Die Taufzeugen (Taufpaten) und die Trauung
der späteren Königin Elisabeth von Rumänien alias
Carmen Sylva.
Die essenziellen Entscheidungen traf Prinzessin Elisabeth zu Wied
im Hotel du Nord in Köln sowie im Neuwieder Schloss und ihre illusorischen
als Königin von Rumänien in der Einsamkeit ihres Kastells Pelesch.
Von H. H. Mohr
Die gebürtige Prinzessin Pauline Elisabeth Ottilie Luise zu Wied erblickte am Freitag, 29.12.1843, „um die zwölfte Mittagsstunde“ als erstes Kind ihrer Eltern am Rhein im Neuwieder Schloss „unterm Christbaum“ das Licht der Welt. Ihre Taufe fand einen Monat später (nach evangelisch-lutherischem Brauch) am 29.01.1844 (mittags um 12.00 Uhr) ebenfalls im Neuwieder Schloss statt.
Bei den Eltern von Prinzessin Elisabeth zu Wied, die am 20.06.1842 mit 28 bzw. 17 Jahren auf dem 1744 fertiggestellten Schloss Biebrich (am Rheinufer im Wiesbadener Stadtteil Biebrich gelegen) geheiratet und sich einen Knaben erhofft hatten, handelte es sich um Fürst Wilhelm Hermann Carl zu Wied (* 22.05.1814 in Neuwied, † 05.03.1864 in Neuwied) und Fürstin Marie Wilhelmine Friederike Elisabeth geborene Prinzessin von Nassau-Weilburg (* 29.01.1825 auf Schloss Biebrich, † 24.03.1902 im „Segenhaus“ [Landvilla, die am 22.12.1872 als Witwensitz eingeweiht wurde] in Neuwied). Im dicht bewaldeten Schlosspark von „Monrepos“ – einem Hügel, der schon zum Westerwald gehört – war Elisabeth später, als man sie liebevoll „Waldröschen“ nannte, in ihrem Element und dort Kind. 1
Fürst Hermann zu Wied (4. Fürst zu Wied und letzter Präsident des „Mainzer Adelsvereins zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas“) war der Sohn des Johann Karl August, (3.) Fürst zu Wied (1779 – 1836), und der Sophie Auguste Fürstin zu Wied geborene Prinzessin zu Solms-Braunfels (1796 – 1855). 2
Und Fürstin Marie zu Wied geborene Prinzessin von Nassau-Weilburg war die Tochter des Herzogs Wilhelm I. von Nassau-Weilburg (1792 – 1839, 2. Herzog des 1806 gegründeten Herzogtums Nassau) und der Louise Herzogin von Nassau-Weilburg geborene Prinzessin von Sachsen-Altenburg (1794 – 1825). 3
Der Fürst Hermann zu Wied hatte regelmäßig Dichter, Gelehrte und Künstler zu Gast. Er selbst veröffentlichte unter Pseudonym zwei vom Mesmerismus (Lehre von der heilenden Wirkung magnetischer Kräfte) und Okkultismus (Lehre vom Übersinnlichen) beeinflusste philosophische Werke.
Die Taufzeugen (Taufpaten) der Prinzessin Elisabeth zu Wied
Den Vor- bzw. Rufnamen erhielt Prinzessin Elisabeth zu Wied von „Ihrer Majestät, der gleichnamigen Königin Elisabeth von Preußen“, einer gebürtigen Wittelsbacherin, * 13.11.1801 in München, Tochter des Königs Maximilians (Max) I. Joseph von Baiern (Bayern) und Schwester des legendären Königs Ludwig I. von Baiern (Affäre mit der Tänzerin Lola Montez alias Gräfin Landsfeld, deretwegen es zur Abdankung des Königs kam). Die Königin war die Kusine der Mutter von Prinzessin Elisabeth zu Wied und seit 1823 mit dem späteren König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen (1840 – 1857) verheiratet.
Die Preußenkönigin, die 1873 in Dresden verstarb, stand der Prinzessin zu Wied bzw. der Fürstin/Königin Elisabeth von Rumänien und ihrer Familie, aber auch Fürst/König Carl (Carol I.) von Rumänien (ihrem späteren Gemahl) sehr nahe. Sie war allerdings bei der Taufe der kleinen Prinzessin Elisabeth zu Wied nicht zugegen.
Auch fehlte die zweite Taufpatin, „Ihre Königliche Hoheit, die verwitwete Herzogin Pauline von Nassau.“ – Pauline Friederike Maria geborene Prinzessin von Württemberg (* 25.02.1810 in Stuttgart, † 07.07.1856 in Wiesbaden und beerdigt nach ihrem ausdrücklichen Wunsch auf dem Alten Friedhof in Wiesbaden [„Herzogin-Pauline-Mausoleum“] und nicht in der Familiengruft der Nassauer in Weilburg) war eine Tochter des Prinzen Paul Friedrich Karl August von Württemberg (* 1785 in St. Petersburg, † 1852 in Paris, russischer Generalleutnant und Bruder des Königs Wilhelm I. von Württemberg, dem er mit verschiedenen Klagen das Leben schwer machte) und der wettinischen Prinzessin Charlotte Katharina von Sachsen-Altenburg (1787 – 1847).
Pauline hatte schon mit 19 Jahren (23.04.1829) die schwere Verpflichtung übernommen, ihrem Oheim, dem regierenden Herzog Wilhelm (I.) Georg August Belgus von/zu Nassau-Weilburg (1792 – 1839), den „Verlust einer trefflichen Lebensgefährtin, ihrer Mutter Schwester, der Herzogin Luise Charlotte Friederike Amalie von Nassau-Weilburg geborene Prinzessin von Sachsen-Hildburghausen bzw. Altenburg (1794 – 1825), zu ersetzen und den vier nachgelassenen Kindern (vier waren bereits verstorben) derselben Mutter zu sein.“
Es waren: Therese Wilhelmine Friederike Isabella Charlotte (* 17.04.1815, † 1871), sie hatte am 23.04.1837 in Konstantinopel (Istanbul) den Prinzen Peter von Oldenburg geheiratet. – Adolph Wilhelm August Karl Friedrich (* 24.07.1817 auf Schloss Biebrich, † 17.11.1905 auf Schloss Hohenburg im oberbayerischen Isartal in Lenggries), Herzog von Nassau vom 20.08.1839 – 20.09.1866 und Großherzog von Luxemburg vom 23.11.1890 bis zu seinem Tode. – Moritz Wilhelm August Karl Heinrich (* 1820, † 1850). – Und Marie, die Fürst Hermann zu Wied (Eltern der Carmen Sylva) heiratete.
Aus der zweiten Ehe des Herzogs Wilhelm (I.) von Nassau-Weilburg mit der Herzogin Pauline geborene Prinzessin von Württemberg gingen nochmals zwei Töchter und zwei Söhne hervor. Es überlebten: Helene Wilhelmine Henriette Pauline Marianne (* 12.08.1831, die am 26.09.1853 den Fürsten Georg Viktor von Waldeck-Pyrmont heiratete). – Dann Nicolas Wilhelm (* 20.09.1832 in Biebrich, † 18.09.1905 in Wiesbaden), nassauischer/preußischer Generalmajor, der am 01.07.1868 in London Nadeshda (Natalia) Alexandrowna Puschkina (* 04.06.1836 in St. Petersburg, † 23.03.1913 in Cannes) ehelichte, die sich über 40 Jahre lang in Wiesbaden wie zuhause fühlte. 4
Die Tochter des großen russischen Dichters Aleksandr Sergejewitsch Puschkin nannte sich später Gräfin von Merenberg, weil Herzog Adolph von Nassau-Weilburg seinem Halbbruder (Prinz Nicolas von Nassau) eine „nicht standesgemäße (morganatische) Ehe“ unterstellte. Auch die drei aus der Ehe hervorgegangenen Kinder nahmen den Namen „Merenberg“ an. Der Sohn von Prinz Nicolas von Nassau und Natalia Gräfin von Merenberg (Georg Nicolas Graf von Merenberg, * 13.02.1871 in Wiesbaden, † 31.03.1948 in Wiesbaden) – der Enkel Puschkins und Vetter der Carmen Sylva – versuchte 1906 seine vorgeblichen Rechte als Großherzog von Luxemburg geltend zu machen und prozessierte gegen seinen Cousin und dessen Töchter. 5
Des weiteren überlebte aus der Ehe des Herzogs Wilhelm mit der Herzogin Pauline die Tochter Sophia Wilhelmine Marianne Henriette (* 09.07.1836 auf Schloss Biebrich, † 30.12.1913 in Stockholm), die am 06.06.1857 den späteren König Oskar II. von Schweden und Norwegen (* 21.01.1829 in Stockholm, † 08.12.1907 in Stockholm) ehelichte, der von 1872 bis 1907 als König von Schweden und von 1872 bis 1905 auch als König von Norwegen regierte und sich als „Dichter, Schriftsteller und Schönredner“ einen Namen machte. Königin Sophia von Schweden und Norwegen gebar ihrem Gemahl vier Söhne. 6
Bei der Taufe der Prinzessin Elisabeth zu Wied war auch ihre dritte Patin, „Ihre Kaiserliche Hoheit, die Großfürstin Elisaweta (Elisabeth) Michailowna Romanowa von Russland“ und Nichte des Zaren Nikolaj (Nikolaus) I. Pawlowitsch von Russland (1825 – 1855), nicht zugegen.
Sie konnte es auch nicht; denn sie war „Flitterwöchnerin“ und erst seit zehn Tagen mit Herzog Adolph von Nassau-Weilburg, dem Bruder der Mutter der kleinen Prinzessin Elisabeth zu Wied, verheiratet. Die auf drei Wochen angesetzten omnipotenten Festivitäten am Zarenhof in St. Petersburg hatten zum Zeitpunkt der Taufe noch nicht einmal den Höhepunkt der zahlreichen und originellen Veranstaltungen anlässlich dieser herzoglichen bzw. großfürstlichen Hochzeit überschritten.
Großfürstin Elisabeth (Elisaweta) Michailowna Romanowa wurde am 14.(26.)05.1826 im Moskauer Kreml (auf der Marmorplatte in der russisch-orthodoxen Kirche der heiligen Elisabeth auf dem Neroberg in Wiesbaden soll Sankt Petersburg als Geburtsort verzeichnet sein) als zweite Tochter des Großfürsten Michail Pawlowitsch Romanow (1798 – 1849) – dem jüngeren Bruder des Zaren Nikolaus I. – und der Prinzessin Friederike Charlotte Marie von Württemberg (* 09.01.1807 in Stuttgart, † 22.01.1873 in St. Petersburg, die sich nach der Konvertierung zum orthodoxen Glauben „Großfürstin Jelena Pawlowna“ nannte, was zwingend war für ihre Eheschließung im Jahre 1824) geboren und wuchs in der großfürstlichen Residenz, dem schmucken „Michaelspalais“, in St. Petersburg auf.
Als die junge Großfürstin Elisaweta – die man in der Familie liebevoll „Lili“ nannte – und ihre zwei Geschwister in ein heiratsfähiges Alter gekommen waren, bemühte sich die Großfürstin Jelena Pawlowna mit Stolz, aber auch mit viel Aufwand, für ihre drei Töchter geeignete Partien – vornehmlich in deutschen Herrscherhäusern – zu finden. Sie pflegte deshalb eine umfangreiche Korrespondenz und reiste jährlich mit den Mädels zur Kur ins Ausland.
Bei einem dieser Aufenthalte – es war im Sommer 1840 – in Bad Ems, fand auch die erste Begegnung zwischen der damals vierzehnjährigen Großfürstin Elisaweta und dem von ihrer Mutter als Bräutigam ausgewählten jungen Herzog Adolph von Nassau-Weilburg, Pfalzgraf bei Rhein, Graf zu Sayn, Königstein, Katzenelnbogen und Diez, Herr zu Mahlberg, Wiesbaden, Idstein, Merenberg, Limburg und Eppstein (Agnat eines der ältesten rechtsrheinischen Fürstengeschlechter, das bis ins Jahr 1124 zurückreicht) statt. 7
Obwohl dem Herzog Adolph die hübsche Elisaweta sehr gut gefiel und er gleich um die Hand angehalten und die Mutter der Braut und Tante des Herzogs (Großfürstin Jelena Pawlowna) bereits insgeheim eingewilligt hatten, stand die Zustimmung des Zaren noch aus und mit dem Prozedere befürchtete man familiären Ärger im Holstein-Gottorp-Romanow-Haus in St. Petersburg. Denn Herzog Adolph – der im Alter von 22 Jahren nach dem plötzlichen Tode seines Vaters (Herzog Wilhelm I. von Nassau-Weilburg) 1839 Souverän des Herzogtums Nassau geworden war – galt auch als ein interessanter Eheaspirant für die heiratsfähigen Töchter des regierenden Zaren von Russland.
Die Eheschließung zwischen der Großfürstin Elisaweta Michailowna Romanowa und dem „braven“ Herzog Adolph von Nassau-Weilburg wurde dann doch mit Erleichterung und freudvoll während des Sommeraufenthaltes von Großfürstin Jelena Pawlowna mit ihren Töchtern im Jahre 1843 in Baden-Baden in Anwesenheit von Herzogin Pauline von Nassau-Weilburg mit ihrem Stiefsohn Herzog Adolph festgelegt.
Daraufhin bereitete Herzog Adolph seine Reise nach Russland vor, um beim Zaren um die Hand seiner Nichte anzuhalten. Ende Juli 1843 trafen Herzog Adolph und sein Bruder, Prinz Moritz Wilhelm August Karl Heinrich von Nassau-Weilburg (* 21.11.1820 in Biebrich, † 23.03.1850 in Wien), auf der „Nikolaus I.“ in Kronstadt ein. 8
Der Aufenthalt in St. Petersburg war nur kurz. Der Zar empfing Herzog Adolph während eines Manövers auf dem Landsitz in Ropscha. (Dort war Zar Peter III. Fjodorowitsch am 17.07.1762 ermordete worden.) Schon am 10.08.1843 reiste Herzog Adolph auf der „Bogatyrj“ (Recke) glückstrahlend wieder heimwärts, nachdem ihm der Zar die Zustimmung zur Hochzeit mit dessen Nichte erteilt hatte.
Auf dem gleichen Schiff befand sich aber noch ein weiterer Bräutigam, nämlich Landgraf Friedrich Wilhelm Prinz von Hessen-Kassel zu Rumpenheim (1820 – 1884), der die Zarentochter Alexandra freite und dem der Zar Nikolaus I., der sich von der Heirat für seine Lieblingstochter die künftige Rolle als Gemahlin des Kurfürsten von Hessen-Kassel erhoffte, die Zustimmung zu einer Eheschließung erteilte. 9
Vom Zaren waren für die Aussteuer seiner Nichte (Elisaweta) 150.000 Silberrubel aus den Einkünften der Krongüter „zur freien Verfügung seines lieben Bruders, des Großfürsten Michail Pawlowitsch“, bereitgestellt worden. Sein Wunsch war allerdings, dass die Hochzeitsfeierlichkeiten seiner Tochter Alexandra und die seiner Nichte Elisaweta am gleichen Tag stattfinden sollten.
Doch dazu gab es ein Problem am Zarenhof und das war die Krone; denn dieses Brilliant-Diadem gab es nur einmal in St. Petersburg und eine zweite Krone sollte aus Kostengründen für diese einmalige Doppelhochzeit nicht angefertigt werden. Dem Zeremoniell zufolge hatten Großfürstinnen eine Krone zu tragen. So wurden die beiden Verlobungen und Hochzeiten nach derselben von höchster Stelle des Zarenhofes gebilligten offiziellen Feierlichkeit kurz hintereinander zelebriert.
Nach dem Ehevertrag vom 28.12.1843 behielt die Großfürstin Elisaweta ihren orthodoxen Glauben bei, in ihrer Residenz (Schloss Biebrich) sollte eine Hauskapelle eingerichtet werden und als Enkelin des Zaren Paul I. (1796 – 1801) bekam Elisaweta eine Mitgift von 1 Million Silberrubel aus der Staatskasse. Über den Zinsertrag von 4 % durfte sie lebenslang verfügen. Ihr jährliches Einkommen belief sich also auf 40.000 Rubel.
Herzog Adolph von Nassau-Weilburg traf am 26.12.1843 abends in St. Petersburg ein – gerade noch rechtzeitig, um auf dem Verlobungsball der Großfürstin Alexandra und des Prinzen Friedrich von Hessen-Kassel zu erscheinen.
Die Trauung von Herzog Adolph mit der Großfürstin Elisaweta war – nach der Verlobung am 01.01.1844 – auf den 19.01.1844 festgesetzt worden und erfolgte nach orthodoxem Ritus in der Kirche des Winterpalastes. Anschließend begab sich die gesamte kaiserliche Familie in eines der Gemächer, wo die Trauung nach evangelischem Brauch wiederholt wurde. Die anschließenden Festlichkeiten, Bälle (Maskenball), Dankgottesdienste, Opern- und Balettaufführungen und Empfänge dauerten drei Wochen lang. Drei Tage erklangen in dem illuminierten (festlich erleuchteten) St. Petersburg die Glocken. Der schönste Ball soll der gewesen sein, den die Großfürstin Jelena Pawlowna ausgerichtet und den Gastgebern an die 200.000 Rubel (in Banknoten) gekostet hatte.
Diese „Verpartnerung“ von Herzog Adolph von Nassau-Weilburg mit der Großfürstin Elisaweta geborene Michailowna Romanowa galt als ein großer Prestige-Gewinn für das Adelshaus und auch für das Herzogtum Nassau.
Nach dem schnell verflogenen Honeymoon „beliebten“ die erst 18 Jahre alte Elisaweta – die nunmehr junge Herzogin von Nassau-Weilburg – und der 26jährige Herzog Adolph von Nassau-Weilburg am 19.02.1844 von St. Petersburg ins Herzogtum Nassau nach Wiesbaden (Schloss Biebrich) abzureisen. – Es sollte für Elisaweta der Abschied aus Russland für immer sein!
Der Empfang in Wiesbaden war überwältigend. Die Straßen hatte man mit Blumengirlanden, Laubgewinden und Kränzen geschmückt und mit Teppichen behängt. Überall wehten die russischen und die nassauischen Flaggen in ihren Nationalfarben. Die Begrüßung klang am Abend mit einem Fackelzug aus, der auf dem Schlossplatz endete.
Herzog Adolph von Nassau-Weilburg und seine Gattin (Herzogin Elisabeth von Nassau-Weilburg) ließen sich zunächst in dem von 1700 – 1744 errichteten und prächtig ausgestatteten Barockschloss in Biebrich nieder. Es diente als nassauische Residenz und wurde nach Fertigstellung des Stadtschlosses in Wiesbaden 1842 Sommersitz des Herzogs von Nassau. Das Wiesbadener Stadtschloss ist heute Sitz des Hessischen Landesamtes für Denkmalpflege und der Filmbewertungsstelle. Der Festsaal in der Rotunde dient dem Hessischen Ministerpräsidenten für Empfänge.
Nach dem Vorbild ihrer Mutter, Großfürstin Jelena Pawlowna, und ihrer Großmutter, der Zarin Maria Fjodorowna, widmete sich die Großherzogin der Wohltätigkeit. „Ich werde meinen Untertanen so viel Gutes tun, dass sie mich einfach lieben müssen“ – soll sie gesagt haben. – Doch das Eheglück des Herzogs Adolph von Nassau-Weilburg ging jäh zu Ende!
Schon im Sommer des Jahres 1844 – je näher die Zeit ihrer Niederkunft heranrückte – wurde Herzogin Elisabeth von Nassau-Weilburg immer melancholischer und lag nur noch auf dem Diwan (Liegesofa). Sie sehnte sich nach St. Petersburg und die mitgebrachte russische Erde trug sie immer bei sich. Die Nachricht vom unerwarteten Tod ihrer Kusine Alexandra Nikolajewna – der Tochter des Zaren – hatte sie zutiefst bewegt. Sie meinte, dass sie das gleiche Schicksal erwarte!
Obwohl vom Herzog Adolph von Nassau-Weilburg versprochen, um seiner Gemahlin neuen Lebensmut zu geben, sie nach Russland zu begleiten, sobald sie sich von der Entbindung erholt habe, verbesserte sich ihr Gesundheitszustand nicht. Die gebürtige Großfürstin Elisaweta verstarb am 16. (28.) Januar 1845, nachdem sie am Tag zuvor ein Mädchen zur Welt gebracht hatte, das kurz darauf verschied. Die schwere und bereits weit fortgeschrittene Tuberkulose war vom Arzt der Herzogin von Nassau zu spät erkannt und behandelt worden. 10
Sehr bald fasste Herzog Adolph von Nassau-Weilburg aus tiefer Trauer über den Verlust seiner jungen Gemahlin den Entschluss, ihr ein bleibendes Denkmal – eine prunkvolle Grabkapelle im russisch-byzantinischen Stil – unter Verwendung von einer Million Rubel aus ihrer Mitgift auf dem Neroberg in Wiesbaden zu errichten. Bis zur feierlichen Einweihung am Geburtstag (14. bzw. 26.05.) der Herzogin Elisabeth von Nassau-Weilburg im Jahre 1855 waren allerdings zehn Jahre vergangen. Großfürstin Jelena Pawlowna konnte wegen des Krimkrieges (1853 – 1856) nicht nach Wiesbaden kommen und an den Feierlichkeiten teilnehmen. 11
Sie gab jedoch den Anstoß zur Errichtung eines russischen Friedhofes unweit der russisch-orthodoxen Kirche auf dem Neroberg in Wiesbaden, der am 31.08.1856 für Bestattungen geöffnet wurde. Herzog Adolph von Nassau stellte das Gelände für die Begräbnisstätte zur Verfügung und seine Schwiegermutter übernahm die Hälfte der auf rund 2.500 Gulden veranschlagten Einrichtungskosten. Die andere Hälfte floss aus der Schatulle des russischen Außenamtes in St. Petersburg.
„Friedhof für Rechtgläubige (Orthodoxe). Angelegt auf Veranlassung der gottesfürchtigen Großfürstin Jelena Pawlowna aus Mitteln Ihrer Kaiserlichen Hoheit und des russischen Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten. Eingeweiht am 19. (31.) August 1856“ – so lautet die Inschrift über dem Eingang in die Friedhofskapelle.
Eigentlich aus der Taufe gehoben wurde Prinzessin Elisabeth zu Wied am 29.01.1844 letztlich nur von der bei der Tauffeier („in persona“) anwesenden 4. Patin „Ihre Durchlaucht, die regierende Fürstin Ottilie zu Solms-Braunfels“ (geborene Gräfin zu Solms-Laubach, * 1819, † 21.05.1884) und der 5. Patentante „Ihre Durchlaucht, die Prinzessin Louise zu Wied“ (vermutlich Louise Philippine Charlotte Prinzessin zu Wied, * 11.03.1773, † 18.04.1864) sowie durch den 6. Taufpaten „S. Erlaucht, der regierende Graf Otto zu Solms-Laubach“ (* 01.10.1799 in Laubach, † 22.11.1872 in Laubach).
„Jugend und verlor'ne Zeit kommt nicht wieder in Ewigkeit!“
Die Kindheit der lebhaften Prinzessin Elisabeth zu Wied war überschattet von ihrer strengen Erziehung und den schweren Krankheiten ihrer Eltern und ihres jüngeren Bruders Otto, der am 22.11.1850 mit einem angeborenen organischen Atemwegsleiden geboren wurde und am 19.02.1862 verstarb. Sie widmete ihm ein Buch mit dem Titel:
„Das Leben meines Bruders Otto Nikolaus zu Wied.“
Wegen der Nähe zu Ärzten verzog die Familie der Prinzessin 1851 nach Bonn. Elisabeths Mutter führte dort einen Salon, in dem unter anderem der Dichter, Professor und Nationalversammlungsmitglied Ernst Moritz Arndt (1769 – 1860) und die Pianistin Clara Schumann geb. Wieck (1819 – 1896) sowie adelige Studenten verkehrten.
Beim zweiten Bruder Elisabeths handelte es sich um Prinz Wilhelm Adolf Maximilian Carl zu Wied (1845 – 1907), der 1871 Marie von Nassau-Oranien, Prinzessin der Niederlande (1841 – 1910), eine Enkelin des Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, Friedrich III. (1888), und von Wilhelm I. von Nassau-Oranien, König der Niederlande (1815 – 1830/1831), heiratete.
Bei der Erziehung Elisabeths legten die Eltern großen Wert auf Sprachen. Sie lernte Englisch, Französisch, Latein, Griechisch, Ungarisch und Russisch. Mit fünf Jahren hielt Elisabeth sich in England auf. Schon vorher hatte sie lesen und schreiben gelernt. Das Lesen von Romanen war ihr verboten. Ihr Tagebuch führte Elisabeth heimlich – sozusagen unter der Bettdecke. Mit neun und zehn Jahren verfasste Prinzessin Elisabeth zu Wied verschiedene Gedichte. Als sie zwölf war, versuchte sie, eine Novelle zu schreiben und mit vierzehn erdachte sie sich Dramen und Schauertragödien.
Ungewöhnlich waren neben dem Unterricht in Literatur- und Kunstgeschichte die hohen Anforderungen, die ihre Eltern in den naturwissenschaftlichen Fächern stellten. Offensichtlich unverstanden zog sich Elisabeth des öfteren in die Waldungen um Schloss „Monrepos“ (Zuerst hieß es Montrepos = Bergruhe, später Monrepos = meine Ruhe. Es wurde in der Zeit von 1757 und 1762 durch Graf Alexander von Wied-Neuwied als Sommersitz der fürstlichen Familie gebaut.) zurück, um in sich zu gehen und wieder zu sich zu finden bzw. den „Weltschmerz“ zu überwinden. Einen von diesen herrlichen Waldwegen veranlasste Carmen Sylva später in ihrer Gedichtsammlung den Titel zu geben „Meine Ruh“.
Auf ihre Konfirmation vorbereitet wurde Prinzessin Elisabeth zu Wied ab 1857 durch den Kirchenrat Dilthey aus Biebrich, der ihre Eltern 1842 getraut hatte, und der sie im Sommer 1860 auf Schloss „Monrepos“ in Neuwied feierlich konfirmierte. Danach lernte Elisabeth das Leben an verschiedenen europäischen Herrscherhäusern kennen. Die dabei gewonnene Lebenserfahrung und Weltgewandtheit prägte sie zeitlebens.
Da Großfürstin Jelena Pawlowna die ältere Schwester der Herzogin Pauline von Nassau-Weilburg war, galt sie für Prinzessin Elisabeth zu Wied als deren Großtante; denn die Herzogin war die Stiefmutter der Mutter von Elisabeth und mithin ihre Großmutter.
Mit der Großfürstin und Großtante war die Prinzessin aus Neuwied in ihrer Jugendzeit und nach ihrer Konfirmation viel unterwegs. Sie lernte dadurch einige interessante und hochgestellte Persönlichkeiten von Welt kennen. So wurde Prinzessin Elisabeth zu Wied am Zarenhof in St. Petersburg unter Zar Alexander Nikolajewitsch II. (1855 – 13.03.1881 Ermordung in St. Petersburg) überaus herzlich und zuvorkommend aufgenommen. In der ersten Zeit war ihr von Anton Rubinstein (Pianist, Komponist und Musikschriftsteller, 1825/1830 – 1894) Musikunterricht erteilt worden, dann durch Clara Schumann geb. Wieck, die seit Anfang März 1864 auch in St. Petersburg weilte. Sie war eine alte Bekannte ihrer Eltern aus Bonn, die auch versuchte, das Heimweh Elisabeths zu lindern. Gleichzeitig hatte man in St. Petersburg auch Shakespeare-Abende eingerichtet, wo im „Michaelspalais“ seine Dramen in der Ursprache mit verteilten Rollen gelesen wurden.
Doch Prinzessin Elisabeth zu Wied sah mit solcher Ehrfurcht zu ihrem Lehrer empor, dass sie „im Bewusstsein ihres eigenen kleinen Talents allen Muth verlor.“ – Über Rubinsteins Spiel sagte sie: „Es war, als ob das Klavier unter dieser Gewalt schwände, dann wieder als wäre es Sphärenmusik oder ein duftiges Märchen. Eine Zartheit und Poesie hat er in seinem Spiel, die wahrhaft entzückend sind. Das ist eben das Genie, daß die ungeheure Kraft und Geläufigkeit ganz als Nebensache erscheint oder so großartig ist, daß man niedergeschmettert dasteht, wie bei einem Naturereigniß und doch immerwährend vor Wonne jubeln möchte. Etwas Aehnliches habe ich allerdings noch nie gehört. Sein Spiel hat einen zauberischen Hauch, der mir vorkommt wie der blaue Duft auf den Trauben oder der Thau auf den Blumen. Sie erscheinen uns nun doppelt schön.“
Vorher – 1862/1863 war Wenzeslaus Kalliwoda (Komponist und fürstlicher Kapellmeister, 1801 – 1866) in Karlsruhe der Klavierlehrer der Prinzessin Elisabeth zu Wied.
Im Herbst 1866 lernte sie in Ragaz (seit 1937 Bad Ragaz im Kreis St. Gallen) den berühmten General, Graf Helmuth von Moltke („getrennt marschieren, vereint schlagen“), als einen häufigen Gast ihrer großfürstlichen Tante kennen und schätzen. 1867 besuchte Elisabeth mit der Tante die Weltausstellung in Paris und danach den Kaiserhof Napoleons. In Ouchy am Genfer See traf die junge Neuwiederin mit ihrer Großtante auf den achtzigjährigen Graf Nikolai Kisseleff (Diplomat, vertrat Russland in Paris, später in Rom), der sie immer „la petite Allemande“ nannte. Prinzessin Elisabeth zu Wied war eine Deutsche durch und durch – aber keine Patriotin!
Ihres Deutschtums wurde sie sich nicht nur in Ouchy bewusst, sondern auch in St. Petersburg durchfochte sie manchen Strauß mit den russischen Großfürsten. „Denn Du weißt“, schrieb sie der Mutter, „in meinem Herzen glüht es für Deutschland“. – Als Fürstin von Rumänien schrieb sie später: „Alle Tage fühle ich es, von welchem Segen mein Verkehr mit der Tante und ihrem Kreise für mein ganzes Leben gewesen ist. Gerade in meiner jetzigen Lage ist es mir von unschätzbarem Werth.“
Von 1857 bis 1860 hieß ihr Hauslehrer Georg Sauerwein, mit dem sie zeitlebens Briefkontakt pflegte. In diese Zeit geht – so wird vermutet – ihr Pseudonym „Carmen Sylva“ zurück; denn der „Pauker“ nannte sich „Sylvaticus“.
Erstmals und ernsthaft verliebt scheint die damals 21jährige Neuwieder Prinzessin in einen jungen Prinzen und Studenten gewesen zu sein, der an der Universität in Bonn studierte – wie aus einem Tagebucheintrag vom 02.06.1865 zu schließen ist.
Während ihres Aufenthaltes von Spätherbst 1866 bis Mai 1867 im Familienkreise der Schwester ihrer Mutter und Tante in Neapel reifte in Prinzessin Elisabeth zu Wied ihr innigster Berufswunsch, Pädagogin zu werden. Sie hatte nämlich ihre Kusine, Prinzessin Thesa von Oldenburg, im Deutschen, Englischen und Rechnen erfolgreich und mit viel Talent unterrichtet und Spaß am Beruf einer Schullehrerin und Erzieherin gefunden. Im Allgemeinen war die Neuwiederin sehr familiär veranlagt. Sie liebte die Geselligkeit, aber Tanz und Sport lagen ihr nicht. Sie hatte jedoch eine Schwäche für Konzerte und Theaterbesuche.
Daheim (Monrepos) durfte sie schon mit 19 und 20 Jahren zwei kleinen Mädchen und einem Jungen, den sie bis zur Quinta vorbereitete, Schulunterricht erteilen. Denn „auf dem Hahnhof, einer Meierei, ganz in der Nähe von Monrepos, lebte damals für etliche Monate die Freifrau Marie von Bibra († 20.02.1863) mit zwei kleinen Nichten. Sie und ihr Ehemann, Freiherr von Bibra, Fürstlich Wiedischer Direktor bzw. Kammerdirektor der Hofverwaltung, waren mit der fürstlichen Familie befreundet. Drei ihrer Kinder verstarben im jugendlichen Alter. Darunter war Marie, die einzige Freundin der Prinzessin Elisabeth zu Wied.“
Und „im Neuwieder Schloss war von der Fürstin ein lahmer Knabe, Rudolf Wackernagel, um seiner schwachen Gesundheit willen, aufgenommen worden. Mit diesen drei Kindern hatte sich die junge Fürstentochter eine Schule eingerichtet. Sie entwickelte dabei so viel Geduld, Ausdauer und pädagogisches Talent, dass die Mutter ihrer Tätigkeit mit stiller Befriedigung zusah. Den kleinen Wackernagel hatte sie später soweit gebracht, dass er auf das Gymnasium zu Basel in die Quinta aufgenommen wurde.“ 12
Prinzessin Elisabeth zu Wied wollte unbedingt einen Beruf haben. – Doch es kam in ihrem Leben ganz, ganz anders, wobei scheinbar ihre ehrgeizige Mutter die Regie führte!
Am 15.11.1869 wurde Prinzessin Elisabeth zu Wied im Schloss von Neuwied nach katholischem und evangelischem Ritus mit dem Fürsten Carol I. von Rumänien 1866 – 1881), dem späteren König von Rumänien (1881 – 1914) und gebürtigen Prinzen Carl Eythel Friedrich Zephyrin Ludwig von Hohenzollern-Sigmaringen (* 20.04.1839 in Sigmaringen, † 10.10.1914 in Sinaia/ Rumänien) vermählt und ganz Neuwied stand Kopf!
„Der Düsseldorfer (katholische) Garnisonspfarrer, Dr. Kaiser, vollzieht die heilige Handlung, deren Schluß eine schöne, erhebende Ansprache dieses ebenso redebegabten wie feingebildeten Geistlichen bildet.“
„Der evangelische Pfarrer Lohmann hielt eine ergreifende Traurede, deren Text, sehr taktvoll den besonderen Umständen angepaßt, das bekannte Bibelwort bildete:
Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, dein Gott ist mein Gott, wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben sein!“
Die insbesondere an die Braut gerichtete Trauungsansprache von Pfarrer Lohmann ist entlehnt aus dem „Buch Rut, 1, Die Heimkehr, 16 und 17“.
Doch Rut entgegnete: „Dränge mich nicht, dich zu verlassen, um heimzukehren, fort von dir! Denn wo du hingehst, da gehe auch ich hin, und wo du weilst, da weile auch ich; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. – Wo du stirbst, da sterbe auch ich, und da will ich begraben sein. Ich schwöre – und der Herr möge mich strafen: Nur der Tod wird mich von dir trennen!“
Nachdem Prinzessin Elisabeth zu Wied – die eigentlich unverheiratet bleiben und unbedingt Lehrerin werden wollte – am 12.10.1869 im „Hotel du Nord Köln“ (unweit von Bahnhof und Dom) – wo sie mit ihrer Mutter und auch Fürst Carol I. von Rumänien mit Begleitung logierten – bemerkte, dass das Zusammentreffen mit dem „Souverän aus fernem Lande“ in der „Flora“ in Köln doch kein Zufall war und er sich auf „Brautschau“ und ausschließlich ihretwegen in der Domstadt aufhielt, soll es zu folgendem Dialog zwischen der Prinzessin und ihrer Mutter, der Fürstin Marie zu Wied (die sie auch „Machen“ nannte), gekommen sein:
Elisabeth (E.): „Mama, ich will nicht heiraten.“ Fürstin (F.): „Wenn man nicht heiratet, lernt man nicht die tiefsten Schmerzen des Lebens kennen, aber auch nie seine ganze Seligkeit.“ E.: „Schon als kleines Mädchen weinte ich, wenn ich eine Braut sah. Einen Hochzeitszug fand ich unbeschreiblich wehmütig. Er glich in meinen Augen einer Leichenfeier, denn ich hatte das undeutliche Gefühl, es würde etwas begraben.“ F.: „Das Mutterglück wiegt ein ganzes Leben voller Schmerz und Qual auf. Das muß man eben entbehren, wenn man nicht heiratet.“ E.: „Schade, daß man heiraten muß, um Kinder zu bekommen! Zwölf Kinder möcht' ich haben, aber keinen Mann! Denn ein Mann bedeutet Tyrannei und Unfreiheit. Ich aber will frei sein wie ein Vogel und nur dienen, weil es mich freut, aber nicht als Muß!“ F.: „Lernen heißt es in allen Verhältnissen.“ E.: „Ganz recht, Mama. Der Ehemann ist ja auch wieder ein Lehrer; nur fehlt ihm die Erfahrung.“ F.: „Obendrein ist das weibliche Gemüt so himmelweit vom männlichen verschieden, daß dieses Anderssein den Unterricht sehr erschwert.“ E.: „Die Erde scheint nun einmal so zu sein: eine kleine Hölle mit einigen Lichtstrahlen darin, die an den Himmel erinnern.“ F.: „Noch eins, Elisabeth, warte nicht auf die sogenannte ‚große Liebe’! Als ich mich mit deinem Vater verlobte, kannte ich ihn kaum. Wäre ich ihm auf der Straße begegnet, ich hätte ihn nicht erkannt!“ E.: „Mama, sag mal ganz offen: spielt ein Heiratsprojekt – ?“ Die Fürstin schweigt. Es dunkelt. Gedankenvoll sucht Elisabeth ihr Zimmer auf. Als sie eintritt, glaubt sie einen mittelgroßen Mann mit schwarzem Vollbart, kühnem Adlerblick, breiter Stirn und gebogener Nase, in preußischer Offiziersuniform, wahrzunehmen ...“
Und als der Fürst kam und sie als seine Braut begrüßte, da sprach sie zu ihm mit ihrer weichen herzgewinnenden Stimme: „Es macht mich so stolz und so demüthig zugleich!“ 13
So wie Napoleon III. hatte sich auch die preußische Regierung um eine Braut für den Fürsten Carol I. von Rumänien bemüht. Doch die Auserwählte steckte 1868 noch in den „Kinderschuhen“. Von rumänischer Seite war eine Großfürstin aus dem russischen Zarenhause ins Gespräch gebracht worden. Zwischenzeitlich bemühte sich auch der Kronprinz Friedrich Wilhelm von Preußen (der nachmalige Deutsche Kaiser und König von Preußen 1888) um eine Gemahlin für seinen Freund Carol aus dem Hause Hohenzollern-Sigmaringen. Der Kronprinz setzte sich mit dem Vater seines Vetters, dem ihm freundschaftlich und politisch nahestehenden Fürsten Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, ins Benehmen.
Auch dieser begrüßte den Heiratsplan seines Sohnes und berichtete ihm folgendes über die auserwählte Dame (Prinzessin Elisabeth zu Wied): Sie sei „in Bezug auf Weltkenntnis, Geist und Wissen jedenfalls anderen vorzuziehen. Sie ist hübsch und anmutig; die Herzensgüte liegt ihr auf dem Gesicht. Sie ist hochgebildet und von seltener Begabung und zeichnet sich auch durch Sprachkenntnisse aus; sie spricht vortrefflich französisch und englisch und ist – wie gesagt – universell gebildet.“
Vom Kronprinzen wurde der Fürst in Rumänien aufgefordert, umgehend zur Brautschau in die Heimat zu kommen. In Baden-Baden bei einem längeren Spaziergang in der Lichtentaler Allee trafen sich beide im Sommer 1869. Der Kronprinz legte Carol dringend ans Herz: „Gib alle anderen Partien auf, lieber Vetter – ich weiß, du hast mehrere in petto – und bewirb dich um Prinzeß Elisabeth von Wied. Ich kenne sie genau: sie hat ebensoviel Geist wie Herz, edles Streben und einen unwiderstehlichen Liebreiz.“
„Ich kann eine Begegnung vermitteln, ohne daß die Prinzeß ahnt, worum es sich handelt“ – meinte Friedrich Wilhelm. Carol: „Nehme ich dankbar an! Im Vertrauen gesagt: ich bin zwecks Brautwahl in die Heimat gekommen.“ Schon im April schrieb ich in mein Tagebuch: „Übers Jahr bin ich verheiratet und habe die Eisenbahn!“
Die Fürstin Josephine Friederike Luise von Hohenzollern-Sigmaringen geborene Erbprinzessin von Baden (* 21.01.1813 in Karlsruhe, † 19.06.1900 in Sigmaringen) – „von tiefster Frömmigkeit und doch nie frömmelnd, eine mädchenhafte Matrone, die durch ihre Selbstlosigkeit überall Liebe und Verehrung fand“ – stand im 25. Lebensjahr, als am 20.04.1839 ihr zweiter Sohn Karl in Sigmaringen zur Welt kam. Sie hatte am 21.10.1834 in Karlsruhe den Fürsten Carl Anton Joachim Zephyrin Friedrich Meinrad von Hohenzollern-Sigmaringen (* 07.09.1811 in Krauchenwies, † 02.06.1885 in Sigmaringen) geheiratet. Der Großvater des Neugeborenen – der regierende Fürst Karl (III.) Anton Friedrich Meinrad zu Hohenzollern-Sigmaringen – hob ihn aus der Taufe und gab ihm seinen Vor- bzw. Rufnamen. 14
„Der alte Fürst Karl (* 1785, † 1853) war genau und knapp im täglichen Leben. Er strebte unablässig darnach, den infolge des Friedens von Lunéville sehr zusammengeschmolzenen Besitz seines Hauses wieder auf die alte Höhe zu bringen, und da der erzwungene Beitritt zum Rheinbunde dem Vater einige säkularisierte Klöster eingebracht hatte, so wurde dieses Ziel auch erreicht.“ 15
In der Zeit der revolutionären Bewegung übertrug allerdings der Vater des Prinzen, Fürst Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, durch Staatsvertrag vom 07.12.1849 die Souveränität über sein Fürstentum an die Krone Preußens. Die feierliche Übergabe des Fürstentums erfolgte am 12.03.1850.
Fürst Karl Anton wurde preußischer General und übersiedelte nach Düsseldorf. 1858 beauftragte ihn der Prinz von Preußen, ein liberales Ministerium zu bilden und das Präsidium zu übernehmen. Da er als Ministerpräsident eines konservativ-liberalen Kabinetts der „Neuen Ära“ die Heeresreform nicht durchsetzten konnte, trat er 1862 zurück und empfahl Otto von Bismarck-Schönhausen (1865 Graf von Bismarck, 1871 Fürst von Bismarck) als Nachfolger. Fürst Karl Anton war jetzt Gouverneur von Rheinland und Westfalen, eine Stellung, die der Prinz von Preußen innegehabt hatte, ehe er Regent wurde.
Während der ganzen Dauer seines Aufenthaltes in Berlin verweilte Prinz Karl täglich stundenlang bei seinem Vater im königlichen Schloss. Er machte jetzt, ohne es zu wissen, eine Studienzeit durch, die ihm später in Rumänien zugute kommen sollte. Er wurde der Vertraute seines Vaters und später war der Vater der beste Freund und Berater seines Sohnes, des Fürsten Carol I. von Rumänien.
Von Prinz Karl war – nach den Gepflogenheiten in hohen Adelskreisen – zunächst eine militärische Laufbahn in preußischen Diensten eingeschlagen worden. Bis 1856 hatte er inkognito als Baron von Straßberg das Blochmann’sche Institut in Dresden besucht. – Die Holzarchitektur begeisterte den Prinzen von jung an. So verstand er es später, sich als Fürst/König von Rumänien beim Bau seines Sommerschlosses (Kastell Pelesch) – heute „Das Peles-Museum der Stadt Sinaia“ – entsprechend zu verwirklichen.
Die Großmutter des Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen war Marie Antoinette (Antonia) Fürstin von Hohenzollern-Sigmaringen geborene Prinzessin Murat (* 03.01.1793 in Labastide-Murat, † 19.01.1847 in Sigmaringen). Ihr Vater (Pierre Murat) war der Bruder des legendären Joachim Murat, 1806 Großherzog von Kleve und Berg (Düsseldorf), 1808 König von Neapel (Joachim I. Napoleon), der 1815 von den Österreichern gefangengenommen und standrechtlich erschossen wurde. Er war ein Vertrauter Napoleons I. (Kaiser der Franzosen, 1804 – 1814/1815, dessen Regierungszeit mit seiner Niederlage in der Schlacht von Warterloo in Belgien am 18.06.1815 und seiner Internierung auf Lebenszeit auf St. Helena endete, wo er am 05.05.1821 verstarb) und hatte 1800 dessen Schwester Karoline geheiratet.
„Im Dezember 1863 machte Prinz Karl einen zweiten Besuch am französischen Hofe. – Eine schöne Verwandte des Kaisers (Napoleon III., 1852 – 1870) wie des Prinzen eroberte denn auch den jungen, warmfühlenden Mann. Die Verbindung aber scheiterte an unerfüllbaren Bedingungen, die der Franzosenkaiser stellte. So musste der Prinz nach langem Hin und Her seinen Hoffnungen entsagen. Erleichtert wurde ihm das durch die Kriegsereignisse des Jahres 1864, und König Wilhelm I., der ihn mit den Worten in den Feldzug entließ: ‚Sieh dich vor und sei nicht zu tollkühn, denk an deine Eltern und an noch jemand!’ ... hatte wohl recht, wenn er später äußerte: ‚Mir selbst ist es nicht so leicht gemacht worden, meine Jugendliebe zu überwinden; für mich trat kein Kriegs- und Feldleben zerstreuend dazwischen!’ – Und doch, als die Prinzessin eine andere Verbindung einging, war ihr Hochzeitstag ein schwerer Tag für ihn!“
Als die Besetzung von Schleswig-Holstein einen kriegerischen Charakter angenommen hatte, war Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen nicht mehr in Berlin zu halten. Da sein Regiment nicht mobil machte, wandte er sich an seinen Vater, damit er ihm ein Kommando auf dem Kriegsschauplatz im Deutsch-Dänischen Krieg verschaffen sollte. 16
Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen wurde schließlich als Ordonanz-Offizier dem Prinzen Friedrich Karl von Preußen (Vetter des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem späteren Friedrich III., Deutscher Kaiser und König von Preußen 1888, er war bei seiner Thronbesteigung schwer kehlkopfleidend und regierte nur 99 Tage und konnte sich daher politisch nicht profilieren) zugeteilt und unterstellt. 17
Der zunächst als Oberbefehlshaber der deutschen Truppen eingesetzte Generalfeldmarschall Friedrich Graf von Wrangel „ermahnte Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen in aller Deutlichkeit, sich nicht wieder unnötig weit vorzuwagen und in Gefahr zu begeben.“
Mit dem Prinzen von Preußen verfolgte Prinz Karl die Kriegsereignisse in Schleswig-Holstein und übte oft auch scharfe Kritik. „Nicht nur an der Belagerung und dem Sturm auf die Düppeler Schanzen, auch an der Einnahme von (der dänischen Stadt) Fridericia (Friedrichsodde) und dem Einmarsche in Jütland, nahm er teil.“ 18
Dabei lernte Prinz Karl viel, was er dreizehn Jahre später verwerten konnte, als er die rumänische Unabhängigkeit auf den Schlachtfeldern Bulgariens erkämpfen musste. Schon damals war Prinz Karl, wie sein Vater, ein glühender Anhänger der deutschen Einheitsidee: „Ein einiges Vaterland unter Preußens Führung, aufgeben aller großdeutschen Chimären (Schimären = Trugbilder), das war sein nationales Glaubensbekenntnis.“ Und sein Vater, „Fürst Carl Anton, lebt in der Geschichte des deutschen Volkes als ein freidenkender, edler Mann, der freiwillig seine Prärogative (Vorrechte) der deutschen Einheit opferte.“
Bei Kriegsende in Schleswig-Holstein begab sich Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zur Erholung nach Bad Schinznach (Schweiz). Er hatte sich infolge des Kanonendonners ein Ohrenleiden zugezogen. Im Herbst 1864 nahm Prinz Karl den Dienst im 2. Garde-Dragoner-Regiments in Berlin wieder auf.
Die rumänischen Politiker wollten – wie in Griechenland und Belgien – einen ausländischen Prinzen zum Regenten wählen. Favorit war ursprünglich der Bruder des belgischen Königs (Leopold I., 1831 – 1865) – der Graf von Flandern – aus dem Hause von Sachsen-Coburg. Doch als dieser ablehnte, fiel die Wahl auf den Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen.
Um Ostern 1866, als der Oberleutnant des 2. Gardedragoner-Regiments in Berlin, Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen, auf Heimaturlaub bei seinen Eltern in Düsseldorf weilte, wurde ihm dort durch den rumänischen Abgesandten Joan Bratianu (dem späteren Ministerpräsidenten) die Krone Rumäniens angetragen. Nach langem Hin und Her erklärte der Prinz einer abermaligen rumänischen Abordnung seine Bereitschaft zur unverzüglichen Abreise nach Rumänien.
Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen ließ Wilhelm I., König von Preußen von 1861 – 1888 und Deutscher Kaiser von 1871 – 1888, wissen: „Mit Gottvertrauen und dem unerschütterlichen Bewustsein, daß ein ehrliches Herz und ein redlicher Wille zahlreiche individuelle Mängel aufwiegen, übernehme ich eine schwere, allseitig angefochtene Stellung, deren heute noch unklare und durch die Politik verworrene Aufgaben ich einer festen und bleibenden Gestaltung zuzuführen hoffe.“
Der Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen war nach vorausgegangenen turbulenten Vorgängen in Bukarest durch eine Volksabstimmung am 20.04.1866 vom rumänischen Volk – das damals noch unter türkischer Oberhoheit stand – mit überwältigender Mehrheit zum Fürsten bzw. Souverän von Rumänien – eines ihm völlig unbekannten und noch stark orientalisch geprägten Landes – gewählt worden, dessen nationale Einheit selbst gerade erst 10 Jahre alt war. 19
Er schipperte daraufhin unverzüglich mit einem Donaudampfer inkognito über die Donau – die Fahrt glich schlicht einer Abenteurerreise ins Ungewisse – nach Rumänien und betrat am 20.05.1866 in Turnu-Severin erstmals rumänischen Boden. Zwei Tage später wurde er mit großem Jubel als Fürst Carol I. von Rumänien in Bukarest begrüßt.
Am 22.05.1877 erklärte der Fürst sein Land für unabhängig. Nach der Proklamation am 24.03.1881 zum König von Rumänien fand am 22.05 1881 (10.05.1881) seine feierliche Krönungsfeier statt.
Nach den dreitägigen Hochzeitsfeierlichkeiten kam am 18.11.1869 der Tag des Abschieds von Neuwied. „Die gesamte Hohenzollernsche und Wiedische Familie begleitet das Fürstenpaar nach dem Bahnhofe, der in schönstem Flaggenschmuck prangt. Es herrscht ein starkes Gedränge, denn schon vom frühen Morgen an sind die Bewohner der Stadt und der Umgebung hergepilgert, um ihre scheidende geliebte Fürstentochter noch einmal zu grüßen; Fürstin Elisabeth ist sehr bewegt und möchte jedem der Unzähligen, die gekommen sind, ein Abschiedswort sagen. Außer den Angestellten des fürstlich Wiedischen Hauses sind zahlreiche Staatsbeamte und Offiziere erschienen. Die Stunde der Abfahrt schlägt, der schwere Abschied muß genommen werden. Nur mit Mühe bewahrt sich die Fürstin Mutter, die ihre einzige Tochter in so weite Ferne ziehen lassen muß, ihre Fassung und ihren so oft geprüften Mut. Unter Hurrarufen und Tücherschwenken der Zurückbleibenden verläßt der Extrazug um zehn Uhr morgens den Bahnhof (Neuwied).“
„Widmung an die Heimath Du Rebenland, du grüner Wald, Du Rhein mit deinem Schimmer, Dein Glanz ist fern, dein Sang verhallt, Ich bin entfloh’n für immer! Oft, oft, schließ’ ich die Augen zu, Dann hör’ ich’s singen, rauschen, Seh’ Schiffe zieh’n in sonn’ger Ruh, Den Wind die Segel bauschen. Daß ich die schönste Heimath hab’ In deutschen Gau’n besessen, Das macht, daß ich sie bis zum Grab Nun nimmer kann vergessen!“
(Von Carmen Sylva)
Der Weg nach dem „fernen, fremden Rumänien“ fand mit Zwischenstationen statt, um sich von Verwandten und Freunden in Mainz, Wiesbaden, Frankfurt, Wien, Pest bzw. Budapest zu verabschieden. Mit dem Donaudampfer „Franz Joseph – den die österreichische Donaudampfschifffahrtsgesellschaft zur Verfügung gestellt und „kaiserlich“ geschmückt hatte – traf das Fürstenpaar am 22.11.1869 in Turnu-Severin unter großem Jubel der Bevölkerung ein und die Fürstin betrat erstmals rumänischen Boden – so wie ihr Gemahl vor über 3 Jahren (20.05.1866), allerdings noch in aller Bescheidenheit.
Am nächsten Tag in aller Frühe ging die Schiffsreise weiter bis Giurgiu (Giurgevo) und von dort dann am 25.11.1869 mit der erst am 03.11.1869 eröffneten Eisenbahn auf der Strecke Giurgiu – Bukarest bis in die Hauptstadt Rumäniens. Für die Reise bis Bukarest hatte man bisher einen halben Tag benötigt und jetzt traf das Fürstenpaar schon in anderthalb Stunden „gleich nach zwölf Uhr mittags bei glühender Sonnenhitze“ in der geschmückten Bahnhofshalle von Bukarest ein, wo eine große Menschenmenge und einhundert Kanonenschüsse das Herrscherpaar willkommen hießen.
Von dem hochgelegenen „Filareter“ Bahnhof fuhr das Fürstenpaar nun unter dem Donner der Kanonen und dem Geläute aller Kirchenglocken in das vieltürmige, sonnenbeglänzte Bukarest ein, das eine festtäglich geschmückte Menschenmenge säumte. Auf dem „Metropoliehügel“ fand ein Gottesdienst statt. Nachher war ein Empfang in einem neben der Kirche errichteten reichgeschmückten Zelt vorbereitet.
Von dort begab sich der fürstliche Zug – von Dorobanzen geleitet – bis zum Palais (Stadtschloss), wo der Fürst seine Gemahlin in ihre einfachen Gemächer führte und die Fürstin bat, „fürs erste bescheiden vorlieb zu nehmen.“ Zum anschließenden Empfang im Thronsaale hatte man viele Rumänen mit Rang und Namen geladen.20
In Bukarest begann nun für das Fürstenpaar der Ernst des Lebens. Drei Tage nach Einzug in Bukarest waren bei der Fürstin die Masern ausgebrochen. Nach ihrer Genesung galt die erste Spazierfahrt dem zehn Minuten von Bukarest hochgelegenen Cotroceni. Es ist eine von dichtem Waldpark umgebene alte Klosteranlage, indem sich der Fürst eine Sommerresidenz herrichten ließ. 21
Fürst Carol I. hatte von Anfang an mit Schwierigkeiten im Ministerium und in den Kammern (Sicherung der staatlichen Existenz Rumäniens, Eisenbahnfrage, antijüdische Tendenzen) zu kämpfen und die Fürstin gab Empfänge, um zunächst Land und besonders Leute kennen zu lernen. Dazu benutzte die junge Fürstin die zahlreichen Audienzen. Sie schaffte gleich die Massenaudienzen ab und empfing jeden, der ein Anliegen hatte, einzeln.
Die Fürstin bzw. Königin Elisabeth und der Fürst/König Carol I. von Rumänien versuchten, das orientalisch geprägte Land politisch und kulturell an Mittel- und Westeuropa heranzuführen. Elisabeth hatte sich zur Aufgabe gemacht, das Schul- und Erziehungswesen in Rumänien zu verbessern. Nach preußischem Muster ließ Carol I. ein rumänisches Heer aufbauen. Schließlich konnte er Rumänien mit russischer Unterstützung 1877/1878 aus seiner Abhängigkeit von der Türkei befreien.
„Durch seine Ehefrau (Fürstin bzw. Königin Elisabeth alias Carmen Sylva, eine Frau von Geist und bizarrer Phantasie, Dichterin, Roman- und Bühnenautorin) erhielt der Hof in Bukarest ein gewisses romantisches Gepräge. Wohl eine überschwengliche Natur, nicht frei von Exaltiertheit und Hysterie, sah sie in ihrem dichterischen Schaffen ihren Beruf, ohne allerdings ihre Pflichten als Königin und Landesmutter zu vernachlässigen, denen sie mit Warmherzigkeit und Güte nachkam.“
Ihre Aufgabe war es auch, Wohlfahrtseinrichtungen zu schaffen, Familien und Haus, kurz alles, was Frauenhand im kleinen Kreise bewirkt, das musste sie im Großen schaffen, sie musste so manches lehren, was in Rumänien noch niemand kannte und beachtete. Im Dienst dieser Sache stellte Fürstin Elisabeth von Rumänien gleich ihre Studien im Rumänischen, die sie mit allem Eifer betrieb, um die Landessprache so bald wie möglich zu beherrschen.
Fürstin Elisabeth, die sich grundsätzlich von jeder Politik fernhielt, wollte mit allen Mitteln die Kultur des Westens mit der rumänischen verschmelzen. Sie war eine Künstlernatur, eine Enthusiastin! – „Wie glücklich sich die Fürstin damals in ihren neuen Verhältnissen fühlte, verräth uns ein kleines Gedicht aus dem Tagebuch unter dem Datum Bukarest, den 12. December 1869:
Ein Jubellied aus frohem Munde, Das schwingt sich auf zum Himmelszelt, Es trägt wie Lerchensang die Kunde Empor: Wie schön ist doch die Welt!“
Die am 08.09.1870 geborene gemeinsame Tochter (Marie, die sich später nur „Itty“ nannte) und einziges Kind des Fürstenpaares verstarb am 09.04.1874. In der Nacht hatte das Mädchen – es war an Scharlachfieber (Typhus) erkrankt und Diphtherie war hinzugetreten – im heißen Fieber wiederholt gerufen: „Ich will nach Sinaia (Kloster und vorübergehende Sommerresidenz) fahren und von dem Wasser des Pelesch trinken.“ Als man ihr den kühlenden Trank reichte, da schüttelte sie das Köpfen und sagte: „All is finished!“ – Die kleine Marie wurde einen Tag später in Controceni „am Bergeshang in einem kleinen Wädchen neben der Kirche (Elisabeta Doamna) zur ewigen Ruhe gebettet“.
Am 31.05.1873 hatte die Fürstin ihre erste Reise mit ihrer Tochter nach Neuwied unternommen, wo beide wohlbehalten am 08.06.1873 eintrafen. Sie wurden „von der rheinischen Bevölkerung aller Stände mit der größten Herzlichkeit empfangen. Die Fürstin genießt die Heimat in vollen Zügen“ – hieß es in den Printmedien.
„Die Fürstin war viel im Helenenasyl in Bukarest, wo alle Details der Mädchenerziehung ihrem wunden Mutterherzen das größte Interesse darbieten. Das Asyle Helène, nicht von der Fürstin Elisabeth von Rumänien gegründet, aber ihre besondere Aufmerksamkeit verdiente, ist ein Waisenhaus, wo annähernd 500 junge Mädchen vom fünften bis zum zwanzigsten Lebensjahre erzogen werden. Sie empfangen Unterricht in Wissenschaften, fremden Sprachen, Künsten, weiblichen Handarbeiten, doppelter Buchführung usw.“
Am ersten Jahrestag der Hochzeit (15.11.1870) war Fürst Carol I. von seiner Gemahlin „mit einem tiefempfundenen kleinen Liede“ überrascht worden:
„In unsern stillen, heil’gen Stunden, Da wächst mir meine Kraft. Ein Glück, wie ich's noch nie empfunden, Hast du in mir geschafft!“
Seinem Vater berichtete Fürst Carol I. von Rumänien am 26.01.1875: „Elisabeth ist diesen Winter sehr und auch wieder heiterer; leider ist aber noch immer keine Aussicht, daß unser aller Wunsch sich erfülle. Hier im Lande und namentlich im Volke hört man fortwährend den Ausruf: ‚Möge Gott dem Fürstenpaare Kinder schenken!’ Einmal wird der Himmel doch unsern heißesten Wunsch erfüllen! Wir vertrauen auf ihn!“ – Doch das weitere Schicksal versagte dem Herrscherpaar von Rumänien den Sohn und dem Lande den Thronfolger!
Wegen der Sommerhitze („Gluthitze, manchmal 40 º im Schatten“) in Bukarest siedelte der fürstliche Hof jahrelang jeweils bis zum Herbst von Bukarest nach Sinaja (Sinaia im Prahovatal der Südkarpaten) ins dortige Kloster über. Das kleine Kloster (1690 – 1695 im Brincoveanustil, von Byzanz, vom Barock und von der italienischen Renaissance beeinflusst, erbaut) fasste nur schwer die 60 Personen, die zum Hofhalt (Haushalt) gehörten. 22
Das 1695 gegründete und befestigte Kloster Sinaia war der erste Bau der heutigen Stadt und des Luftkurortes Sinaia in Rumänien. Von 1875 – 1883 ließ sich der Fürst/König Carol I. das Kastell Peles (Pelesch) als Sommersitz durch den österreichischen Architekten und Professor Carl Wilhelm Christian Ritter von Doderer (* 02.01.1825 in Heilbronn, † 13.05.1900 in Wien) erbauen und 1890 – 1914 durch den aus Tschechien stammenden österreichischen Architekten (vorher Assistent Doderers) Karel Liman erweitern.
Am 07.10.1883 wurde Castel Peles in Gegenwart aller Würdenträger Rumäniens feierlich eingeweiht. Als der König bei dem darauf folgenden Gastmahl seinen Trinkspruch auf Rumäniens Wohl ausbrachte, fügte er die Worte hinzu: „In der festen Zuversicht auf die Liebe meines Volkes habe ich hier ein eigenes Haus erbaut. Es soll sich erheben als dauerndes Zeichen der tiefen Wurzeln, die meine Dynastie in diesem Lande gefaßt hat. Das rumänische Volk soll darin eine Bürgschaft meines unbegrenzten Vertrauens auf die Zukunft unseres theuren Vaterlandes erblicken“. 23
Wenn Carmen Sylva seinerzeit mit einem Hamburger Möbelfabrikanten über die Lieferung und Gestaltung verschiedener Möbelstücke für Schloss Pelesch verhandelte und sie keine Einigung herbeiführen konnte, meinte die Königin: „Nun, dann mache ich es wie der Mann von Neuwied.“ – Als der Hamburger seine hochgeschätzte Gesprächspartnerin fragend ansah, erwiderte diese lachend: „Wissen Sie nicht, wie der es machte? – Der machte es, wie er wollte.“
„Der Mann von Neuwied“ kam noch öfter im Verhandlungsgeschick der Königin Elisabeth von Rumänien vor; er war wie ein Gewährsmann, den sie gerne anführte – ebenso wie den Spruch: „Mit Geduld und Schicke, fängt man eine Mücke!“
Kurz nach den Einweihungsfeierlichkeiten wurde das Kastell vom Königspaar bezogen. Es ist die eigene Schöpfung des Königs. Mehr noch als die äußere Gestaltung geht die innere Ausstattung auf des Königs Initiative und Anordnung zurück. Schloss Pelesch – der einstige königliche Sommersitz – ist heute ein Museum. Es vereinigt viele Architekturstile, doch vorherrschend sind Elemente der deutschen Renaissance und Gotik.
Wegen der anhaltenden großen Schwierigkeiten wollte Carol I. von Rumänien schon als Fürst abdanken. Erst nach seinen Erfolgen im Russisch-Türkischen Krieg von 1877/1878 gewann er rasch das Vertrauen seines Volkes. Fürstin Elisabeth von Rumänien bekam für ihren selbstlosen Einsatz während dieser schweren Kriegszeit von Russland den Katharinenorden – hoher russischer Damenorden, den 1714 Zar und Kaiser Peter I., der Große (1682 – 1725) stiftete – verliehen. 24
Am 20.10.1878 konnte Fürst Carol I. von Rumänien „an der Spitze seiner ruhmgekrönten Armee den Siegeseinzug“ im festlich geschmückten Bukarest halten. Durch Parlamentsbeschluss vom 26.03.1881 wurde Rumänien zum Königreich erhoben und 1885 erfolgte die Erklärung der orthodoxen Kirche Rumäniens zur eigenständigen Nationalkirche.
Nach dem Tode ihres einzigen Kindes trat eine Veränderung im Leben der Fürstin ein, die glaubte, Talent als Dichterin zu haben. Vielleicht war es auch zunächst eine Trost- und Trauerarbeit. Auch engagierte sie sich von nun an vermehrt im sozialen, karitativen Bereich und in der Blindenfürsorge, machte sich aber auch als Kunstmäzenin einen Namen und schuf eine Heimarbeiterindustrie im Bereich von Textilien. Hierzu führte sie die Seidenraupenzucht in Rumänien ein. Sie gründete Bildungseinrichtungen für Frauen und Mädchen und förderte in Bukarest das Frauenstudium. Obwohl sie der Frauenbewegung und den „Suffragetten“ (Frauenrechtlerinnen) ablehnend gegenüberstand, erkannte sie die Notwendigkeit der Frauen, nur durch eigenes Einkommen die finanzielle und eigene Unabhängigkeit zu erreichen.
Unter den vielen Besuchern, die dem Fürstenpaar während des Sommeraufenthaltes 1874 in Sinaia (Kloster) ihre Aufwartung machten, war „der anregendste der Dichter Vasile Alecsandri (* 21.07.1818 (1821) in Bacáu, † 22.08.1890 in Mircesti, Dramatiker und Politiker, schrieb 1881 „Tralasca Regele“ = „Lang lebe der König“, das bis zur Abdankung der Monarchie 1947 die Hymne des Königreiches Rumänien blieb), ein geistreicher Erzähler, der die Fürstin für die von ihm in Versen gebrachten rumänischen Legenden und Märchen derart zu interessieren verstand, dass sie begann, diese ins Deutsche zu übersetzen, was ihr, zu des Fürsten Freude, eine große Zerstreuung brachte.“
Als Vasili Alecsandri der Fürstin in Bukarest einmal einen Besuch abstattete, sagte sie zu ihm mit tiefem Erröten: „Ich möchte Ihnen wohl ein Geständniß machen, aber ich finde nicht den Muth dazu!“ Erst nach langem Zögern sprach sie schüchtern und zaghaft mit leiser Stimme: „Ich mache auch Gedichte!“
Auf Alecsandri’s Bitte hatte die Fürstin ihm einige dieser Lieder mitgeteilt. Er erkannte sogleich ihre dichterische Begabung und ermunterte sie, fortzufahren. Ihre Arbeit war ja eigentlich nur die Ausstrahlung ihres innersten Wesens vor allem in der „Schmerzenszeit“. Jetzt schickte Alecsandri der Fürstin nach Franzensbad, wo sie auf Kur weilte, einen dicken Band seiner Manuskripte. Fürstin Elisabeth begann die rumänischen Volkssagen ins Deutsche zu übersetzen.
„In Franzensbad“, so schrieb die Fürstin, „geschah die allergrößte Wandlung in meinem Dichterleben. Ich hatte noch keine Idee, daß das Dichten eine Kunst sei, oder daß man das lernen dürfe, wenn man nicht ein Dichter sei. Gedichte machen lernen, das kam mir vor, als wollte ein Mensch den Vogel singen lehren. Mir flossen Verse und Reime viel leichter aus der Feder als Prosa. Ich fürchtete, sobald ich mich an Regeln und Gesetze binden würde, müßte ich die Gabe einbüßen zur Strafe für solche Einbildung und Eitelkeit. In dem furchtbaren Schmerz des Frühjahres 1874 waren die Lieder kein Ventil mehr. Nur anstrengende und angestrengte Arbeit konnte betäuben. Und so griff ich zum Uebersetzen.
‚Die Perlenreihen’ von Alecsandri lockten mich deshalb am meisten, weil (Wilhelm von) Kotzebue in seiner Uebersetzung vom Versmaß ganz abgewichen war und manches verändert hatte. Da sah ich aber plötzlich, daß ich das Abc der Dichtkunst gar nicht kannte. Auf einmal mußte ich mich auf Wortfall und Reime besinnen. Das war mir noch nie passiert und meine Arbeit wurde kläglich. Bei jedem Wort hätte ich hundert Fragen stellen mögen, wenn ich nur gewußt hätte an wen.“ 25
Auch Wilhelm von Kotzebue besuchte die Fürstin in Franzensbad. Er hatte als Diplomat lange in der Moldau gelebt und die von Alecsandri gesammelten Volkslieder ins Deutsche übertragen. Mit ihm besprach die Fürstin ihre Arbeit. Er zeigte und erklärte ihr die Fehler im Bau des Versmaßes. Jetzt musste sie sich in Regel und Gesetz fügen.
„In der Stunde aber, in der ein Mann wie Kotzebue es für der Mühe werth fand, mich mit solchem Ernst zu kritisieren, habe ich begonnen an mein Talent zu glauben.“ – „Ich wagte es nicht,“ sagte die Fürstin, „ihm ein Originalgedicht zu zeigen, sondern nur meine ersten Uebersetzungen der rumänischen Dichtungen. Sie waren überaus fehlerhaft und ungeschickt ausgefallen, weil ich damals, obwohl schon dreißig Jahre alt, keine Poetik kannte. ‚Die Perlenreihen’ habe ich viermal umgearbeitet und vor dem Druck zum fünften Mal. Ich habe nie so viel gelernt als beim Uebersetzen. Noch viele Jahre später habe ich mein Talent wie ein Unglück betrachtet, denn ich dachte, es paßte nicht zu meinem Berufe. Wie ein naschendes Kind habe ich jedes Mal die Feder fortgeworfen, wenn jemand zu mir ins Zimmer trat.“
„Ist es nicht merkwürdig,“ schreibt die Fürstin ihrer Mutter, „wenn der Himmel mit einer Hand mir meine Lieben nimmt, schüttelt er mit der andern mir die reinsten edelsten Freuden in den Schoß. In welcher liebensreichen und anziehenderen Weise könnte ich wohl meinem Lande dienen, als indem ich ihm jetzt auch die Geistesschätze meines deutschen Vaterlandes in seine, in die rumänische Sprache übersetze.“ – „Wenn ich nicht gerade schlafe, dann ruhen Hände oder Kopf oder beide nicht eine Sekunde, sonst geht es mir schlimm. Aber die fortwährende Thätigkeit erhält auch das Gemüth frisch und nur manchmal werde ich von irgend einer lieben Erinnerung übermannt.“
„Glaube nicht, es sei dem wunden – Herzen alles Glück entschwunden, – Bin ja reich und dankbar noch; – Darf ich auch den Namen nimmer – Hören, ach den süßen, immer – Darf ich ‚Mutter’ sagen doch!“
In späteren Jahren meinte Königin Elisabeth von Rumänien: „Man hat behauptet, erst der Schmerz habe mich zum Dichter gemacht. Dem ist aber nicht so. Das Dichten ist ganz unabhängig von der äußern Welt, von Krankheit und von Schicksalen. Ich kann nie wissen, was ich in acht Tagen schreiben werde. Ich werde gern von mir selbst überrascht. Wenn aber eine Idee da ist, so läßt sie mich nicht mehr los, selbst in Jahren nicht, bis sie geschrieben ist.“ – „Zeit habe ich nie gehabt, und wenn nicht alle meine Arbeiten im Kopfe fertig wären, bevor ich die Feder zur Hand nehme, so würde nur wenig zu Tage gefördert werden.“
Obwohl Elisabeth schon als Kind die Wälder liebte, kam sie sich auf Schloss Pelesch einsam und verlassen vor. Die dichterische Arbeit bedeutete für sie Glück, das ihr über manche Stunde der inneren Vereinsamung hinweghalf.
Wohl 1881 wurde die kunstliebende, schwärmerische Carmen Sylva (Carmen ist in der lateinischen Klassik die Bezeichnung für ein lyrisches Gedicht) als Schriftstellerin durch ihr literarisches Schaffen bekannt. Sie schrieb im neuromantischen, impressionistischen Stil ansprechende Gedichte, Erzählungen, Dramen, symbolische Märchen, Volksballaden und Lebenserinnerungen.
Außerdem begann die Fürstin, auch im Ausland ihre rumänische Heimat bekanntzumachen, indem sie Gedichte, später Sagen und Märchen in deutscher Übersetzung, Bearbeitung oder Nachdichtung für das weitere Publikum unter dem Pseudonym „Carmen Sylva“ erscheinen ließ.
Am erfolgreichsten sind ihre aus der rumänischen Landschaft, dem Brauchtum und der Volksüberlieferung gespeisten Dichtungen, die zum Teil in Zusammenarbeit mit Mite Kremnitz (* 1852, † 1916) entstanden sind und ins Deutsche übersetzt wurden. Als ihre Hauptwerke (Romane) gelten: „Aus zwei Welten“ (1886); „Defizit“ (1890); „Mein Penatenwinkel“ (1908); – „Lebenserinnerungen“; „Geflüsterte Worte“, 4 Bände (1903 – 1910); „Briefe einer einsamen Königin“ (1916).
Ihre ersten Veröffentlichungen waren Übersetzungen der Gedichte von Vasile Alecsandri, dessen Werke sich bedeutsam für die Entwicklung der rumänischen Kultur darstellen sollten. Zuletzt vertrat Alecsandri sein Land als Botschafter in Paris. Eine enge Freundschaft verband ihn mit Carmen Sylva. Ihre Werke verhalfen der rumänischen Literatur in Europa und darüber hinaus publik zu werden.
Fürstin Elisabeth von Rumänien meinte: „An das Veröffentlichen der Uebersetzung rumänischer Dichtungen dachte ich nicht, als ich sie schrieb. Es war Frau Mite Kremnitz, die sie mir förmlich fortnahm, Jahre nachher. Sie erschienen (1876) in der Gegenwart unter dem Pseudonym E. Wedi (Anagramm von Elisabeth Wied), später (1878) auch im Magazin für die Literatur des Auslandes. Doch kann ich das abscheuliche Gefühl nicht überwinden, selbst hinter dem E. Wedi versteckt, vor die Welt geschleppt zu werden. Das ist das einzige, was mir die Freude verdirbt.“
1879 ließ die Fürstin eigene Dichtungen unter dem Pseudonym F. de Laroc (Anagramm von Femme de Carol) veröffentlichen. Und um 1881 als Königin Elisabeth von Rumänien verfasste und verbreitete sie ihre Gedichte erstmals unter „Carmen Sylva“.
Zum Teil in Zusammenarbeit mit Mite Kremnitz – Ehefrau eines deutschen Arztes in Bukarest – verfasste Carmen Sylva vor/um/nach 1881 auch Unterhaltungsromane. Die gemeinsamen Arbeiten dieser ungleichen Frauen erschienen unter dem Pseudonym „Dito“ und „Idem“.
Mite Kremnitz (* 04.01.1852 als Marie Bardeleben in Greifswald), von 1885 – 1886 Hofdame und Vorleserin der Königin Elisabeth von Rumänien, stand neuen Literaturauffassungen – wie dem Realismus und dem Naturalismus – aufgeschlossen gegenüber, während Carmen Sylva moderne Strömungen in der Literatur und Kunst verachtete. Diese Unstimmigkeit und die okkultischen Neigungen der Königin führten schließlich zum Bruch der Freundschaft.
Ein Großteil der Werke Carmen Sylvas sind zwischen 1881 – 1892 erschienen – wie Gedichtbände, Novellen, Märchen, Romane, Essays und Aphorismen. Es waren wohl über fünfzig. In der Tat war es Königin Elisabeth von Rumänien, die die rumänische Literatur in Europa bekanntmachte.
Später ließ die Qualität der Werke von Carmen Sylva erheblich nach. Sie scheiterte an ihrer Neigung zum Okkultismus und an ihrer unkritische Haltung gegen sich selbst. Auch die Zeit frohen Hoffens auf einen Thronerben schien verstrichen. Doch Rumänien wünschte die Stabilisierung der Monarchie durch die Ernennung eines Thronerbens. Fürst Carol I. von Rumänien beabsichtigte, seinen Neffen Prinz Ferdinand von Hohenzollern-Sigmaringen (* 24.08.1865 in Sigmaringen, † 20.07.1927 in Sinaia, zweiter Sohn des Fürsten Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen und Antonia von Sachsen-Coburg und Gotha) als Thronanwärter nach Bukarest zu berufen.
Doch Fürstin Elisabeth von Rumänien verstand es, die Einladung an den Prinzen immer wieder hinauszuschieben. Denn sie wollte ihren Bruder (Prinz Wilhelm Adolf Maximilian Carl zu Wied) als Thronnachfolger ins Spiel bringen und die Dynastie Hohenzollern durch die von/zu Wied ablösen.
Der Ministerrat entschied sich 1880 in der Thronfolgerfrage für den Fürsten Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen. Er war der älteste Bruder des regierenden Fürsten Carol I. und der einstige spanische Thronkandidat. Leopold stimmte zwar dem Wunsche seines Bruders und des rumänischen Volkes zu, „um auf diese Weise beizutragen, jede Ungewißheit in dieser für die Beständigkeit und Sicherheit der Zukunft des Landes so ungemein wichtigen Frage zu verhüten. Er glaubte aber, er werde nach menschlicher Voraussicht nicht in die Lage kommen, die verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen und fortzusetzen, und willigte deshalb – dem Wunsche seines Bruders entsprechend – gern in die dereinstige Thronübernahme seines zweitältesten Sohnes Ferdinand ein.“
König Carol I. von Rumänien stellte im November 1886 seinen Neffen als Leutnant (er war vorher ebenfalls preußischer Offizier) in die rumänische Armee ein, der zwar den „präsumtiven“ Thronfolgersitz – aber noch nicht die Stimme – im Senat erhielt. Das Verhältnis zwischen dem Thronfolger und der Königin ging zunächst über das „Konventionell-Höfische“ nicht hinaus. Die Monarchin spielte die Enttäuschte, sinnierte aber in der Einsamkeit des Kastells Pelesch über einen neuen Coup nach, um ihren Willen dem Königreich Rumänien aufzudrängen, der jedoch für sie zur Tragödie wurde und fatal endete.
Obwohl Prinz Ferdinand und der spätere König Ferdinand I. von Rumänien nicht müde wurde, um die Zuneigung der Königin Elisabeth zu werben, erwiderte sie erst eine dankbare Würdigung, „als die Sonne ihres Lebens sich zur Rüste neigte.“
„Ich habe etwas sehr Angenehmes eingeführt,“ schrieb Elisabeth einmal ihrer Mutter: „Zweimal in der Woche lasse ich mir nun von Vacaresco (Ioan Vacarescu) alte rumänische Chroniken vorlesen. Er ist darin bewandert wie ein Professor, und hält dazwischen frei erklärende Vorträge. Denke Dir mein ideales Zimmer mit dem Springbrunnen und den Lampen à abat-jours (Schirme mit Schrägfenster), die hübschen Mädchen mit Handarbeiten unter den Pflanzen und Lauben, ich mit der Feder in der Hand, jedes neue Wort notirend. Und nun die merkwürdige Vergangenheit, die an uns vorüberzieht in einem prachtvollen klassisch-lateinischen oder biblisch-naiven Styl. Es ist köstlich! Ich hoffe Stoff zu finden für poetische Bearbeitung.“ – „Auch richte ich eine Malakademie ein. Ferner soll sehr viel gesungen und noch mehr vorgelesen werden. Was mir nahe kommt, versetze ich in Bewegung. Nichts und niemand darf ruhen!“
Ioan Vacarescu – der aus einem walachischen Bojarengeschlecht stammte, aus dem vor allem bedeutende Dichter hervorgingen – war der Vater der Dichterin Elena Vacarescu oder Hélène Vacaresco (* 21.09.1864 in Bukarest, † 17.02.1947 in Paris), die die Fürstin Elisabeth von Rumänien zu ihrer Hofdame machte und sich ihretwegen 1891 als Königin in eine politische Affäre mit dem Neffen ihres Gemahls, Ferdinand von Hohenzollern-Sigmaringen (am 11.10.1914 zum König von Rumänien bzw. am 15.10.1922 zum „König aller Rumänen“ gekrönt), verstrickte.
Diese Hofdame, die eine Freundin der Königin wurde, stammte aus einer republikanischen Familie. Ihr Vater war froh, in seiner Tochter einen Spion am rumänischen Hofe zu haben. Der König sah zunächst in der Freundin seiner Gattin eine Brücke zu den Oppositionsparteien.
Der Hofdame war es gelungen, die okkultistischen Neigungen der Königin für sich nutzbar zu machen und durch spiritistische Sitzungen großen Einfluss auf sie zu bekommen. In aller Heimlichkeit und ohne Wissen und Zustimmung des Königs hatte Königin Elisabeth die Verlobung der Hofdame mit dem Thronfolger eingefädelt. Sie hatte mit dem jungen Paare eine Kirche aufgesucht und die Verlobung ausgesprochen. Als Carol I. davon erfuhr, fiel er zunächst aus allen Wolken und löste die Verlobung sofort wieder auf. Da Elisabeth diese Liaison weiter favorisierte, wurde ihr nahegelegt, ins Ausland zu gehen.
So wurde sie von 1890/1891 – 1893/1894 unter dem Vorwand eines „Nervenleidens“ ins Ausland (Venedig, Lago Maggiore) und nach Neuwied („Monrepos“ und „Segenhaus“) in die Verbannung geschickt. Sie benahm sich wie ein störrisches und ungehöriges Kind. Sie plauderte und diktierte unaufhörlich über Interna. Doch Gott sei Dank sind diese „Ergüsse“ nicht zur Veröffentlichung gelangt.
Am Lago Maggiore versuchte die Königin noch die Presse zu bestechen, um eine Ehe ihres Liebespaares zu rechtfertigen. Doch sie entfachte dadurch im In- und Ausland eine Pressekampagne, die sich gegen sie richtete. – „Die Königin hat den Verstand verloren!“ – stand in den Zeitungen. Und von der Königin war zu hören: „Früher kam man an den Pranger, heute in die Zeitung.“
Hélène Vacaresco entwickelte sich zu einer anerkannten rumänisch-französischen Schriftstellerin und wurde zweifache Preisträgerin der Académie francaise. Die französischen Außenminister ernannten sie schließlich zur „Botschafterin der rumänischen Kultur“.
Nach der Verbannung seiner Gemahlin bemühte sich insbesondere der König um eine rasche Verlobung seines Neffen. Er ließ an den Höfen in Griechenland und Italien nach einer geeigneten Braut fahnden und legte die Sache Kaiser Wilhelm II. besonders ans Herz, der in Edinburgh vermitteln sollte.
Schließlich wurde Prinz Ferdinand am 10.01.1893 mit Marie von Edinburgh (1875 – 1938) verheiratet. Sie war eine Enkelin der Königin Viktoria und eine Tochter des Herzogs Alfred von Sachsen-Coburg-Gotha (ab August 1893 regierender Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha) und außerdem Herzog von Edinburgh und Prinz von Großbritannien und Irland. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.
1893 besuchte König Carol I. seine Gemahlin auf „Monrepos“ in Neuwied. Die Ehekrise nahm ihr Happyend am 14.11.1894, als Königin Elisabeth und König Carol I. von Rumänien gemeinsam wieder nach Bukarest zurückkehrten und unter großer Anteilnahme des ganzen rumänischen Volkes in Bukarest ihre Silberhochzeit feierten.
Rumäniens Ministerpräsident Joan (Ion) Bratianu d. Ä. (1876 – 1888) meinte zu dem Königspaar der Rumänen: „Ich habe noch nie zwei Menschen gesehen, die so vollkommen verschieden waren!“ – Und Ministerpräsident Demeter (Dimitrie) Sturdza (1895 – 1909 mit Unterbrechungen) vertrat die Ansicht: „Ich habe nie zwei Menschen gesehen, die sich so vollkommen ergänzten!“ – „Glücklich – im landläufigen Sinne – ist ihre Ehe nicht, wohl aber eine auf Vertrauen und Hochachtung basierende Freundschaft“ – war die allgemeine Beurteilung im Verwandten- und Bekanntenkreis der Carmen Sylva.
Von dem französischen Marineoffizier Julien Viand – bekannter unter dem Schriftstellernamen Pierre Loti, der längere Zeit der Gast von Carmen Sylva im Schloss Pelesch war, wurde uns überliefert: „Mit seiner Gemahlin lebt er in einem patriarchalischen Verhältnis gegenseitiger Liebe und Achtung.“ Die Königin selbst schrieb einmal begeistert über ihn: "Karl ist großartig! Ich vergleiche ihn oft mit dem schweigenden Oranier oder König Karl bei der Meerfahrt. Die bittersten Erfahrungen machen ihn täglich kälter und maßvoller. Über schnöden Undank zuckt er die Achseln und verzeiht. Daß alle ihn verkennen, ist ihm einerlei. Einmal, wenn er nicht mehr ist, wird man ihn den Weisen nennen."
Die wohl positivste und nachhaltigste Maßnahme von König Carols I. war die mit seinen Politikern eingeleitete Agrarreform, obwohl sie erst später einschneidend durchgeführt wurde. Als der König nach 48jähriger Regierungszeit am 10.10.1914 – an gebrochenem Herzen, wie man sagte – starb, hatte der Monarch in Rumänien die Grundlagen für einen modernen Staat geschaffen und politisch und kulturell an Mittel- und Westeuropa herangeführt.
Gegen seinen Willen blieb Rumänien, das sich an den Dreibund zwischen Deutschland, Österreich und Italien angelehnt hatte, neutral. Der König musste erkennen, dass Volk und Regierung nicht mehr hinter ihm standen.
In der Verwaltung gelang es dem König nicht, die tiefeingewurzelte Korruption zu beseitigen. Die Ausbeutung der Bauern durch Grundbesitz und Spekulanten führte im Frühjahr 1907 zu einem erst nach beträchtlichen Blutopfern niedergeworfenen Bauernaufstand in der rumänischen Moldau und in der Walachei, wobei sich die Militärs als Herren der Situation zeigten und die Politiker sich abwandten. Die Zahl der Opfer schwankte zwischen 2000 und 11000 Toten. 26
Es scheint, dass Königin Elisabeth von Rumänien einst beabsichtigte, ihren Lebensabend in Neuwied zu verbringen; denn im „Nachtrag vom Dez. 1911 zum Testament vom Febr. 1899 gewährt der König seiner Gemahlin eine Summe von zwei Millionen Lei zur freien Verfügung (vielleicht wünscht sie von dieser Summe 100.000 Lei zur Verbesserung ihres Hauses „Segenhaus“ bei Neuwied zu verwenden).“
Zwei Wochen nach dem Tode des Königs übersiedelte Königin Elisabeth in das unweit von Bukarest gelegene Schloss („Curtea d’Argesch“ oder „Curtea de Arges“), in dessen Grabkapelle Carol I. seine letzte Ruhestätte gefunden hatte. Paul Lindau, der die Kirche erbaute, gestaltete das Schloss zu einem „wohligen Altersheim“ für die rumänische Königin. Seine Fürsorge um ihr Behagen bezeichnet sie als eine „Wohltat“.
Im Herbst ihres Lebens drohte Carmen Sylva zu erblinden. Die meiste Zeit verbrachte sie im Rollstuhl. Sie verstarb mit 72 Jahren am 02.03.1916 in Bukarest an Lungenentzündung und überlebte ihren mit 74 Jahren am 10.10.1914 verstorbenen Ehemann um 1 Jahr und fünf Monate. Die Beisetzung erfolgte an der Seite ihres Gemahls in der Gruft der Klosterkirche „Curtea de Arges“ in Bukarest.
Rumänien nach König Carol I.
König Ferdinand I. wurde schließlich am 10.10.1914 zum rumänischen König und nach einer wirren und kriegerischen Zeit und nach der Verwirklichung eines „Großrumänien“ durch die Pariser Vorortverträge am 15.10.1922 in Karlsburg in dem den Ungarn entzogenen Siebenbürgen feierlich zum „König aller Rumänen“ gekrönt.
Sein Sohn Carol II. (* 15.10.1893 in Sinaia, † 04.04.1953 im Estoril in Portugal) setzte als König von Rumänien (1930 – 1940) 1938 die demokratische Verfassung von 1923 außer Kraft, wurde aber von Marschall Ion Antonescu (* 02.06.1882 in Pitesti) zum Thronverzicht zugunsten seinen Sohnes Michael (Mihai I., * 25.10.1921 in Sinaia) genötigt, nachdem Rumänien durch den von Deutschland und Italien gefällten zweiten Wiener Schiedsspruch vom 30.08.1940 zur Abtretung des nördlichen und südöstlichen Teils Siebenbürgens an Ungarn sowie der südlichen Dobrudscha an Bulgarien gezwungen worden war. Die Macht im Staate lag seither ungeteilt in den Händen von Ion Antonescu, der am 01.06.1946 in Bukarest hingerichtet wurde.
König Carol II. von Rumänien war mütterlicherseits ein Urenkel der Königin Victoria (1837 – 1901) von Großbritannien und Irland und des russischen Zaren Alexander II. (1855 – 1881). Als Kronprinz war Carol zwar nach einer kurzen, morganatischen Ehe mit Ioana Maria Marie Valentina Lambrino (genannt „Zizi“, 1898 – 1953), die annulliert, aber 1996 für gültig erklärt wurde, mit Prinzessin Elena von Griechenland verheiratet (die Ehe wurde am 21.06.1928 geschieden, aber auch für ungültig erklärt), doch wurde er 1926 von der Thronfolge in Rumänien ausgeschlossen, weil seine nicht standesgemäßen Liebschaften – vor allem mit der gebürtigen Jüdin Magda Lupescu – für andauernde Skandale sorgten.
Carol ging mit Magda Lupescu ins Exil nach Paris und Michael (* 25.10.1921 in Sinaia), der fünfjährige Sohn von Carol und Elena, bestieg de jure den Thron in Rumänien. Am 06.06.1930 kehrte Carol nach Rumänien zurück und wurde nach dem Versprechen, sich von Magda Lupescu zu trennen, am 08.06.1930 als Carol II. zum König von Rumänien gekrönt.
Vom 26.12.1934 an versuchten die deutschen Nationalsozialisten mit König Carol II. von Rumänien in Kontakt zu kommen, um einen Freundschaftsvertrag vorzubereiten. Die Deutschen waren als Schutzmacht deshalb an Rumänien interessiert, um die lebenswichtigen Öllieferungen von Rumänien an Deutschland nicht zu gefährden.
Am 10.02.1938 entließ Carol II. die Regierung und setzte eine „Königsdiktatur“ ein, um der faschistischen Bewegung der „Eisernen Garde“ entgegenzutreten. Doch am 07.03.1939 wurde mit Armand Calinescu (ermordet) als Premierminister eine neue Regierung gebildet.
Von Deutschland und der Sowjetunion wegen der Gebietsabtretungen in die Enge getrieben, berief der König den Kriegsminister Ion Antonescu am 04.09.1940 zum neuen Ministerpräsidenten, dankte am 06.09.1940 ab und ging erneut ins Exil. Sein Nachfolger wurde sein Sohn als Michael I. (Mihai I.) 27
Als im Sommer 1944 die deutsch-rumänische Verteidigung Rumäniens unter der Roten Armee zusammenbrach, ließ König Mihai I. den Staatschef oder Staatsführer Ion Antonescu verhaften und erklärte Deutschland den Krieg.
Mihai I. (war von 1927 – 1930 sowie von 1940 – 1947 der König von Rumänien) konnte sich nach dem Zweiten Weltkrieg nur noch kurze Zeit halten. Am 30.12.1947 entsagte er auf Druck der Sowjets und der herrschenden Kommunisten seinem Throne und ging ins Ausland (Schweiz), wo er den Thronverzicht widerrief. Er lebt inzwischen wieder in Bukarest.
In Kürze können Sie die Aufsätze „Carmen Sylva“ als Sommerfrischlerin unter dem Pseudonym „Gräfin Vrancea auf Sylt“ und „Carmen Sylva“ auf Gamsjagd auf „Hohenburg (Lenggries) im Isarwinkel“ aufrufen.
Anmerkungen:
1.Das 1762 erbaute Jagdpalais „Monrepos“ (französisch „meine Ruhe“, Name von Lustschlössern, im heimischen Gefilde auch das „Weiße Schloss“ wegen seines Anstrichs genannt) hieß ursprünglich „Montrepos“ (Bergruhe) und erst später „Monrepos“. Im 19. Jh. diente es der fürstlichen Familie als Sommersitz. – Bereits im Geburtsjahr der kleinen Prinzessin Elisabeth zu Wied gab es in Wiesbaden zwei russische Pensionen, die sich „Mon Repos“ nannten. Sie wurden von namhaften Gästen des Zarenreichs frequentiert.
2.Die (heutige) Kreisstadt Neuwied wurde 1649/1653 an Stelle der verödeten Dorfschaft namens Langendorf, die sich etwa dort befand, wo die Wied in den Rhein fließt und im Dreißigjährigen Krieg vollständig verwüstet wurde, durch Graf Friedrich III. von/zu Wied gegründet, und zwar als planmäßige Stadtanlage (ein fast rechtwinkliges Viereck mit gitterförmigem Straßennetz) neben dem um 1648 begonnenen ersten Schlossbau des Grafen Friedrich III. von Wied. Er war es, der 1683 die „hochgräflich wiedische Kirchenordnung“ erließ, die für „Zucht und Ordnung“ sorgte. – Dessen Toleranzedikt (1662) gegenüber allen Glaubensbekenntnissen förderte das Aufblühen der späteren Industriestadt Neuwied. Das Schloss fiel bald den Franzosen zum Opfer. Ein Neubau wurde 1706 von Friedrich Wilhelm (Sohn des Stadtgründers von Neuwied) in Angriff genommen und nach längerer Unterbrechung schließlich 1756 vollendet. Im April 1857 gab Fürst Hermann zu Wied – Vater der Prinzessin Elisabeth zu Wied und späteren Carmen Sylva – seine offizielle Zustimmung zur Namengebung für Neuwied. – Auf Grund der Säkularisation (1803) erhielt Johann August Karl zu Wied (er war der Großvater der Carmen Sylva) als Entschädigung für Landabtretungen in Lothringen auch kurkölnische Ämter zugesprochen, die ihm eine Regierungsbeteiligung einräumten. Da er 1806 nicht dem Rheinbund beitreten wollte, verlor er seine Reichsunmittelbarkeit und Souveränität. Von den wiedischen Fürstentümern kam ein Großteil unter preußische, ein kleiner Teil in die Zuständigkeit der Grafen von Nassau-Usingen. In der „Märzrevolution“ – die Anfangsphase der Deutschen Revolution von 1848 – verzichtete Fürst Hermann zu Wied für sich und seine Nachkommen unwiderruflich auf alle Regierungsrechte und am 30.10.1848 wurde die fürstlich-wiedische Regierung aufgelöst.
3.Eine Großtante, Henriette Alexandrine Friederike Wilhelmine, Prinzessin von Nassau-Weilburg (* 1797 in Bayreuth, † 1829 in Wien), brachte 1816 den ersten Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen nach Wien, ein Brauch, den es im katholischen Österreich bis dahin noch nicht gab. Sie hatte 1815 den katholischen Erzherzog Karl von Österreich, den „Löwen von Aspern“, einen Enkel Kaiserin Maria Theresias, der 15 Jahre älter war als sie, geheiratet. Es war die erste „Mischehe“ im Hause Habsburgs, die sehr glücklich wurde und aus der sieben Kinder hervorgingen.
4.Sie war die jüngste Tochter des großen russischen Dichters Aleksandr Sergejewitsch Puschkin (* 06.06.1799 in Moskau, † 10.02.1837 in St. Petersburg) und dessen 1831 geheirateten attraktiven Ehefrau Nadeshda (Natalia) Nikolajewna Gontscharowa (* 1812, die sich später Gräfin Lanskaja nannte), die ihm vier Kinder schenkte. Ihretwegen kam es am 08.02.1837 zu einem Duell ihres Gemahls mit dem Gardeoffizier und französischen Emigranten, Charles d’Anthes, der erst Anfang des Jahres 1837 der Schwager Puschkins (durch Heirat mit der Schwester der Ehefrau) geworden war. Zwei Tage später erlag Puschkin seiner schweren Verwundung. – Die Tochter Puschkins war in erster Ehe mit dem russischen Generalleutnant und General-Adjutanten des Zaren, Michail Leontjewitsch Dübelt, verheiratet, von dem sie sich scheiden ließ, um die Ehe mit dem Prinzen Nicolas von Nassau einzugehen. Diese Ehe hielt sein Halbbruder, Herzog Adolph von Nassau, der sich um diese Zeit im Exil in Wien aufhielt, für eine vermeintliche morganatische (standesungleiche) Ehe und verweigerte seine Zustimmung, obwohl Puschkin aus einer alten Adelsfamilie stammte. – Sein Urgroßvater mütterlicherseits war Abraham Petrowitsch Hannibal, ursprünglich ein äthiopischer Sklave, der dem Zaren Peter dem Großen (1682 – 1725) geschenkt, sein Patenkind wurde und später (der „Mohr“ Peters des Großen) bis zum Generalmajor und Gouverneur von Reval (Estland) aufstieg.
5.Am 05.07.1907 wurde in der Luxemburgischen Kammer das Familienstatut des Hauses Nassau mit 41 Stimmen gegen die 7 Stimmen der sozialistischen Fraktion bei einer Enthaltung als Gesetz angenommen und am 10.07.1907 öffentlich verkündet. – Doch auf Anraten des großherzoglichen Familienrates wurde das Verfahren (Luxemburg und Wiesbaden) vor Ausschöpfung aller Instanzen im Jahre 1909 durch einen Vergleich beendet, mit dem Graf Georg von Merenberg gegen das Zugeständnis einer Jahresrente von 40.000 Mark für sich und seine Nachkommen in erstgeborener Linie auf alle Rechte verzichtete.
6.Herzog Friedrich August von Nassau-Usingen hatte mit seinen nassauischen Truppen am 18.06.1815 an der Entscheidungsschlacht der Befreiungskriege am „Gehöft Belle-Alliance“ bzw. Waterloo in der belgischen Provinz Brabant südlich von Brüssel teilgenommen, wobei die Franzosen unter Napoleon I. (1769 – 1821) von den Briten unter Arthur Wellesley Duke (Herzog) of Wellington (1769 – 1852 und seit 1814 britischer Feldherr und Politiker) und von den Preußen unter Feldherr Gebhard Leberecht von Blücher, Fürst von Wahlstatt (1742 – 1819), geschlagen wurden. Blücher zählte als „Marschall Vorwärts“ zum populärsten Heerführer in den Kämpfen gegen Napoleon. – Da der seit der Gründung (1806) des Herzogtums Nassau regierende Herzog Friedrich August von Nassau-Usingen (* 23.04.1738 in Usingen, † 24.03.1816 in Biebrich) keinen männlichen Erben hatte, sollte Wilhelms Vater (Friedrich Wilhelm) der ihm nachfolgende Herzog von Nassau werden. Am 16.01.1816 kam zunächst Wilhelms Vater (Friedrich Wilhelm) bei einem Unfall im Schloss Weilburg ums Leben – er stürzte von einer Treppe – und kurz danach (24.03.1816) starb Friedrich August. Und Wilhelm – aus der Linie Nassau-Weilburg – trat dadurch schon mit 23 Jahren dessen Nachfolge an und erbte die Herzogwürde von Nassau. – Obwohl Herzogin Pauline nach dem Tode ihres Gatten (Wilhelm (I.) Georg August Belgus von/zu Nassau-Weilburg) erst 41 Jahre alt war, verließ sie Schloss Biebrich, um es ihrem Stiefsohn, Herzog Adolph von Nassau-Weilburg, zu überlassen, der ihr 1841 – 1845 das „Palais Pauline“ in Wiesbaden als reizenden Witwensitz erbauen ließ.
7.Der Bad Emser Sommer 1840 glich einer großen Brautschau des Hochadels. Außer Jelena Pawlowna und ihren drei Töchtern waren dort Zarin Alexandra Fjodorowna mit ihrer Tochter, Olga Nikolajewna, Herzogin Pauline von Nassau, Herzog Adolph von Nassau, die Prinzen und Prinzessinnen von Württemberg sowie weitere Vertreter europäischer Herrscherhäuser. Zur gleichen Zeit statteten Zar Nikolaus I. und seine Gemahlin dem Herzog Adolph von Nassau auf Schloss Biebrich einen Freundschaftsbesuch ab.
8.Kronstadt, Stadt und Festung auf der Insel Kotlin im Finnischen Meerbusen, 29 km vor Petersburg. Hier legten die Schiffe an, die seit den 1830er Jahren regelmäßige Routen zwischen Lübeck oder Travemünde und Petersburg fuhren. Dort stiegen die Passagiere in kleine Schiffe um und fuhren dann damit bis ins Zentrum von St. Petersburg.
9.Die Großfürstin Alexandra Nikolajewna Romanowa (* 12.06.1825 in St. Petersburg, † 29.07.1844 in Zarskoje Selo) – im Familienkreis „Adini“ genannt – war bereits kurz vor der Hochzeit an Tuberkulose erkrankt. Drei Monate vor dem eigentlichen Geburtstermin gebar sie einen Sohn, der mit ihr am Tage der Entbindung verstarb.
10.Die vorläufige Beisetzung von Herzogin Elisabeth von Nassau-Weilburg mit ihrer Tochter erfolgte in der russischen Hauskapelle in der Rheinstraße in Wiesbaden. Später kamen die Särge in die Mauritiuskirche, der damaligen evangelischen Stadtkirche von Wiesbaden. Als die Mauritiuskirche 1850 schon lichterloh brannte und schließlich abbrannte, konnten die Bürger die Särge noch aus den Flammen retten. Ihre nächste Ruhestätte fanden die Herzogin und ihr Kind dann in einer Seitenkapelle der katholischen Bonifatiuskirche. – Auch nach dem Tode Elisaweta (Elisabeth) Michailownas bewahrte die Zarenfamilie ein freundlich familiäres Verhältnis zu ihrem Gemahl. „Erlauchtester Herzog, allerliebster Verwandter“, so die gewöhnliche Anrede des Zaren Alexander II. (1855 – 1881 ermordet), des Cousins Elisabeth (Elisaweta) Michailownas, in seinen Briefen.
11.Seiner Schwiegermutter, der Großfürstin Jelena Pawlowna, gefiel der erste Entwurf nicht, den 1845 der Großherzogliche Badische Oberbaudirektor Heinrich Hübsch erstellt hatte. Schließlich beschäftigte sich der nassauische Baumeister Philipp Hoffmann mit dem Projekt – dem Bau einer „Griechischen Capelle auf dem Neroberg im russisch-byzantinischen Stil“ und reiste auf Empfehlung der Großfürstin nach Moskau und St. Petersburg, um sich im Spätherbst 1846 mit der „orthodoxen Tradition“ vertraut zu machen. Sein späterer Grundriss fand am 17.03.1847 gemäß herzoglichem Beschluss die Billigung und Philipp Hoffmann wurde mit der baldigen Realisierung endgültig beauftragt. – Der Sarkophag aus Carrara-Marmor stammt von dem Berliner Bildhauer Emil Alexander Hopfgarten. Er stellt die Herzogin schlafend dar. „Alle Einwohner des Herzogtums Nassau, einfache Leute, Arme, kommen hierher und weinen am Bildnis ihrer Wohltäterin, die sie verloren haben.“ – „In der Nacht vorher (13. bzw. 25.05. 1855) zelebrierte der orthodoxe Priester in der Bonifatiuskirche – bevor die Särge aus der Kirche getragen wurden – eine „Litija“, ein kurzes Totenamt. Um Mitternacht hielt vor dem Kirchenportal ein mit Tuch bedeckter und mit der Fürstenkrone und dem russischen und nassauischen Wappen geschmückter Katafalk. Bei Fackelschein zog die Trauerprozession durch die Straßen der Stadt Wiesbaden, die trotz der späten Stunde belebt waren.“ – „Langsam bewegte sich der Zug in Richtung Neroberg. In der nächtlichen Stille hörte man weithin die Klänge der Trauermusik. Oben angekommen, wurden die Särge in der Mitte der hell erleuchteten Kirche aufgebahrt. Nach der Totenandacht, der Panichida, brachte man sie ins Untergeschoss und versenkte die Särge in die direkt unter dem Sarkophag befindliche Gruft, abgedeckt von einer weißen Marmorplatte mit der Inschrift in goldenen Buchstaben: „Elisaweta Michailowna, Herzogin von Nassau und russische Großfürstin, geboren in Sankt Petersburg am 26. Mai 1826, verstorben in Wiesbaden am 28. Januar 1845.“
12.Der spätere Prof. Dr. jur. et phil. Rudolf Wackernagel, * 07.06. 1855, † 16.04.1925, wurde im Okt. 1877 vom Regierungsrat als jüngster Bewerber ins neugeschaffene Amt eines Staatsarchivars in Basel-Stadt eingesetzt, wo er 40 Jahre wirkte und das Staatsarchiv als Institution auf viele Jahre hinaus prägte.
13.Prinzessin Elisabeth zu Wied und Fürst Carol I. von Rumänien waren erstmals „zufällig“ am 12.10.1869 in der „Flora“ in Köln zusammengetroffen, als Elisabeth anlässlich eines Brahms-Konzerts mit dem Kammersänger (Bariton), Gesangpädagogen und Dirigenten, Julius Stockhausen (1826 – 1906), und der Pianistin und Komponistin, Clara Schumann geb. Wieck (1819 – 1896), in der Domstadt weilte. – Das Treffen hatten allerdings die Eltern des Fürsten und die verwitwete Mutter der Prinzessin arrangiert, nur Elisabeth – die von ihrer Mutter begleitet wurde – blieb zunächst ahnungslos. Beide hatten vorher einer Konzertprobe im Gürzenich beigewohnt, wobei Clara Schumann, eine alte Bekannte ihrer Eltern aus der Bonner Zeit der Familie, auftreten sollte, doch wegen eines verstauchten Fingers musste der Komponist Johannes Brahms (1833 – 1897) einspringen. – Dieser Begegnung in Köln war im Frühjahr eine Einladung nach Düsseldorf vorausgegangen, die Fürst Karl Anton von Hohenzollern und seine Gattin, Prinzessin bzw. Fürstin Josephine von Baden, an Fürstin Marie zu Wied geb. Prinzessin von Nassau-Weilburg und ihre Tochter, Prinzessin Elisabeth zu Wied, gerichtet hatten, weil ihr zweiter Sohn, inzwischen Fürst Carol I. von Rumänien, der die Prinzessin Elisabeth zu Wied schon aus Berlin flüchtig kannte und besonders aus ihren Briefen an seine Schwester Stephanie „lieben“ gelernt hatte, sie zu heiraten gedachte. – Da die Hohenzollern das einstige „Waldröschen“ von Monrepos in Neuwied äußerst sympathisch fanden, baten sie die Mutter kurz nach dem Besuch in Düsseldorf, ein Treffen zwischen den Verlobungs- bzw. Vermählungskandidaten herbeizuführen. – Noch am 12.10.1869 und offiziell am 16.10.1869 fand die Verlobung statt. Unter dem 12.10.1869 schrieb Prinzessin Elisabeth zu Wied in ihr Tagebuch: „Ich bin verlobt und eine glückselige Braut!" – Fürst Karl kam am 13.11.1869 wieder nach Neuwied. Am Vorabend des Vermählungstages (14.11.1869) trafen die Verwandten und geladenen Gäste in Neuwied ein. Die meisten wurden von dem Bruder der Braut (Prinz Wilhelm zu Wied) auf den Bahnsteigen des kleinen Neuwieder Bahnhofes empfangen. Das ganze Neuwied prangte im Festtagsschmuck und stand Kopf. – Prinzessin Elisabeth zu Wied schrieb in ihr Tagebuch: „Monrepos, den 12. November 1869: Das Loos ist mir gefallen aufs Lieblichste, mir ist ein schön Erbtheil geworden!“
14.Es war noch die gute alte Zeit, „wo man die Eltern mit Sie anredete, wo die höfische Sitte natürliche Einfachheit ausschloss, wo als schlimmster Verstoß der gegen die Etikette galt!“ – Auch war es die Zeit, als das unehelich geborene Kind noch ein „Bankert“ war.
15.Der Friede von Lunéville am 09.02.1801 zwischen Frankreich und Österreich (und Deutschland) beendete den 2. Koalitionskrieg. Das linke Rheinufer kam an Frankreich; die dadurch geschädigten deutschen Reichsfürsten sollten durch geistliche Territorien entschädigt werden (im Reichsdeputationshauptschluß vom 25.02.1803 = Säkularisation vollzogen). – Der alte Fürst Karl war ein leidenschaftlicher Jäger. Sein Sohn, der Erbprinz Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen (* 07.09.1811 in Krauchenwies, Hohenzollern, † 02.06.1885 in Sigmaringen), musste ihn auf seinen Jagden stets begleiten. Er empfand aber schließlich einen Widerwillen gegen dieses ihm aufgezwungene Vergnügen.
16.Der Preußenkönig Wilhelm I. als Kriegsherr der preußischen Truppen entsandte seinen Sohn, den Kronprinzen Friedrich Wilhelm, in den Generalstab von Feldmarschall Friedrich Graf von Wrangel, dem Oberbefehlshaber der verbündeten deutsch-österreichischen Truppen in Schleswig-Holstein. – Friedrich Wilhelm (Friedrich III., der spätere Preußenkönig und Deutsche Kaiser von März bis Juni 1888) führte in den deutschen Einigungskriegen 1866 und 1870/1871 wichtige militärische Kommandos. Bei ausgeprägt monarchischem Bewusstsein stand er unter dem Einfluss seiner englischen Gemahlin Viktoria wiederholt in Gegnerschaft zu Bismarck und hielt Verbindung zu liberalen Politikern wie F. von Roggenbach und G. Freytag. – Nach dem Waffenstillstand am 26.06.1864 erhielt Prinz Friedrich Karl die Position des 80jährigen Generalfeldmarschalls Friedrich Graf von Wrangel. Prinz Friedrich Karl war der Vetter des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen.
17.Friedrich Karl, Prinz von Preußen, leitete 1864 im Deutsch-Dänischen Krieg den Sturm auf die Düppeler-Schanzen am 18.04.1864, war im Deutschen Krieg 1866 am Sieg bei Königgrätz beteiligt und eroberte im Deutsch-Französischen Krieg 1870 Metz. Er wurde am 20.03.1828 in Berlin geboren, verstarb am 15.06.1885 in Klein-Glienicke, war seit 1870 Generalfeldmarschall und der Neffe Wilhelms I., König von Preußen 1861 – 1888, Deutscher Kaiser 1871 – 1888. Die Monate, welche Prinz Karl mit dem Prinzen von Preußen in Schleswig-Holstein zubrachte, waren ihm höchst interessante und glückliche. Auch dem Prinzen blieben sie unvergesslich, denn ihrer beider Naturen waren einander sympathisch, und die gemeinsamen Anschauungen und Erlebnisse (oft teilten sie sogar dasselbe Zimmer) ketteten sie fest aneinander. – Zur Erinnerung an diese Zeit schenkte der Prinz Friedrich Karl seinem Vetter Karl nach beendetem Feldzuge einen Säbel, zu dessen kunstvollem Griff die Prinzessin (Gemahlin) – geborene Prinzessin Marie-Anne von Anhalt-Dessau – selber die Zeichnungen gemacht hatte, und den er dem Freunde überreichte, als dieser zur Taufe des Prinzen Joachim Karl Wilhelm (* 1865, † 1931), dessen Pate er wurde, wieder nach Berlin kam.
18.Nach Erstürmung der Düppeler-Schanzen am 18.04.1864 verlor Dänemark die Herzogtümer Holstein, Schleswig und Lauenburg, was in dem am 30.10.1864 in Wien geschlossenen Friedensvertrag gesichert wurde. Die Herzogtümer sollten von Preußen und Österreich gemeinsam regiert werden. Eine Militärregierung wurde eingesetzt. Auf Intervention von Preußen und Österreich mussten die Sachsen und Hannoveraner wieder Holstein verlassen. Es kam zu weiteren Problemen zwischen den Siegermächten, die im Vertrag vom 14.08.1865 in Gastein nochmals gekittet wurden. Holstein kam unter österreichische und Schleswig unter preußische Verwaltung. In Schleswig regierte Generalleutnant Edwin Freiherr von Manteuffel und in Holstein Feldmarschallleutnant Ludwig Freiherr von Gablenz.
19.Als der junge Prinz Karl von Hohenzollern-Sigmaringen – neugewählter Souverän von Rumänien – im Wonnemonat Mai des Jahres 1866 inkognito über die Donau nach Rumänien schipperte, drohten die Beziehungen zwischen Preußen und Österreich wegen Schleswig-Holstein zu eskalieren, was schließlich am 11.06.1866 zum Deutschen Krieg führte und nach der Schlacht bei Königgrätz am 03.07.1866 und dem Frieden von Prag am 23.08.1866 zur staatlichen Neuordnung und Annexion durch Preußen von Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt/Main führte. – Nach der Niederlage Österreichs in der Schlacht von Königgrätz am 03.07.1866 wurde am 23.08.1866 in Prag ein Friedensvertrag abgeschlossen, wonach Österreich auf Schleswig-Holstein zugunsten von Preußen zu verzichten hatte. Bei der Staatsgründung 1871 kam Schleswig-Holstein als Provinz Preußens zum Deutschen Reich.
20.Dorobanzen wurden die Territorialregimenter der rumänischen Infanterie während der Zeit der k. u. k. Monarchie genannt. Die Dienstpflicht betrug 9 Jahre, davon 5 Jahre in der aktiven Territorialarmee und 4 Jahre in der Reserve. Nach dem Ausscheiden aus der Territorialarmee waren die Dorobanzen noch bis zum 36. Lebensjahr in der Landwehr (Militie) und anschließend bis zum 46. Jahr einschließlich im Landsturm (Góte) dienstpflichtig. Die Mannschaften waren gut ausgebildet und kriegstüchtig und insbesondere im Russisch-Türkischen Krieg vor Plevna aktiv.
21.1679 wurde von Fürst Serban I. Cantacuzino (1640 – 1666) auf dem Controceni-Hügel ein Kloster errichtet. Das Schloss Controceni, 1866 im Auftrage von Fürst Carol I. von Rumänien nach Plänen des französischen Architekten Paul Gottereau im Klosterkomplex gebaut, diente als königliche Residenz. Das Schloss wurde später von dem rumänischen Architekten Grigore Cerchez renoviert. Nicolae Ceausescu (Kommunist, Generalsekretär, Staatsoberhaupt, † 25.12.1989 hingerichtet) ließ in seiner Amtszeit die alte Klosterkirche „Elisabeta Doamna“ abreißen. 1991 wurde in den ersten beiden Flügeln des Schlosses das Nationalmuseum Controceni eröffnet. Im dritten Flügel befindet sich heute der Wohnsitz des rumänischen Staatspräsidenten – der Präsidenten Palast.
22.„Der einstöckige Bau (des Klosters Sinaia) ist von sehr bescheidenen Verhältnissen und umgiebt den schmucklosen quadratischen Klosterhof, in dessen Mitte das Kirchlein steht. Die Wohngebäude sind mit hölzernen Arkaden verziert und auf den Außenmauern sieht man noch byzantinische Malereien. Dreißig Mönche, echte Typen orientalischer Geistlichkeit, genießen hier in friedlicher Ruhe den Segen der frommen Stiftung. Mit ihnen hatte sich nun der Fürst in die bescheidenen Räumlichkeiten getheilt. Um sie zu diesem Zwecke einigermaßen bewohnbar zu machen, waren dem Hauptgebäude leichte Baulichkeiten von Tannenholz angefügt.“ – „Dort stand im Thal der Prahova, 2900' hoch auf vorspringendem Felsberg das alte Kloster Sinaia. Ein Fürst Cantacuzène hatte es dem Gotteshause auf dem Berge Sinai nachgebaut und nachbenannt. Es diente bisher als Hospiz für die vielen Karawanen von Ochsenfuhrwerken, die mit Kukuruz (Mais) beladen, Tag und Nacht in fast ununterbrochener Reihe über den Gebirgspaß nach Siebenbürgen zogen. Hinter dem Kloster thürmten sich die Berghäupter der Karpathen in zum Theil abenteuerlichen Formen. Carmen Sylva’s dichtendes Wort hat sie mit poetischen Sagen belebt.“ – Die Kantakuzenos, ein einflussreiches byzantinisches Geschlecht, das im 14. Jh. die Kaiser stellte, zählte unter der Türkenherrschaft zu den vornehmsten Fanariotenfamilien (Fanarioten = aus Fanar, dem Stadtviertel von Konstantinopel stammend) in Konstantinopel. Seit dem 17. Jh. trat der Zweig der Cantacuzino in der Region der Moldau-Walachei und in Rumänien hervor. Es stelle Hofpodare (Fürsten) und in Rumänien Minister und Ministerpräsidenten. – Viele Jahre machte es Fürst Carol I. von Rumänien im Kloster Sinaia nichts aus, in einfachen Verhältnissen zu leben. Sein weißgekaltes Schlafzimmer war feucht und sein Toilettenzimmer bestand aus einem dunklen Bretterverschlag. Die Fürstin hörte in ihrem Toilettenzimmer das Ticken der Uhr in der benachbarten Zelle eines alten Mönches. Die Klosterbrüder speisten im Refektorium, die fürstliche Familie in einem zum Speisessal eingerichteten Gange. Anfangs wurden von Kronstadt her nur zweimal in der Woche die „Victualien“ (Lebensmittel) gebracht. Von Bukarest nach Sinaia dauerte die Reise cirka 7 Stunden – zwei Stunden Bahn, fünf Stunden mit der Pferdekutsche.
23.Mit dem Schlossbau war am 19.05.1875 begonnen worden. Die Grundsteinlegung erfolgte am 22.08.1875. Auf dem Bauplatz wurden 12 bis 14 Sprachen gesprochen. Die Arbeiten leitete hauptsächlich der Hofbildhauer Martin Stöhr. Seine Holzschnitzereien schmücken sowohl das Schloss Pelesch wie auch das Stadtpalais in Bukarest. Inzwischen ist Sinaia – das ursprünglich aus nur einigen armseligen, in der Nähe des Klosters angesiedelten Hütten bestand – eine Stadt mit knapp 20.000 Einwohnern bzw. ein gepflegter, internationaler Höhenkurort/ Wintersportplatz, 700 – 970 m über dem Meer, in den Südkarpaten im Kreis Prahova, am Bucegi-Massiv im oberen Prahovatal, das die Grenze zwischen den Süd- und Ostkarpaten bildet und das reizvollste Bergwandergebiet der Karpaten umschließt.
24.Kurz vor dem Russisch-Türkischen Krieg ließ Fürstin Elisabeth von Rumänien „im großen Thronsaal“ zunächst Wäsche und Verbandszeug für die Verwundeten herstellen. Die Mittel stellte sie aus ihren persönlichen Fonds zur Verfügung. Sie besorgte Nähmaschinen, die aufgestellt wurden und unermüdlich schnurrten. Unter den fleißigen Näherinnen traf man auch die Fürstin, die genau so beschäftigt war wie die vielen Frauen aus allen Schichten der Bevölkerung. – Auch ganz arme Frauen aus dem Volke kamen und sprachen zur Fürstin: „Ihr habt uns Arbeit und Holz gegeben seit Jahren, nun wollen wir auch eine Woche umsonst für das Rote Kreuz arbeiten.“ – Im Park ihrer Sommerresidenz Controceni wurde von der Fürstin – neben den anderen organisierten Spitälern – auf eigene Kosten ein Barackenlazarett mit 100 Betten eingerichtet, das sie selbst leitete, „um ihre lieben Kinder selbst zu pflegen“. – „Und als die Verwundeten und Verstümmelten vom Schlachtfelde eintrafen, Schmerzensrufe und Fieberluft die langen Säle durchdrangen, legte sie selbst Verbände um die zuckenden Wunden, selbst den Soldaten in der Chloroformnarkose den Arm haltend, zählte den matten Puls und schaute nach der Pupille, während der Arzt sägte und schnitt. Wenn einer im Sterben lag, ist sie hingegangen und hat mit ihrer weichen Stimme zu ihm gesprochen, milde und tröstend, wie nur eine Mutter es kann.“ Das rumänische Volk nannte sie „Mutter der Verwundeten“. – Noch während des Russisch-Türkischen Krieges hatte die Fürstin Elisabeth von Rumänien den „Elisabeth-Orden“ (ein goldenes Kreuz an einem blauen Band) zur Auszeichnung ähnlicher Hilfsleistungen, die andere an den Verwundeten verrichteten, gegründet. Nach Kriegsende stifteten rumänische Offiziersfrauen der Fürstin eine Marmorstatue, die sie in der Tracht barmherziger Schwestern darstellt, wie sie knieend einem verwundeten Soldaten die Schale zum Trinken reicht. – Der Russisch-Türkische Krieg gab Rumänien die Gelegenheit, die bisherige Tributzahlung an die Türkei einzustellen (22.05.1877). Im Kampf um Plewna leistete Fürst Carol I. mit seinem Heer den bedrängten Russen wirksame Hilfe und griff entscheidend zugunsten der Russen ein. Er rief die Unabhängigkeit Rumäniens aus. Das südliche Bessarabien, das 1856 an die Moldau gekommen war, musste allerdings an Russland zurückgegeben werden. Dafür entschädigte man Rumänien mit der nördlichen Dobrudscha.
25.Wilhelm von Kotzebue, 1813 – 1887, russischer Diplomat und deutscher Schriftsteller (Sohn des Schriftstellers August von Kotzebue, der 1785 geadelt wurde), seit 1857 Legationsrat in Dresden, später bevollmächtigter Minister in Karlsruhe, Dresden und Bern. Unter dem Namen W. Augustsohn, aber auch anonym sind seine Dramen und sonstigen Werke erschienen.
26.Die Revolte offenbarte den schleppenden ländlichen Modernisierungsprozess. Nach wie vor waren die Bauern von den Bojaren, den adeligen Großgrundbesitzern, abhängig. Nur an wenigen Orten konnte sich durch Kreditaufnahmen bei Genossenschaftsbanken und durch private und staatliche Landzuteilung ein ökonomisch stabileres mittleres Bauerntum etablieren. Viele Bojaren nutzten in der Moldau die Dienste jüdischer Pächter und Verwalter, die meist wohlhabender waren als die arme jüdische Bevölkerung in den „Shtetl“ („Städtle“ mit einem völlig eigenen Gemeinwesen in einer Stadt bzw. eine abgeschiedene Welt für sich). – Es war damals die kleine gehobene Agrarschicht, die gegen die Pächter und die sagenhaft reichen Bojaren tobte. Sie waren erzürnt über die krisenhafte Entwicklung in der Wirtschaftspolitik der konservativen Regierung unter Fürst Gheorghe Cantacuzino (stammte vom byzantinischen Kaiser Johannes VI. ab und war Ministerpräsident von 04.01.1906 – 25.03.1907), der wegen seines Reichtums der „Nabob“ (abgeleitet aus dem arabischen Wort für Statthalter oder Gouverneur bzw. ein Mensch mit großem Reichtum und Einfluss) genannt wurde. Dennoch bezeichnete man Bukarest zu jener Zeit als das „Paris des Balkans“. – Am 27.08.1916 erklärte Rumänien unter dem Eindruck von Versprechungen der Entente und der österreichfeindlichen Stimmung der Bevölkerung Österreich-Ungarn den Krieg und die rumänischen Truppen fielen in Siebenbürgen ein. Aber das Heer Rumäniens war in wenigen Monaten aufgerieben. Ein konzentrischer Feldzug der Mittelmächte (1916/1917) und der Zusammenbruch des zaristischen Russland nötigten die rumänische Regierung zum Frieden von Bukarest (07.05.1918). Infolge der Niederlage der Mittelmächte waren die Bestimmungen dieses Vertrages jedoch bald hinfällig. – Schon vor Abschluss der Friedensverträge von St. Germain (10.09.1919) und Trianon (04.06.1920) erklärten die Rumänen in der Bukowina und in Siebenbürgen ihre Vereinigung mit dem Königreich Rumänien. Auch das östliche Banat kam hinzu sowie durch den Frieden Neuilly (27.11.1919) wiederum die ganze Dobrudscha. Auch in Bessarabien hatte sich eine Volksvertretung bereits im Januar 1918 für den Anschluss ausgesprochen. Gegen den Widerspruch des bolschewistischen Russland verleibte sich Rumänien dieses Gebiet ein.
27.Die königliche Mätresse, Magda Lupescu (* 15.09.1896 in Iasi als Elena Lupescu, † 29.06.1977 in Estoril) war die dritte morganatische Ehefrau des rumänischen Königs Carol II. Sie wurde als Tochter von Nicolae Lupescu, einem Apotheker, und dessen Ehefrau Elisa Falk, einer österreichischen Jüdin, die noch vor ihrer Vermählung zum Katholizismus konvertierte, geboren. – Wahrscheinlich war auch ihr Vater ursprünglich Jude, der zum orthodoxen Glauben übertrat und den Namen Lupescu annahm (sein ursprünglicher Name soll „Wolf“ = rumänisch lupu = Wolf gewesen sein). Magda Lupescu hatte einen jüngeren Bruder namens Constantin Schloim Lupescu. – Elena Lupescu wurde von Kind an als Katholikin erzogen. Sie wurde bei den „Diaconesele“ – einer Bukarester Grundschule, die von bayerischen Nonnen geführt wurde – erzogen. Sie war damals eine der besten Mädchenschulen in Rumänien. – Ihre Familie übersiedelte zuerst nach Sulina, eine Stadt an der Donau, wo ihr Vater eine Apotheke eröffnete. 1912 übersiedelte sie zurück nach Jassy (Iasi). – Am 17.02.1919 heiratete Elena Lupescu den rumänischen Offizier Ion Tampeanu. Angeblich hatte Elena einige Affären; denn die Ehe endete sehr bald mit der Scheidung (ca. 1924). Elena nahm nach der Scheidung wieder ihren Geburtsnamen Lupescu an. – „In einigen Quellen wird behauptet, dass Elena königlicher Abstammung war, womöglich sogar eine uneheliche Tochter von König Carol I. von Rumänien und somit eine Kusine von Carol II. Es gibt dafür drei Argumente: 1) Ihr Vater besaß eine Apotheke, und das war für Juden lt. rumänischem Gesetz zu jener Zeit verboten. 2) Sie besuchte eine der besten Schulen und 3) heiratete sie einen Offizier. Es war Offizieren nicht erlaubt, Personen jüdischer Abstammung zu heiraten. – Dazu gibt es jedoch Gegenargumente: die Hälfte der Bevölkerung von Jassy war jüdisch und durch Korruption konnten Gesetze umgangen werden. Als deutschsprachige Katholikin war die Wahl der Schule nicht so ungewöhnlich. Außerdem waren sie und ihre Eltern zum Zeitpunkt ihrer Vermählung nicht mehr Juden.“