – äußerst kritisch.
Als Folge des Ersten Weltkrieges kam es nach dem Versailler Vertrag vom 28.06.1919 im Jahre 1920 zu einer Volksabstimmung über die Zugehörigkeit der Grenzregion zu Dänemark oder Deutschland.
Sylt verlor durch die Abstimmung seinen Fährhafen Hoyer, aber auch Tondern kam zu Dänemark – ein Grund mehr, um die Pläne zum Bau eines Dammes zum Festland, über die bereits 1875/1876 und 1910 diskutiert worden war, letztendlich zu verwirklichen. Bei der Abstimmung 1920 hatten in Morsum 25 % und von den übrigen Inselbewohnern auf Sylt nur 11,6 % für Dänemark votiert.
„Sylt
Mein Haus, das war aus Sand gebaut,
Mein Thron aus Blumengewinden,
Drein waren lauschende Seelen traut.
Von großen und kleinen Kindern.
Es spielte große Symphonie
Das ewige Seegetose,
und reicher warf zu Füßen nie
Das Schicksal mir die Loose.
Es war, als nähm's mich bei der Hand:
Erneu' den Muth, den kühnen:
Dir wachsen Herzen aus todtem Sand
Und Blumen auf kahlen Dünen!“
(Aus „Meerlieder“ von Carmen Sylva)
Zu einer weiteren Sturmflut kam es am 09.10.1374, die als die „Erste Dionysiusflut“ (Gedenktag des hl. Dionysius und ersten Bischofs von Paris, Märtyrer und National-Heiliger Frankreichs) in die Geschichte einging. Die „Zweite Dionysiusflut“ am 15./16.11.1377 hatte schlimme Deichbrüche in Flandern, Seeland, Holland und Ostfriesland zur Folge.
Die „Cäcilienflut“ (benannt nach der Märtyrerin/Heiligen Cäcilia, * um 200 in Rom, † 22.11.230 in Rom, Patronin der Kirchenmusik, Musikinstrumente, Instrumentenmacher, Sänger, Musiker und Dichter) am 22.11.1412 vernichtete an der Estermündung ein ganzes Dorf und es entstand die Elbinsel „Hahnöfersand“, die vom Festland abgetrennt wurde. Bis zu 30.000 Menschen sollen in dieser Sturmflut umgekommen sein.
Wir kennen weiter die „Allerheiligenflut“ vom 11.01.1436, die „Dreikönigsflut“ vom 06.01.1470, durch die die deutsche Nordseeküste schwer beschädigt wurde. In der „Kosmas- und Damianflut“ am 26.09.1509 (Gedenktag der Zwillingsbrüder, * in Syrien, † 303 in Aigai/Türkei, Ärzte/Märtyrer/Heilige, Stadtpatrone von Florenz und Essen) wurden die Niederlande und Ostfriesland in Mitleidenschaft gezogen.
In der „Antoniusflut“ oder „Eisflut“ vom 16.01.1511 (nach dem hl. Antonius der Große, * 251 in Koma, † 356, ägyptischer Mönch, Asket und Einsiedler, gilt als Begründer des christlichen Mönchtums, „Vater der Mönche“ oder „Wüstenvater“ benannt) war wiederum die deutsche Nordseeküste (Durchbruch zwischen Jade und Weser) schwer betroffen.
Die „Allerheiligenflut“ am 31.10.1532 beschädigte die Nordseeküste vom Kanal bis Eiderstedt. Bei der „Allerheiligenflut“ vom 01.11.1570 kam es zur Überflutung der Marschen von Flandern bis Eiderstedt und zu Deichbrüchen im Alten Land sowie in den Vier- und Marschenlanden.
Bei der „Fastelabendflut“ („Fastnachtsflut“) am 26.02.1625 – an der Elbe auch als „Eisflut“ bekannt – entstanden große Schäden in Südholland bis Jütland sowie im Alten Land und in Hamburg.
Am 11.10.1634 erfolgte die „Burchardiflut“ oder die „Zweite Große Mandränke“. Allein in Nordfriesland sollen 9.000 Menschen in den Fluten ertrunken sein. Die Insel „Strand“ wurde in Nordstrand und Pellworm zerrissen und die Halligen „Nieland“ und „Nübbel“ verschwanden. Über 1.300 Häuser, 28 Windmühlen und 50.000 Stück Vieh gingen durch den Untergang der Insel verloren.
In der „Weihnachtsflut“ vom 24./25.12.1717 kam es zu ungeheuren Überflutungen und Verwüstungen. Von Holland bis zur dänischen Küste ertranken 11.150 Menschen und 100.000 Stück Vieh. Es wurden 8.000 Häuser zerstört.
Bei der „Neujahrsflut“ vom 31.12.1720/01.01.1721 gab es schwere Schäden von Seeland bis Nordfriesland. Die nächste nennenswerte Sturmflut ist erst 1756 registriert.
Der 03./04.02.1825 sollte mit der „Februarflut“ zur Jahrhundert-Flut des 19. Jh. werden. In Jütland brach die Nordsee zum Limfjord durch. Den Herzogtümern blieb sie vor allem als die „Halligflut“ im Gedächtnis, weil dort besonders schwere Schäden zu beklagen waren. Neben den vielen Deichbrüchen kam es auch zu größeren Dünen-Verlusten.
In Schleswig-Holstein war zwar kein Todesopfer zu beklagen, doch von den 560 km Festlands-Deichen wurden 70 km zerstört, 80 erheblich beschädigt und 120 mussten repariert werden. Auf Sylt wurden bis zu 16 Meter tief ins Land die Dünen abgetragen.
1949 ereignete sich eine „Niedrigwasser Orkanflut“.
Die „Hollandsturmflut“ vom 01.02.1953 wütete vor allem in den Niederlanden, durchbrach dort die Deiche an 67 Stellen und tötete 2.000 Menschen.
Obwohl Schleswig-Holstein glimpflich davonkam, wurden in ihrer Folge entlang der Westküste 280 km Deiche verstärkt. Diese Arbeiten waren jedoch nicht vollendet, als am 16./17.02.1962 die „Hamburg-Sturmflut“ die Pegel auf 3,25 m hochtrieb. Sie wurde auch „Katastrophensturmflut“ von Ostfriesland bis Nordfriesland genannt. Es waren Hamburg und Niedersachsen schwer betroffen. 61 Deichbrüche, 400 km Deich stark beschädigt oder zerstört, ein sechstel des Hamburger Stadtgebietes überschwemmt, 340 Tote, 315 allein in Hamburg, 1.300 Häuser zerstört.
Als Konsequenz dieser Sturmflut wurde ein Jahr danach der „Generalplan Küstenschutz für Schleswig-Holstein“ verabschiedet. Dessen Maßnahmen steckten noch in den Anfängen, als am 23.02.1967 nach 1949 die „Zweite Niedrigwasser-Orkanflut“ mit den höchsten bis dahin gemessenen Windstärken (bis zu 14 auf der Beaufortskala = Skala für Windstärken nach dem englischen Admiral, das entspricht über 140 km/h) auf der Nordsee eintrat.
Bei der „Novembersturmflut“ am 19./20.11.1973 waren Niedersachsen und Schleswig-Holstein betroffen. Am 03./04.01.1976 kam es zu der „Januarflut“, die wiederum Niedersachsen und Schleswig-Holstein heimsuchte. Man nannte sie auch die „Jahrhundertflut“, weil sie 45 Zentimeter höher als die 1962er Flut auflief und die höchsten bis dahin gemessenen Pegelstände brachte. Der auslösende „Capella-Orkan“ war einer der stärksten der vergangenen 30 Jahre.
Die Wasserstände der Jahrhundert-Flut wurden während der „Nordfrieslandflut“ am 24.11.1981 im Norden erneut übertroffen. Größere Schäden blieben jedoch aus. Vom 26. bis 28.02.1990 folgten die bisher größten und schwersten Fluten. Die Küste erlebte in den drei Tagen zwei Sturm-, zwei Orkan-Fluten und eine Windflut. In Büsum wurden Windgeschwindigkeiten von 162 km/h gemessen. Es gab Schäden an Deich- sowie an Steil- und Dünen-Küsten.
Am 21./22.01.1993 fegten mehrere Sturmfluten über Schleswig-Holstein, die zu erheblichen Schäden und Sandverlusten auf Sylt führten. Von der Sturmflut am 28.01.1994 waren Ostfriesland und vor allem Hamburg und Schleswig-Holstein betroffen. Es wurden 8 bis 10 Meter hohe Wellen am Borkum-Riff registriert. Und die Sturmflut vom 06.02.1999 beschädigte die gesamte Nordseeküste. Am 03./04.12.1999 wütete die Sturmflut an der Elbe (Hamburg), in Schleswig-Holstein bis Dänemark. Bei der Sturmflut vom 29./30.01.2000 entstanden Schäden in Dänemark. Es kam zu erheblichen Sandverlusten auf Sylt (Kliff). – Es wird befürchtet, dass aufgrund der Klimaentwicklung der Wasserstand der Nordsee weiter steigt und Sturmfluten in Zukunft häufiger auftreten werden.
Westerland
Westerland ist aus dem in der „Allerheiligen Sturmflut“ (01.11.1436) untergegangenen Kirchspieldorf Eytum (Eidum) hervorgegangen, das bereits 1200 besiedelt war. Die Überlebenden gründeten nordöstlich ihres bisherigen Wohnortes auf höher gelegenen Geest-Flächen spätestens im 15. Jh. eine neue Siedlung, die sie „Westerland“ (Weesterlön, ein ursprünglicher Flurname) nannten.
Dieses Dorf fand 1462 erstmals als Kirchort seine Erwähnung. 1836 gab es in Westerland noch keine Wirtshäuser. List – die einstige Ansiedlung auf unwirtlichem Dünen-Land und Deutschlands nördlichster Zipfel mit dem Wal im Wappen – verzeichnete 1840 die ersten dänischen Kurgäste.
Am Strand von Westerland stand 1855 der erste Badekarren und Westerland gilt seither als Nordseeheilbad. Zur offiziellen Anerkennung kam es aber erst im Jahre 1949.
Dr. med. Gustav Roß/Ross († 1861 mit 42 Jahren) aus Altona (Hamburg) kam 1857 und 1858 als Kurgast nach Westerland. Er war von der heilklimatischen Wirkung eines Aufenthaltes an der Nordsee derart überzeugt, dass er die Gründung des „Seebades“ Westerland anregte.
1856 registrierte Westerland 100 Kurgäste. Im Jahre 1858 kamen nach Westerland exakt 236 Badegäste. 1865 waren es 1.000, 1866 457, 1880 2.000, 1890 7.300, 1895 10.000, 1905 20.000, 1911 30.000, 1914 33.000, 1936 26.000. Kriege und Krisen führten jeweils zu rückläufigen Gästezahlen.
Der Bau des ersten Kurhauses in Westerland – das man zunächst „Konversationshaus“ nannte – aus schwedischem Block-Holz erfolgte im Jahre 1878. Doch am 11./12.09.1893 brannte es vollständig ab.
Doch bereits am 15.08.1896 erfolgte die Grundsteinlegung, am 09.04.1897 die Richtfestfeier und am 19.06.1898 die Einweihung des neuen und grandiosen Kurhauses (das seit 1933 das Rathaus von Westerland ist) in Westerland. Am 30.01.1905 bekam Westerland unter dem Deutschen Kaiser und König von Preußen, Wilhelm II. (1888 bis 1918), das Stadtrecht verliehen.
Das Westerland unserer Tage – die Stadt mit Flair zu jeder Jahreszeit und Witterung – gilt als die Inselmetropole von Sylt, zählt über 9.400 Einwohner und ist stolz auf fast 10.000 Gästebetten mit jährlich mehr als 2,5 Millionen Übernachtungen.
Dass die aus Neuwied (Rheinland-Pfalz) stammende Sommerfrischlerin als seinerzeitige „Dichter“-Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva einmal nachhaltige Spuren in Westerland auf Sylt am schönen Badestrand „mit starkem Wellenschlag“ hinterlassen würde, die auch nach 122 Jahren mit dem viel besuchten Nordseeheilbad durch einen Straßennamen und dem Gedenkstein auf der „Heimatstätte für Heimatlose“ (nach der Offenbarung „Apokalypse“ des Apostels Johannes 14,13 im Neuen Testament) eng verwurzelt sind, vermochte wohl damals keiner und am wenigsten die Rheinländerin zu träumen.
Von diesem Totenacker war die aus Bukarest inkognito als Gräfin Vrancea angereiste Regentin – die eigentlich auch am Nordseestrand unerkannt bleiben wollte – tief beeindruckt.
Während ihres Sommeraufenthaltes (1888) in Westerland führte ihr Weg aus dem Gästehaus bzw. der Villa des Apothekers Carl Roth (wo sich in nächster Nähe heute das Hotel Roth am Strande, Westerland, Strandstraße 31, befindet) 9 zum Strand oder zurück fast täglich zu dieser stillen „Heimatstätte für Heimatlose“ der namenlosen Opfer des Meeres, dessen Gräber die Königin von Rumänien regelmäßig mit den schönsten Blumen zu schmücken pflegte.
„Und als sie schied, ließ sie einen mächtigen unbehauenen Granitblock als Gedenkstein setzen mit der Zueignung:
In Gedanken an die fernen Witwen und Waisen – gewidmet von Carmen Sylva.
Westerland, den 17. August 1888.“
Dort – auf diesem friedlichen Erden-Fleck in Westerland auf Sylt – beherrschen wie eh und je Wind, Sturm und Sand der oft „tobenden“ (stürmischen) Nordsee sowie das immerwährende Meeres-Rauschen im Wechsel der Tiden (Gezeiten) die Szene, so wie es seinerzeit die Königin von Rumänien erlebte und auch liebte. Nur die Möwen halten nach wie vor die Wache über oder an der „Heimatstätte für Heimatlose“ oder klagen markerschütternd und kreischend an. 10
Im Volksmund wird die „tobende“ Nordsee – wenn orkanartige Stürme sie aufpeitschen und zur „Mordsee“ werden lassen – wegen der weißen Gischt auch „Blanker Hans“ genannt. 11
„Westerland
Westerland! Friedensland!
Leb' wohl, du Meergetöne!
Kinderstrand, Wogenwand,
Sonnglitzernd Schaumgekröne!
Westerland! Märchenstrand!
Du Haide, wunderschöne!
Friedensland, Blumensand,
Unendlich Seegedröhne!
Westerland! Weiche Hand!
Du Port im Lebensföhne!
Heimathstrand, gottgesandt,
Für müde Erdensöhne!“
(Aus „Meerlieder“ von Carmen Sylva)
Die (heutige) Kreisstadt Neuwied wurde 1649/1653 an Stelle der verödeten Dorfschaft namens Langendorf, die sich etwa dort befand, wo die Wied oder der Bach aus dem romantischen Wied-Tal in den Rhein fließt und im Dreißigjährigen Krieg einer vollständigen Verwüstung anheim gefallen war, durch Graf Friedrich von/zu Wied gegründet, und zwar als planmäßige Stadtanlage (ein fast rechtwinkliges Viereck mit einem Straßennetz in Gitterform) neben dem um 1648 begonnenen ersten Schloss-Bau des Grafen Friedrich III. von Wied.
Dessen Toleranz-Edikt von 1662 gegenüber allen Glaubensbekenntnissen förderte das Aufblühen der späteren Industriestadt (Neuwied) an Rhein und Wied. Das Schloss fiel allerdings bald den Franzosen zum Opfer. Ein Neubau wurde 1706 von Friedrich Wilhelm (Sohn des Stadtgründers von Neuwied) in Angriff genommen und nach längerer Unterbrechung schließlich 1756 vollendet.
Vor dem Bau des Schlosses in Neuwied – das ehemalige Residenz-Schloss der Grafen und Fürsten zu Wied – hatten die Grafen zu Wied über 500 Jahre lang ihren Stammsitz auf Burg Wied bzw. Altwied im Wied-Tal. Da die Burg in militärischer und wirtschaftlicher Hinsicht nicht mehr genügte, beschloss Graf Friedrich III. zu Wied seinen Herrschaftssitz in die Nähe des Rheins zu verlegen.
Im April (27.) 1857 gab Fürst Hermann zu Wied – Vater der Prinzessin Elisabeth zu Wied und späteren Carmen Sylva – seine offizielle Zustimmung zur Namengebung für Neuwied.
Am 22.12.1872 erfolgte die Einweihung des so genannten Schloss-Baues „Segenhaus“ als Witwensitz für die Fürstin Marie (Maria) zu Wied (Carmen Sylvas Mutter, † 24.03.1902). Es war kein Schloss im eigentlichen Sinne und glich eher einer italienischen Landvilla. Sie lag unweit von Schloss „Monrepos“ und wurde wegen der Nähe zu Segendorf von der Fürstin schlicht „Segenhaus“ genannt. Carmen Sylva verbrachte dort zahlreiche Ferienaufenthalte.
Schloss „Monrepos“ und die Villa „Segenhaus“ sind längst abgerissen. Nur das 1934 von einem unbekannten Verfasser veröffentlichte Gedicht erinnert noch an diese fürstlichen Objekte nahe Neuwied:
„Vor Monrepos, an halben Berges Hang,
Ein stilles Schloß mit zartem, feinen Klang.
Von seinem Namen strahlt ein Leuchten aus:
Aus Waldes Schoß grüßt weit das Segenhaus!“
Das „edelfreie“ (adelige) Geschlecht des Lahngaues (urkundlich 1093 in einer Stiftungsurkunde erwähnt) führte seinen Namen nach der Grafschaft Wied. Unter den Zeugen steht auch der Name „Meffried, Graf zu Wied“. Dieser Graf im „Engersgau“ – zu Beginn des 12. Jh. königlicher Beamter im fränkischen Königreich und nördlich der Lahn sowie linksrheinisch begütert – nannte sich ab 1129 „Meffridus de Widhe“. Er soll vor 1129 die Burg Altwied erbaut haben.
Seine Gemahlin Osterlindis war eine nahe Anverwandte Heinrichs des Löwen und die Mutter des Kölner Erzbischofs Arnold II. von Wied (1151 bis 1156). Er wurde um 1098 geboren und ist am 14.05.1156 in Xanten gestorben. Mit der Wahl zum Erzbischof von Köln wurde er durch den deutschen König Konrad III. (1138 bis 1152) zum Herzog erhoben. Der nunmehr bedeutungsvolle Staatsmann war es, der den Neffen Konrads, Friedrich I. Barbarossa („Rotbart“), 1152 nach Aachen geleitete und ihn dort am 09.03.1152 krönte (König seit 1152, Kaiser von 1155 bis 1190).
Schon von 1138 an fungierte Arnold als Kanzler (Reichskanzler) des Königs Konrad aus dem Hause der Staufer. Unter Führung des Königs nahm Arnold am gescheiterten 2. Kreuzzug von 1147 bis 1149 teil. Das deutsche und französische Heer zählte 240.000 Kreuzzugs-Teilnehmer, von denen um die 90.000 umkamen.
1153 begleitete Erzbischof Arnold von Köln den König Friedrich Barbarossa nach Burgund und Konstanz und 1154/1155 nach Rom. Seine letzte Ruhestätte fand der Erzbischof in seiner „Stiftung Schwarzrheindorf“ (Bonn) – eine ursprüngliche königliche Burg, die über die Pfalzgrafen an die Grafen von Wied kam. Dort ließ der Erzbischof die berühmte Doppelkirche erbauen. Dieser tatkräftige und hochbegabte Kirchenfürst von Köln beteiligte sich nach Konrads Tod bei der Königswahl in Frankfurt. 12
Um 1154/1156 gründete in Schwarzrheindorf die Essener und Gerresheimer Äbtissin Hadwig (Hedwig) von Wied (* vor/um 1120, † vor/um 1172) – Verwandte/Schwester des Erzbischofs von Köln – ein Benediktinerinnenkloster, das später in ein Stift umgewandelt und 1802 aufgelöst wurde.
Es sollen Landser des Erzbischofs Arnold von Köln auch die Heeresleute seines Bruders Siegfried gegen die Sayner Grafen unterstützt und die Sayner Burg in Schutt und Asche gelegt haben. Siegfrieds Sohn Theoderich (Dietrich) übernahm die Grafschaft zu Wied, bis er schließlich 1179 ins Kloster ging und die Grafschaft zu Wied von seinem Sohn Georg – dem späteren Kreuzzugs-Teilnehmer – übernommen wurde. Georgs Bruder Lothar scheint 1218 als Gerichtsherr in einer Urkunde auf. 13
Die Burganlage Altwied, deren Ursprung bis ins Jahr 1100 zurückreicht, wurde erst nach Gründung von Neuwied aufgegeben. Sie war mit einem Bergfried im Ostteil versehen, der etwa 25 m über dem Wied-Tal lag. Von ihm sind noch etwa 15 m Höhe erhalten. Die Eingänge im unteren Teil der Burg sind erst später entstanden – vermutlich mit dem weiteren Ausbau im 12. und 13. Jahrhundert. Altwied war noch bis 1690 bewohnt und wurde dann dem Verfall preisgegeben. Der „Steinbruch“ diente um 1760 zum Bau des Schlosses „Monrepos“ in Neuwied und später 1792 zum Ausbau der Militärfestung in Ehrenbreitstein.
Im Anfang des 13. Jh. lebte Theodorich, der die Grafschaft zu Wied übernommen hatte. Er war der Bruder des Erzbischofs Arnold von Köln. Der vermutliche Sohn Theodorichs ist uns als Erzbischof Theoderich II. von Wied (1212 bis 1242) in Trier überliefert, der sich durch seine Frömmigkeit und Staatsklugheit auszeichnete. Er gilt als der erste Kurfürst und war ein treuer Anhänger der Staufen-Kaiser. – „Theoderich (Dietrich) II. (1212 bis 27./28.03.1242), ein Sohn des Grafen Dietrich von Wied, wurde zwischen dem 15.07. und 24.11.1212 als Nachfolger Johann I. (1189 bis 1212) zum Erzbischof von Trier gewählt. Zuvor war er Propst zu Rees, St. Kunibert in Köln und St. Paulin von Trier sowie Archidiakon in Trier.“ 14
Mit dem Tode des Grafen Lothar zu Wied erlosch 1243/1244 das Geschlecht im Mannes-Stamme. Die Grafschaft Wied fiel an Bruno, dem Grafen zu Isenburg-Braunsberg, der mit der Erbtochter vermählt war und den Namen „Wied“ annahm. Die Güter wurden unter die verwandten Herren von Isenburg-Braunsberg und Eppstein geteilt. Der Eppsteinische Anteil gelangte 1306 an die Grafen von Virneburg, dann an die Grafen von Jülich.
1340 nannte sich ein Wilhelm von Braunsberg (1324 bis 1383) wieder Graf zu Wied. Er hatte 1338 erneut die gesamte Grafschaft vereint und gründete das zweite „Grafenhaus“, dem jedoch keine größere Territorialbildung mehr gelang. Die Nachkommen nannten sich seither „Grafen zu Wied“. Dieser neue Graf Wilhelm zu Wied erhielt sogar 1357 für Almersbach im Kreis Altenkirchen die Stadtrechte.
Die Grafen von Wied aus dem Hause Isenburg starben mit dem Tode des Grafen Wilhelm II. 1462 aus. Die Herrschaft Wied fiel an die im Lahn-Gau begüterten Herren von Runkel (Friedrich) aus dem Hause Leiningen-Westerburg, die auch Titel und Wappen von Wied annahmen. Die Herren von Runkel hatten bereits ihre Besitzungen am linken Rheinufer bis in die Eifel und rechtsrheinisch bis in den Westerwald ausgedehnt. Seine Mutter war Anastasia von Isenburg-Wied, eine Nichte des Grafen Wilhelm zu Wied, die mit Dietrich IV. von Runkel verheiratet war.
Deren Sohn Friedrich nahm den Namen eines Grafen von Wied wieder an und wurde als Graf Friedrich von Runkel-Wied der Stammvater des blühenden Geschlechts, das 1784 in den Reichsfürstenstand erhoben wurde.
Nach abermaliger Teilung 1595 und 1698 bestanden die Linien Wied-Runkel (die Residenz befand sich in Dierdorf, seit 1791 Reichsfürsten) und Wied-Neuwied (die Residenz befand sich in Neuwied und schon am 13.06.1784 wurde Graf Friedrich Alexander zu Wied zum erblichen Reichsfürsten erklärt), die bis 1806 reichsunmittelbar waren und ihre Reichsunmittelbarkeit an Nassau verloren. Der Graf Friedrich Alexander war mit der Gräfin Karoline zu Hachenberg verheiratet.
Sein Denkmal auf dem „Gottesacker“ bei Neuwied trägt die Inschrift:
„Zu groß, um ersetzt, zu gut, um vergessen zu werden.
Seine Thaten sichern sein Andenken.“
Als Friedrich Karl, der einzige Sohn Friedrich Alexanders, nach dem Tode seines Vaters die Regierung übernahm, gab es erheblichen Ärger wegen seiner „Verbesserungssucht“. Schließlich entsagte er 1802 der Regierung und ging nach Freiburg, wo er 1809 verstarb.
Seine Ehefrau, Gräfin Marie Louise Wilhelmine von Sayn-Wittgenstein-Berleburg († 20.04.1864 mit 92 Jahren, wurde wegen ihrer Wohltätigkeit in Neuwied viel geliebt und betrauert), ließ sich nach der Abdankung ihres Gemahls scheiden und übernahm die Regierungsgeschäfte für den im preußischen Heer dienenden Sohn, Prinz Johann August Karl zu Wied, der am 13.07.1804 ihr Erbe antrat.
Auf Grund der Säkularisation (1803) erhielt Johann August Karl zu Wied (er war der Großvater der Carmen Sylva) als Entschädigung für Landabtretungen in Lothringen auch kurkölnische Ämter zugesprochen, die ihm eine Regierungsbeteiligung einräumten. Da er 1806 nicht dem Rheinbund 15 beitreten wollte, verlor er seine Reichsunmittelbarkeit und Souveränität. Von den wiedischen Fürstentümern kam ein Großteil unter preußische, ein kleiner Teil in die Zuständigkeit der Grafen von Nassau-Usingen.
Große Enttäuschung herrschte damals unter den wiedischen Landesfürsten, als der Wiener Kongress ihr Anliegen, wieder Landesherren zu werden, nicht berücksichtigte und die beiden Grafschaften (Wied-Neuwied und Wied-Runkel) schließlich dem Königreich Preußen zusprach. Eigentlich war die wiedische Landesherrschaft schon mit der Gründung des Rheinbundes am 12.07.1806 beendet.
Als die Linie Wied-Runkel 1824 erlosch, wurden die Besitzungen des Hauses Wied-Runkel (Nassau) und Wied-Neuwied wieder vereinigt. Von 1854 bis 1918 hatte das Geschlecht einen erblichen Sitz im preußischen Herrenhaus. Die Nachgeborenen führen den Prinzen-Titel.
„Von hohen Bergen fließet
Das Flüßchen Wied zum Rhein,
An dessen Ufern sprießet
Ein Fürstenhaus so fein,
Aus altem Heldenstamme,
Mit schlechtem nie im Kauf,
Drum schlägt auch edle Flamme
Aus Stamm und Wurzeln auf.“
(Von Ernst Moritz Arndt, Dichter undSchriftsteller, 1769 – 1860)
Drei Brüder des Großvaters der Prinzessin Elisabeth zu Wied väterlicherseits fielen in den Freiheitskriegen. Nur ein vierter, Prinz Maximilian zu Wied (* 23.09.1782 in Neuwied, † 03.02.1867 in Neuwied), bereiste als Naturforscher mit dem Vogelkundler G.W Fryreiss und dem Naturforscher Friedrich Sello bzw. Sellow von 1815 bis 1817 das Innere Brasiliens und 1832 bis 1834 (ohne Fryreiss und Sellow) das Mississippi- und Missouri-Gebiet, erforschte die Indianerstämme der Botokuden und Mandan. Dieser Großonkel der späteren Carmen Sylva schrieb mehrere Bücher (Reiseberichte und zur Naturgeschichte und Völkerkunde der bereisten Länder).
Fürst August zu Wied hatte sich am 11.07.1812 mit der Prinzessin Sophie Auguste zu Solms-Braunfels vermählt. Ihr ältester Sohn war Fürst Hermann zu Wied, der Vater der Carmen Sylva.
Fürst Wilhelm Hermann Karl zu Wied (* 22.05.1814 in Neuwied, † 05.03.1864 in Neuwied) setzte die liberale und musische Tradition des Fürstenhauses fort. Dichter, Gelehrte und Künstler waren seine Gäste. 16
Am 20.06.1842 heiratete Fürst Hermann zu Wied in Biebrich die Marie Wilhelmine Friederike Elisabeth, Prinzessin von Nassau-Weilburg (* 29.01.1825 auf Schloss Biebrich am Rheinufer in Wiesbaden, † 24.03.1902 im „Segenhaus“ in Neuwied).
„Fürstin Marie ist eine durch ihre Schönheit und durch wahre Hoheit der Seele ausgezeichnete und imposante Erscheinung. Es gehört zu den schönsten Freuden und Erquickungen ihres Lebens, die Noth der Armen und Kranken zu lindern und ihnen durch den Trost persönlicher Theilnahme näher zu treten. Wie ein wohlthätiger Engel schreitet sie durch die Häuser und Hütten von Neuwied.“
Ihre Tante, Henriette Alexandrine Friederike Wilhelmine, Prinzessin von Nassau-Weilburg (* 1797 in Bayreuth, † 1829 in Wien), brachte 1816 den ersten Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen nach Wien, ein Brauch, den es im katholischen Österreich bis dahin noch nicht gab. Sie hatte 1815 den katholischen Erzherzog Karl von Österreich, den „Löwen von Aspern“, einen Enkel Kaiserin Maria Theresias, der 15 Jahre älter war als sie, geheiratet. Es war die erste „Mischehe“ im Hause Habsburgs, die sehr glücklich wurde und aus der sieben Kinder hervorgingen.
Die Kindheit der lebhaften und fantasiereichen Prinzessin Elisabeth zu Wied war überschattet von ihrer strengen Erziehung und den schweren Krankheiten ihrer Eltern und ihres jüngeren Bruders Otto, der am 22.11. 1850 mit einem angeborenen organischen Atemwegs-Leiden geboren wurde und am 19.02.1862 verstarb. Sie widmete ihm ein Buch mit dem Titel:
Die Stimmung der Carmen Sylva am Sterbebett ihres Bruders ergibt sich aus den folgenden Zeilen:
„Willst du leben? fragte das Leiden; du mußt dich aber nicht fürchten! – Ich fürchte mich nicht, ich will leben! – Da stand ich vor einem Sterbebette, wo ein schöner, reichbegabter Knabe mit Todesqualen rang. Seine Schmerzen überstiegen das Maß des Erträglichen, doch das Leiden verließ ihn nicht. Aber auch der Mut blieb an seiner Seite. Zwei Jahre dauerte der grausige Kampf, und ich fragte: Wo ist denn die Wahrheit? Ist das gelebt? Wie er starb, da habe ich zum erstenmal gezittert vor Furcht.“ – „Sollte nicht da, wo so namenlose Trauer sich abspielt, das Gemüt mit gesteigerter Intensität die Dinge des Lebens auffassen? ‚Ich lief in den Wald in meiner Not, und er tröstete mich’, sagt Carmen Sylva an einer Stelle. Manchmal hatte er sie wirklich zu trösten.“
Bei der Erziehung Elisabeths legten die Eltern großen Wert auf Sprachen. Neben der Muttersprache lernte sie Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Latein, Ungarisch, Rumänisch, Russisch und Schwedisch. Außer in Literatur- und Kunstgeschichte ließen die Eltern sie in naturwissenschaftlichen Fächern unterrichten. Mit fünf Jahren hielt Elisabeth sich in England auf. Schon vorher hatte sie lesen und schreiben gelernt. Das Lesen von Romanen war ihr verboten. Ihr Tagebuch führte Elisabeth heimlich. Offensichtlich unverstanden zog sie sich des öfteren in die Waldungen um „Monrepos“ zurück, um in sich zu gehen und wieder zu sich zu finden bzw. den „Weltschmerz“ zu überwinden. Einen von diesen herrlichen Waldwegen veranlasste Carmen Sylva in ihrer Gedichtsammlung „Meine Ruh“ den Titel zu geben.
Um ständig unter ärztlicher Kontrolle zu sein, wohnte die Familie des Fürsten Hermann zu Wied von 1851 bis 1854 in Bonn. Seine auf den Rollstuhl seit der Geburt des Sohnes Otto angewiesene Ehefrau (sie fand Heilung durch eine „magnetische Kur“ in Paris, wo die Familie ein Jahr lebte und Elisabeth kurz eine öffentliche Schule besuchte) führte in Bonn einen Salon, in dem auch Ernst Moritz Arndt (der in Bonn verstorbene Geschichtsprofessor, Schriftsteller und patriotischer Dichter, 1769 bis 1860) und die Pianistin Clara Schumann geb. Wieck, 1819 bis 1896, Ehefrau des Komponisten Robert Schumann (1810 bis 1856), verkehrten. Auch Söhne aus verschiedenen deutschen Herrscherhäusern, die in Bonn studierten, waren gern gesehene Gäste der Fürstenfamilie zu Wied.
Erstmals und ernsthaft verliebt scheint die damals 21jährige Prinzessin Elisabeth aus Neuwied in einen jungen Prinzen und Studenten in Bonn gewesen zu sein, über den sie am 02.06.1865 in ihrem Tagebuch vermerkte:
„Waldesträume
Er schaut mich an
So warm und treu,
Das macht mir viel Gedanken,
Er bot mir an
Die Hand dabei
Wohl auf dem Steg, dem schwanken.
Er lag im Laub
und hörte zu,
Bis ich ihm vorgelesen,
Und ich wohl glaub’
Die Waldesruh
Ist ihm gar lieb gewesen.
Nun frag’ ich oft,
Ihm auch so lieb erscheint?
Es zagt und hofft
Und hat geschwind
Ein Thränlein still geweint.“
Beim zweiten Bruder Elisabeths handelte es sich um den Prinzen Wilhelm Adolf Maximilian Carl zu Wied (1845 bis 1907), der 1871 Marie von Nassau-Oranien, Prinzessin der Niederlande (1841 bis 1910), eine Enkelin des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm III. (1888), und von Wilhelm I. von Nassau-Oranien, König der Niederlande (1815 bis 1830/1831), heiratete.
Er hatte sein militärisches Jahr in Koblenz bei dem Regiment Augusta abgedient und 1 ½ Jahre in Bonn die Universität besucht. Am 30.03.1869 erfolgte in Neuwied unter großen Festlichkeiten die Mündigkeitserklärung des jungen Fürsten Wilhelm zu Wied.
Carmen Sylva versuchte vergeblich, den Bruder als Thronnachfolger ihres Gemahls in Rumänien ins Spiel zu bringen und die Dynastie Hohenzollern-Sigmaringen durch die von/zu Wied abzulösen.
Der Sohn des Prinzen Wilhelm zu Wied (Wilhelm Friedrich Heinrich, Prinz zu Wied, * 26.03.1876 in Neuwied, † 18.04.1945 im rumänischen Predeal) und Neffen der Carmen Sylva wurde 1913 überraschend von den Großmächten als Kompromisskandidat zum Fürsten (Mbret) von Albanien ausersehen und trat nach einer militärischen Karriere in kaiserlichen Diensten am 07.03. 1914 in Durazzo als Wilhelm I. die Herrschaft in dem neu gebildeten Staate Albanien an, musste aber aus außen- und innenpolitischen Gründen und wegen der um sich greifenden Aufstandsbewegungen am 05.09.1914 das Land verlassen, ohne jedoch auf die Krone zu verzichten. 17
Die prominenteste Persönlichkeit in der Ahnenreihe der Prinzessin Elisabeth zu Wied (Carmen Sylva) war wohl Graf Hermann V. von Wied (* 14.01.1477 in Wied, † 15.08.1552 in Wied bzw. „Altwied“), Kurfürst und Erzbischof von Köln (1515 bis 1547), der 1520 Kaiser Karl V. (1519 bis 1556) in Aachen krönte und bis 1536 „romtreu“ war.
1542/1543 – unterstützt von seinen Hofpredigern Martin Bucer und Philipp Melanchthon – führte er im Erzstift Köln die Reformation ein, stieß aber auf Widerstand im Domkapitel und der Stadt Köln und scheiterte. Er wurde 1546 von Papst Paul III. (1534 bis 1549) exkommuniziert und von Karl V. nach dem Schmalkaldischen Krieg 1547 abgesetzt. Eine Zeit lang soll Graf Hermann V. von Wied auch auf Burg „Altenwied“ gelebt haben. 18
Graf Hermann V. von Wied war der vierte Sohn des Grafen Friedrich von Wied-Runkel und der Gräfin Agnes von Virneburg. Schon in seinem 6. Lebensjahr erhielt er eine Pfründe im Kölner Domkapitel. Mit 15 wurde er Domherr und am 14.03.1515 erfolgte seine Wahl zum Erzbischof von Köln.
In seiner Heimat galt einst das Sprüchlein:
„Da wir hatten Hermann von Wied, behielten wir
Gott, Geld und Fried.“
Dann gab es in Köln noch den Kurfürsten und Erzbischof Graf Friedrich IV. von Wied (1562 bis 1567), der nicht vom Papst bestätigt wurde und schließlich zurücktrat. 19
Schon mit drei Jahren durfte Prinzessin Elisabeth zu Wied mit ihrer Mutter zu einem Kurzbesuch an den Königshof in Berlin reisen. Im 5. Lebensjahr fuhr sie mit auf die Insel Wight, um ihre englischen Sprachkenntnisse zu testen. Später nahmen die Eltern von Elisabeth die Einladung für ihre Tochter zu einem sechswöchigen Aufenthalt am preußischen Königshof in Berlin an. 1861 reiste Elisabeth allein nach Berlin. Sie bekam Heimweh und sehnte sich nach dem heimischen Neuwied, sodass ihr Vater sie brieflich zu trösten versuchte.
Allgemein war die Prinzessin sehr familiär veranlagt. Sie zeichnete sich durch innige Anhänglichkeit an Vater, Mutter und Geschwister aus, wie sie später selbst dokumentierte.
Mit Augusta, Prinzessin von Sachsen-Weimar (1811 bis 1890), der späteren Königin von Preußen und Deutschen Kaiserin – die 1829 den Preußenkönig (1861 bis 1888) und Deutschen Kaiser (1871 bis 1888) Wilhelm I. ehelichte – war Prinzessin Elisabeth zu Wied inniglich befreundet.
Vom Seelenleben der Prinzessin Elisabeth zu Wied in ihrer Entwicklungszeit erzählt sie selbst in „Sappho“ (Versepos = Versdrama):
„Groß war die Strenge, mit der man den Stolz unterdrückte,
Groß war die Güte, die stets mir den richtigen Weg wies,
Kampf war mein täglicher Gast. Ach, ich hätte so gerne
Gut wollen sein, so gut wie der Vater, die Mutter,
Die mir wie Götter erschienen, so grenzenlos liebte
Ich meine Eltern, doch ewig dieselbe Erkenntnis
Zeigte die Sorgen mir, die sie sich machten ...
Trostlose Traurigkeit folgte dann stets auf die tolle
Lust, die übermütig dem hemmenden Zügel
Trotz bot. Dann träumte ich Tausende schöner Geschichten,
Malte mir alles in mächtigen Linien, mit leuchtend
Grellen und grausigen Farben. So lebt’ ich im Geiste
Heimlich mein eigenes Leben, es ahnte das Keiner.
Jeglicher Ton, je’ Wolkengebilde, mir ward es
Stoff zu unendlichem Denken und kühnem Erfinden.“
(Von Carmen Sylva)
Mit zu den ersten Tagebuch-Eintragungen von Prinzessin Elisabeth zu Wied zählen wohl die vom 15.07.1860:
„Danket dem Herrn der Euch herrlich bereitet,
Danket dem Herrn der Euch segnend geleitet,
Dankt ihm du Erdkreis, du himmlischer Stern.
Alles was Odem hat, danke dem Herrn!
Ich will ihm danken, dem Vater des Lebens,
Ich will ihm folgen voll edlen Strebens,
Ich will ihn suchen, den Vater des Lichts,
Ich will ihn lieben, ohn’ ihn vermag ich ja nichts!“
Nach der Konfirmation im Sommer 1860 lernte Prinzessin Elisabeth zu Wied durch Reisen und Aufenthalte verschiedene europäische Herrscherhäuser weiter und intensiver kennen. Sie gehörten mit zur Allgemeinbildung, aber auch zur Vertiefung ihrer Sprachkenntnisse. Und die dabei gewonnenen Lebenserfahrungen und die Weltgewandtheit prägten sie zeitlebens.
Wegen des sich verschlechternden Gesundheitszustandes des Vaters der Prinzessin Elisabeth zu Wied verbrachte die fürstliche Familie den Winter 1862/1863 in Baden-Baden. Am Hof zu Karlsruhe besuchte die Prinzessin den ersten Ball. Auch fuhr sie zweimal in der Woche nach Karlsruhe zur Großherzogin, um bei Johannes Wenzeslaus Kalliwoda (Komponist und fürstlicher Kapellmeister, 1801 bis 1866) Klavierunterricht zu nehmen. Bei diesem Aufenthalt im Großherzogtum von Baden lernte die Prinzessin auch das Blumen-Malen.
Womöglich war um diese Zeit von Heiratsanträgen die Rede; denn das Tagebuch von Prinzessin Elisabeth zu Wied beinhaltet ein Gedicht, das mit folgenden Strophen endet:
„Das Mädchen will viel lieber
Frei bleiben immerdar,
Denn ach! sich zu verschenken
Bringt Sorgen und Gefahr.
Nur eine tiefe Liebe
Bringt Freude, bringt Glück.
Wen sie nicht wahrhaft liebet,
Den weiset sie zurück.
Denn glücklich ist das Mädchen
Und froh im Elternhaus,
Mit scheuen Blicken sieht sie
Nur in die Welt hinaus."
Mit solchen Lieder-Ergüssen beruhigte Prinzessin Elisabeth ihr aufgeregtes Gemüt. Doch niemand durfte es ahnen, „daß sie die kleinen heimlichen Verse schrieb; es war ihr tiefstes Geheimnis, das sie selbst vor den Büchern im Schrank, vor der Luft im Zimmer versteckte“.
Am 10.05.1866 (bzw. nach altem Kalender am 20.05. 1866) wurde Carl (Karl) von Hohenzollern-Sigmaringen in Bukarest zum Fürsten des konstitutionellen Fürstentums Rumänien erklärt. Die rumänische Verfassung von 1866 war ein bedeutender Schritt zur Modernisierung und Demokratisierung der rumänischen Politik.
Sehr schwer fiel Fürstin Elisabeth von Rumänien nach ihrer Eheschließung am 15.11.1869 mit Fürst Carol I. von Rumänien der Abschied von ihrem Rheinland und vor allem von dem heimischen Neuwied. Auch noch später war die Fürstin/Königin oftmals an Heimweh erkrankt. Aus diesen Situationen heraus entstanden die folgenden Abhandlungen:
„Widmung an die Heimath
Du Rebenland, du grüner Wald,
Du Rhein mit deinem Schimmer,
Dein Glanz ist fern, dein Sang verhallt,
Ich bin entfloh’n für immer!
Oft, oft, schließ’ ich die Augen zu,
Dann hör’ ich’s singen, rauschen,
Seh’ Schiffe zieh’n in sonn’ger Ruh,
Den Wind die Segel bauschen.
Daß ich die schönste Heimath hab’
In deutschen Gau’n besessen,
Das macht, daß ich sie bis zum Grab
Nun nimmer kann vergessen!“
(Von Carmen Sylva)
„Altes und neues Heim
In Monrepos ist manch ein Grab
Im Walde und im Herzen.
So viel’, die ich geliebet hab’
Und dann beweint mit Schmerzen.
In Monrepos, da ward ich sein,
Ja sein mit Leib und Seele,
Gott hat’s gewollt, er führt’ ihn ein,
Daß er zur Frau mich wähle!
Dies alles hat der stille Wald
So ernst mit angesehen,
Doch Eines, Eines hat das alt’
Lieb’ Heim doch nicht gesehen!
In neuer Heimath tönte mir
Des Kindes Schrei zum Herzen,
Da war in Eins vereinigt schier
Glück, Freude, Lieb’ und Schmerzen!"
(Von Carmen Sylva)
Die Heimat wird von Carmen Sylva in ihren Werken sowohl als „Heimweh“ oder „Jugendweh“ als auch zur Vermittlung des idyllischen und sagenumwobenen Rheinlandes beschrieben. In ihrem Lyrikband mit dem Titel „Heimath“ (1891) veröffentlichte Carmen Sylva viele autobiographisch geprägte Gedichte zur Heimat-Sehnsucht. Und die Übersiedlung nach Rumänien bezeichnete sie als „Auswanderung“. Im Gedicht „Auswanderers Fluch“ sagte sie mehr dazu:
„Als wärest du vom Grabe auferstanden,
Kommst du nach Jahren an die alte Stätte,
Bist du nicht mehr ein Glied in ihrer Kette,
Herflatternd, fremd, ein Blatt aus fremden Landen.
Und was die Leute sonst mit dir verstanden,
Versteht nun Keiner mehr; es ist als hätte
Der alte Strom gewechselt, und sein Bette,
Sammt Brücken, Wehren, ließ man nun versanden.
Wer Jüngling war mit dir, ist nun zum Greise
Gebleicht; - wer kaum geboren, ward ein Mann,
Ein Kriegsheld, Staatsmann, Vater, der im Gleise
Das Staatsschiff hält, dich nicht begreifen kann,
Dich nicht entbehrt. Und in dem fernen Kreise
Heißt fremd du noch – fremd – fremd auf Erden dann.“
(Von Carmen Sylva)
„Im stürmenden Osten, die Donau hinab,
Zur Dornenkrone der Wanderstab,
Das Herz verbogen im Prachtgewand,
Und unverstanden im fremden Land,
Ein lärmend Schweigen, was mich umgab, –
Da ward ein Seelchen mir zugesandt,
Doch unbarmherzig verschlang’s das Grab –
Ich blieb allein mit meinen Liedern.“
(Von Carmen Sylva)
Im Schatten und unter den Bäumen des Neuwieder Forsthauses entstand das folgende Lied (12. September 1873), und zwar anlässlich der ersten Reise der Fürstin Elisabeth von Rumänien mit der am 08.09.1870 geborenen und am 09.04.1874 verstorbenen Tochter Marie nach Neuwied.
„Meine Freunde
Wir wohnten beisammen am grünen Rhein,
Der Wald und ich und die Lieder mein,
Wir waren gar treue Gesellen.
Und was wir gesungen, geträumt und gedacht,
Das sagten wir leis in der Mondscheinnacht
Ganz heimlich den silbernen Wellen.
Doch einst mußt’ ich zieh’n in die Welt hinaus.
Ich sollte mir bauen mein eigenes Haus
Im Osten in schimmernder Weite.
Ihr Freunde, ich sag’ euch für immer Ade,
Wie thut mir das Scheiden, das Scheiden so weh!
Giebt keiner von euch mir’s Geleite?
Da schüttelt das Haupt wohl der Rhein und der Wald:
Wir sind zum Wandern schon lange zu alt,
Wie sehr wir dir auch gewogen!
Doch als ich trat in mein neues Heim,
Erklang mir gar fröhlich wohl Reim auf Reim.
Die Lieder sind mit mir gezogen!“
Wie Königin Elisabeth von Rumänien „ihre Pflichten als Landesmutter“ in Rumänien sah, drückte sie im folgenden Gedicht aus:
„Die Landesmutter
Und wenn Millionen dich Mutter nennen,
Zu dir sich wenden in Angst und Pein,
Mußt du auch Jammer und Elend kennen,
So kannst du nimmermehr trostlos sein.
Mußt felsenfest in der Brandung stehen,
Nicht Hülfe suchen und wanken nicht,
Dir muß es weich von den Lippen wehen,
Und sonnig leuchten dein Angesicht.
Du darfst nicht weinen, nicht zagen, beben,
Schau’ fest hinunter von Abgrunds Rand,
Dein Haupt erhoben, dein Fuß muß schweben,
Und Balsam streu’n muß deine Hand.
Nie darfst du sagen, du seist dein eigen,
Dem ganzen Volke gehörst du an,
Die Leidenschaften – sie müssen schweigen,
Du ziehst Millionen mit dir hinan.
Ob reich, ob elend, ob gut, ob böse,
Ob hochgeboren, der Sünde Raub,
Dein sind sie alle, verzeih’ – erlöse!
Die Wunden wasche, den Rost, den Staub.
Laß deine Güte wie warme Quellen
Stets neu dir strömen aus Herzensgrund,
Und unerschöpflich in tausend Wellen
Dein Volk erquicken mit Hand und Mund!“
(„Meine Ruh“ von Carmen Sylva)
Die Erklärung für ihr Pseudonym, das Carmen Sylva sich selbst gegeben hatte, gab die junge Königin von Rumänien einst in lyrischer Vers-Form wieder:
„Carmen das Lied und Sylva der Wald.
Von selbst gesungen das Waldlied schallt.
Und wenn ich nicht am Wald geboren wär’,
dann säng ich die Lieder schon selbst nicht mehr.
Den Vögeln hab ich sie abgelauscht,
Der Wald hat sie mir zugerauscht,
Vom Herzen tat ich den Schlag dazu,
Mich singen der Wald und das Lied zur Ruh!“
Ihre ersten Veröffentlichungen waren Übersetzungen der Gedichte von Vasile Alecsandrj (Alexandri), des rumänischen romantischen Dichters (1819/1821 bis 1890), dessen Werke sich bedeutsam für die Entwicklung der rumänischen Kultur darstellen sollten. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Carmen Sylva. Sie verdankte ihm aber auch einen Großteil ihres Wissens über rumänische Sagen und Volkslieder. Zuletzt vertrat Alecsandrj sein Land als Botschafter in Paris.
Die Werke Carmen Sylvas verhalfen der rumänischen Literatur in Europa und darüber hinaus publik zu werden. Die meisten Werke von ihr sind zwischen 1881 und 1892 erschienen, wie Gedicht-Bände, Novellen, Märchen, Romane, Essays und Aphorismen.
Ihr „Popularitätswunsch“ bringt Carmen Sylva besonders im Gedicht-Band „Unter der Blume“ (1903) und in Widmungsgedichten an deutsche Gesangvereine im Gedicht-Band „Handwerkerlieder“ („Den deutschen Innungen und Gesangvereinen gewidmet“) von 1891 zum Ausdruck. Es werden achtundzwanzig verschiedene Gewerbe besungen, die zum Teil von dem mit Carmen Sylva gut befreundeten Komponisten August Bungert (1845 bis 1915) vertont wurden.
Der Ruhm als „Dichter“-Königin begründete sich vor allem durch ihre pompös gestalteten Gedicht-Bände. Ein Teil der dem Volkslied angelehnten Lyrik wurde ebenfalls von August Bungert komponiert. 20 So der 1884 entstandene Liederzyklus „Mein Rhein“, den Carmen Sylva in Bukarest aus einem Gefühl des Heimwehs heraus verfasste.
Auch ist ihr Gedicht, das sie dem Kölner Männergesangverein in die Chronik schrieb, so zu verstehen:
„Das Heimweh bleibt dennoch der Lebenskeim,
und wie tief man ihn auch vergraben,
So quillt zu Tage das Wörtchen ‚heim’
In glühenden Blutbuchstaben.“
Nach einer Umfrage des „Berliner Tageblatt“ vom 07.05.1905 (in der Reihenfolge Bertha von Suttner, Carmen Sylva, Sarah Bernhard, Eleonora Duse, Marie von Ebner Eschenbach) zählte Carmen Sylva zu den fünf bedeutendsten Frauen ihrer Zeit.
Carmen Sylva wollte als Vermittlerin die Kultur des Westens mit der rumänischen verschmelzen – sie war eine Künstlernatur, eine Enthusiastin! In ihren Werken behandelte sie vornehmlich Autobiographisches, die menschliche Natur, die Frau in Familie und Gesellschaft, gesellschaftliche Misstände, Glaubensfragen, die deutsche Heimat und das rumänische Königreich.
„Aus Carmen Sylvas Königreich“ – die „Pelesch-Märchen“ zählen zu den Frühwerken der Autorin und sind auf Anregung des damaligen Kultusministers Titu Maiorescu als „Prämienbuch“ für die Schuljugend verfasst und 1882 in rumänischer Sprache herausgegeben worden. Bis in die postkommunistische Zeit waren die „Pelesch-Märchen“ in Rumänien verboten. Carmen Sylva galt aber auch in jener Zeit als Mäzenin der Künste und war als Wohltäterin sehr aktiv.
Bereits durch ihren Dichternamen brachte die Neuwiederin zum Ausdruck, dass sie sich eigentlich als naive lyrische Dichterin fühlte. Sie hatte sich keiner literarischen Strömung ihrer Zeit angepasst. Ihr öffentlicher Auftritt als „Dichter“-Königin wurde vom Hochadel oft kritisiert, während sie die schriftstellerische Tätigkeit als ihre persönliche Freiheit und als „göttliche“ Gabe sowie als öffentlicher Auftrag verstand. Sie galt als eine selbstbewusste und fortschrittliche Königin ihrer Zeit.
Bevor das Kastell „Pelesch“ erbaut wurde, war der fürstliche Hof, an dem wie in St. Petersburg vornehmlich französisch gesprochen wurde, jahrelang wegen der Hitze in den Sommermonaten von Bukarest nach Sinaja (Sinaia im Prahovatal der Südkarpaten) ins dortige Kloster übergesiedelt.
Das kleine Kloster (1690 bis 1695 im Brâncoveanustil, von Byzanz, vom Barock und von der italienischen Renaissance beeinflusst, erbaut) fasste nur schwer die 60 Personen, die zum Hofhalt (Haushalt) gehörten. 21
Die „Dichter“-Königin von Rumänien war schon eine außergewöhnliche und willensstarke, aber durchaus auch apolitische Persönlichkeit. Sie wurde als Schriftstellerin und Übersetzerin rumänischer Literatur weltweit bekannt. „Als Künstlerin galt sie als überspannt und weltfremd, als Königin war sie tatkräftig, unkonventionell und erfolgreich.“
Carmen Sylva setzte sich für den Frieden in der damaligen kriegerischen Zeit und für eine republikanische Staatsform ein. Dabei vernachlässigte sie nicht ihre literarischen Aktivitäten. – „Seelengespräche“, „Geflüsterte Worte“ und „Mein Penatenwinkel“ beinhalten überwiegend biografische Aufzeichnungen und Kindheitserinnerungen von ihr.
Hervorzuheben ist auch ihre lange Freundschaft mit Elisabeth Amalie Eugenie („Sisi“ oder „Sissi“), Kaiserin von Österreich (1854) und Königin von Ungarn (1867), die am 10.09.1898 in Genf am See von einem italienischen Anarchisten erdolcht wurde. Die Kaiserin hatte sich nach dem Tode ihres Sohnes (Erzherzog Rudolf) im Jahre 1889, der als die „Tragödie von Mayerling“ in die Literatur einging, vom Hofleben und den Repräsentationspflichten zurückgezogen, lebte an der Adria und war zunehmend isoliert.
Die Kaiserin stattete „nicht der Königin von Rumänien“, aber „Carmen Sylva“, der „Dichter“-Königin, in den Karpaten einen Besuch ab. In einigen „Winterliedern“ der Kaiserin wird die dichtende Königin als Freundin erwähnt und beim Lesen ihrer Werke auch beschrieben.
Noch zu Lebzeiten konnte Carmen Sylva für ihre literarischen Werke mehrere Auszeichnungen europäischer Dichterkreise und akademische Würdigungen entgegennehmen. So 1888 die Auszeichnung der „Les pensées d'une reine“ von der Academie Francaise mit dem Preis „Botta“; 1890 die Auszeichnung als „Bardess of Wales“; 1897 die Ehrendoktorwürde der Universität in Budapest und die Ehrendoktorwürde der Universität in St. Petersburg. Carmen Sylva durfte sich „Doktorin honoris causa“ bzw. „Dr. h. c. mult.“ nennen. Ihr wurde zweifelsohne ein Ehrenplatz auch in der deutschen Literatur zuerkannt.
Im Herbst ihres Lebens drohte Carmen Sylva zu erblinden. Die meiste Zeit verbrachte sie im Rollstuhl. Sie verstarb mit 72 Jahren am 02.03.1916 in Bukarest an Lungenentzündung und überlebte ihren mit 74 Jahren am 10.10.1914 verstorbenen Ehegatten um 1 Jahr und sechs Monate. Die Beisetzung erfolgte an der Seite ihres Gemahls in der Gruft der Klosterkirche „Curtea de Arges“ in Bukarest.
Rumäniens Ministerpräsident Joan (Ion) Bratianu d. Ä. (1876 bis 1888) meinte zu dem Königspaar der Rumänen: „Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, die so vollkommen verschieden waren!“ – Und Ministerpräsident Demeter (Dimitrie) Sturdza (1895 bis 1909 mit Unterbrechungen) vertrat die Ansicht: „Ich habe nie zwei Menschen gesehen, die sich so vollkommen ergänzten!“ – „Glücklich – im landläufigen Sinne – ist ihre Ehe nicht, wohl aber eine auf Vertrauen und Hochachtung basierende Freundschaft“, war die allgemeine Beurteilung im Verwandten- und Bekanntenkreis der Carmen Sylva.
Nach ihrem Tod erschienen bis in die 1930er Jahre noch einige wenige Bücher von Carmen Sylva in Neuauflagen, dann aber geriet die „Dichter“-Königin in Vergessenheit.
Königin Elisabeth von Rumänien kam inkognito als „Gräfin Vrancea“ nach Westerland
Den „Akten des Königlichen Ober=Präsidiums für Schleswig-Holstein – Hoheits= Huldigungs= u. Ceremonial=Sachen betreffend Reisen ausländischer fürstlicher Personen 1875/1898“ zufolge reiste Königin Elisabeth von Rumänien am 25.07.1888 in Bukarest ab, um sich „unter dem Namen einer Gräfin Vrancea nach dem Nordseebade Sylt zu begeben“. – Sie war erstmals und einmalig auf Sylt.
Das Preußische Ministerium des Innern in Berlin telegrafierte diese Nachricht am 26.07.1888 an den Oberpräsidenten in Schleswig mit dem „Ersuchen“, die entsprechenden Behörden zu benachrichtigen.
Von Schleswig wurden am 27.07.1888 vormittags in Kenntnis gesetzt:
„1. Landrath zu Ratzeburg
2. " " Rendsburg
3. " " Flensburg
4. " " Tondern
5. Polizeibehörde zu Altona
6. " zu Elmshorn
7. " zu Neumünster
8. " hier (Schleswig)
9. Landrath zu Pinneberg
10. " zu Bordesholm
11. " hier (Schleswig)“
Die „Badedirektion“ in Westerland gab am 26.07.1888 um 09.50 Uhr ein Telegramm mit dem Inhalt
„Königin Rumänien incognito Comtesse
Vrancea Sonnabend eintreffend“
auf, das um 11.30 Uhr an das „Ober=Präsidium“ in Schleswig abgesandt wurde.
Der „Ober=Präsident“ in Schleswig telegrafierte am 31.07.1888 an den Landrat in Keitum folgendes:
„Bitte Angaben der Namen der Hofmarschälle
Königin Rumänien
und Gruß Hakenzalborn. Oberpräsident“
Vom Königlichen Landrat in Tondern (= heute Tønder in Dänemark) ging am 29.07.1888 dem Königlichen Ober-Präsidenten, „Wirklichen Geheimen Rath, Herrn v. Steinmann“ folgende Mitteilung zu:
„... daß Ihre Majestät die Königin von Rumänien am gestrigen (28.07.1888) Nachmittag über Tondern reisend, in Westerland auf Sylt eingetroffen ist.“
Der von der Königin Elisabeth von Rumänien für die Reise von Bukarest bis Westerland gewählte Name „Gräfin Vrancea“ war kein Fantasiegebilde der Carmen Sylva, sondern hatte einen tiefen rumänisch-geschichtlichen Hintergrund. Sie wollte damit an die Mutter des Fürsten Stephan III., der Große (1457 bis 1504), erinnern, der erst nach 1990 von der rumänisch-orthodoxen Kirche zum Heiligen erhoben wurde. Seine Herrschaft war die Glanzzeit der Moldau, die unter ihm einen nie gekannten und erahnten Aufschwung erfuhr. 22
Nach der „Sylter Kur=Zeitung von Dienstag, 31. Juli 1888“, halten sich
„Ihre Majestät Königin Elisabeth von Rumänien (Comtesse de Vrancea) mit Gefolge und Dienerschaft (insgesamt 7 weitere Personen) sowie Se. Hoheit Fürst Leopold von Hohenzollern mit Kammerdiener“
als Sommerfrischler in Westerland auf Sylt auf. Nach der „Fremden=Liste“ hielten sich zu dieser Zeit 57 Kurgäste allein in Westerland auf.
In der „Sylter Kur=Zeitung vom 31.07.1888“ stand weiter zu lesen:
„Seit drei Tagen weilt die Königin, für die in der Villa Roth, hart an den Dünen, Quartier gemacht wurde, mit ihrem Gefolge als Gast auf unserer Insel, wo man ihr, der königlichen Frau und begnadeten Sängerin so manches echt deutschen, herzbewegenden Liedes, bei der Freiheit des Badelebens allseitig die wärmsten, unvermittelten Sympathien entgegenbringt. – Trotzdem jeder offizielle Empfang verbeten war, hatte sich doch am Ankunftsabend eine zahlreiche Menge auf dem Ehrenpforten und Flaggen geschmückten Bahnhof eingefunden, welche die Königin, als der Zug mit dem bekränzten Wagen einfuhr, mit lautem und stürmischen Enthusiasmus begrüßte.
Huldvoll und gewinnend nach allen Seiten grüßend, schritt sie durch das vom Publikum ehrerbietigst gebildete Spalier, um unverzüglich nach ihrer Wohnung zu fahren, wo sie von der Kurkapelle mit einer getragenen Bethoven’schen Weise empfangen wurde. – Ohne weiter auszuruhen, unternahm, Ihre Majestät dann sofort unter Führung des Seebade-Directors einen längeren, weit ausgedehnten Spaziergang am Strande, bei dem sie ein ungewöhnliches Interesse für Alles, eine seltene geistige Frische und Beweglichkeit entwickelte und sich mit der zwanglosesten Liebenswürdigkeit unterhielt. – Am südlichsten Ende unseres neutralen Strandes, wo sich der Haupttummelplatz der Jugend befindet, wünschte die Königin ihr Strandzelt aufzuschlagen, um sich, wie sie ausdrücklich bemerkte, so recht vom fröhlichen Kinderleben umgeben zu sehen.
In aller Frühe des nächsten Morgens begab sich die hohe Frau bereits wieder an den Strand, wo sie sich mit ihren Damen mitten im blanken Sande in einer Kuhle niederließ, die ihr von diensteifrigen Kinderhänden in der beliebten Sylter Manier gegraben wurde und wo sie den langen Vormittag zubrachte, anscheinend ganz verloren in dem Anblick des unendlichen Meeres, das seine brandenden Wogen bis zu ihren Füßen rollte. Aber unwiderstehlich angezogen von der so offen zu Tage tretenden hinreißenden Freundlichkeit unseres königlichen Gastes, umringte sie binnen Kurzem ein dichter, dichter Kinderschwarm, dem sie fragend, plaudernd, Märchen erzählend, bald ihre Aufmerksamkeit zuwandte.
Augenblicklich sitzt die Rumänische Königin wieder mitten am Strande, umgeben von zahllosen Kindern, Kopf an Kopf, und erzählt ihrem athemlos lauschenden Auditorium, die neueste noch ungedruckte Geschichte Carmen Sylvas, nur ab und an unterbrochen von einem unbezwinglichen kindlich laut begeisterten Jubel ihrer dankbaren Hörer.
Die Königin hat ihren Kuraufenthalt in Westerland-Sylt einstweilen auf 4 Wochen festgesetzt. Gestern traf ganz unerwartet Fürst Leopold von Hohenzollern zum Besuch der Königin hier ein.“
Bei Fürst Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen (* 22.09.1835 in Krauchenwies bei Sigmaringen, † 08.06.1905 in Berlin) handelte es sich um den Schwager der Königin von Rumänien bzw. um den Bruder ihres Gatten. 23
Am 10.08.1888 veröffentlichte die Sylter Kur=Zeitung nachstehendes Gedicht, das mit „Z.“ als die Verfasserin oder der Verfasser abgezeichnet war:
„Carmen Sylva
An dem Strand saß ich, zu lauschen
Falscher Nixen süßem Sang –
Horch! da tönt’s, Pelesch=Rauschen
Leise das Gestad entlang.
Und ich seh’ am rauhen Strande
Heiß Sinaja’s Rosen glühn,
Seh’ auf dürrem Dünensande
Myrthe und Orange blühn.
Sind’s der Nixen Truggestalten,
Die mir so den Sinn verkehrt?
Sind es höhere Gewalten,
Die im Träume mich gestört?
Ja, fürwahr, der Traum ist Wahrheit,
Und mich täuscht nicht falscher Wahn –
Seh’ ich doch in Tagesklarheit
Eine Königin sich nah’n!
Hohe Frau, die auf dem Throne
Jede Frauentugend schmückt,
Der Apoll die Lorbeerkrone
Selbst hat auf die Stirn gedrückt,
Königin, aus deren Schriften
Uns manch’ schöne Dichtung sprießt, –
Komm’ und weil in unserer Mitten!
Carmen Sylva, sei gegrüßt!“
In Westerland gilt Königin Elisabeth von Rumänien – die „Königin aus fernem Lande“ – nach wie vor als unvergessen. Die Bewohner haben nach ihr noch 1888 (als von Amts wegen alle Wege und Straßen in Westerland erstmalig Namen erhielten) eine Straße (Elisabethstraße) benannt, die an der „Heimat für Heimatlose“ (vis-à-vis der 1997/1998 in Ellipsen- oder Schiffsform in Backstein-Verkleidung mit einer hervorragenden Akustik und einem in den Boden eingelassenen Taufbecken für „Ganzkörpertaufen“ erbauten katholischen St.-Christophorus-Pfarrkirche in Westerland, Dekanat Flensburg, in der an Palmsonntag [28.03.1999] zum ersten Male die hl. Messe gefeiert wurde) entlang führt.
Es ist der Weg, den Königin Elisabeth von Rumänien immer zum Friedhof bzw. zur "Heimatstätte für Heimatlose" gegangen war. Denn fast täglich hatte ihr Weg sie dorthin zu der stillen Heimatstätte der namenlosen Opfer des Meeres geführt, wo die Monarchin einige Gebete sprach und die Gräber mit den schönsten Blumen schmückte.
Von diesem „heimeligen“ Totenacker – inzwischen inmitten der Stadt Westerland gelegen und völlig umbaut – war die Rheinländerin und Königin von Rumänien damals derart angetan, dass sie während ihres mehrwöchigen Sommeraufenthaltes einen Gedenkstein stiftete, auf dem sie die letzte Strophe des Liedes „Heimat für Heimatlose“ von Oberhofprediger Dr. Rudolf Kögel aus Berlin – der sie in Westerland besuchte – anbringen ließ:
„Wir sind ein Volk vom Strom der Zeit.
Gespült zum Erdeneiland.
Voll Unfall und voll Herzeleid.
Bis heim uns holt der Heiland.
Das Vaterhaus ist immer nah.
Wie wechselnd auch die Loose.
Es ist das Kreuz von Golgatha.“
Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva, die sich in den Karpaten und in den riesigen nach den verschiedenen europäischen Kunstepochen gestalteten Schloss-Räumen von „Pelesch“ vereinsamt und tatenlos fühlte, war aus ihrer Verwandtschaft angeraten worden, ein wenig Seeluft zu schnuppern und ein „Seebad“ auf Sylt zu nehmen.
Wie es ihr nach Ankunft auf Sylt zumute war, ist uns aus einer Schilderung in einem Brief überliefert:
„Wenn ich denke, dass ich mich nicht einmal nach Sinaja (Kloster und Sommersitz bzw. Kastell/Schloss „Pelesch“) sehne. Zu elend habe ich mich dort gefühlt, und das ist mir auf den Nerven geblieben. Ich zähle mit Schrecken die Tage, die so rasch vergehen!“
Doch Carmen Sylva verkürzte selbst den Aufenthalt auf Sylt, um noch zu ihrer kränkelnden Mutter nach „Segenhaus“ (Neuwied) zu reisen und dort die letzten Ferienwochen zu verleben.
Obwohl Elisabeth schon als Kind die Wälder liebte, kam sie sich auf Schloss „Pelesch“ in den Karpaten einsam und verlassen vor. Die dichterische Arbeit bedeutete für sie Glück, das ihr über so manche Stunde der inneren Vereinsamung hinweghalf.
Während ihr Gemahl (König Carol I. von Rumänien) in Gräfenberg – im einstigen österreichischen und heutigen tschechischen „Schlesien“ am Altvatergebirge (Gräfenberg/Gräfenberk wurde als Kurort durch das von dem Naturheilkundler Vincenz von Prießnitz 1826 eingeführte Kaltwasser-Heilverfahren bekannt) im Ortsteil von Freiwaldau = Jesenik – kurte, begab sich die Königin von Rumänien nach Westerland.
Sie „landete“ mit dem Fährschiff von der Hoyerschleuse (= heute Højer in Dänemark) aus in Munkmarsch (ein zwischen Keitum und Wenningstedt gelegener Ort, das frühere „Tor“ nach Sylt, jetzt nur noch ein verschlafener Fischer- und Seehafen) und nahm dann die „Sylter Inselbahn“ oder „Sylter Dampfspurbahn“ von Munkmarsch nach Westerland (quer über das jetzige Flugplatzgelände). Die offizielle Eröffnung dieser Strecke, die eine Länge von 4,2 km hatte und in der Nähe des jetzigen Rathauses von Westerland endete, war jedoch erst am 08.08.1888.
Königin Elisabeth von Rumänien wollte eigentlich „inkognito“ bleiben, doch sie ließ sich schon am Westerlander Bahnhof, wo sie am Nachmittag des 28.07.1888 mit Gefolge und Dienerschaft eintraf, als „Dichter“-Königin bzw. Carmen Sylva feierlich begrüßen. 24
Die zunehmende Bedeutung des Fährverkehrs führte 1883 zur Gründung der Sylter Dampfschiff-Gesellschaft (SDG). Der erste Dampfer der SDG war der Dampfer „Sylt“. Er verkehrte zwischen Munkmarsch und Hoyerschleuse mit einer zugelassenen Personenzahl von 250 und war für die Passagier-, Fracht- und Postbeförderung vom und zum Festland zuständig. Später wurde die „Sylt“ auf der Strecke Hörnum – Amrum eingesetzt, bis sie 1921 abgewrackt wurde. Ab 1900 legen die Schiffe in Hörnum an.
Zum Bau der Bahnstrecke durch die Marsch bzw. das Watt waren umfangreiche Aufschüttungen und Befestigungen mit Basaltsäulen aus den Steinbrüchen vom Rhein und des Westerwaldes – wie auch zum Deichbau in den Niederlanden und zur Erweiterung und Sicherung von Helgoland sowie zum Bau des 1895 eingeweihten Nord-Ostsee-Kanals (des früheren Kaiser-Wilhelm-Kanals) mit den später erweiterten Schleusen-Anlagen in Brunsbüttel und Kiel – erforderlich.
Sowohl die Königin als auch der König von Rumänien konnten erst auf „Kururlaub“ nach der Trauerzeit um den deutschen Kaiser und König von Preußen aufbrechen. Friedrich III. – als Kronprinz Friedrich Wilhelm genannt – kam am 09.03.1888 als todkranker Mann (Kehlkopfkrebs) an die Regierung, die nur 99 Tage († 15.06.1888 in Potsdam) dauerte.
Ursprünglich beabsichtigte Carmen Sylva ihren Urlaub auf Sylt anonym zu verleben, um Westerland als Nordseeheilbad mit dem Strandleben unerkannt genießen zu können. Sie wollte allein mit ihrem reizenden Hoffräulein (Mite Kremnitz), das leider sehr bald in Ungnade fiel, am Meere liegen und dem Rauschen der heran brausenden Wellen lauschen. Der Empfang von der anwesenden Kinderschar in Westerland begeisterte und entzückte sie derart, dass sie sich zum ersten Male im Leben ausschließlich als deutsche Dichterin fühlte und die Königin völlig vergaß. 25
Sie war überzeugt, dass die übrigen (Sommergäste) in ihr auch nur der Dichterin Carmen Sylva huldigten!
Die Eindrücke über den Aufenthalt von Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva in Westerland sind uns durch ihre Briefe vom 31.07.1888 und 01.08.1888 erhalten geblieben:
„Ich wohne allerliebst, fühle mich behaglich hier, habe einen Salon, der vom Schreibtisch aus aufs Meer sieht, vom Balkon aus auf den höchst poetischen kleinen Kirchhof der Heimatlosen, wo kleine schwarze Kreuze das Datum der Auffischung der Leiche tragen, und die fünfzig Gräber mit Blumen geschmückt sind.
Gestern überraschte mich mein Schwager für einige Tage. Das war eine ungeheure Freude. Er musste gleich meine fünfzig kleinen Freunde kennen lernen, die mir aus Sand eine Burg gebaut, und denen ich gestern morgen zum Lohn Pablo Domeneck vorlas.“
Es ist wohl die Rachegeschichte „Pablo Domenech“ (fonetisch „Domeneck“) gemeint, die um diese Zeit in Frankreich „sehr gut gefällt und schon auf Griechisch übersetzt“ wurde. „Pablo Domenech“ ist eine wahre Geschichte eines Augenzeugen in „Dito und Idem“ – „Rache und andere Novellen“, die Carmen Sylva von dem Bekannten Kapitän Deaburn, Bukarest, 1882, übermittelt bekam. 26
„Heute abend haben wir Musik und zwar den vorzüglichen Sänger Buls aus Dresden.“ – „Ueber die deutschen Kinder habe ich die grösste Freude, sie sind so vortrefflich erzogen!“
„Heut‘ soll ich mein erstes Bad nehmen, um 8 Uhr; es strömt. Der Arzt warnte mich, nicht den ganzen Tag am Meer zu sein, dazu sei die Luft hier zu stark; ich war gewissenhaft draussen geblieben. Aber er sagt, man müsse sehr vorsichtig sein.
Ich entschliesse mich sehr schwer, den Strand zu verlassen, jeden Augenblick erscheint ein Kindchen mit Blumen, Rosen, Wasserrosen, prachtvolle Erika und den schönen Disteln, die hier auf dem Strande wachsen! Wenn ich auf der Düne erscheine, kommen mir schon alle mit ausgestreckten Händchen entgegen. So ist es nicht denkbar, hier zu melancholieren (in Schwermut zu verfallen), da mich von früh bis spät das Kindergezwitscher umgibt.
Hier wohnen noch 40 Personen, Masse Kinder, im Hause, man merkt sie nie. Alles ganz still.
Sehr nette Wirte, die das ganze Jahr hier leben, im Winter mutterseelenallein, in Eis und Schnee! Der Mann (Herr Apotheker Roth) war sehr kränklich, fast aufgegeben, da sind sie hierher gezogen, kinderlos natürlich; er beschäftigt sich dann mit Holzschnitzen, und das Gartenhäuschen, in dem ich esse, ist ganz von ihm möbliert. Castel Pelesch en miniature, ganz reizend, mit bunten Scheiben, und sehr gut und fein gewählten Büchern. Manchmal haben sie im Winter zehn Tage lang keine Post, das ganze Meer ein Eis, – und die Frau sieht frisch und heiter aus!
Man kann also auch auf einer Düne leben, dem Kirchhof der Verschollenen gegenüber, kein Schiff, keine Fischerei, kein Leben am Strande – und steht doch auf der Höhe der Kultur und macht sich das Leben schön und erträglich – wenn man sich lieb hat!!!"
"Hier sind Kinder zum Liebhaben, aus Hamburg, Berlin, Westfalen und Steyermark (Steiermark), aus ganz Deutschland, es sind über 1400 Badegäste hier, noch einfach, sehr anständig, gute Gesellschaft. Ich fühle mich sympathisch umweht, wenn auch A. behauptet, die Leute moquierten (mokierten) sich über meine Kinderei! Die sind keine Eltern, ist mir auch ganz einerlei! Jedem Tierchen sein Pläsierchen; meines ist jedenfalls unschuldig!“
„Nun habe ich zwei kostbare Menschen gefunden: Begas und Kögel, jeder in seiner Art ganz prachtvoll. Mein Schwager geniesst sie auch sehr. Wir haben schon zwei schöne Fahrten mit Begas gemacht. Kögel behielt ich zwei Stunden am Strande. Gott! wie köstlich mit einem hochgebildeten Manne zu sprechen! Seit wann ist mir das nicht mehr passiert!
So kann man mit jedem Standpunkt umgehen und fertig werden. Begas ist eine vornehme Erscheinung, ein Künstler durch und durch, impressionabel, ruhelos. Er sagte etwas so Hübsches: ‚Der Künstler muss seine Werke zerstören können wie die Natur, die auch den Pfau vom Tiger fressen lässt.‘ – Ich fand den Vergleich grossartig und das Wort wahr. Ich sagte gestern zu Begas, dass man hier anfängt, das Leben wieder als etwas Köstliches zu betrachten, das wertvoll ist an und für sich.“
„Ich erwarte Sie voll Freude und Ungeduld und werde Ihnen durch Herzenswärme den Wald ersetzen, der hier fehlt. Dafür kommt der Wind über den ganzen Atlantischen angebraust und bringt Leben. Habe ich nicht immer gesagt, dass Pessimismus und Melancholie körperlichen Ursprungs sind? Man kann es noch so schwer haben und dabei heiter sein, und es noch so gut haben und dabei traurig sein, wenn der Magen, die Milz, die Leber, das Blut schlecht funktionieren. Ich habe es an mir selber oft genug erfahren. Hier ist doch wohl die melancholischste Gegend, und man ist so verjüngt wie nur möglich; den Blick auf den Kirchhof der Heimatlosen finde ich ganz heiter, freilich bin ich auch von nahezu 100 Kindern umgeben und von vielen liebenswürdigen Erwachsenen, deren Bekanntschaft ich allmählich mache. Meine grösste Ressource ist Kögel. Gott, ist der Mensch gebildet! Er ist wie ein Brunnenquell, aus dem man unablässig schöpfen kann, und wird auch nicht müde zu spenden, stundenlang. Begas war gestern wirklich beinah fünf Minuten da, dann lief er schon wieder fort. Heute reist er ab.“
„Dann ist ein ganzer Kreis von Damen, dem ich gestern, samt den Kindern, „Pelesch im Dienst“ (ein sehr langes Märchen für den Prinzen Heinrich XXXII von Reuß aus dem Jahre 1888) vorlas. Sie waren sehr davon ergriffen, Grosse und Kleine. Die „Handwerkerlieder“ (die Gedichte von 1891 sind 28 verschiedenen Berufen gewidmet) haben grossen Beifall geerntet. ...“
Bei den Besuchern der Carmen Sylva in Westerland dürfte es sich einmal um Dr. Johannes Theodor Rudolf Kögel (* 18.02.1829 in Birnbaum/Posen, † 02.06.1896 in Berlin) gehandelt haben. Er war seit 1863 Hof-, seit 1880 Oberhofprediger in Berlin, Generalsuperintendant der Kurmark und Mitglied des Oberkirchenrates. Auch war er ein glänzender Kanzelredner. Zudem galt Kögel als konservativer Kirchenpolitiker und einflussreicher Seelsorger von Kaiser Wilhelm I. (1871 bis 1888) und König von Preußen († 09.03.1888 in Berlin).
Wahrscheinlich handelte es sich bei dem weiteren Strand-Besucher der Königin in Westerland wohl um den Bildhauer Reinhold Begas (* 15.07.1832 in Berlin, † 03.08.1911 in Berlin). Seine Denkmäler und Bildnis-Büsten gehören zu den bemerkenswertesten Leistungen des Neubarocks der Wilhelminischen Zeit.
„Zu spät!
Wie geht er leicht und wie spricht er schön,
Der mit dem Frühling gekommen;
Mich lockt’s wie Blumen, wie Sanggetön –
O Mutter, die Liebe ist kommen!
Ich weiß es ja, daß es sündhaft ist,
Was mir im Herzen entglommen,
Doch bin ich glücklich die kleine Frist –
O Mutter, die Liebe ist kommen!
Sein erstes Wort und sein erster Blick
Hat alle Ruh’ mir genommen;
Mich hat durchschaut er, mein ganz Geschick –
O Mutter, die Liebe ist kommen!
Ich möchte jauchzen, ich athme frei,
Und doch ist mir bang und beklommen;
Ich schmücke mich gern, daß ich schöner sei –
O Mutter, die Liebe ist kommen!
Ich hatt’ ihn ein einziges Mal gesehen,
Schon war sein Bild mir verschwommen,
Doch wollte es nimmer verwehn, vergehn –
O Mutter, die Liebe ist kommen!
O wär’ ich drunten in Wassers Grund,
Es wäre Allen zum Frommen.
Verdorr, mein Herze, sei stumm, mein Mund –
O Mutter, die Liebe ist kommen!
O weh mir, daß ich ihn je geschaut
Und seine Stimme vernommen!
O wär’ ich frei noch und seine Braut –
O Mutter, die Liebe ist kommen!“
(Von Carmen Sylva)
Zweifelsohne – Carmen Sylva hatte sich am Strand von Westerland in den namhaften Berliner Kirchenpolitiker und kaiserlichen Seelsorger Rudolf Kögel verliebt!
Am 02.08.1888 arrangierte man in Westerland – das 181 Kurgäste zählte – ein Kinderfest für den hohen Gast aus den Karpaten.
„Der Festzug baute sich vor der „Villa Roth“ (damals schon eines der ersten Gästeheime, ein ansehnlicher Backsteinbau) auf. Eine Gruppe von 8 Mädchen überbrachte Königin Elisabeth von Rumänien, die vom Balkon „auf das heitere Gewimmel“ herab schaute, einen Strauß (Blumen). Die Kinder sangen ein Lied, und ein Hoch wurde ausgebracht. Dann ging es zum Tanz, dem die Königin von ihrem bekränzten Sessel am Saalende aus mit sichtlichem Vergnügen zuschaute, wobei sie bis gegen den Schluss hin verweilte.“
„Auf dem Programm der Kurkapelle im Kurhause Westerland unter Leitung des Königlichen Musikdirektors Theubert stand am Dienstag, den 4. August 1888, unter anderem: ‚Alpenglühen’ (Gedicht von Carmen Sylva, Musik von August Bungert).“ 20
„Alpenglühen
Es stand der Fels in Sonnengluth
Den Tag entlang,
Sie hat am Herzen ihm geruht,
Bis Untergang.
Was Wunder, daß er rosgen Schein
Zu Thal gesandt?
Ist doch der arme alte Stein
In Lieb entbrannt!
Und giebt der Erde schein zurückgezogen
Den warmen Strahl,
Und steht und träumt von seinem Glück,
Zu seiner Qual.“
(Aus „Meine Ruh“ von Carmen Sylva)
„Von den 1.000 Mark aber, welche die Hohe Frau bei ihrer Abreise schenkte, waren ausdrücklich 300 Mark für die Kinderheilstätte „Bethesda“ (Westerland) bestimmt.“27
Dem Ehepaar Carl und Marie Roth – den Eigentümern der „Villa Roth“ in Westerland – schenkte Königin Elisabeth von Rumänien zum Abschied ein „Porzellangeschirr“, das lange Jahre in Ehren gehalten wurde und auch im nachfolgenden Hotel „Roth am Strande“ in Westerland gehalten wird.
Es stand ursprünglich in einer Vitrine, die vor etwa 20 Jahren von einem unbekannten und unberechtigten „Porzellan-Liebhaber“ aufgebrochen wurde, wobei viele Teile des Teeservices oder Kaffeegedecks dabei zu Bruch gegangen sind. Nur diese traurigen Überbleibsel sind erhalten geblieben:
In der Bierstube des Hotels „Roth am Strande“ in Westerland sind weitere nostalgische Erinnerungsstücke und historische Bilder von Sylter Provenienz sowie alte Messing-Teller und andere Kunstgegenstände aus der ehemaligen „Villa Roth“ in Westerland zu sehen.
Einem Keitumer Bürger wird das Gedicht zugeschrieben:
„O Königin aus fernem Land
Da hast verlassen unsern Strand,
Auf deiner Strandburg, öd und leer,
Tönt nicht der Kinder Jubel mehr!“
In der „Sylter Kur=Zeitung vom 07.08.1888“ fand das folgende Gedicht auf Königin Elisabeth von Rumänien seine Veröffentlichung:
„Die Märchenkönigin
Als Kind hört ich erzählen
Von Königinnen, Feen
Die unter Menschen wandeln; –
Gern hätt ich sie geseh’n!
Die Kindheit ist entschwunden
So schnell, man weiß es kaum,
Erfüllt hat sich das Märchen
Und Wahrheit ward der Traum. –
Seht Ihr die Schaar dort sitzen
Der Kinder, klein und groß
Voll Spannung alle lauschend,
Die Hände still im Schooß?
Vergessen sind die Schiele,
Die sonst gehegt ihr Sinn,
Seitdem sie hat bezaubert
Die Märchenkönigin.
Sie kam vom fernen Lande
Die wundersame Frau,
Wie lacht ihr Mund so freundlich,
Wie strahlt ihr Auge blau!
Daheim ließ sie die Zeichen
Von ihrer Herrschermacht
Nicht Hermelin und Purpur
Hat sie mither gebracht.
Nicht trägt sie gold’ne Krone
Noch königlichen Glanz.
Ihr Thron – die kahle Düne,
Ihr Schmuck – ein Blütenkranz.
Manch Märchen wunderbar,
Es hängt an ihrem Munde
Gebannt, die Kinderschaar.
Und trotz des Meeres Rauschen,
Trotz wilder Wogen Sang,
Hört man so klar und deutlich
Der milden Stimme Klang:
„Es war einmal ... – .“ Wenn Jahre
Vergangen und verrauscht
Wenn Mann, wenn Weib geworden
Die heute hier gelauscht, –
Erzählen sie wohl selber
Den eignen Kindern dann
„Es war einmal ... – ,“ so fangen
Auch sie ihr Märchen an.
Von jener Zeit die lange,
So lange schon dahin,
Da unter ihnen weilte
Die Märchenkönigin.
Und wenn die Kleinen zweifeln
Von Staunen ganz erfüllt,
Dann zeigen sie voll Rührung
Ein wohlgehütet Bild.
„Seht diese lieben Züge –
Blick nur recht deutlich hin
Dies gab einst Eurem Vater
Die Märchenkönigin!
Westerland, am 2. August 1888.” (Von Clara Bernhard)
Mite Kremnitz bemerkte in ihrer Biografie über Carmen Sylva, als es bereits wegen unterschiedlicher Literaturauffassungen und der okkultistischen Neigungen der Königin zwischen den beiden ungleichen Frauen zum Bruch gekommen war:
„Als sie nach Rumänien zurückkehrte, war sie in gewisser Beziehung eine andere geworden und weit zugänglicher für alle fremden Einflüsse. Bei den Huldigungen, die ihr auf Sylt scheinbar nur als Dichterin, nicht als Königin, zuteil geworden, war das Selbstbewusstsein mächtig in ihr angewachsen. Dieses wurde nun durch eine ihr schmeichelnde Umgebung verstärkt.
Sie hörte unaufhörlich: Königinnen gäbe es auf Erden noch mehr und habe es auch schon früher gegeben, aber eine Dichterin wie Carmen Sylva noch nie. Damit wurde nicht nur ein Gefühl des Antagonismus gegen alles Bisherige, sondern auch eine Betonung ihres Ichs im Gegensatz zu ihrer Stellung hervorgehoben.
Eine eifersüchtige Natur war Carmen Sylva schon durch erste Anlage in doppeltem Sinne, so wenig sie sich dessen bewusst war, so mitleidslos sie gegen Eifersucht, die sie gar nicht zu verstehen glaubte, zu Felde zog."
Weiter bekennt Carmen Sylva in einem Brief an ihre „Freundin“:
„Das einzige, das ich ganz schlecht spiele, ist Inkognito („auf der Wandelbahn zu Westerland wird das Inkognito schnell gelüftet“). Damit habe ich meiner Umgebung die heitersten Stunden verschafft. Wie sonderbar, daß die breite Masse Fetische (Götzenbilder) nötig hat! Was ist die Krone, die Fahne, der Kelch anderes als ein Fetisch?“
„Von Westerland angekommen, ersticke ich an meiner eigenen Phantasie. Ich fing alles zugleich an und konnte bei gar nichts bleiben vor Aufregung. So werde ich ruhiger arbeiten.“
„Ich habe ein wunderbares Buch, das so ganz zu meiner Stimmung passt. Lahor, la littérature Hindoue. Aber so etwas Wunderschönes! Solch eine Weltabgeschiedenheit, solch eine Grösse, viel grösser als die Bibel, viel ruhiger, viel höher, freier, Gott! waren die Inder gross in ihren Gedanken. ...“ – „Ich spiele jeden Morgen Bach, das erfrischt für den ganzen Tag.“
Aus Anlass der Vermählung des ältesten Sohnes des Fürsten Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen (des Erbprinzen Wilhelm mit der Prinzessin Marie von Bourbon) verließ das Königspaar Mitte Juni 1889 Rumänien. Auf der Hochzeitsfeier in Sigmaringen war auch Kaiser Wilhelm II. mit seiner Gemahlin anwesend. Von Sigmaringen reiste Carmen Sylva wieder zu ihrer Mutter nach „Segenhaus“ (Neuwied).
Am 28.07.1889 besuchte Carmen Sylva mit ihrer Mutter und dem Bruder die Bayreuther Festspiele. Sie sah und hörte „Parzival“, zeigte sich enttäuscht und empörte sich über die Neuinterpretation der alten germanischen Mythen, über die Musik und vor allem über den fanatischen Wagner-Kult.
Nach Bayreuth machte Carmen Sylva die obligatorischen Verwandten- und Bekannten-Besuche, kurte bis November in Wiesbaden und kehrte erst Ende November wieder nach „Pelesch“ zurück. In dieser Zeit in Deutschland schrieb Carmen Sylva über zwanzig „Meerlieder“ und „alle wurden von A. Bungert komponiert.“ – „Ich lese auch jetzt (Wiesbaden) häufig vor und singe auch; ich habe eine große ausgedehnte Stimme, nachdem ich oft zum Sprechen keine hatte. ...“
Von Mite Kremnitz ist uns auch überliefert, dass die Freundschaft von König Carol I. zu Carmen Sylva nicht über das Konventionelle hinausging. Aus einer scherzhaften Bemerkung der Carmen Sylva zu ihrer „Freundin“ wissen wir:
„Er will möglichst wenig Frauen im Hause haben; wenn’s nach ihm ginge, hätten wir nur Soldaten zu unserer Bedienung: ein Unteroffizier, der mir das Bett macht, und ein Gefreiter, der mich nach dem Bade abtrocknet.“
Mit dem Bau des Kastells „Pelesch“ war am 19.05.1875 begonnen worden. Die feierliche Grundsteinlegung des Schlosses fand am 22.08.1875 statt. Es trägt den Namen des Gebirgsbaches „Pelesch“, der durch den Schlosspark fließt.
„Nach dem Gottesdienst im Kloster Sinaia begibt sich das Fürstenpaar mit vielen geladenen Gästen nach dem schön geschmückten Zelt, das auf dem Bauplatz errichtet ist, und in dem nach einer religiösen Zeremonie die Urkunde über den Bau des Schlosses von allen Anwesenden unterschrieben wird, um dann in einer Glas- und Blei-Hülle eingemauert zu werden. Der Fürst streicht mit der Kelle den Mörtel auf das Fundament und spricht, während er die drei Hammerschläge thut:
Möge dieses Schloß sich aus dem Grunde erheben und glücklich vollendet werden, um dereinst die Wiege meiner und des Landes Dynastie zu sein!"
„Die Wünsche der Fürstin für den Geist, der in dem neu erstehenden Schlosse herrschen sollte, sind zu der Urkunde und den Münzen in den Grundstein mit eingeschlossen worden, die wie folgt lauten:
Es fallen die Gedanken
Wie Blätter ab vom Baum,
Sie schweben und sie schwanken
Vorüber wie ein Traum.
Sie haben sich als Lieder
Ans Tageslicht gewagt,
Es hat der Sturm sie nieder
Vom Haupte mir gejagt.
Und aus der Tiefe quellen
Mit immer neuer Macht
Hervor Gedankenwellen,
Vom Walde ausgedacht.
Sie sind zu Tag gedrungen
Aus dunklem Felsenspalt,
Und betend losgerungen,
Erklungen und verhallt.
Ein Lichtgedanke eilet
Herab vom Himmelssaal,
Und wo er nur verweilet,
Da ist's ein Sonnenstrahl.
Gleich leuchtend, ob entsendet
Vom Auf-, vom Untergang,
Gleich tröstend, ob verwendet
Zum Beten, zum Gesang.
All die Gedanken schließe
In unsern Bau ich ein,
Daß Geistessaat entsprieße
Aus diesem ersten Stein."
Der Bau des Schlosses „Pelesch“ kam – infolge einer zweijährigen Unterbrechung durch den Unabhängigkeitskrieg Rumäniens (1877 bis 1878) – erst 1883 zu einem vorläufigen Ende. Auf dem Bauplatz des Kastells „Pelesch“ ging es zu wie beim Turmbau zu Babel. (Gen 1. Buch Moses 11 1-9 – Der Turmbau zu Babel ist zusammen mit der babylonischen Sprachverwirrung eine der bekanntesten biblischen Erzählungen des Alten Testaments.) Die Arbeiter am „Pelesch“-Bau „sangen, fluchten und stritten“ in 12 bis 14 Sprachen.
Die „Bauaufsicht“ (Arbeiten) leitete hauptsächlich der königlich-rumänische Hofbildhauer Martin Stöhr (* als Bauers-Sohn am 28.03.1819 in Leutershausen, Gemeinde Hirschberg an der Bergstraße). Er war Schreiner, Bildhauer, Architekt, lebte lange Jahre in Rumänien, blieb unverheiratet und zählte nicht nur zum Freundeskreis von König Carol I. von Rumänien, sondern war ein Vertrauter des Monarchen. Am 02.09.1896 ist er – wahrscheinlich in Rumänien – verstorben. Seine Holzschnitzereien schmücken sowohl das Schloss „Pelesch“ als auch das Stadtpalais in Bukarest.
Das Kastell „Pelesch“ – es ist aus der Erinnerung an rheinische bzw. deutsche Burgen entstanden – wurde am 07.10.1883 in Gegenwart aller Würdenträger des Landes feierlich eingeweiht. Nachdem die von der Königin gemalte Urkunde unterzeichnet worden war, ertönte Chorgesang und der Metropolit weihte das ihm dargereichte Wasser.
„Dann setzte sich der Zug in Bewegung und ging über den mit Tannenzweigen bestreuten Hof, welchem mit jedem Schritt Waldesduft entströmte, zum Schlosse hin. Vor der kunstvoll geschnitzten Thür ward dem König der Schlüssel feierlich überreicht. Er öffnete, und der Metropolit betrat zuerst die Schwelle des Hauses. Von dem königlichen Paar und der zahlreichen Schaar der Geladenen gefolgt, schritt er unter Gebet und Gesang durch alle Räume. Indem er das geheiligte Wasser über sie hinsprengte, weihete er das Haus mit dem Segen Gottes.“
Als der König bei dem darauf folgenden Gastmahl seinen Trinkspruch auf Rumäniens Wohl ausbrachte, fügte er die Worte hinzu:
„In der festen Zuversicht auf die Liebe meines Volkes habe ich hier ein eigenes Haus erbaut. Es soll sich erheben als dauerndes Zeichen der tiefen Wurzeln, die meine Dynastie in diesem Lande gefaßt hat. Das rumänische Volk soll darin eine Bürgschaft meines unbegrenzten Vertrauens auf die Zukunft unseres theuren Vaterlandes erblicken.“
„Im Namen der rumänischen Nation brachte Alexandri (Dramatiker und Politiker Vasile Alecsandrj) den Glückwunsch des Volkes in dem Spruch, mit dem vor Zeiten die Bauern den Eintritt ihrer Fürstin und Bojaren in ein neu erbautes Haus glückwünschend begleiteten:
So viel Steine und Balken,
So viel Schätze und Siege!
So viel Körnchen Sand,
So viel glückliche Tage!
Die Sonne soll es erwärmen,
Und der Wind es stärken!
Der Segen Gottes und die Liebe des Volkes
möge allezeit in dieses Hauses Mauern weilen.“
Später las man in den ersten Blättern Europas glänzende Schilderungen des Märchenschlosses in den Karpaten, die in begeisterten Worten „die künstlerische Gestaltungskraft der gekrönten Dichterin priesen, welche in dieser Schöpfung den Beweis geliefert hat, daß Carmen Sylva nicht bloß eine geniale Poetin ist, sondern auch eine hochbegabte Künstlerin.“
(„Deutsche Illustrirte Zeitung“, N 2133, 17. Mai 1884)
Nicht nur Carmen Sylva sondern auch König Carol I. von Rumänien litten zeitlebens unter der Kinderlosigkeit (die verstorbene Prinzessin Marie war das einzige gemeinsame Kind des Königspaares) und dass sie dem rumänischen Volk keinen Thronerben präsentieren konnten. Der rumänische Ministerpräsident Ion Brãtianu soll dem König sogar die Scheidung von seiner Gemahlin und eine neue Eheschließung nahegelegt haben.
Der (ehemals) „einsame“ Friedhof in den Dünen
„Die Leichen, welche an unseren Strand antrieben, sind seit undenklichen Zeiten nicht mehr auf die Kirchhöfe gebracht, sondern wo selbige gefunden wurden, in einer Dünenschlucht verscharrt worden, gleich wie Kadaver von tierischen Körpern ohne Sarg, was mir immer sehr zu Herzen ging, schrieb der Westerlander Strandinspektor Wulf Hansen Decker im Jahre 1855 und wunderte sich, daß man das Quarantänegesetz als Hemmschuh einer ordentlichen Beerdigung höheren Ortes nicht so modifizierte, daß solche Berufsbrüder und größtenteils Christenmenschen nicht feierlicher begraben werden können.“
Dieser Wulf Hansen Decker war es, dem einst die Aufsicht über die Strand-Vögte auf Sylt oblag und der bei „Strandungsfällen“ die Rettung der Schiffbrüchigen und die Bergung von Schiff und Ladung leitete, richtete 1855 den Friedhof „Heimatstätte für Heimatlose“ für Strand-Leichen in Westerland ein.
„Auf einmal stand ich vor einem Mauerviereck aus schwarzen Steinen, an welchen ein Schimmer des Abendlichtes hing. Es war so einsam und still ringsum; es war kein Mensch zu sehen. Über der schwarzen Türe war eine schwarze Tafel mit Goldbuchstaben:
‚Heimatstätte für Heimatlose’
(Offenbarung Johannis 14,13)
Ich öffnete die Türe und trat ein. Unter der westlichen Mauer waren neun Gräber, ohne Kreuz, ohne Gedenkschrift – kein Name, keine Jahreszahl. Neun Hügel, stumm, dunkel, mit etwas Moos bekleidet. Ich stand eine Weile; dann ging ich und schloß die schwarze Tür hinter mir, wie ich sie gefunden hatte. Noch immer kein Mensch; ich erstieg die nächste Düne. Je höher ich kam, je offener schien der Himmel zu werden, je breiter der Glanz um mich. Nun war ich oben, und ein goldschillerndes Meer lag vor mir und flammendes Purpurgewölk, so weit der Blick reichte, und schwimmend darin die sterbende Sonne. An dem gelben breiten Strande gingen noch ein paar Menschen; und auf der Dünenkuppe zu meiner Rechten stand ein Mädchen, und in der Glorie, die sie umgab, flatterten ihre dunklen Röcke.
Da ich nach Haus gekommen war, in der vollständigen Dunkelheit des Abends, schlug ich die Bibel auf und las, beim einsamen Schimmer meiner Kerze, Offenbarung Johannis 14,13:
Und ich hörte eine Stimme vom Himmel, die (zu mir) sprach: „Schreibe“: Selig die Toten, die im Herrn sterben von nun an! Wahrlich, spricht der Geist, sie sollen ausruhen von ihren Mühen; denn ihre Werke folgen ihnen nach.
Und ich sahe, und siehe, eine weiße Wolke ...
Heute morgen nun war der Himmel blau, und heiter in seiner Höhe stand die östliche Sonne. Das Meer war frisch und bewegt, und eine Lust war es, darin zu baden. Nach dem Bade trat ich meine Wanderung an, den Sand hinunter, dicht am Meere; die wenigen Badekarren und die paar Menschen darin oder daneben blieben weit zurück, und lange war ich allein. Ich traf zuletzt auf einen Mann, welcher Tuul grub. Dieser Mann hatte ein Gesicht, von Wind und Wetter ganz rot geworden; klare blaue Augen und langes gelbes Haar. Er mochte wohl einige vierzig Jahre alt sein, und wie ich ihn so dastehen sah, in der vollen Helligkeit der Sonne, dem offenen, einsamen Meer gegenüber, über seinen Spaten gebeugt, trat ich zu ihm. Nach mancherlei, was wir zuerst sprachen, fragte ich ihn über den kleinen Kirchhof mit der schwarzen Mauer, welchen ich gestern Abend unter der Düne gesehen.
‚Auf diesen Kirchhof’, sagte der Mann, ‚bringen wir diejenigen, welche von der See hier ans Land gewaschen werden.’
‚Schiffbrüchige?’ fragte ich.
‚Schiffbrüchige und andere. Nicht selten fällt ein Matros, wenn er in der Takelage einen Fehltritt tut, ins Wasser und ist, wenn Wind und Strömung scharf gehen, im nächsten Augenblick weg.’
‚Und nicht mehr als neun Gräber in dieser langen Zeit?’
‚Der Kirchhof ist noch nicht alt. Früher wurden die Leichen, die wir auf unserm Sande fanden, in den Dünen verscharrt. Es war eine alte Sage, daß man diejenigen, welche das Meer von sich wirft, auch nicht ehrlich, wie andere Christen, begraben dürfe. Da machte man denn ein Loch unter der Düne und legte den fremden Toten hinein, ohne Sarg, wie man ihn gefunden. Der nächste Wind türmte häuserhohen Flugsand über das Grab und manch ein vergessen Christenkind liegt dort in den Dünen. In neuerer Zeit hat man sich nun viel Mühe gegeben, diesen unmenschlichen Gebrauch abzustellen; aber die Alten wollten lange nichts davon hören, und erst seit dem Tode des letzten Strandvogtes, vor ein paar Jahren, ist es anders geworden. Da wart der Kirchhof, den Ihr gesehen habt, angelegt; und wenn nun eine Leiche auf dem Sande gefunden wird, so kömmt sie zuerst in die Strandvogts-Scheuer, wird gewaschen und eine genaue Beschreibung derselben, unter dem Datum, an welchem sie gefunden worden, in das Tagebuch gesetzt. Wenn später nun vielleicht ein Freund und Angehöriger nach dem Grabe fragen sollte, so kann man es nach der Beschreibung finden. Denn wir wissen ja nicht, wen wir begraben – weß Namens und aus welchem Lande er ist. Wir geben ihm einen schwarzen Sarg, eine geschützte Stelle, wo er nicht vom Sande verschüttet wird, und einen Rasenfleck über dem Hügel. Wir tragen ihn hinaus, wie wir unsere eigenen Leute hinaustragen, wir singen ein Lied an seinem Grabe und unser Pfarrer spricht den Segen darüber. Das ist unser Brauch.’
‚Und ist der jetzige Strandvogt der neuen Einrichtung zugetan?’
‚Ja, ja ... O, ja...’ erwiderte der Mann mit dem roten Gesicht, das um diese Zeit noch etwas röter geworden, und mit den klaren blauen Augen, die mich verlegen ansahen. ‚Eigentlich, um die Wahrheit zu sagen, hat er sie erst durchgesetzt, und nach vielem Verdruß mit Gemeinde und Obrigkeit jenen Kirchof zu Stande gebracht.’
‚Und wie heißt er?’ ‚Dekker.’
‚Ich möchte ihn kennenlernen. Wo treff ich ihn?’ Ein wenig stotternd sagte der Mann, indem er sich an seinem Spaten aufrichtete: ‚Hier.’
Da gab ich ihm, dem Strandvogt Dekker von Westerland, der die Toten des Meeres begräbt, meine Hand und schloß Freundschaft mit ihm; und zurück über die Düne, um sie noch einmal zu besuchen, gingen wir mit einander zu der ‚Heimatstätte für Heimatlose’. (F. Rodenberg)“ 28
Dieser Prof. Dr. Dr. Julius Rodenberg weilte 1858 auf Sylt, wo er 1859 sein Buch „Stilleben auf Sylt“ verfasste und sich mit seinen Ausführungen doch gewaltig irrte: „Das Badeleben ist höchst monoton. Keine Musik, kein Tanz, keine Gesellschaft. Fast jede Bequemlichkeit, an die uns das Leben gewöhnt hat, hört hier auf. Dazu ist die Verbindung mit dem Festland mangelhaft und höchst unregelmäßig. Nein, ein Modebad ist Westerland nicht und wird es auch schwerlich.“
Die „Kleine Korrektur an Rodenbergs Erzählung“
Wenn Rodenberg den Strandvogten sagen läßt, früher hätte man die angeschwemmten Leichen des Aberglaubens wegen am Strande verscharrt, dann trifft das nicht ganz zu. Nach einem Bericht des Amtmanns an das Obergericht (Konsistorium) vom 16.01.1785 hat der Landvogt Matthiesen auf Anfrage mitgeteilt, wie man es hierzulande mit den Strandleichen hält: „Es werden die daselbst anstrandenden Leichname von den Strandbedienten in ordentliche Särge gelegt, und unter Läutung der Glocken auf den Kirchhöfen beerdigt, welcherhalben so wenig den Predigern als Kirchen und Schule einige Gebühren entrichtet werden.“
So war es zumindest bis 1803. Da erschien eine Verordnung, alle welche mit der Wegschaffung der Leichen zu tun hätten, sollten eine vierzigtägige Quarantäne einhalten, um die Einschleppung ansteckender Krankheiten zu vermeiden. Die Sylter fanden diese Bestimmung für sie unannehmbar. Sie erreichten eine Ausnahme von der Quarantänevorschrift unter folgenden Voraussetzungen:
„... die Leichen nicht unmittelbar mit den Händen, sondern mit langen Haken oder Zangen ans Land zu bringen und sie in die, am besten nahe am Strande (gelegene) und wenigstens 4 Schuhe tiefe Grube zu verscharren und gedachte Leute ausdrücklich darauf beeydiget werden, von allen Kleydungsstücken oder sonstigen bey sich habenden Geräthe, nicht das Mindeste sich zuzueignen, sondern die Sachen mit allem, was ihnen anhängt, zu vergraben.“
„Diese Entscheidung des Obergerichtes (Konsistorium) datiert vom 29. Januar 1805. Unmittelbarer Anlaß der ganzen Aktion war das Gelbe Fieber, welches damals in Europa grassierte. Deshalb durfte auch der Strandvogt alle Gegenstände, die sich bei der Leiche fanden und die sonst zu Vergütung der Unkosten für die Bestattung herangezogen werden durften, nicht mehr für sich behalten. Künftig sollte ihm seitens der ‚Obrigkeit’ eine Vergütung dafür gezahlt werden. – Vielleicht hatte man wirklich vergessen, was noch vor fünfzig Jahren Brauch war. Oder Rodenberg hat es feinsinnig unterschlagen. Schließlich ist die Sache ja viel romantischer, wenn ein frommer Strandvogt sich der armen Toten annimmt, nachdem sie niemals zuvor ein christliches Grab bekommen haben. – Daß Decker nur mit einer inzwischen sinnlos gewordenen Vorschrift brach, das braucht seiner lobenswerten Initiative keinen Abbruch zu tun.“
Früher wurden die an den Nordseestränden angeschwemmten Leichen einfach hinter der nächsten Düne verscharrt. Im 17. Jh. erfolgte die Anordnung, dass eine Beerdigung auf ‚christliche Weise’ auf dem jeweiligen Inselfriedhof zu erfolgen habe. Die Kosten für Sarg und Grab mussten die Strandvögte tragen, die zur Deckung der Kosten die evtl. Wertgegenstände der angeschwemmten Toten oder aus den Bergungsprämien der Wracks und geborgenen Schiffsgüter verwendet werden konnten. – Seit 1812 waren die Beerdigungskosten für Strandleichen, die nicht durch gefundene Habseligkeiten gedeckt werden konnten, von der Königlichen Regierung Dänemarks zu tragen.
Aus dem Friedhofsprotokoll des Strandvogts Wulf Hansen Decker
„Notirungen der angeschwemmten Leichen betreffend und ihren Begräbnisplätzen an dem im Jahre 1855 angelegten und erbauten Kirchhofe.
N. B. In der Süd-West-Ecke des Kirchhofes hat man die erste Leiche (Nr. 1) begraben und die folgenden der Reihe nach von Süden längst dem Walle an der Westseite, wie die übrigen Nummern folgen.
1855 den 3ten October trieb die erste Leiche an seitdem der neue Kirchhof fertig gewesen und bei welchem zugleich die Einweihung stattfinden sollte.
Diese Leiche war neben Boy Jensen oder dem alten Klockhooggab angetrieben und wurde so bald wie thunlich in einen nach Landes Sitte verfertigten, geschwärzten Sarg gelegt, darauf von dem p.t. Landvogten Herrn Kammerjunker v. Levetzau genau besichtiget und nachgesehen und nachdem der Sarg zugenagelt worden, nach seinem in der Nähe stehenden Badekarren oder Häuschen hingetragen, wobei der Herr Kammerjunker selbst Hand anlegen mußte; allda die Leiche bis zum nächsten Morgen als den 4ten Octob. stehen, wurde dann nach dem Kirchhofe gefahren und nach landesüblicher Sitte feierlich unter Gesang und vorhergegangenen Parentation (Totenfeier/Trauerrede) und Einweihungsrede ungefähr um 9 Uhr beerdigt, wozu sich eine Menge Leute eingefunden hatten.
Die beerdigte Leiche war eine männliche und von ziemlich starkem Körperbau, so wie noch überall bekleidet; auf dem rechten Arm war die englische Flagge und auf dem linken: Christo am Kreuze tätowirt, weiter aber keine besonderen Kennzeichen vorhanden. Das Gesicht war ganz abgeschabt so wie die Hände auch und daher unkennbar. Außer ein paar Schlüsseln befand sich auch nichts in den Taschen; seiner Kleidung nach konnte es wol ein englischer Lotze sein.
1856 den 23ten Juni. Morgens fand ein Theil eines menschlichen Kadawers neben Michelsdeich, dem Anscheine nach ein Frauenzimmer, jedoch ohne feste Bestimmung, da keine Kleidung mehr vorhanden waren sondern bloß ein Mitteltheil ohne Kopf und Beine. Liesen so geschwind wie möglich einen kleinen Sarg machen und senkte selbigen des Nachmittags ohne Sang und Klang auf dem Kirchhofe ein. Hatten Besichtigung auf mein Verlangen, von ein paar hiesigen Eingesessenen, die es mir beipflichteten, daß es ein menschlicher Cadaver war.
1857 den 10ten März. Des Morgens war eine Leiche neben Erdbank angetrieben. Diese männliche Leiche war ganz frisch und gehörte sehr wahrscheinlich zu dem am 6. d. M. angetriebenen Boote mit Kleidungsstücken und sonstigen Gegenständen, was alles hinwies, daß das Boot von einem Schiffe geflüchtet und in den Außenbrandungen gekäntert waren. Die sehr guten Kleidungsstücke deuteten darauf hin, daß es eine holländische Nation angehöre.
Diese Person, vermutlich ein Matrose von 22 bis 23 Jahren, führte nichts bei sich wie ein kleines Geldetui mit einigen silberne und kupferne holländische Scheidemünzen. Einen Sarg wurde geholt und die Leiche darein gelegt, fuhr man dieselbe nach dem Kirchhofe um allda laut mündlicher Abrede mit dem Landvogt besichtigt zu werden.
Der Strandvogt war selbst nach dem Prediger gegangen um dem Wunsche von Capt. Kamp u. Frau, die am 11. Januar hier gestrandet waren, gemäß, eine Parentation zu erbitten, die zu 5 Uhr von dem Prediger angesetzt wurde. Nachdem ich mich hierauf nach dem Kirchhofe verfügte, fand ich zu meiner Verwunderung, daß die Leiche schon bestattet war.
Nach Aussage des Kuhlengräbers hatten Landvogt und Strandinspector die Leiche, nachdem sie besichtigt, ohne erst dieselbe wie gewöhnlich zuzunageln, in aller Eile in die Gruft hinabgesenkt und ihm befohlen, Erde aufzuwerfen. Der Strandvogt mußte mit seinem Hammer und Nägel die er bei sich führte um den Sarg nachdem sie besichtigt war, zunageln zu können und mit vergeblicher Freude, daß parentiert werden würde, wieder nach Hause wandern; legte aber gleich darauf Protest gegen ein solches Verfahren in der Landvogtei ein.“
Die Gräber der „Heimatstätte für Heimatlose“ in Westerland sind mit schlichten Kreuzen versehen, auf denen der Fundort am Meeresstrand mit dem jeweiligen Datum zu lesen steht, wann der „Blanke Hans“ (Nordsee) das „Strandgut“ – es waren wohl meist Schiffbrüchige – anschwemmte.
In nur einem halben Jahrhundert trug man hier 23 Seeleute vom Westerlander, 15 vom Rantumer und 15 vom Hörnumer Strand zu Grabe. Als Erster wurde am 04.10.1855 ein unbekannter toter Seemann beigesetzt, der tags zuvor am Westerlander Strand geborgen worden war. – 1890 trieb ein Toter an, der später als Harm Müsker identifiziert werden konnte. Ihm errichtete man eine schlichte Gedenktafel, die folgende Beschriftung trägt:
„Hier ruht in Gott Harm Müsker, geb. 24. Aug. 1872 zu Holtersehv,
verunglückte bei der Strandung der ‚Gerhardine‘ vom 2. – 3. Octbr. 1890.“
Am 02.11.1905 erfolgte die letzte Bestattung, 1906 sollte die „Heimatstätte für Heimatlose“ in Westerland verlegt werden und 1907 verfügte die Stadt die endgültige Schließung. 29
Als „Namen- oder Heimatlosenfriedhof“ werden die letzten Ruhestätten für Strandleichen auf den Nordfriesischen Inseln und „Drinkeldodenkarkhof“ (Kirchhof der Ertrunkenen) die auf den Ostfriesischen Inseln genannt.
Einen weiteren „Heimatlosenfriedhof“ legte man 1865 in den Dünen von List an, wo bis 1886 fünfzehn Strandleichen ihre letzte Ruhestätte fanden. Streitigkeiten über den Unterhalt führten zur Schließung dieser Beerdigungsstätte. Die Strandleichen von List, Wenningstedt und Kampen wurden nun auf den St.-Severin-Friedhof in Keitum überführt.
Die Urkunde für den Gedenkstein in Westerland
„Den 2. September 1888 wurde vorm. 11 ½ h. ein Gedenkstein, welcher von Ihrer Majestät der Königin von Rumänien (welche hier als Gast verweilt) der Heimathstätte für Heimathlose gewidmet, von dem dazu beauftragten Badedirektor dem Kirchenvorstande übergeben. In einer in dem Fundament der eingemauerten Urkunde steht:“
„So nah’ dem Strand ein stiller Raum,
Ein eingehegter Garten.
Will man bei Sturm und Wogenschaum
Hier noch der Blumen warten?
Ich trete ein. Zwei Gräberreih’n
In Haidekraut und Moose.
Es sagt der Schrift erloschner Schein
‚Heimath für Heimathlose’.
Die mitleidslos das Meer geraubt
Und die das Meer gab wieder,
Hier legten sie ihr bleiches Haupt
Von Wellen triefend nieder.
Schiffbrüchige, man kennt sie nicht,
Ob Schiffsherrn ob Matrosen.
Nun träumen von der Heimath Licht
Die armen Heimathlosen.
Du Fremdling mit dem flücht’gen Sinn,
Zieh lachend nicht von hinnen.
Auf Dein Woher, auf dein Wohin
Sollst du dich hier besinnen.
Noch eh’ der Abend niedersinkt,
Entblättert Ruf und Rose.
Weh dem, der nicht beim Scheiden winkt
Heimath für Heimathlose.
Du andrer Gast mit müdem Fuß
Voll Schwermuth und voll Sorgen,
Denk nicht bei diesem Friedhofsgruß
Hier wär ich wohl geborgen!
Was treib ich noch von Ort zu Ort,
Ein Blatt im Sturmgetose?
Ist wirklich noch ein Ruheport
Heimath für Heimathlose?
Wir sind ein Volk vom Strom der Zeit
Gespült zum Erdeneiland
Voll Unfall und voll Herzeleid
Bis heim uns holt der Heiland.
Das Vaterhaus ist immer nah,
Wie wechselnd auch die Loose.
Es ist das Kreuz von Golgatha
Heimath für Heimathlose.“
(Von Dr. Rudolph Kögel)
„In Gedenken an die fernen Wittwen und Waisen
gewidmet von Carmen Sylva
Westerland den 17. August 1888“
„So weit die Urkunde. Ferner sei noch erwähnt, daß der letzte Vers des obigen von dem Herrn Oberhofprediger Dr. (Rudolph) Kögel verfaßten Gedichtes auch die Inschrift des Gedenksteines ist. Carmen Sylva ist der Dichtername der hohen erlauchten Spenderin.
Westerland, den 3. Sept. 1888
H. B. Decker Strandvogt.“
„Heimathstätte für Heimathlose. Wir gehen über die Heide von Sylt – die Insel ist so still und man muß sagen öde wie nur immer möglich – hie und da weiden Schafe auf den mageren Triften, Schwalben und Lerchen fliegen auf und Möven schweben mit dem Klageschrei eines kleinen Kindes sturmverkündend über dem Rothen Kliff – unten, am Fuß desselben donnert die Brandung, die Nordsee verschlingt brüllend den großartigen Strand mitsamt den kleinen Festungen, welche die Badegäste aus dem weißen Sande aufzuführen pflegen – Strandgüter aller Art, die Hummerkisten der englischen Fischer, zerbrochene Planken und Ruder, Rammpfähle und Rettungsbojen, Tonnen und Flaschenposten aus dem Atlantischen Meere, buntbemalte Gallionbilder, todte Tümmler werden von der Fluth ans Land geworfen, wieder verschlungen und wieder ausgeworfen. Da seht! Auch der Leichnam eines Menschen kommt angeschwommen – der Mann hat lange mit den Wellen gekämpft, man erkennt es an den krampfhaft geballten Fäusten, an den angstvoll zusammengezogenen Lippen; endlich ist er dem übermächtigen Element erlegen – die gewaltige Fluth hat ihn geknickt wie einen Strohhalm – jetzt ist er gelandet, aber todt.
Wie heißt er? Woher ist er? Wohin fuhr er? – niemand weiß es. Er wird aufgelesen und auf dem kleinen Friedhof von Westerland, der den obigen Namen trägt, begraben, heimathlos, namenlos.
Nichts steht auf den hölzernen Kreuzlein als eine Nummer, und der Tag und der Ort, an dem ein Mensch ertrunken gefunden ward: Den 3. Oktober 1855 W. St.“
Oder:
„Den 26. November 1863 R. St.
Es erinnert das an die Katakomben der Jesuiten, deren Persönlichkeit und Name in ihrem Orden gleichfalls untergeht und die im Gedächtnis der Nachwelt nur als Pater I und Pater II fortleben.
W. St. ist Westerland Strand; R. St. ist Rantum Strand – der westerländer Friedhof dient nur für die in Westerland und Rantum angetriebenen Leichen, während List, am Nordende der Insel, seit dreiundzwanzig Jahren seinen eigenen Friedhof für Schiffbrüchige hat und in Keitum für dieselben eine besondere Abtheilung auf dem allgemeinen Friedhofe besteht. Jede Sylter Gemeinde hält in einem Häuschen beständig einen Sarg in Bereitschaft, in welchem die Verunglückten gebettet und auf eine jener drei Heimathstätten übergeführt werden.
Bis vor drei Jahrzehnten verfuhr man auf Sylt anders. Es war Sitte, die angetriebenen Leichen in den Dünen zu verscharren, nicht bloß ohne Sarg, sondern auch ohne Sang, wie die Leute dort sagen, das heißt: ohne Predigt und religiöse Ceremonie. – Erst in dem oben angegebenen Jahre 1855 ummauerten die Westerländer das Plätzchen hinter den Dünen mit aufgeworfener Erde und bestimmten es zu einer Heimathstätte für Heimathlose. Neununddreißig Heimathlose, also mehr als einer auf das Jahr, hatten bis zum vergangenen Sommer hier eine Heimathstätte gefunden, die auf den beiden andern, jüngeren Friedhöfen Beerdigten nicht gerechnet – sanft ruhen sie, vom Rauschen des Meeres eingewiegt, alle ihre Kreuzchen sind bekränzt, und Schiffchen, aus Binsen geflochten, schwanken als harmlose Angedenken auf den Gräbern.
Zwei Jahre nach Ummauerung des Friedhofes, im Jahre 1857, wurde, auf Anregung eines Altonaer Arztes, das Seebad von Westerland eröffnet; und seitdem ist die Insel Sylt ein Lieblingsruheplatz, eine Heimstätte des Friedens auch für die Lebendigen. Tausend kranke, überreizte Menschenkinder zieht es im Sommer nach diesem äußersten Fleckchen deutscher Erde; Badegäste aller Stände und jeden Alters legen den langen Weg durch Schleswig-Holstein oder den geraden Weg von Hamburg über Helgoland und Föhr zurück, um ein paar Wochen in dieser ....“
(Anonymer Verfasser im Jahre 1863)
Die Flussschifffahrt auf allen Flüssen forderte seit ewigen Zeiten ihre Opfer. So befanden sich nahe Wien zwei Friedhöfe zur Bestattung der namenlosen Donauleichen.
Den ersten überlieferten so genannten alten „Friedhof der Namenlosen“ hatte man 1840 im Bereich zwischen Damm-Kapelle und Hafeneinfahrt (Albener Hafen an der Donau) angelegt. Er wurde 1900 – nach der Bestattung von 478 Opfern des Donau-Stromes – im Jahre 1900 aufgelassen.
Einen Steinwurf von dieser Stelle entfernt und vor Hochwasser besser geschützt eröffnete man 1900 den zweiten „Friedhof der Namenlosen“. Der Großteil der über 100 Grabhügel ist mit einfachen namenlosen Metallkreuzen versehen. Dieser schlichte Charakter des Friedhofes, der schon über 100 Jahren so besteht, soll in dieser Form beibehalten werden. Die letzten Beisetzungen von Toten, die die Donau ans Ufer spülte, erfolgten 1935. Von da an erhalten die namenlosen „Donau-Opfer“ eine Grabstätte auf den jeweiligen städtischen oder gemeindlichen Friedhöfen.
Am Kreuz auf dem letzten „Friedhof der Namenlosen“ steht zu lesen:
„Wenn Ruh’ und Frieden Ihr gesucht,
Ihr arggequälten Herzen,
Fern von der Welt, die Euch nun sucht
Hier giebt es keine Schmerzen.
Fehlt auch moderner Gräberstand.
Nennt Euch kein Kreuz mit Namen,
Ihr ruhet hier in Gottes Hand,
In seinem Frieden Amen.
Und kommt es einst zum Wiederseh’n,
Geniesst die Ruh’ indessen,
er einstens ruft das „Aufersteh’n“
Wird Eurer nicht vergessen.“
Das Lesen des folgenden Gedichts am Eingang zum „Friedhof der Namenlosen“ ist ein Muss für jeden Besucher:
„Tief im Schatten alter Rüstern,
Starren Kreuze hier am düstern
Uferrand.
Aber keine Epitaphe,
Sage uns wer unten schlafe,
Kühl im Sand.
Still ist’s in den weiten Auen,
Selbst die Donau ihre blauen,
Wogen hemmt.
Denn sie schlafen hier gemeinsam,
Die, die Fluten still und einsam,
Angeschwemmt.
Alle die sich hier gesellen,
Trieb Verzweiflung in der Wellen
Kalten Schoß.
Drum die Kreuze die da ragen,
Wie das Kreuz das sie getragen,
„Namenlos“.
(Gedicht von Graf Wickenburg) 30
Anmerkungen:
1.Es wird auf den Aufsatz: „Die Taufzeugen (Taufpaten) und die Trauung der späteren Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva“ verwiesen, der im Internet unter http://mhhmohr.cadae.de aufgerufen werden kann.
2.Eine erneute Missionierung von Sylt, und zwar durch Köln ist zwar denkbar, doch im Historischen Archiv des Erzbistums Köln (25.03.2008) lassen sich keine entsprechenden Hinweise finden. – In altgermanischer Zeit sollen sich auf dieser Erhebung in Keitum ein Odin-Heiligtum und auch schon Begräbnisplätze befunden haben. – Seit 1240 ist die St. Severin-Kirche in Keitum urkundlich belegt. – Der Dänenkönig Knut den Stor = Knut der Große (* etwa 995, † 12.11.1035 in Shaftesbury) soll bereits Geld und Steine zum Bau der Kirche in Keitum, die im romanischen Stil aus rheinischem Tuff, Feldsteinen, Granit und Ziegelsteinen errichtet wurde, zur Verfügung gestellt haben. – Knut der Große wurde zu Weihnachten 1016 zum König von England gekrönt und machte es zur Ausgangsbasis seines Nordsee-Reiches. Im Jahre 1019 wird er König von Dänemark und eroberte 1028 Norwegen. Vermutlich mit der zweiten Eheschließung konvertierte er zum christlichen Glauben. Mit der Christianisierung seines Herrschaftsgebietes begannen zunächst angelsächsische Priester. – Der hl. Severin war der dritte bekannte Bischof von Köln. Er wurde im Zusammenhang mit dem Tod (397) des hl. Martin von Tours (Bischof) erwähnt. St. Martin, in Ungarn geboren, war zunächst Offizier des römischen Kaisers. Mit 18 Jahren ließ er sich taufen, mit 40 J. quittierte er den Dienst im Heer und wurde Missionar. Seit 371 wirkte er als Bischof von Tours. Im Text der Lebensbeschreibung wird Severin als „heilig“ und als „ein lobenswerter Mann von lauterem Lebenswandel in jeder Hinsicht“ beschrieben. Gesicherte Erkenntnisse über das Wirken Severins in Köln fehlen. – Als Ort seiner Beisetzung soll der Überlieferung nach eine – angeblich von ihm gegründete oder zumindest vergrößerte – Kapelle in einem Begräbnis-Feld an der Ausfallstraße nach Süden von Köln aus römischer Zeit gewesen sein. Es waren Bestattungsorte privilegierter Bevölkerungskreise und zweier späterer Kölner Bischöfe Giso (etwa 711) und Anno I. (um 715), die sich hier hatten beerdigen lassen. Ein St. Severin-Patrozinium und das Severin-Stift in Köln sind an dieser Stelle um 800 und 866 belegt. – Seit 1925/1926 durchgeführte Grabungen an der Severin-Kirche aus dem 13. bis 15. Jahrhundert in der Kölner Südstadt haben neben römischen Gräbern einen Raum aus dem 4. Jh. mit Apsis, aber ohne christliche Zeichen gefunden – möglicherweise Severins Grab. Die Stätte wurde im 5./6. Jh. als Grablege und später mehrfach für sakrale Zwecke ausgebaut. – Schon früh wurde Severin als Heiliger in Köln hoch verehrt. Seine Gebeine werden seit dem 11. Jh. in der St. Severin-Kirche in Köln aufbewahrt. Dieser Goldschrein war wohl nach dem Dreikönigsschrein der kostbarste und bedeutendste im mittelalterlichen Köln. St. Severin ist der Schutzpatron der Stadt Köln. In Notzeiten (Wassernot 1421, unaufhörlichem Regen 1438, Dürre 1442, Pest 1607, Cholera 1849) wurden seine Reliquien in feierlichen Prozessionen durch Köln getragen und St. Severin um Hilfe angerufen. 1795 musste der Goldschrein leider eingeschmolzen werden, um die französische Besatzung zu bezahlen. Nur wenige Teile (wie eine Email-Scheibe) sind noch erhalten. Die lateinische Inschriften-Tafel, die sich einst auf dem Severin-Schrein befand, lautete übersetzt: „Dieser ist es, der seine Brüder und das Volk Israel liebt, der vieles für das Volk und die ganze Stadt erfleht.“ – Nach den vorgenommenen Untersuchungen sind die Gebeine aus der Zeit um 400, also aus der Zeit, zu der Bischof Severin der Überlieferung nach gelebt haben soll. An einer Zahnwurzel wurde festgestellt, dass der Verstorbene 55 Jahre alt geworden sein muss. – Als das Zentrum der Severin-Verehrung galt in den ersten Jahrhunderten der Kölner Raum. Erst allmählich setzte eine Ausweitung des Severin-Kultes ein, der sich unter anderem in den heute belgisch-niederländischen Raum und bis nach Dänemark hinein verbreitete. Als Relikt haben sich dort die von Severin abgeleiteten Vor- und Zunamen „Sören“ und „Sörensen“ erhalten. – Im Rheinland wurde Severin als Volksheiliger und „Regenpatron“ sowie auch „St. Pluvialis“ (Heiliger Regen) genannt. Und von der mundartlichen Form „Vrings“ für Severin ist nicht nur das „Vringsveedel“ abgeleitet, sondern auch der Familienname „Frings“. Eine Brücke und ein ganzer Stadtteil in Köln – das „Vringsveedel“ = Fringsviertel – tragen den Namen von St. Severin. Der Gedenktag des hl. Severin wird in Köln am 23. Oktober begangen. Die dem Namenstag entsprechende Bauernregel lautet: „Wenn’s Sankt Severin gefällt, so bringt er mit die erste Kält’.“ – Das wohl älteste Relikt in der St. Severin-Kirche in Keitum auf Sylt ist das um 1250 aus rheinischem Sandstein gefertigte Taufbecken. Der spätgotische Kirchturm – um 1450 aus Ziegel- und Feldsteinen errichtet – war bis 1603 Seezeichen bzw. Fixpunkt für die Seefahrer. Er diente bis 1806 zeitweilig auch als Gefängnis.
3.Noch 1713 sollen Sylter Strandräuber gestrandete Schiffbrüchige aus reiner Habgier ermordet haben. 1699 mussten sich 19 Insulaner aus Rantum vor Gericht verantworten, weil sie „Oxhoft Wein vom Strande paredieret“ hatten (alte Burgenländer Bezeichnung für Spitzenweine, die 24 Monate in einem Barriquefass/Holzfass gereift waren). Kurz vorher war die gesamte Einwohnerschaft dieses Dünendorfes wegen Strandräuberei zum Amtshause in Tondern „einbestellt“ worden. Bis ins 16. Jh. galt Rantum – älteste Erwähnung des Namens findet sich in einer alten Seekarte von 1142 – als eine Hochburg der Strandbanditen. Die Insulaner plünderten Schiffe und bestritten mit der erbeuteten „Sore“ bzw. dem Geraubten ihren Lebensunterhalt. Durch die Sturmfluten um 1362 und 1634 wurde Rantum – wo Sylt derzeit am schmalsten und die Inselgemeinde am kleinsten ist – so stark zerstört, dass ein Aufbau an anderer Stelle vonnöten war.
4.Desaströse Stürme gab es auf der Insel Sylt schon immer. Aber in Zukunft werden sie wegen der allgemeinen Erderwärmung häufiger sein, wie Wetterprognosen prophezeien. Bei der „großen Flut“, die etwa um das Jahr 1342 ganz Friesland überschwemmte, sind einige Dörfer und Ansiedlungen auf Sylt untergegangen. Die verheerende Sturmflut am 11.10.1634 („Burchardiflut“) ließ in einer einzigen Abendstunde das alte Nordstrand verschwinden. Aus der einen großen Insel bildeten sich die heutigen, kleineren Inseln Nordstrand und Pellworm sowie die Halligen Nordstrandischmoor, Hamburger Hallig und Südfall. In denkbar kürzester Zeit wurden 20 Kirchspiele mit 19 Kirchen (3 blieben erhalten), 1332 Häusern und 30 Windmühlen vernichtet, mehr als 6400 Menschen, darunter 9 Prediger, fanden den Tod in den Wellen. 2.633 Menschen überlebten die Schreckensnacht. Vor dieser Flut hatte Nordstrand eine Fläche von 22.169 Hektar, um 1905/1906 nur noch 9.000 durch Deiche geschützte Hektar. Da die seit 1867 als vermeintlicher Küstenschutz am Nordseestrand auf Sylt eingerammten Buhnen – ob aus Holz, Stahl oder Stein bzw. Beton – den gefräßigen Wellen und insbesondere den Sturmfluten bisher keinen Einhalt bieten konnten (durch Strömungsverwirbelungen wird der Abtransport des Sandes und die Dünen-Verluste noch begünstigt), begann man schon 1972 mit Sandvorspülungen in einer Größenordnung von mehreren hunderttausend Kubikmetern, um die Erosion des bedrohten Sylter Festlandes zumindest zu verlangsamen. Eine weitere Abtragung der Insel ist nicht zum Stillstand gekommen. – „Um Strand-Abschnitte oder Inseln vor Landverlust durch Erosion zu schützen, wird mit Baggerschiffen, so genannten Hopper Dredgern, Sand vom Meeresboden angesaugt und an die betroffene Küste gefahren. Hier wird der von Stürmen abgetragene Sand dann ersetzt. Auch wird der Meeresboden vor Deichen abgeflacht, um den Wellen die Kraft zu nehmen. – ‚Futter vorwerfen’, nennen es die Insulaner, wenn jeden Frühling die Baggerschiffe vor Sylt kreuzen. In hellgelben Fontänen schießen sie Tonnen von Sand in das flache Wasser vor sich, um so die von den Winterstürmen abgetragenen Landmassen wieder aufzufüllen. Doch der Überlebenskampf des Eilands wird bis 2100 immer härter werden. Denn statt wie in der Vergangenheit nur um 20 Zentimeter pro Jahrhundert zu steigen, wird sich der Meeresspiegel mit bis zu 58 Zentimeter um mehr als das Doppelte anheben.“ – So sagen es die Wissenschaftler der Vereinten Nationen in der neuesten Ausgabe ihres Weltklima-Berichts voraus. – Die Zukunft Sylts – „ein Splitter aus der Eiszeit, der durch Ebbe und Flut sowie durch eine pausenlose Sand-Verdriftung umformt wird“ – scheint also zumindest offen zu sein. – „Einer Studie amerikanischer Wissenschaftler zufolge wären in Mitteleuropa ohne weitere oder neue Schutzmaßnahmen in den Niederlanden, in Belgien, Dänemark, Polen und Deutschland mehr als 13 Millionen Menschen und eine Fläche von 44.833 Quadratkilometern von Sturmkatastrophen betroffen.“ – Auch die Orkan-Flut am 16./17.02.1962 hatte Sylt nicht verschont. Mit aller Gewalt war der „Blanke Hans“ gegen die Strandpromenade von Westerland gestürmt und durchlöcherte die Strand-Mauer. Wie eine Vermessung ergab, verlor Sylt seit 1870 etwa 400 Meter an Inselküste, allein 1962 fast 40 Meter. In den vergangenen 9000 Jahren gab es einen Sandverlust von einem etwa acht Kilometer breiten Küstenstreifen. Derzeit gehen jährlich ein bis zwei Meter der Insel verloren. „Es wird so weit kommen, dass die Insel irgendwann weg ist, das sind aber normale Veränderungen“ – meinte der Geologe Ekkehard Klatt auf Sylt.
5.Diese lateinische Urkunde (ein unscheinbares Büchlein, das sich in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen befindet) lautet übersetzt: „Erich III., König der Dänen, gewährt den im Kloster Odense Gott dienenden Mönchen alljährlich 30 Mark (Kleider-Beihilfe) von der Insel Sild. – Geschehen vor dem Hochaltar in der Kirche des Hl. Knud im Jahre 1141 nach des Herrn Geburt, am 7. Dezember. Als Zeugen waren der Kaplan Asker, Aki Pik, Ubbo Bothildas Sohn, Turo Stafns Sohn, die Töchter Knuds, Christina und Katharina, mit Frau Margaretha sowie Bothilda und mehrere andere gegenwärtig.“ – Das dänische Odense (Othensve = das Heiligtum Odins) ist kultureller und wirtschaftlicher Mittelpunkt der Insel Fünen. Es wurde 987 erstmals erwähnt. In seinen Mauern befinden sich die gotische St. Knuds Kirke (1100), die Frue Kirke (1180), die St. Hans Kirke des ehemaligen Johanniter-Klosters und das Geburtshaus (Museum) des dänischen Märchendichters und Schriftstellers Hans Christian Andersen (1805 bis 1875). Von 1654 bis 1658 war Odense die Hauptstadt Dänemarks.
6.Es gab 2008 auf Sylt 57.517 Betten, 818.386 Gäste und 6.720.953 Übernachtungen. In den gewerblichen und privaten Unterkünften waren es 686.753 Gäste und 5.346 Übernachtungen. Die Kinderheime und Jugendherbergen hatten 81.334 Gäste und 602.109 Übernachtungen. Auf den Campingplätzen zählte man 39.089 Gäste mit 304.127 Übernachtungen. Und von den Jahres-Kurkarten-Inhabern kamen im Jahre 2008 nicht weniger als 11.210 Gäste nach Sylt, wobei 491.354 Übernachtungen verzeichnet wurden.
7.Die Friesen von Sylt waren im Mittelalter so gut wie unabhängig, bis die Insel mit dem übrigen Nordfriesland 1435 an das Herzogtum Schleswig kam, ausgenommen einem kleinen nördlichen Gebiets-Streifen (Listland), der an Dänemark fiel und bis 1864 als Exklave von der dänischen Krone verwaltet wurde. – Bei der Teilung Schleswig-Holsteins von 1581 wurde Sylt dem so genannten Herzoglichen (Gottorper) Anteil zugeteilt, den man 1721 mit dem Königlichen Anteil vereinigte. Bei der Volkszählung 1769 hatte Sylt 2.814 Einwohner. Nach den Deutsch-Dänischen Kriegen, die 1848 bis 1850 und 1864 zwischen Dänemark, Preußen und Österreich um Schleswig-Holstein geführt wurden, kam Sylt 1866/1867 zur damaligen preußischen Provinz bzw. zum heutigen Land Schleswig-Holstein. Sylt genoss bis 1867 weitgehende Selbstverwaltung. Die Herzogtümer Schleswig und Holstein zählten noch bis 1864 zu Dänemark. Nach dem am 30.10.1864 in Wien geschlossenen Friedensvertrag verzichtete der König von Dänemark auf die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg zugunsten des Königs von Preußen und des Kaisers von Österreich. Noch 1860 hatte der König von Dänemark der Insel Sylt einen Besuch abgestattet.
8.Als Schlacht im „Königshafen“ wird die Seeschlacht während des Torstenssonkrieges zwischen dänischen-niederländischen-schwedischen Schiffen am 16.05.1644 im Bereich des Lister Hafens genannt. Die dänische Flotte unter ihrem König Christian IV. von Dänemark und Norwegen bestand aus 9 dänischen Dickschiffen, die die Durchfahrt in der Sylt-Rømø-Bucht für die schwedischen Schiffe blockierten und so den Gegner im Lister-Tief festsetzen konnten. Die Schweden besaßen 33 kleinere, dafür aber auch wendigere Schiffe. Gegen 10.00 Uhr morgens begann die Schlacht, die sich bis nachmittags gegen 16.00 Uhr hinzog Die schwedische Flotte konnte schließlich bei starkem Seegang die dänische Blockade durchbrechen und in die Nordsee flüchten. Bei der Schlacht kamen etwa 800 bis 1.100 Menschen ums Leben. Die Leichen, die später bei List und an der schließlich 1998/1999 untergegangenen Hallig Jordsand anschwemmten, wurden einfach im Sand verscharrt.
9.Die „Villa Roth“ war 1882/1884 als zweites Haus auf der Düne von Westerland von dem Apotheker Carl Roth erbaut worden. Etwas weiter vorne – am Strandübergang und dem „Strandweg“, der heutigen „Strandstraße“ – nordwestlich befand sich noch die Villa des Barons von Baur-Breitenfeld. Sehr bald entwickelte sich die „Villa Roth“ aufgrund ihrer hervorragenden Lage am Nordseestrand zu einem der erstrangigen Logierhäuser in Westerland und wurde Treffpunkt von Adel, Diplomatie und Großbürgertum. – Auch Walther Rathenau (* 29.09.1867 in Berlin, † 24.06.1922 in Berlin ermordet), Jude, Industrieller und zuletzt Reichsaußenminister fühlte sich als Logiergast in der „Villa Roth“ sehr wohl. Die „Gründerjahre“ waren „Boom“-Jahre für Westerland. Jährlich wurde die „Villa Roth“ durch An- und Neubauten erweitert. Als Carl Roth 1913 starb, hinterließ er die „Villa Roth“ seiner Ehefrau Marie, doch die Witwe entfloh den damals eintönigen Sylter Wintermonaten nach Monte Carlo und versuchte dort ihr Glück im Roulettspiel. 1928 verkaufte Frau Roth auch das so genannte „Schloss Segenhaus“ in Westerland an die Familie Hayo und Emilie Feikes. Die „Villa Roth“ stand damals kurz vor einer möglichen Umwandlung zu einem Kinderheim. – (Welches „Segenhaus“, die Neuwieder Landvilla, die am 22.12.1872 als Witwensitz eingeweiht und 1961 während einer Bundeswehr-Übung „platt gemacht“ wurde, oder das in Westerland ist wohl älter? Die Mutter und auch Carmen Sylva wollten aus ihrem „Segenhaus“ eine „Heimstätte für Künstler aus aller Welt machen, ein „Musenhof“, ein „Heim für müde Seelen“, wie Carmen Sylva zu sagen pflegte.) – Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte in der „Villa Roth“ der Generationswechsel, als der Betriebswirt/Dipl.-Kaufmann Dr. Ernst Feikes zum Hotelier in Westerland avancierte. Er plante, das „Segenhaus“ abzureißen und eine Eigentumswohnanlage zu errichten. Mit dem Erlös und nach Abriss der „Villa Roth“, die 1956 für 60.000 DM ein „Einfamilienhaus“-Anbau erhielt, wollte er ein neues Hotel bauen. Doch am 03.02.1963 verunglückten die Eheleute Dr. Ernst Feikes und Ilse Feikes im Alter von 56 und 49 Jahren tödlich. Sie hinterließen vier Kinder. Jens Feikes, als gelernter Konditor mit Hotel-Fachschul-Abschluss, und Hayo Feikes, der 1963 sein Abitur ablegte, „spuckten“ nun in die Hände. Das heutige „Hotel Roth am Strande“ in Westerland, Strandstraße 31, entstand auf dem Grundstück der früheren „Villa Roth“ zusammen mit dem Gesamtkomplex des „Neuen Kurzentrums“ in Westerland und wurde am 01.08.1967 nach fast zweijähriger Bauzeit eröffnet. Der Hotel-Unternehmer, Hayo Feikes, erinnert sich, dass sein Großvater in den „Goldenen Zwanzigern“ die Sängerin und Schauspielerin Marlene Dietrich im Regen noch selbst vom Bahnhof in Westerland abholte und in seine „Villa Roth“ begleitete. Jens Feikes eröffnete 1969 im neuen Hotel eine renommierte Diskothek. In der Bierstube des Hotels sind nostalgische Erinnerungsstücke und historische Bilder von Sylter Provenienz sowie alte Messing-Teller und andere Kunstgegenstände aus der „Villa Roth“ zu sehen.
10.Sie sind inzwischen am Strand zur Plage geworden, weil sie auf Futtersuche nicht selten die Touristen attackieren. – Nach der Kur-Zeitung von 1890 scheint „das Möwen-Füttern auch damals schon eine beliebte Beschäftigung der Gäste gewesen zu sein, der sie sich aber entweder mit zu großem Eifer unterzogen – oder die hinsichtlich des Benehmens der Möwen etwas sehr zu wünschen übrig ließ, sieht sich doch die Badedirektion gezwungen, infolge mehrfach an sie gerichtete Beschwerde, um ernstere Maßregeln zu vermeiden, das geehrte Badepublikum zu ersuchen, vor dem Neutralstrand, im Bereiche der Strandhallen und der Wandelbahn das Füttern der Möwen unterlassen zu wollen.“ – .Von der „Heimatstätte für Heimatlose“ – einst völlig einsam und abseits gelegen und inzwischen völlig umbaut – sind es nur wenige Schritte bis zu den Dünen und zum Nordseestrand, aber auch zum Glamour des Fremdenverkehrs in Westerland.
11.Der Name „Blanker Hans“ geht nach Aufzeichnungen des Chronisten Anton Heimreich – * 1626, † 1685, Pfarrer, Prediger auf Nordstrand, Verfasser der ältesten erhaltenen Chronik Nordfrieslands, der auch Schilderungen über die zweite „Große Maandränke“ (auch „Burchardiflut“ genannt, die am 11.10.1634 die Küste Nordfrieslands verwüstete, wobei 9.000 Menschen starben) der Nachwelt hinterließ – auf den Deichgrafen von Risum (Gemeinde in Nordfriesland) zurück. Dieser soll nach Fertigstellung eines neuen Deiches der Nordsee herausfordernd „Trutz nun, blanker Hans“ entgegen gerufen haben. Kurze Zeit später brach der Deich in der „Burchardiflut“. – Der Lyriker Detlev Freiherr von Liliencron, * 03.06.1844 in Kiel, † 22.07.1909 in Alt-Rahlstedt bei Hamburg, war Offizier, wanderte nach Amerika aus, Gesanglehrer, 1882/1883 Landesvogt (Hardesvogt) auf der Insel Pellworm, 1884 bis 1887 Kirchspielvogt in Kellinghusen und dann freier Schriftsteller, machte den Namen in seinem Lied „Trutz, blanke Hans“ allgemein bekannt. – Mit Freiherr von Liliencron, der durch formvollendete impressionistische Natur- und Liebeslyrik und realistische Kriegserzählungen bekannt wurde, hatte Carmen Sylva stellenweise inhaltliche und stilistische Annäherungspunkte (Kriegs-Motivi und impressionistische Aspekte der Lyrik).
12.Die Kirche, die ehemalige Burgkapelle, ursprünglich eine römische Wachstation, heute katholische Pfarrkirche St. Klemens, ist eine 1151 geweihte Doppelkapelle mit Zwerggalerie und Vierungsturm, die zu den schönsten Werken romanischer Architektur im Rheinland gehört. – Zunächst ein Zentralbau über Vierpassgrundriss, wurde die Westkonche (Nischenwölbung) bei der Neubestimmung als Klosterkirche um 1173 durch ein ebenfalls doppelgeschossiges Schiff ersetzt. Bedeutend wie die Architektur sind die Wand- und Gewölbemalereien (1151), besonders in der Unterkirche. – Nach Beschädigungen erfolgte die Wiederherstellung des Kirchenbaues (1747 bis 1752) unter dem Kölner Kurfürsten und Erzbischof Klemens August von Bayern (1723 bis 1761). 1803 wurde die Kirche säkularisiert (als Stall und Scheune benutzt), 1832 erfolgte die Rückgabe des Obergeschosses und 1865 die des Untergeschosses an die Kirche.
13.Es war der 5. Kreuzzug (Zählung nach Steven Runciman) von 1217/1218 bis 1221, der nach Anfangserfolgen aufgrund von Führungsfehlern des päpstlichen Legaten Pelagius scheiterte. Dieser Feldzug, der erste und einzige Kreuzzug, in dessen Verlauf der Deutsche Orden eine bedeutende militärische Rolle spielte, wurde im Wesentlichen von Streitkräften aus dem Westen des Reiches und speziell den Rheinlanden getragen. Der Deutsche Orden hatte in den Rheinlanden um 1216 durch die Schenkung eines Hospitals als Keimzelle der Kommende/Komturei in Koblenz erst Fuß gefasst. Initiator war der Trierer Erzbischof Theoderich II. von Wied (1212 bis 1242). – Dieser 5. Kreuzzug – an dem Graf Heinrich III. von Sayn und auch Arnold von Rennenberg (Bruder des Klostergründers von St. Katharina) teilnahmen – wurde von vielen Adeligen aus dem Rheinland „frequentiert“. Einige der militärischen Führer, die Grafen Wilhelm III. von Jülich und Adolf V. von Berg, hatten schon 1212 beim Albigenser-Feldzug in Südfrankreich entsprechende Kreuzzugs-Erfahrung sammeln können. – Als der logistisch führende Kopf galt der Kölner Dom-Scholast (seit 1201), Magister und Kreuzzugs-Prediger, Thomas Oliver Saxo. Die Grafen Wilhelm I. von Holland und Georg von Wied, Bruder des Trierer Erzbischofs Theoderich (Dietrich) II. von Wied, stachen als militärische Führer am 29.05.1217 gut vorbereitet und ausgerüstet mit 100 Schiffen von Rotterdam aus in See. Graf Georg von Wied hatte in Vlaardingen an der Maas das Kreuz genommen und verstarb am 15.06.1218 in Ägypten.
14.Erzbischof Dietrich II. von Wied in Trier war eine charaktervolle, ehrfurchtgebietende Persönlichkeit, ein treuer Anhänger der Staufenkaiser, wirkte auf dem 4. Laterankonzil für Kaiser Heinrich II., begleitete ihn 1221 nach Syrien und 1226 nach Italien. Aber trotz dieser eifrigen politischen Geschäfte verwendete er viel Sorgfalt auf sein Bistum und die Seelsorge. Er förderte die Niederlassung der Bettelorden und Deutschritter in Trier und Koblenz, hielt 1238 eine Provinzialsynode und gab dem künstlerischen Schaffen starke Antriebe. Man bezeichnete ihn als den ersten Kurfürsten in Trier. Auch betrieb er aktive Territorialpolitik (Bau von Montabaur rechtsrheinisch und Kyllburg gegen Luxemburg). Der Plan zur Errichtung eines Suffragan-Bistums (Prüm, 1236) misslang. Die frühgotische Liebfrauenkirche in Trier (der Bau, mit dem 1235 begonnen wurde, ist neben der Elisabethkirche in Marburg der älteste gotische Kirchenbau in Deutschland), ein schönes Denkmal gotischer Baukunst, verdankt ihm ihre Entstehung. Erzbischof Dietrich von Trier verstarb am 28.03.1242 – seine Grabstätte befindet sich im Dom zu Trier.
15.Ein am 12.07.1806 auf Veranlassung Napoleons I. gegründeter Bund zwischen 16 süd- und südwestdeutschen Fürsten, die sich unter französischem Protektorat für souverän erklärten und am 01.08.1806 vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation lösten.
16.Er selbst veröffentlichte unter Pseudonym zwei vom Mesmerismus (Lehre von der heilenden Wirkung magnetischer Kräfte) und Okkultismus (Lehre vom Übersinnlichen) beeinflusste philosophische Werke. – Nachdem der Fürst die Studienjahre in Göttingen beendet, Reisen durch Deutschland und Frankreich gemacht, dann eine Zeitlang in Berlin bei der Garde gedient hatte, übernahm er nach dem Tode seines Vaters im Jahre 1836 die Verwaltung der weitläufigen Besitzungen. Durch ein unvorsichtiges Bad während des großen Feldlagers in Kalisch 1835 hatte sich der Fürst eine Krankheit zugezogen, die in ihren Folgen auf sein ganzes Leben hemmend einwirkte und auch die Ursache seines frühen Todes wurde. Er war „männlich schön und vornehm in seiner äußeren Erscheinung“ und von echt deutscher Gesinnung. Seine Hoffnung war, dass die deutschen Fürsten freiwillig und bald zum Wohle und der Neugestaltung Deutschlands ihrer Souveränität entsagten.
17.Vorausgegangen waren zähe diplomatische Verhandlungen der Großmächte in London, die sich am 29.07.1913 auf die Schaffung eines selbständigen Albanien geeinigt hatten, um dem serbischen Ansinnen nach einem Adria-Hafen in Albanien und den griechischen Ansprüchen auf Süd-Albanien zuvorzukommen.
18.Der 1531 in Schmalkalden von protestantischen Fürsten und Reichsstädten unter Führung des Landgrafen Philipp von Hessen und des Kurfürsten Johann von Sachsen geschlossene Bund hatte das Ziel, Glauben und politische Selbständigkeit zu wahren. Zugeständnisse Kaiser Karls V. förderten zunächst seinen Einfluss, doch nahm die Bedeutung wegen unterschiedlicher Zielsetzungen der Mitglieder seit 1541 ab. 1546 verhängte Karl V. die Reichsacht über die Bundeshauptleute Philipp und Johann und ging militärisch gegen sie vor (Schmalkaldischer Krieg). Die Niederlage des Schmalkaldischen Bundes am 24.04.1547 führte zu seiner Auflösung.
19.Er lehnte einen Eid auf die vom Trienter Konzil erneuerte römisch-katholische Kirche ab, sodass er keine päpstliche Bestätigung seiner Wahl erhielt. Der Papst beharrte auf die Ablegung des Glaubensbekenntnisses und den Empfang der Priester- und Bischofsweihe. Auch lag er beständig mit dem Domkapitel im Streit. Am 07.08.1567 trat Graf Friedrich IV. von Wied als Erzbischof und Kurfürst von Köln zurück.
20.In Italien hatte der Komponist und Dichter, der spätere Professor August Bungert (* 1845 in Mülheim/Ruhr, † 1915 in Leutesdorf), die Bekanntschaft von Carmen Sylva gemacht, die für sein späteres Leben und sein künftiges Schaffen bestimmend werden sollte. Durch Carmen Sylva erhielt er endlich den erstrebten Zugang zu höchsten Adelskreisen. – August Bungert war nunmehr häufiger Gast in den fürstlich-wiedischen Schlössern sowie am schwedischen und rumänischen Königshof. – 1890 schenkte Carmen Sylva ihm einen kostbaren „Bechstein-Flügel“ (Die Klavierfabrik wurde 1853 von Carl Bechstein in Berlin gegründet und ist heute einer der größten deutschen Klavier- und Flügel-Hersteller.) und 1894 übereignete sie ihm ein Haus (Villa) mit großem Garten am Rheinufer in Leutesdorf (August-Bungert-Allee). Als evangelischer Christ durfte er nicht – seinem Wunsche entsprechend – auf dem Friedhof im streng katholischen Leutesdorf beerdigt werden. Seine letzte Ruhestätte fand er schließlich auf dem Friedhof der Feldkirche in Neuwied.
21.Der Brâncoveanustil geht auf Constantin Brâncoveanu, Fürst der Walachei von 1688 bis 1714, zurück. Zu seiner Zeit wurde die rumänische Renaissance geboren, der so genannte Brâncoveanustil, der sich vor allem durch seine kunstvolle Steinmetzarbeit auszeichnet. – „Dort stand im Thal der Prahova, 2900' hoch auf vorspringendem Felsberg das alte Kloster Sinaia. Ein Fürst Cantacuzène hatte es dem Gotteshause auf dem Berge Sinai nachgebaut und nachbenannt. Es diente bisher als Hospiz für die vielen Karawanen von Ochsenfuhrwerken, die mit Kukuruz (Mais) beladen, Tag und Nacht in fast ununterbrochener Reihe über den Gebirgspaß nach Siebenbürgen zogen. Hinter dem Kloster thürmten sich die Berghäupter der Karpathen in zum Theil abenteuerlichen Formen. Carmen Sylva’s dichtendes Wort hat sie mit poetischen Sagen belebt.“ – Die Kantakuzenos, ein einflussreiches byzantinisches Geschlecht, das im 14. Jh. die Kaiser stellte, zählte unter der Türkenherrschaft zu den vornehmsten Fanariotenfamilien (Fanarioten = aus Fanar, dem Stadtviertel von Konstantinopel stammend) in Konstantinopel. Seit dem 17. Jh. trat der Zweig der Cantacuzinos in der Region der Moldau-Walachei und in Rumänien hervor. Es stellte Hofpodare (Fürsten) und in Rumänien Minister und Ministerpräsidenten.
22.Stephan III., Stephan (cel Mare) der Große (rum. Stefan cel Mare), Fürst (Wojewode), 1457 bis 1504, * um 1435, † 02.07.1504 in Suceava, war der bedeutendste Herrscher der vorosmanischen Zeit in der Moldau. Er siegte gegen Türken (1475/1481), Ungarn und Polen (1467, 1498), musste seit 1489 dem Sultan Tribut zahlen, behauptete aber die Unabhängigkeit seines Landes von der türkischen Oberherrschaft, vollendete den gesellschaftlichen und kirchlichen Aufbau des Landes und gewann beherrschenden Einfluss in der Walachei. Durch ihn wurden – nach jedem Sieg kunstgeschichtlich bedeutsame Kloster und Kirchenbauten – wie Putua, Voronet und Neamtu begünstigt bzw. errichtet, die heute zum Weltkulturerbe zählen.
23.Nach der Revolution von 1868 wählten ihn die spanischen Regenten zum Thronfolger in Spanien, was von Bismarck unterstützt, von Napoleon III. jedoch scharf abgelehnt wurde. Nach Annahme der Kandidatur Leopolds am 02.07.1870 verzichtete sein Vater (Fürst Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen) auf den spanischen Thron. Trotzdem kam es zur Kriegserklärung Frankreichs (Emser Depesche vom 13.07.1870) und schließlich zum Deutsch-Französischen Krieg (1870/1871).
24.Am 11.07.1901 eröffnete die „Sylter Südbahn“ von Hörnum nach Westerland eine weitere Strecke. Sie endete am Westerlander Südbahnhof in der (heutigen) Käpt’n Christiansen Straße (oben am Strandübergang), heute ein Parkplatz. – Der erste Teil der Nordbahn wurde am 07.07.1903 eröffnet und führte von Westerland über Wenningstedt nach Kampen. Die erste Bahn, die auch nach List fuhr, startete am 31.05.1908. Und am 29.12.1970 kam für alle Bahnen die Stilllegung. – Die Trassen werden derzeit als Wander- und Fahrradwege genutzt. Viele Sylter und Touristen, die die Inselbahn von früher noch kennen, vermissen sie heute.
25.Mite Kremnitz geb. Marie von Bardeleben (Pseudonyme „George Allan“, „Dito und Idem“, * 04.01.1852 in Greifswald, † 18.07.1916 in Berlin) war eine deutsche Schriftstellerin. Sie war die Tochter des renommierten Chirurgen Heinrich Adolf von Bardeleben und wuchs in Greifswald, London und Berlin (ab 1868) auf. Später heiratete sie den praktischen und späteren Chef-Arzt Dr. Wilhelm Kremnitz und übersiedelte mit ihm 1875 nach Bukarest. Das Ehepaar hatte zwei Kinder. In Rumänien befreundete sie sich mit Königin Elisabeth von Rumänien und wurde offiziell ihre Vorleserin und Hofdame. Zusammen mit ihr veröffentlichte Mite Kremnitz Briefromane und ein Drama unter dem Pseudonym „Dito und Idem“. Und ab 1890 schrieb sie unter dem Pseudonym „Mite Kremnitz“. Nach dem Tode ihres Mannes 1897 kehrte Mite Kremnitz nach Berlin zurück. Mite Kremnitz stand neuen Literaturauffassungen wie dem Realismus und dem Naturalismus aufgeschlossen gegenüber, Carmen Sylva dagegen verachtete moderne Strömungen in der Literatur und Kunst. Diese Unstimmigkeit und die okkultistischen Neigungen der Königin führte schließlich zum Bruch der Freundschaft dieser ungleichen Frauen.
26.Es ist das 1888 entstandene Gemeinschaftswerk von Carmen Sylva und Mite Kremnitz (Pseudonym: „Dito und Idem“) – „Rache und andere Novellen“ (Inhalt: 1. Carmen Sylva: Rache!; Pablo Domenich/Domenech; Hora. 2.: Mite Kremnitz: Zoe's Roman; Wera.).
27.„Bevor ein eigenes Heim auf dem von der Gemeinde Westerland geschenkten Grundstück errichtet werden konnte, war 1887 schon von dem Sylter Lokalkomitee des Vereins für Kinderheilstätten an deutschen Seeküsten ein bescheidener Grundstein für die Anstalt gelegt worden, aus dem dann mit der finanziellen Erstarkung durch freiwillige Spenden sich diese immer mehr entwickelte.“ – „Am 03.07.1890 konnte das eigene Heim der Kinderheilstätte, dies großzügige Werk der Nächstenliebe, das minderbemittelten Kindern Aufenthalt und Erholung gibt, eingeweiht werden. Eine am Abend des 29. Juli (1890) abgehaltene Wohltätigkeitsveranstaltung im Kurhaus, zu der sich namhafte Künstler als Mitwirkende zur Verfügung gestellt hatten, ergab den reichen Ertrag von 2.019,50 Mark. Auch weitere Zuwendungen aus Überschüssen von Festlichkeiten und Sammlungen gingen der Anstalt in der Folge zu. Wohltätigkeitsveranstaltungen für die Kinderheilstätte wurden in den nächsten Jahren ständige Einrichtungen des Kur-Programms.“ – Der Name „Bethesda“ geht auf einen Teich in Jerusalem zurück, dem heilende Kräfte zugesprochen wurden.
28.Wahrscheinlich identisch mit dem Dichter, Journalist und Schriftsteller Julius Rodenberg, eigentlich Levy, * 26.06.1831 in Rodenberg in Hessen, † 11.07.1914 in Berlin, der 1858 auf Sylt weilte, wo er sein Buch „Stilleben auf Sylt“ verfasste.
29.Auf der Stadtratssitzung in Westerland vom 17.09.1906 „wurde der von der Regierung bestimmte kommissarische Bürgermeister, Gerichtsassessor Dr. Pauli aus Kiel, durch Landrat Rogge in sein Amt eingeführt. In der gleichen Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums wurde beschlossen, wegen einer evtl. Verlegung des „Heimatlosenfriedhofes“ an die Kirchengemeinde heranzutreten und die verstärkte Baukommission beauftragt, Vorschläge wegen der Vergrößerung des Kurhauses auszuarbeiten.“
30.Albrecht Graf von Wickenburg, 1838 bis 1911, ein österreichischer Lyriker, ein feinsinniger Poet und Übersetzer fremder Poesien, verfasste 1898 den Text des Liedes „Heidelberg du Jugendbronnen“. In diesen Reimen – er kam 1898 als Diplomat nach Heidelberg – hielt er seine Wahrnehmungen über Heidelberg fest.
Bildtexte:
1.Königin Elisabeth von Rumänien alias „Carmen Sylva“, die unter dem Pseudonym „Gräfin Vrancea“ nach Sylt gereist war, auf der Mole vor Westerland. Die Originalaufnahme ging dem Sylter Archiv in Westerland verloren – entweder in den Wirren des Zweiten Weltkrieges oder als der Dachstuhl des Westerlander Rathauses (das ursprüngliche Kurhaus) am 30.12.1950 niederbrannte. Sie stammte von dem Sylter Photo-Pionier Paul Ebe Nickelsen (* 10.07.1832 in Westerland, † 15.03.1894 in Westerland), der für diese einmalige Photographie mit der „Goldenen Medaille“ ausgezeichnet wurde.
2.Sylt auf einer Karte von Johannes Mejer im Jahre 1648.
3.Der Türwächter. Es war früher auf Sylt nicht üblich, die Türen abzuschließen. Man hängte solche Bilder einfach an die Wand, um das Haus zu schützen. Dieser Türwächter schmückte vermutlich den Zugang zur Gerichtsstube des Sylter Landvogtes in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.
4.Den äußeren Eingang zum interessanten Heimatmuseum in Keitum zieren Unterkieferknochen eines im Februar 1995 in Wenningstedt gestrandeten Finnwals. Das Wal-Skelett ist im Hofbereich des Museums zu besichtigen.
5.Die altehrwürdige St.-Severin-Kirche in Keitum.
6.Der Ausschnitt ist aus der im Jahre 1636 von Johannes Mejer angefertigten Karte.
7.Amrum, Föhr, Sylt (1910).
8.Der einstige Zollstein der Lister Zollstation mit der dänischen Inschrift: „Lister Dübes Told Gammer“. Das Listland gehörte Jahrhunderte bis 1864 zur dänischen Krone. Im Jahre 1682 ließ Christian V. in List eine Zollstation errichten. Über der Jahreszahl ist halbkreisförmig der Wahlspruch des Königs „Pietate et Justitia“ („Frömmigkeit und Gerechtigkeit“) vermerkt.
9.Die feierliche Eröffnung des „Hindenburgdammes“ fand nach vierjähriger Bauzeit am 01.06.1927 in Anwesenheit des damaligen Reichspräsidenten Paul von Beneckendorf und von Hindenburg (1925 bis 1933) – der „formal“ als der erste offizielle „Bahn-Passagier“ vom Festland (Klanxbüll) nach Westerland auf Sylt gilt – und des Generaldirektors der Reichsbahn (dem späteren Reichs-Verkehrsminister) Dr. Julius Dorpmüller statt. – Am Eröffnungstag war es trübe und regnerisch. Um 11.10 Uhr erreichte der erste festlich mit Girlanden geschmückte offizielle Zug die Inselmetropole. Erst anlässlich der Einweihungsfeier im 1898 erbauten Kurhaus (seit 1933 Rathaus) in Westerland meinte der Generaldirektor der Reichsbahn: „Wir wollen den Damm heute ‚Hindenburgdamm’ taufen.“ Die Baukosten des Dammes betrugen zirka 25 Millionen Mark. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der Name des Dammes lange Zeit in der Kritik und der „Hindenburgdamm“ sollte partout umbenannt werden, doch die vorgeschlagenen neuen Namen vermochte die Allgemeinheit nicht zu überzeugen.
10.Auf dem „Hindenburgdamm“ gestern und in unsrer Zeit. – Zunächst dampften täglich 6 Züge in 5 Stunden von und nach Hamburg. Inzwischen sind es bis zu 120 Personen-, Auto- (von/bis Niebüll = SyltShuttle) und Güterzüge pro Tag, die im Stundentakt in 3 Stunden zwischen Westerland und der Hansestadt und umgekehrt verkehren.
11.„Die erschreckliche Wasser-Fluth vom 11. Octobris 1634“. Ein ‚schwarzer Tag’ für die Westküste Schleswigs. – „6123 Menschen sind jämmerlich ertrunken, darunter 9 Prediger, 12 Küster. 1339 Häuser sind ganz weggetrieben, 375 Hauswirte oder Landeigner und 58 Kötener (Kötner = Kätner = Häusler und Besitzer einer Kate) behalten, 28 Windmühlen, 6 Glockentürme weggetrieben.“
12.In früheren Zeiten wurden die Rettungsleinen auf die im Sturm gekenterten Schiffe katapultiert und die Schiffbrüchigen in einer Hosenboje an Land gezogen.
13.Eine „friedvolle“ Nordsee vor Westerland.
14.In der 1635 erbauten und dem Schutzpatron der Seefahrer (Sankt Nikolaus von Myra, * zwischen 270 und 286 in Patara, † 06.12.326, 351 oder 365) geweihten „Alten Dorfkirche St. Niels“ in Westerland sind einige Überbleibsel aus der 1436 mit Eidum versunkenen Kirche gerettet und wieder verwendet worden. Dazu zählen mehrere Sockel-Steine, das Prozessionskreuz und die Glocke. Der hl. Nikolaus gilt nicht nur als der Schutzheilige der Seefahrer sondern ist auch der Schutzpatron von Russland, Kroatien, Serbien und der Kaufleute sowie der Schüler und Kinder.
15.Die Badeaufsicht mit Badegästen am Weststrand von Westerland um 1900/1910.
16.Der „Eine Mark-Gutschein“ No. 7077 als Notgeld der Stadt Westerland vom 14.03.1920 zeigt (Vorder- und Rückseite) die „Seeschlacht auf der Lister Tiefe am 16. Mai 1644“ bzw. im früheren „Königshafen“ von List zwischen dänischen-niederländischen-schwedischen Schiffen. Dieser in den letzten Jahren der Inflation hergestellte und in Umlauf gesetzte Notgeldschein ist mit der friesischen Spruchweisheit „Rüm Hart + Klaar Kimming“ versehen, was so viel wie „Großes/weites Herz + klarer/weiter Horizont“ bedeutet und den friesischen Kapitänen zugeschrieben wird, die damit ihre Weltläufigkeit zum Ausdruck bringen wollten. 8
17.Badende mit Aufseher in der Brandung am Nordseestrand vor Westerland.
18.Der Strand von Westerland. – Links ist das 1902/1903 von dem Berliner Kaufmann Otto Busse erbaute Hotel „Miramar“ zu sehen und rechts die 1882/1884 von dem Apotheker Carl Roth erbaute „Villa Roth“, in der Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva vom 28.07.1888 bis 17.08.1888 logierte.
19.Das Notgeld (Stadtgeld) von Westerland über „Eine Mark“ No. 11533 (Anno 1921) trägt ebenfalls das friesische Zitat „Rüm Hard + Klaar Kimming“ (Großes/weites Herz + klarer/weiter Horizont“). Der weitere aufgedruckte Spruch auf Friesisch „Maaki di Reekning eeder die Pung – Brück din Rocht man söner Bocht“ lautet: „Mache die Rechnung nach dem Geldbeutel – Benutze Dein Recht aber ohne Krümmung (ohne dich zu verbiegen)“. Dieser „Geldersatz“ bzw. die oft gut gelungenen und ansehnlichen Notgeldscheine gab es ab 1916 und wurden durch Reichs-Gesetz vom 17.07.1922 verboten.
20.Der Gedenkstein, den Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva am 17.08.1888 den unbekannten Seemanns-Toten auf der „Heimatstätte für Heimatlose“ in Westerland widmete.
21.Neuwied am Rhein und an der Wied.
22.Das „Monrepos“ in Neuwied war ein barockes Schloss (Jagd-Palais) der Fürsten zu Wied. Zuerst hieß es „Montrepos“ = Bergruhe und später wurde daraus – dem Zeitgeist entsprechend – „Monrepos“ = Meine Ruhe. Es wurde in der Zeit von 1757 bis 1762 durch Graf Alexander von Wied-Neuwied in der Nähe der „Hahnhöfe“ oberhalb der Stammburg „Altwied“ von einem „Carl Behaghel von Adlerskron“ aus Frankfurt erbaut und diente im 19. Jh. als Sommersitz der fürstlichen Familie. Wegen seines weißen Anstriches nannten es die Einheimischen das „Weiße Schloss“. Um „Monrepos“ waren kunstvolle, spielerisch gestaltete Gartenanlagen mit kleinen Einsiedeleien angelegt. Da das Schloss schon Jahre unbewohnt war und langsam verfiel und auch keine Verwendung in Aussicht stand, wurde es am 30.04.1969 zunächst angezündet und dann abgetragen. – Bereits im Geburtsjahr von Prinzessin Elisabeth zu Wied gab es in Wiesbaden zwei russische Pensionen, die sich „Mon Repos“ nannten. Sie beherbergten namhafte Gäste des Zarenreiches.
23.Kreuzfahrer auf steilem und steinigem Pfad, geschwächt von Durst, Hunger und Hitze.
24.Vor der Burgruine Altwied erinnert diese Tafel an den einstigen Stammsitz der Grafen von Wied.
25.Das Neuwieder Schloss, in dem Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva geborene Prinzessin zu Wied am 29.12.1843 geboren, am 29.01.1844 getauft, am 16.10.1869 „offiziell“ verlobt und am 15.11.1869 verheiratet wurde.
26.Königin Elisabeth von Rumänien in späteren Jahren sinnierend im dicht bewaldeten Schlosspark von „Monrepos“ (Neuwied).
27.Graf Hermann V. von Wied, Kurfürst und Erzbischof von Köln (1515 bis 1547) – der Reformator.
28.Die evangelische Kirche in Niederbieber (Neuwied), in der sich die Grabstätte des Reformators, Graf Hermann V. von Wied, Kurfürst und Erzbischof von Köln (1515 bis 1547), befindet.
29.Prinzessin Elisabeth zu Wied, die spätere Fürstin bzw. Königin von Rumänien.
30.Die Stadtansicht von Neuwied und der Rhein-, Salon- oder Ausflugsdampfer „Kaiserin Auguste Victoria“ um 1909/1910, der 1899 in Dienst gestellt wurde. – Kaiserin Auguste Victoria Friederike Louise Feodora Jenny geborene Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg (1858 bis 1921) war seit 27.02.1881 mit Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen (1888 bis 1918), verheiratet. Ganz links im Bild ist noch ein Teil des Neuwieder Schlosses erkennbar.
31.Das „Castelul“ (Kastell/Schloss) „Peles“/„Pelesch“ – ursprünglich von 1873 bis 1883 erbaut – war als Sommerresidenz für Fürstin/Königin Elisabeth und Fürst/König Carol I. von Rumänien ursprünglich 1872 eher bescheiden als „Landhaus“ von dem Wiener Architekten Carl Wilhelm Christian Ritter von Doderer (* 1825, † 1900) geplant worden. Insbesondere zum Wohle der kleinen Prinzessin Marie (* 1870, † 1874) – aber auch der Mutter, die dem heimischen Wald am Rhein nachtrauerte – sollte die Sommerresidenz bzw. das „schlichte“ Schloss der Fürstenfamilie in den Karpaten entstehen. Nach 1876 übernahm Doderers Assistent, der österreichische Architekt Johannes Schultz, die weiteren Bauarbeiten und veränderte die Pläne. Mit wachsendem Einfluss der königlichen Familie in Rumänien und der guten internationalen Entwicklung des Landes wurde das Schloss aber immer wieder erweitert und verschönt. Der aus Tschechien stammende österreichische Architekt – auch ein Assistent Doderers – Karl Liman erhielt zwischen 1893 und 1914 den Auftrag zu weiteren Bauarbeiten. Durch ihn wurde „Pelesch“ erneut und letztmalig umgebaut und zum heutigen Aussehen mit 160 Räumen erweitert. Es befindet sich auf dem Gelände Piatra Arsa, zirka 5 km nordöstlich vom Stadtzentrum von Sinaia, Kreis Prahova, entfernt. Die gebirgige Gegend ist malerisch. „Pelesch“ ist sowohl von außen als auch im Innern ein wahres Juwel und ein von den Rumänien viel besuchtes Museum. Diese Aufnahme entstand während des Ersten Weltkrieges, als dort eine deutsche Eisenbahn-Betriebs-Kompanie stationiert war.
32.Prinzessin Marie von Rumänien, das einzige gemeinsame Kind der Fürstin/Königin Elisabeth und Fürst/König Carol I. von Rumänien.
33.Königin Elisabeth und König Carol I. von Rumänien, der am 20.04.1866 zum Fürsten ernannt und am 24.03.1881/22.05.1881 zum König von Rumänien proklamiert wurde. Der über dem Königspaar schwebende Engel soll wohl an die verstorbene gemeinsame Tochter Marie erinnern.
34.Die „Dichter“-Königin Elisabeth von Rumänien alias Carmen Sylva am Schreibtisch in ihrem „Arbeitszimmer“ im Schloss „Pelesch“.
35.Das Kloster Sinaja (Sinaia), in dem sich im Ersten Weltkrieg ein deutsches Lazarett befand. Inzwischen ist Sinaia – das ursprünglich aus nur einigen armseligen, in der Nähe des Klosters angesiedelten Hütten bestand – eine Stadt mit knapp 20.000 Einwohnern und ein gepflegter, internationaler Höhenkurort/Wintersportplatz, 700 bis 970 m ü. d. M., in den Süd-Karpaten im Kreis Prahova, am Bucegi-Massiv im oberen Prahova-Tal gelegen, das die Grenze zwischen den Süd- und Ost-Karpaten bildet und das reizvollste Berg-Wander-Gebiet der Karpaten umschließt.
36.Die vielseitige Künstlerin Carmen Sylva an ihrem vertrauten „Arbeitsplatz“ im Schloss „Pelesch“.
37.Die Bischofskirche oder das Kloster von Curtea de Arges (Argisch) wurde von Fürst Neagoe Basarab zwischen 1514 und 1517 gegründet, und zwar an der Stelle einer metropolitischen Kirche, die im 14. Jh. errichtet und durch das Erzbistum von Konstantinopel im Jahre 1359 anerkannt worden war. Inzwischen wird die Klosterkirche von Curtea de Arges als achtes Weltwunder bezeichnet und zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. In ihr befinden sich die Grabstätten der rumänischen Königsfamilien. Auch die sterblichen Überreste des einzigen Kindes, der Tochter Marie, genannt „Itty“ (* 08.09.1870, † 09.04.1874) von Fürstin/Königin Elisabeth und Fürst/König Carol I. wurden in die dortige „Königsgruft“ übergeführt. Die Stadt Curtea de Arges ist seit 1330 überliefert. Sie war von 1369 bis 1418 die Hauptstadt der Walachei.
38.Königin Elisabeth von Rumänien.
39.Telegramm des „Ministeriums des Innern in Berlin“ vom 26.07.1888 über die Abreise der Königin Elisabeth von Rumänien alias Gräfin Vrancea am 25.07.1888 aus Bukarest.
40.Telegramm der „Badedirection Westerland“.
41.Die erste Seite der „Sylter Kur=Zeitung“ vom 31.07.1888.
42.Königin Elisabeth von Rumänien am Westerlander Strand als Märchenerzählerin inmitten einer Kinderschar. Auch dieses Foto wird dem „alten Nickelsen“ (Paul Ebe Nickelsen) zugesprochen.
43.Die St.-Christophorus-Pfarrkirche in Westerland.
44.Die Elisabethstraße in Westerland.
45.Der Gedenkstein und Friedhof der Heimatlosen in Westerland.
46.Westerland (Strand, Herrenbad, Strandstraße) und die Hafenanlage in Munkmarsch mit der Inselbahn.
47.Der Ostbahnhof von Westerland, auf dem Königin Elisabeth von Rumänien am Nachmittag des 28.07.1888 als Carmen Sylva feierlich begrüßt wurde.
48.Der Kapitän Thomas Selmer (1837 bis 1920) erwarb 1864 die Konzession zur Postbeförderung und setzte auf der Strecke Hoyer – Munkmarsch den Dampfer „König Wilhelm I.“ sowie den Hinterraddampfer „Bismarck“ ein. – 1869 ließ er im Munkmarscher Hafen ein später als „Fährhaus“ benanntes Gasthaus errichten. Hier sollten sich die Badegäste von den Strapazen der umständlichen Verkehrsverbindung durch das nordfriesische Wattenmeer erholen, bevor sie die Weiterreise in ihre Quartiere an der Sylter-Westküste antraten.
49.Munkmarsch um 1895, das als Flurbezeichnung „Mönchsmarsch“ erstmals 1422 erwähnt wurde. Nachdem der alte Keitumer Hafen mehr und mehr versandet war, errichtete man in Munkmarsch einen neuen Hafen, der das einstige Tor nach Sylt bildete und Munkmarsch zum wichtigsten Dorf der Insel werden ließ. In diesem bedeutsamen Fährhafen der Insel machten von 1855 an Raddampfer (Versorgungsschiffe) mit Post, Waren und Passagieren fest, die zweimal täglich in einer zweistündigen Überfahrt zwischen dem Festlandhafen Hoyer-Schleuse (Hoyerschleuse, seit 1919 das dänische „Højer Sluse“) und Munkmarsch verkehrten. Von hier brachte ab 1888 die erste Sylter Inselbahn (Schmalspurbahn) die ankommenden Gäste zum neu entstandenen Seebad Westerland. Bevor diese Dampfspurbahn gebaut wurde, mussten die Reisenden mit Kutschen über unbefestigte Sandwege nach Westerland gefahren werden. Nach Eröffnung des Hindenburgdammes (1927) erhielt Munkmarsch wieder seine Idylle zurück und wurde bedeutungslos. Hier kann man heute schwimmen, surfen, segeln, reiten und schlemmen, aber ans Festland kommt man nicht mehr; denn das letzte Schiff ist bereits 1927 abgefahren. Im Hintergrund des Bildes – es handelt sich um eine Zeichnung von Fritz Stoltenberg (1855 bis 1921) – ist die St. Severin-Kirche in Keitum zu sehen.
50.Der Begrüßungsempfang der Königin Elisabeth von Rumänien durch das Ehepaar Carl und Marie Rot im „Rothschen Gartenhaus“ in Westerland.
51.Die 1882/1884 erbaute „Villa Roth“ in Westerland im Jahre 1888. 8
52.Der Westerlander Strand mit dem Hotel „Miramar“ und (rechts) der „Villa Roth“.
53.Das Kurhaus in Westerland von 1898. Denn das ursprüngliche „Konversationshaus“ von 1878, das Carmen Sylva erlebte und in dem sie gefeiert wurde, brannte 1893 ab. Seit 1933 ist das einstige Kurhaus das Rathaus von Westerland. Am 30.12.1950 brannte der Dachstuhl des Rathauses lichterloh. Es ging dabei vieles des Sylter Archivs verloren, was im Zweiten Weltkrieg noch erhalten geblieben war.
54.Das Teeservice oder Kaffeegedeck (die restlichen Teile davon) als damaliges (1888) Geschenk der Königin Elisabeth von Rumänien an das Ehepaar Carl und Marie Roth von der „Villa Roth“ in Westerland. – Nach der Porzellan-Gravur oder Fabrikmarke („C.T. mit einer darüber ‚herabfliegenden’ Taube“) auf der Unterseite des Porzellans stammte das wertvolle Tafelgeschirr von der 1845 gegründeten Porzellan-Manufaktur Carl Tielsch in Waldenburg-Altwasser im Bezirk Breslau (Schlesien).
55.Das 1967 eröffnete „Hotel Roth am Strande“ in Westerland. Es entstand auf dem Areal der ehemaligen „Villa Roth“ und des so genannten „Schlosses Segenhaus“ in Westerland. 9
56.Königin Elisabeth von Rumänien.
57.Schloss Sigmaringen – Das Schloss der Fürsten von Hohenzollern oder Hohenzollernschloss ist ein ehemaliges fürstliches Residenzschloss und Verwaltungssitz der Fürsten zu Hohenzollern-Sigmaringen. Die Burganlage wurde erstmals 1077 erwähnt und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert.
58.Das Haus bzw. die Villa „Wahnfried“ ist das ehemalige von 1872 bis 1874 erbaute Wohnhaus Richard Wagners (1813 bis 1883) in Bayreuth. Der Name des Hauses wird durch den Spruch, der auf der Vorderseite des Hauses eingraviert ist, verständlich: „Hier wo mein Wähnen Frieden fand – Wahnfried – sei dieses Haus von mir benannt.“
59.Das am 07.10.1883 als Sommersitz der Königin Elisabeth und des Königs Carol I. von Rumänien eingeweihte Kastell/Schloss „Pelesch“ und das heutige Museum.
60.Das Tor zur „Heimatstätte für Heimatlose“ in Westerland aus heutiger Sicht.
61.Die völlig umbaute „Heimatstätte für Heimatlose“ in Westerland.
62.Das Grab mit der Grabplatte von Harm Müsker auf dem „Heimatlosenfriedhof“ in Westerland.
63.Der Gedenkstein von Carmen Sylva auf dem „Heimatlosenfriedhof“ in Westerland.
64.Der Hinweis auf den ersten „Friedhof der Namenlosen“ an der Donau nahe Wien.
65.Nur noch dieses schlichte Kreuz mit der Hinweis-Tafel zeugt auf den ersten „Friedhof der Namenlosen“ an der Donau nahe Wien.
66.Der letzte „Friedhof der Namenlosen“ an der Donau nahe Wien.
67.Das Gedicht eines Unbekannten auf dem letzten „Friedhof der Namenlosen“ an der Donau nahe Wien.
68.Ein Gedicht auf die Toten der „Friedhöfe der Namenlosen“ an der Donau nahe Wien von Albrecht Graf von Wickenburg.