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Der Kirchenchor „St. Michael“ in Vettelschoß

fusionierte mit dem Kirchenchor „St. Katharina“ in St. Katharinen

 

Die Orgel in der ehemaligen St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß,

in der früheren Kirche (Pfarrkirche) „Heilige Familie“ in Vettelschoß,

in der Johannes-Kirche in Vettelschoß,

in der Marienkirche in Kalenborn und

in der St. Michaels-Kirche in Vettelschoß

 

Geistliche, Organisten, Dirigenten und Chorleiter

 

Von H. H. Mohr

 

 

„Es wächst zusammen, was zusammen gehört!“

 

Schon am 01.01.2008 hatte sich die Pfarrei „St. Michael“ (Vettelschoß) mit der Pfarrei „St. Katharina“ (St. Katharinen) zusammengetan und die frühere Klosterkirche von 1317/1324 des infolge der Säkularisation aufgehobenen Zisterzienserinnen-Konvents „St. Katharina“ zur gemeinsamen Pfarrkirche gewählt.

Wegen des fehlenden Nachwuchses und der „geschrumpften“ Chöre gibt es seit dem 1. Januar 2010 in den Gemeinden St. Katharinen und Vettelschoß nur noch einen katholischen Kirchenchor. Beide „Gesangvereine“ – wie der Kirchenchor einst im Volksmund genannt wurde – sollen in etwa der gleichen Zeit entstanden sein. Deshalb sind im nächsten Jahr gemeinsame Feierlichkeiten anlässlich des 125jährigen Bestehens der Kirchenchöre von St. Katharinen und Vettelschoß angesagt.

Schon im Jahre 1825 – gerade ein knappes Vierteljahrhundert nach der Säkularisation – hatten sich die Gemeinden Hargarten, Lorscheid, Notscheid (die mit Teilen zu den Pfarreien Linz und Neustadt gehörten) in einem gemeinsamen „Kirchenverein“ zusammengeschlossen und verpflichtet, die ehemalige Klosterkirche „St. Katharina“ finanziell zu unterhalten und für regelmäßige Gottesdienste aufzukommen.

Die Altvordern versuchten 1833 mit Vettelschoß eine eigene Pfarrei in St. Katharinen (St. Katharina) zu gründen und die Abpfarrung von Linz und Neustadt zu erreichen.

Neustadt – unter Pfarrer Johann Christian Wendel (1833 bis 1840) – ließ daraufhin die Bürgerschaft der bis 1865 existierenden „halben Honschaft Lorscheid“ = die spätere Gemeinde Vettelschoß wissen, dass er einen Kaplan nach Vettelschoß zu entsenden bereit sei, wenn die Christen aus Vettelschoß und den dazu gehörenden Weilern auf einen gemeinsamen Pfarrverband mit St. Katharinen verzichten würden.

Obwohl der erste Linzer Landrat, Freiherr Philipp von Hilgers (11.02.1817 bis 30.04.1822, und nach Auflösung des Kreises Linz erster Landrat des erweiterten Landkreises Neuwied bis 01.07.1851), und schließlich auch Pfarrer Anton Klein (1825 – 1833) aus Neustadt der Neugründung einer Pfarrei auf der „Linzerhöhe“ wohlwollend gegenüberstanden, sperrte sich der Linzer Pfarrer Heinrich Joseph Nolden und lehnte die Errichtung einer Pfarrei St. Katharina in St. Katharinen kategorisch ab. Und Trier vertrat schließlich dieselbe Ansicht.

Bei der Aufhebung des Zisterzienserinnen-Klosters St. Katharina im Jahre 1803 „wirkte der vom erzbischöflichen Generalvikariat (Limburg) dazu bestellte Pastor von Linz (Nolden) als geistlicher Kommissar mit, der sich auch nach der Aufhebung noch bei der Nassau-Usingischen Regierung zugunsten der Nonnen einsetzte.“

„Am 31.08.1803 begaben sich der Hofrat Dormann aus Altenkirchen und der vom Erzbischöflichen Vikariat in Limburg zum geistlichen Kommissar bestimmte Pastor Nolden von Linz mit dem Kanzleisekretär Furkel und dem Aktuar Reuter in die Abtei, um den Aufhebungsbeschluss auszuführen.“ Dormann soll dabei geäußert haben: „Wenn die Stifter wüßten, was wir tun, sie würden im Grabe sich umdrehn und die Leichensteine zerbrechen und mir den Hals umdrehn.“

Die Schwester Maria Edmunda Nolden des Pastors Heinrich Joseph Nolden gehörte mit zu den letzten Chorfrauen in St. Katharina. Sie fand nach Aufhebung des Klosters entsprechende Unterkunft in der Wohnung ihres geistlichen Bruders in Linz.

Der 1835/1836 „Auf der Hüh“ ins Leben gerufene gemeinsame Kirchenvorstand griff 1842 das Thema der Loslösung von Linz und Neustadt wieder auf. Nach Überwindung vieler Schwierigkeiten und ohne Vettelschoß erreichte der Kirchenvorstand von St. Katharinen am 28.06.1890 die schwer erkämpfte Erhebung ihrer Kichengemeinde zur Pfarrei St. Katharina. Sie hatte sich aus den Ortschaften (die bisher zur Pfarrei St. Martin in Linz gehörten) formiert. Es waren St. Katharinen, Hargarten, Noll, Kaimig, Ginsterhahn, Grendel, Hilkerscheid, Teil von Notscheid und die St. Kathariner Mühle sowie aus den Weilern (die bisher zur Pfarrei St. Margaretha/Margarita in Neustadt zählten) Kreuzchen, Lorscheid, Homscheid, Hinterlorscheid, Strödt, Sengenau, Ansbach, Brochenbach und die zweite Hälfte von Notscheid.

Erster Pfarrer der Pfarrei St. Katharina war Vitalis Pantenburg, der von 1884 – 1899 in St. Katharina wirkte. – Und Vettelschoß blieb weiter ein Anhängsel von Neustadt!

Am 27.06.1900 weihte Vettelschoß seine erste Kirche der „Heiligen Familie“. – Noch am 23.06.1910 verfolgte Trier die Absicht, Vettelschoß, Willscheid, Willscheiderberg, Seiferhof, Oberwillscheid, Kalenborn, Kretzhaus, Kau, Rott, Rotterheide, Unterelsaff, Schule Unterelsaff, Mittelelsaff und Oberelsaff zu einer Filialgemeinde Vettelschoß zu vereinigen, obwohl die Einwohner von Rott, Rotterheide und Unterelsaff schon am 28.04.1896 sowohl Trier als auch dem Landrat mitgeteilt hatten, dass sie – wie ihre Vorfahren – an der Wied (Neustadt) beerdigt werden möchten.

Diese Entscheidung der Bürgerschaft von Rott, Rotterheide und Unterelsaff war durch den Königlichen Landrat des Kreises Neuwied, Friedrich Wilhelm Justus von Runkel (1877 – 1906), beeinflusst worden. Er hatte den Einwohnern der Gemeinde Elsaffthal suggeriert, „sie könnten bei einer Gemeindesteuer von 200% nicht noch hohe kirchliche Umlagen zum Bau der Kirche in Vettelschoß tragen.“

Nach dem Bürgerentscheid in Rott am 17. bzw. 23.05.1912 (13 Familien stimmten für Neustadt und nur 8 für Vettelschoß) war dieses Thema für Trier passee.

Die Kirchengemeinde Vettelschoß wurde am 07.09.1925 als Vikarie von der Pfarrei in Neustadt unabhängig. Erst am 01.04.1926 erfolgte nach langwierigen Verhandlungen die Erhebung zur eigenständigen Kapellen-Gemeinde. Am 20.05.1947 wurde Vettelschoß schlussendlich eine Pfarrei und die erste Kirche „Heilige Familie“ von 1900 zur Pfarrkirche erhoben.

Im Herbst 1974 ließ man die erste Kirche abreißen und baute eine neue – eine „moderne“. Sie wurde am 25.09.1977 als die St.-Michaels-Pfarrkirche feierlich konsekriert.

 

Über die Anfänge des Kirchenchores in Vettelschoß

 

Als der in Kalenborn gebürtige Anton Neifer – der erste am „25ten July 1817 unter Nr. 253 von der Königlichen Regierung in Coblenz nach der Externenprüfung bestallte Schullehrer für Vettelschoß“ – am 12.05.1863 in Willscheid verstorben war, wurde am 30.05.1863/ 20.06.1863 der 21 Jahre alte Schulamts-Kandidat Johann Schmitz aus Boppard sein Nachfolger.

Nach dem Hörensagen soll es bereits in der Amtszeit dieser beiden Lehrer eine so genannte „Singschar“ oder einen „Gesangverein“ gegeben haben, dem vermutlich sowohl Anton Neifer als auch Johann Schmitz als Leiter und Dirigenten vorstanden. Dieser Chor begleitete in der Regel nur den Sonntagsgottesdienst, der in der altehrwürdigen St.-Michaels-Kapelle von Seelsorgern aus Neustadt – aber noch in unregelmäßigen Abständen – in Vettelschoß gefeiert wurde.

Die „Mechelskapell“, die man nach den schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg 1945/1946 abtrug, war bereits auf der Dekanatskarte von Engers-Kunostein (Zollburg) von 1550 verzeichnet. Und im Jahre 1570 wurde die Pfarrei St. Margarita in Neustadt mit Filialen in Vettelschoß, Willscheid und Etscheid genannt.

Neustadt gehörte zu Engers-Kunostein, das dem Archidiakonat Dietkirchen-Lahn unterstand, welches wiederum dem Unterstift Koblenz zuzurechnen war. Das Unterstift Koblenz und das Oberstift Trier bildeten die mittelalterliche Diözese (Erzbistum) Trier.

Nachfolger von Lehrer Johann Schmitz wurde am 17.05.1881 der Schulamts-Kandidat Johann Jacob Gärtner (* 25.01.1860 in Neuendorf, † 20.08.1932 in Vettelschoß).

Einer Notiz vom 03.03.1883 in der Schulakte zufolge hatte Johann Jacob Gärtner auf dem Lehrerseminar in Münstermaifeld „keine Gelegenheit, im Orgelspiel zu üben, weil dort keine Orgel vorhanden war.“ Unter dem 25.03.1883 ist aktenkundig: „Der Kirchenvorstand (Vettelschoß) beschaffte vor einigen Jahren eine Orgel. Es fehlt jetzt ein Organist für die Sonn- und Feiertage.“

Womöglich gab es um diese Zeit in Vettelschoß bereits einen Dirigenten und folglich einen Chor für die Kirchenfeste in der altehrwürdigen Kapelle von Vettelschoß. Jedenfalls waren die Lehrer Anton Neifer und Johann Schmitz keine Organisten. Ob sie in der Tat einen Chor leiteten, ist nirgends fassbar.

Den ersten Organisten-Dienst an der durch den Kirchenvorstand in Vettelschoß beschafften und in der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß von dem Orgelbauer Peter Dasbach aus Obersteinebach am 13.01.1880 aufgeschlagenen Positiv (Orgel) mit Fichtenholz-Pfeifen (die Seele eines jeden Gotteshauses und als Haupt-Musik-Instrument schon im Altertum das ästhetische Element des Gottesdienstes) übernahm als Autodidakt am 04.04.1883 der Lehrer Johann Jacob Gärtner in Vettelschoß.

Es kann sein, dass der bereits existierende „Gesangverein“ oder die „Singschar“ am Sonntag, 10.05.1885, formell in „Kirchenchor Cäcilia“ umbenannt und die hl. Cäcilia (Caecilie oder Cäcilie) – die römische Märtyrerin, wie damals allgemein üblich – zur Patrona bestimmt wurde. Wenn dem so ist, dann kann der Kirchenchor von Vettelschoß im Jahr der Fusion (2010) mit dem in St. Katharinen am diesjährigen Muttertag auf sein 125jähriges Bestehen zurückblicken und jubilieren. Um für den fiktiven Gründungstag eine Bestätigung zu erhalten, sind bisher die vielfältigen Bemühungen leider im Sande verlaufen.

Der Initiator zur „Taufe“ oder „Gründung“ des Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß soll der „Gutsbesitzer (Ackerer/Landwirt) des seinerzeitigen „Schmitzhoffs“, Georg Schmitz (* 1838, † 1921), gewesen sein. Aber auch der Lehrer Johann Jacob Gärtner müsste eigentlich „Pate“ gestanden haben; denn er war nicht nur der erste Organist, sondern gilt auch als der erste Dirigent des „offiziellen“ Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß. 1

Nach dem Protokoll des Neustadter Kirchenvorstandes vom 09.12.1894 schenkte der „Gutsbesitzer“ Georg Schmitz dem Vettelschosser „Kapellenfonds“ fünf Parzellen. Auf einer (Auf dem Hübelsfeld) sollte die geplante neue Kirche (Heilige Familie) in Vettelschoß entstehen.

Für die spätere „Vikarie-Kirche“ in Vettelschoß stiftete Georg Schmitz noch zwei Bänke. Bereits am 29.01.1894 beantragte er in Trier die Neugründung eines eigenen Vettelschosser Kirchenvorstandes; denn den früheren hatte man – „weil er damals nicht notwendig war“ – aufgelöst.

Zu den weiteren Gründungsmitgliedern des Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß sollen Johann Stümper, Heinrich Buchholz, Heinrich Weißenfels, Johann Kurtenbach und Josef Kurtenbach (alle aus Vettelschoß) gehört haben.

Später fand der „Gesangverein“ in Vettelschoß durch den Neustadter Pfarrer Peter Maringer, der von 1884/1885 – 1889 amtierte und Vettelschoß besonders wohlwollend gesinnt war, weitere Unterstützung.

Heinrich Kurtenbach, Vettelschoß, In der Kuhl 8, glaubte sich 1987 zu erinnern, dass sein Vater (Josef Kurtenbach, * 03.06.1868 in Vettelschoß, † 25.06.1925 in Vetteslchoß) „noch kurz vor seinem Tode“ auf eine 40jährige Mitgliedschaft im Kirchenchor „Cäcilia“ am 10.05.1925 zurückgeblickt habe. Mit (noch keinen) siebzehn Jahren sei er am 10.05.1885 dem „Gesang­verein“ oder Kirchenchor „Cäcilia“ in Vettelschoß beigetreten. Weiter meinte Heinrich Kurtenbach, dieses Jubiläum seines Vaters habe Eduard Verhülsdonk in einem Zeitungsartikel erwähnt und gewürdigt.

Seit 1911 bis 1933 war Eduard Verhülsdonk (Journalist und Politiker der Zentrumspartei) alleinverantwortlicher Schriftleiter und Verlagsdirektor der in Neuwied verlegten Rhein und Wied-Zeitung (RWZ).

In dieser konservativ-katholisch geprägten Tageszeitung (RWZ) lassen sich auch nach den jüngsten und sehr gründlichen Recherchen des Landeshauptarchivs in Koblenz keine Passagen zum angeblichen Jubiläum des Josef Kurtenbach aus Vettelschoß finden.

Die sehr umfangreichen und langwierigen Nachforschungen der verdienstvollen Heimatforscherin Elli Lind geb. Bergmann (Oberwillscheid) wegen der zum elementaren Beweis stilisierten Zeitungsnotiz waren bereits in den 1980er Jahren negativ verlaufen.

Weder in den Protokoll-Büchern der Gemeinde Vettelschoß (1890 – 1911) noch in der Schulchronik von Vettelschoß (1863 – 1928) gibt es Hinweise auf die Gründung des Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß am 10.05.1885, obwohl der Lehrer Johann Jacob Gärtner eigentlich tangiert gewesen sein müsste und ansonsten fast jedes Ereignis – mag es noch so banal gewesen sein – vermerkte. Aber auch in der Schulchronik von Kalenborn (1904 – 1945) konnten keine entsprechenden Anmerkungen gefunden werden.

Lediglich aus der „Acta betreffend die katholische Elementarschule zu Vettelschoß“ geht hervor, dass der Schulamts-Kandidat Johann Jacob Gärtner am Lehrer-Seminar in Münstermaifeld keine Gelegenheit „im Orgelspiel“ hatte, der „Kirchenvorstand vor einigen Jahren eine Orgel beschaffte“ und der Lehrer am „04.04.1883 den Orgeldienst“ in der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß übernahm.

„Nicht überall, wo Wasser ist, sind Frösche; aber überall, wo man Frösche hört, ist Wasser.“

(Johann Wolfgang von Goethe)

Sehr wahrscheinlich ist, dass es am 13.01.1880 – als die erste Orgel in der „Mechelskapell“ aufgeschlagen wurde – bereits in Vettelschoß einen Chor bzw. die „Singschar“ oder den „Gesangverein“ gab. So dürfte es auch am 04.04.1883 gewesen sein, als man den Lehrer zum Organisten bestellte.

Oder sollte es der sonst im Protokollieren so pingelige Lehrer Johann Jacob Gärtner tatsächlich vergessen haben, die Gründung des Kirchenchores „Cäcilia“ am 10.05.1885 in der Schulchronik zu vermerken – oder hielt er die Namengebung der „Singschar“ oder des „Gesangvereins“ in „Kirchenchor Cäcilia“ für so unwichtig?

Überdies sind im Bistumsarchiv in Trier ebenfalls keine Spuren über die Gründung des Vettelschosser Kirchenchores zu finden. Selbst in den Akten des „Cäcilienvereins“, die erst in den 1880er Jahren ins Bistumsarchiv kamen, findet Vettelschoß keine Erwähnung.

Selbst die Vettelschosser Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck (1946 – 1959) und Johann Feilen (1959 – 1979) waren von Skepsis geplagt und wollten unbedingt die Zeit der Kirchenchor-Gründung aufhellen. Sie ließen in Trier erschöpfende Recherchen anstellen.

Aber in Trier konnten schon damals wie derzeit keine Beweise gefunden werden, die das hypothetische Gründungsdatum (10.05.1885) zu bestätigen oder zumindest zu erhärten vermochten. Es ist doch zu unterstellen, dass die Geistlichen – bevor sie Trier einschalteten – ihre eigenen Kirchen- oder Pfarrei-Unterlagen in Vettelschoß „durchforstet“ und keine konkreten Anhaltspunkte für das Gründungsjahr des Kirchenchores gefunden hatten.

In der alten Pfarrei Neustadt (Vettelschoß gehörte faktisch noch zu Neustadt, hatte aber seit 1900 eine eigene Kirche und in Johann Peter Klöckner seit 1896 einen eigenen Seelsorger) rief der Pfarrer Thomas Kappes (1906 – 1911) seine Gläubigen am 29.07.1906 nach der Nachmittagsandacht zu „Gesang-Übungen“ auf und am 31.07.1907 erfolgte die Gründung des „Gesangvereins Kirchenchors Cäcilia“ in Neustadt.

Und in Fernthal wurde erst am 05.02.1922 der Kirchenchor „Cäcilia“ gegründet. Aber auch die Kirchenbücher der Pfarrei Neustadt enthalten keinerlei Informationen über die Gründung des Kirchenchores in Vettelschoß.

Der Kirchenchor „Cäcilia“ in Windhagen geht auf das Jahr 1876 zurück, als sich in Hallerbach unter dem Namen „Cäcilia“ ein katholischer Männer-Gesangverein gebildet hatte. 1881 wurde dieser in „Gesangverein Cäcilia Windhagen“ umbenannt. Seit dem 07.11.1886 heißt der Kirchenchor schlicht „Kirchenchor Cäcilia Windhagen“.

Am 03.12.1882 gründeten die Gesanges-Freunde in Dattenberg den Kirchenchor „Cäcilia“, allerdings zunächst als Männerchor. Dem Vernehmen nach war wohl die erste „Singschar“ oder der erste „Gesangverein“ auch in Vettelschoß einst reine „Männersache“!

Nur von 1906 bis 01.02.1908 wirkte Peter Roth als Pfarrvikar in Vettelschoß. Er ging als Pfarrer nach Oberkirchen, Gemeinde Freisen, Kreis St. Wendel. In der Pfarrei St. Katharina in Oberkirchen gründete er ein Jahr später (1909) den Kirchenchor „Cäcilia“.

Warum gründete der Geistliche Peter Roth wohl nicht schon in Vettelschoß einen Kirchenchor? Weil es ihn mit hoher Wahrscheinlichkeit schon gab! Damit dürfte der Kirchenchor in Vettelschoß für den Seelsorger als Vorbild und Beweggrund zur Gründung eines Kirchenchores an seiner ersten Stelle als Pfarrer im saarländischen Oberkirchen gegolten haben!

Am 15.10.1948 erhielt Wilhelm Saal in Kalenborn anlässlich seiner 50jährigen Zugehörigkeit zum Kirchenchor „Cäcilia“ in Vettelschoß ein Glückwunschschreiben vom Bischof von Trier, um das Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck gebeten hatte. Demnach gehörte der Jubilar schon seit 1898 dem Vettelschosser Kirchenchor an. Es fehlen mithin noch 13 Jahre bis zu dem imaginären Gründungsdatum (10.05.1885) des Vettelschosser Kirchenchores oder „Gesangvereins“ in Vettelschoß.

Wilhelm Saal – der Volksmund nannte ihn „Breitchen“ – gehörte zu den Mitbegründern und zum ersten Vorstand der am 01.05.1899 ins Leben gerufenen oder „getauften“ Freiwilligen Feuerwehr in Vettelschoß. Ihm hatte man die Funktion eines Kassenwarts übertragen. Wahrscheinlich war Wilhelm Saal auch schon in der vorherigen „namenlosen“ Feuerwehr von Vettelschoß aktiv.

Als der Lehrer Johann Jacob Gärtner der Freiwilligen Feuerwehr am 14.04.1912 per Schuldschein 150 Mark zu vier Prozent an Zinsen als Darlehen überließ, hafteten dafür mit ihren Privatvermögen Heinrich Weißenfels, Engelbert Klein, Peter Lehmann, Wilhelm Saal und Wilhelm Homscheid.

Zum „Cäcilienfest“ (22.11.) des Jahres 1987 wurde der Kirchenchor „Cäcilia“ in Vettelschoß unter Pfarrer Herbert Glowatzki (er wirkte vom 22./23.11.1979 – 31.10.1995 als Seelsorger der Pfarreien St. Katharina in St. Katharinen und St. Michael in Vettelschoß) in „Katholischer Kirchenchor St. Michael“ umbenannt. Am 01.01.2010 fusionierte der Kirchenchor in Vettelschoß mit dem in St. Katharinen.

 

„Palestrina-Medaille“ und „Zelter-Plakette“

 

Auf Grund der Erklärung von Heinrich Kurtenbach aus Vettelschoß wurde dem Kirchenchor „Cäcilia“ Vettelschoß zur „Hundertjahrfeier“ unter Pfarrer Herbert Glowatzki die „Palestrina-Medaille“ und die „Zelter-Plakette“ verliehen.

Aus Anlass der Einhundertjahrfeier des „Allgemeinen Cäcilienverbandes“ (ACV) für die Länder der deutschen Sprache stiftete das Präsidium des ACV in Regensburg im Jahre 1968 die „Palestrina-Medaille“, welche allen Kirchenchören verliehen werden kann, die eine kirchenmusikalische Tätigkeit von mindestens einhundert Jahren nachweisen können.

Die „Palestrina-Medaille“ geht auf Giovanni Pierluigi da Palestrina (* um 1525 in Palestrina, † 02.02.1594 in Rom) zurück. Er gehört zu den wenigen Komponisten, die gleichermaßen von ihren Mitmenschen wie von der Nachwelt verehrt wurden. Der päpstliche Kapellmeister prägte nicht nur die geistliche Musik seiner Zeit, sondern blieb das große Vorbild für die katholische Kirchenmusik bis in unser Jahrhundert. 2

Zur „Hundertjahrfeier“ wurde dem Kirchenchor „Cäcilia“ Vettelschoß zusätzlich die „Zelter-Plakette“ verliehen, die am 07.08.1956 von Bundespräsident Theodor Heuss (1949 – 1959) „als Auszeichnung für Chorvereinigungen, die sich in langjährigem Wirken besondere Verdienste um die Pflege der Chormusik und des deutschen Volksliedes und damit um die Förderung des kulturellen Lebens erworben haben („Stiftungserlass“) gestiftet wurde.

Nach den „Richtlinien für die Verleihung der Zelterplakette“ von 1956 mit Ergänzung von 1960 wird die „Zelter-Plakette“ – es ist die höchste Auszeichnung für Chöre – frühestens aus Anlass des 100jährigen Bestehens eines Chores auf dessen Antrag durch den Bundespräsidenten verliehen. Voraussetzung für die Verleihung ist der Nachweis, dass sich der Chor in ernster und erfolgreicher Arbeit der Pflege des Chorgesanges gewidmet und im Rahmen der örtlich gegebenen Verhältnisse künstlerische oder volksbildende Verdienste erworben hatte.

Die Plakette zeigt auf der Vorderseite Carl Friedrich Zelter (1758 – 1932) – Gründer der ersten Liedertafel und Direktor der Sing-Akademie zu Berlin – auf der Rückseite den Bundesadler mit der Umschrift „Für Verdienste um Chorgesang und Volkslied“.

Sie wird traditionsgemäß am Sonntag Laetare (Lätare = „Freut euch mit Jerusalem!“) – drei Wochen vor Ostern in einem zentralen Festakt vom Bundespräsidenten oder dessen Vertreter zusammen mit einer Urkunde überreicht. 3

Eine vergleichbare Auszeichnung für Musikvereinigungen ist die „Pro-Musica-Plakette“. In den Jahren von 1957 bis 2002 wurden insgesamt 9.755 „Zelter-Plaketten“ verliehen, darunter 60 Plaketten an Chöre im Ausland. Im Jahre 2009 erhielten 133 Chöre und 29 Musikvereine die „Zelter-“ bzw. „Pro-Musica-Plakette“.

Carl Friedrich Zelter (* 11.12.1758 in Berlin, † 15.05. 1832 in Berlin) war ein deutscher Musiker, Professor, Musikpädagoge, Komponist und Dirigent mit größtem kulturpolitischen Einfluss in seiner Zeit. 4

Goethe über Zelter: „In Gesprächen ist Zelter genial und trifft immer den Nagel auf den Kopf (...). Er kann bei der ersten Begegnung etwas sehr derb, ja mitunter sogar etwas roh erscheinen. Allein, das ist nur äußerlich. Ich kenne kaum jemanden, der zugleich so zart wäre wie Zelter.“

 

Die „Theatergruppe“ in Vettelschoß

 

Aus den Mitgliedern des Kirchenchores „Cäcilia“ Vettelschoß hatten die Geistlichen unter Mitwirkung der Lehrerschaft eine „Theatergruppe“ gebildet, die sowohl in Willscheid (Gastwirtschaft/Saal von Anton Thomè) als auch in Vettelschoß (Gastwirtschaft/Saal „Backmann’s-Jupp“) ansehnliche Stücke aufführten.

Die eingenommenen Eintrittsgelder und Spenden dienten zur Bezahlung von zwei Glocken für die erste Kirche in Vettelschoß, die am 13.02.1926 am Bahnhof in Vettelschoß eintrafen und am 21.02.1926 „getauft“ und eingeweiht wurden. Die eine war für die Kirche „Heilige Familie“ und die andere für die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß bestimmt (sie hängt und läutet heute in der Marienkirche in Kalenborn); denn das „Mechelsglöckchen“ musste während des Ersten Weltkrieges abgegeben werden und wurde zu Kriegszwecken eingeschmolzen.

So hatte der „Theaterverein“ bzw. Kirchenchor „Cäcilia“ auch für das am 02.09.1928 eingeweihte erste Krieger- oder Gefallenendenkmal an der Kirche in Vettelschoß eine beträchtliche Summe eingespielt oder gesammelt.

Aber auch an der Finanzierung der in der Kirche im Oktober 1930 eingebauten „Dampfheizung“ war der „Theaterverein“ neben den Spenden beteiligt.

Im Rückblick lässt sich feststellen, dass an allem, was für die erste Kirche angeschafft wurde, der „Theaterverein“ mit den eingenommenen „Spielgeldern“ seinen Beitrag leistete.

Die Orgel, das Attribut der hl. Cäcilia

 

Schon in der Katakomben-Zeit bzw. im späten Mittelalter wurde die hl. Cäcilia oder Caecilie (lat. und heißt „aus dem Geschlecht der „Cäcilier“) mit sakraler Musik in Verbindung gebracht und später zur Patronin der Kirchenmusik, Sänger, Musiker, Dichter und Instrumentenbauer (Orgelbauer) erhoben. Ihr häufiges Attribut ist die Orgel und die Geige. Die Verehrung ist seit dem 5. Jahrhundert besonders in den romanischen Ländern verbreitet, obwohl ihre Legende nicht gesichert und erst nach 486 entstanden ist.

Cäcilia († um 229/230) soll eine hübsche adelige Römerin gewesen sein, die sich schon als Kind allein Christus angetraut fühlte. Die Eltern verheirateten sie aber mit dem heidnischen Jüngling namens Valerianus, der aus einem alten römischen Senatoren-Geschlecht stammte. Bei der Hochzeit-Feier habe sie unter dem Brautkleid ein Schmerzen bereitendes Hemd getragen.

Im Brautgemach offenbarte sie dem Bräutigam: „Ein Engel steht mir als Beschützer meiner Reinheit zur Seite.“ Valerianus gestand ihr die Unberührtheit zu unter der Bedingung, dass er den Engel sehen dürfe. Sie bewegte ihn, den greisen römischen Bischof Urban I. (220 – 230) aufzusuchen, der ihn bekehren und taufen solle, dann könne er den Engel sehen. Dem Valerianus erschien ein heiliger Greis und hielt ihm ein mit Gold-Buchstaben geschriebenes Buch vor und Valerianus kam zum Glauben und ließ sich von Urban taufen.

Zu Cäcilia zurückgekehrt, sah er den Engel bei ihr, der reichte ihnen Kränze und Lilien und Rosen, die den Raum mit himmlischem Duft erfüllten. Als der Bruder des Valerianus (Tiburtius) hinzukam, wunderte er sich über den Rosenduft und ließ sich auch bekehren.

Als Valerianus und Tiburtius verbotenerweise die Leichen von hingerichteten Christen beerdigten, wurden sie ins Gefängnis geworfen. Ihnen wurde ein Ritter Maximus als Wächter gegeben und sie bekehrten auch ihn. Der Präfekt Almachius ließ Maximus mit Blei-Klötzen schlagen und alle drei enthaupten, da ihr ausführlicher Disput ihn nicht überzeugen konnte.

Cäcilia begrub die drei Männer. Almachius forschte nach dem Gut der Hingerichteten, fand Cäcilia und bedrohte sie. Doch Cäcilia überzeugte ihre weinenden Diener vom Glauben und Urban taufte diese mit 400 anderen Römern.

Nach heftigem Streit ließ Almachius die Cäcilia in ein kochendes Bad setzen, doch sie fühlte nur Kühle. Dann versuchte der Henker, sie drei Mal durch Schwert-Hiebe zu enthaupten. Doch er soll es nicht geschafft haben, den Kopf der „halsstarrigen“ Cäcilia abzuschlagen.

Die schwer Verwundete lebte noch drei Tage und vermachte ihr Gut den Armen, bekehrte weitere Umstehende und wurde dann – gekrümmt, wie sie zuletzt lag – in golddurchwirktem Gewand in einen Zypressen-Sarg gelegt. Der Überlieferung zufolge wurde Cäcilia bei der Sarg-Öffnung 1599 so gefunden. Urban I. hatte Cäcilia in der Callistus-Katakombe in Rom neben den Bischöfen beerdigen lassen. Ihr Haus weihte er zu einer Kirche.

Die Frage nach der historischen Existenz der Cäcilia und den Ursprüngen ihrer Verehrung gehören zu den um­strittensten Problemen der römischen Heiligenverehrung; denn die Kenntnisse darüber sind faktisch gering. In der Katakombe des Callistus entstand im 4. Jahrhundert – möglicherweise zur Zeit von Papst Damasus I. (366 – 384) – eine Krypta, in der Mitglieder der Familie Cäcilii bestattet wurden.

Das „Cäcilia-Fest“ am 22. November ist in der nach ihr S. Cecilia genannten Kirche im Stadtteil Trastevere schon im Jahre 545 durch eine Episode in der Lebensgeschichte des Papstes Vigilius (537 – 555) nachgewiesen. Die Legende erzählt, dass diese Kirche aus dem Hause der Cäcilia entstand, aber Ausgrabungen haben erwiesen, dass das Gebäude zu einem Mietshaus nahe eines öffentlichen Bades gehörte. Tatsächlich war Cäcilia nach einer alten Inschrift die Gründerin der Kirche. Erst die Legende machte sie zur Märtyrerin und die Keuschheit am Abend der Hochzeit wurde ihr zugeschrieben.

Als Papst Paschalis I. (817 – 824) nach ihrem Grabe suchte, erschien ihm Cäcilia. Er fand ihren Sarg und ließ ihn in die von ihm über einem Bau des 5. Jh. neu errichtete Kirche S. Cecilia in Trastevere bringen. Die nach der Sarg-Öffnung um 1599 wohl von Stefano Maderna geschaffene Marmor-Figur (nach 1665) soll den Leichnam getreu abbilden. Reliquien befinden sich angeblich auch in Albi, Càgliari und Hildesheim. Im Mittelalter erhoben mehrere Kirchen den Anspruch, ihren Kopf zu besitzen, was die Popularität ihrer Verehrung bezeugt.

Nach der Gründung des Hildesheimer Bischofssitzes 815 entstand zunächst eine Marienkapelle im Bereich der heutigen Apsis. Südlich benachbart ließ Bischof Gunthar eine der hl. Cäcilia geweihte Basilika von bescheidenen Maßen bauen.

Cäcilia war/ist eine der volkstümlichsten Heiligen und ihr Name war früher ein häufig verwendeter Mädchenname. Bekannt ist Cäcilia als Nothelferin und vor allem als Patronin der Kirchenmusik. Dieses Patronat verdankt sie einem Übersetzungsfehler, nachdem sie auf ihrer Hochzeit selbst die Orgel gespielt haben soll.

Eine andere Legende erzählt von ihrer Hochzeitsfeier: Während die Musikinstrumente erklangen, sang Cäcilia – in ihrem Herzen und nur zu Gott gewandt: „Lass, Herr, mein Herz und meinen Körper unbefleckt bleiben, auf dass ich nicht zuschanden werde.“

Die bekanntesten Attribute der hl. Cäcilia sind Rosen, Schwert, Musikinstrumente wie Orgel und Geige. Und die Bauernregeln meinen:

 

„War an Simon und Juda kein Wind und Regen da, dann bringt ihn die Cäcilia.“

„Wenn es an Cäcilia schneit, dann ist der Winter nicht mehr weit.“

„Cäcilia im weißen Kleid, erinnert an die Winterzeit.“

 

 

„verpflichtet sein, lebenslänglich die Orgel zu schlagen“

 

Das 1257 von Gerhard von Rennenberg und Benedikta geborene von der Neuerburg gestiftete Zisterziense­rinnenkloster St. Katharina galt ursprünglich als eine „Versorgungsanstalt“ für die Töchter der Rennenberger und anderer Adelstöchter. Von den sechs Töchtern des Stifterpaares nahmen fünf in St. Katharina den Schleier.

Zur Errichtung dieses Nonnenklosters in „Hargarde“ (Hargarten) hatte die verwitwete Gräfin Mechthild von Sayn als Regentin unseres Gefildes zu Pfingsten (27.05.1257) ihr Plazet erteilt.

„Der großen Mehrzahl nach gehörten die Mitglieder des Konvents dem niederen Adel an. In der Frühzeit der Abtei St. Katharina hatte man es mit einem gemischten adeligen Konvent zu tun.“

„Nicht allzu lange blieb indes der Eintritt in die Abtei nur Kindern adeliger Häuser vorbehalten. Das hätte auch nicht der Ansicht des Ordens entsprochen, der gegen den Brauch, nur Adelige aufzunehmen, eiferte und forderte, daß auch andere ehrbare und brauchbare Jungfrauen aufgenommen würden.“

„Zum Beweis dafür, daß verhältnismäßig früh in St. Katharinen auch Nichtadelige Aufnahme fanden, dient eine Urkunde aus dem Jahre 1390, in der eine Nonne Bela genannt ist, deren Vater Henkin Buchelin und dessen Frau Grete ausdrücklich als „Bürger“ zu Bonn bezeichnet werden. Dafür läßt die Urkunde deutlich erkennen, daß Bela als Chorschwester anzusehen ist. 1553 erscheint eine andere Bürgerliche unter den Klosterfrauen. Trinchen Groß, und für 1575 ist eine Nonne Anna Meles bezeugt.“

„Jedenfalls stand der Konvent von St. Katharinen nicht ausschließlich nur Töchtern adeliger Familien offen. Er war verhältnismäßig früh „gemeinständisch“. Das adelige Element wird etwa bis Mitte des 16. Jahrhunderts das Übergewicht im Konvent gehabt haben; dafür spricht, daß bis zu diesem Zeitpunkt nur Äbtissinnen adeligen Geblüts gewählt wurden. Dann aber tritt der Adel mehr und mehr zurück, und die Nonnen bürgerlicher Herkunft wählen 1581 die erste nichtadelige Äbtissin.“

„Mit dem Ausgang des 16. Jahrhunderts verschwinden die Namen adeliger Nonnen völlig, so daß man annehmen muß, daß etwa seit der zweiten Hälfte des genannten Jahrhunderts keine Adeligen mehr in die Abtei eingetreten sind. Die Gründe dafür dürften einmal in dem Zeitgeist gelegen haben, der damals auch den Adel vielfach beherrschte, sodann vielleicht auch in den wirtschaftlichen Verhältnissen und dem wechselvollen Schicksal der Abtei. Bis zur Aufhebung des Klosters (1803) entstammten seine Bewohnerinnen, wenigstens soweit sie Chorschwestern waren, nur vornehmen oder doch gutsituierten Bürgerfamilien.“

Bei Eintritt in die Abtei musste jede Klosterfrau wenigstens 800 rth. als Mitgift mitbringen, die das Klostervermögen vermehrten. Doch Höchstgrenzen bestanden nicht. Nicht selten wurden vom Kloster noch Nachforderungen an die Eltern oder Geschwister der so genannten Postulantin gestellt.

„Merkwürdig ist der Kontakt zwischen dem Konvent und dem Stiefvater der 1662 eingekleideten Nonne Anna Kolb. Danach mußte dieser gleich nach der Einkleidung dem Kloster „als Aussteuer“ neben dem Verzicht auf seine Forderungen an die Abtei 70 rth. an Gold, 18 Malter Korn Pellenzer Maß, ein Pferd, zwei Kühe, zwei Schweine, 25 gute reine Schafe und einen Eisenkessel von 8 Eimern und ein kleines Kupferkesselchen geben. Anna Kolb übergab 1663 der Abtei ihr ganzes Erbe für nach ihrem Tode, weil sie „über die sonst daselbst gewohnliche Zahl“ angenommen worden war.“

„Für die Jungfer Elisabeth Reimbach hat nach seinem Bericht ihr Bruder, Pfarrer in Monreal, ‚über 6 ad 700 rth. Ausgebeutelt’.“

„Ende des 17. Jahrhunderts betrug die von der Kandidatin Maria Katharina Finck geforderte Summe 800 rth., wovon 200 rth. auf Zinsen angelegt werden sollten, die laut dem Vertrag mit ihren Eltern die Nonne selbst zu beziehen hatte. Außerdem aber mußte sie noch 100 rth. zahlen, „welche ich wegen unbequemer und schwächeren stimm, dha dem höchsten Gott in Chorsang, anderen Capitularen Jungfrauen gleich, nit eben dinen kann, umb solchen meinen natürlichen defect zu suppliren, entschlossen habe, zum kirchenzierrath Einwendig, zu verwenden.“

„Eigentümlich sind die Bedingungen für die Aufnahme der Jungfer Franziska Obladen gemäß Vertrag vom 3. September 1781. Danach soll sie verpflichtet sein, lebenslänglich die Orgel zu „schlagen“; mit Rücksicht auf ihre Elternlosigkeit soll ihr Oheim 200 rth. entrichten, dazu soll die Abtei 40 Ellen „gebildt“ oder anderes Leinen sowie 40 Pfund Zinn erhalten. Endlich soll der Oheim „die beyde Hochzeitsmahlzeiten, und Kösten ehrbar bestreiten, und darthun.“

Den „Kostjungfern“, die zu Beginn des 18. Jh. von den Zisterzienserinnen in St. Katharina aufgenommen wurden, zwischen 6 Monaten und 2 ½ Jahren „hospitieren“ konnten und eine hauswirtschaftliche Unterweisung erhielten, soll auch Orgelunterricht erteilt worden sein. Für den Aufenthalt der jungen Mädchen hinter den Klostermauern auf der „Linzerhöhe“ war von den Eltern ein Entgelt zu entrichten.

 

Die Geburtsstunde der Kirchenchöre

 

Nach der Säkularisation fand die Kirche nach einer materiellen Neuordnung und innerem Neuaufbau allmählich wieder zu neuem Leben zurück. Das Volk wandte sich wieder an die Kirche, es entstanden neue katholische Bewegungen.

In Deutschland führte dies zu einem Gemeinschaftsbewusstsein, der viele Organisationen und Gruppen entstehen ließ. In vielen ländlichen Gemeinden war das die Geburtsstunde ihrer Kirchenchöre.

Mit diesen Gründungen kam jedoch erst die große Aufgabe, die verwahrloste Kirchenmusik wieder mit der Liturgie zu verbinden. Zu groß waren mittlerweile die Widersprüche. Erste Reformversuche schlugen fehl. Neue Kompositionsstile sorgten weiter für negative Schlagzeilen. Das ging dann so weit, bis der Kirchenmusik eine Verbannung aus dem Gottesdienst drohte. Die Kirchen-Oberen bemängelten, dass die Musik mit weltlichen Texten eher der opernhaften Tanz- und Marschmusik mit vergleichbaren Gesängen ähnelte. Schließlich wurde gefordert, den Stil der alten Meister wieder weiterzuführen.

Die Rede ist von Giovanni Pierluigi da Palestrina (1525 – 1594). Er war Komponist, Organist und Kantor in Rom, Kapellmeister und Mitglied der päpstlichen Kapelle. In der Musik des 16. Jh. schuf er eine beispielhafte Verbindung von mehrstimmiger Musik und Sprachverständlichkeit, die ihm auf dem Tridentiner Konzil (1545 – 1563) den Titel „Retter der Kirchenmusik“ einbrachte und ihn zum stilistischen Vorbild des „Cäcilianismus“ erhob. Nach seinem Stil sollte künftig musiziert und komponiert werden.

In einem Dekret des Tridentiner Konzils vom 17.09.1562 heißt es: „Der Gesang soll so erfolgen, daß er nicht nur leerer Ohrenschmaus ist, sondern so, daß die Worte von jedermann klar verstanden werden können und die Herzen der Zuhörer daher von Sehnsucht nach himmlischer Harmonie erfüllt werden in der Betrachtung der Freuden der Seligen.“

Insbesondere die sechsstimmige „Missa Papae Marcelli“ – benannt nach dem Papst, der nur wenige Wochen im Amt war (Marcellus II., 09.04.1555 – 01.05.1555, vorher päpstlicher Legat auf dem Konzil zu Trient) und der Giovanni Pierluigi da Palestrina gefördert hatte – soll die Zweifel der Konzilsväter an der kirchenmusikalischen Praxis der Zeit beseitigt haben. Zu Recht wird daher G. P. da Palestrina immer wieder als der „Retter der Kirchenmusik“ gepriesen.

Der päpstliche Kapellmeister prägte nicht nur die geistliche Musik seiner Zeit, sondern blieb das große Vorbild für die katholische Kirchenmusik bis in unser Jahrhundert.

Die allgemeine Forderung nach einer besseren Qualität der Kirchenmusik wurde im Jahre 1868 (auf dem Bamberger Katholikentag) mit der Gründung des Allgemeinen Deutschen Cäcilien-Verbandes (ACV) mit Sitz in Regensburg bekräftigt. Seine Grundaufgabe sollte die Zusammenführung der Musik mit dem Gottesdienst sein. Der ACV erhielt im Jahre 1870 von Papst Pius IX. (1846 – 1878) die Approbation. Zur Patronin der Kirchenchöre wurde die Märtyrerin und Heilige Cäcilia von Rom bestimmt, die auch den Namen des ACV trägt.

Der Diözesan-Cäcilien-Verband (DCV) in der Diözese Trier wurde 1869 durch Bischof Dr. theol. Matthias Eberhard (16.07.1867 – † 30.05.1876) gegründet. Der DCV ist für die institutionelle Zusammenfassung und Vertretung der Kirchenchöre sowie der im Chor- bzw. Diözesanverband der „Pueri Cantores“ zusammengefassten Kinder- und Jugendchöre des Bistums Trier zuständig. Sitz des DCV ist Trier. 5

Aufgabe des DCV ist es, die Aktivitäten der kirchlichen Chorgemeinschaften anzuregen und zu unterstützen, ihre gegenseitige Verbundenheit zu fördern sowie ihre gemeinsamen Belange in der Öffentlichkeit zu vertreten. Hierzu gehören insbesondere:

a) Mitwirkung bei der Gründung neuer Chöre;

b) Förderung der Nachwuchsarbeit in Zusammenarbeit mit dem Chorverband „Pueri-Cantores“ im Bistum Trier;

c) Unterstützung der Chorgemeinschaft durch Beratung in musikalischen und organisatorischen Fragen;

d) Veranstaltung von Singwochen und Chortreffen auf örtlicher und überörtlicher Ebene in Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Regionalkantoren;

e) Herstellung und Pflege guter Beziehungen zu anderen Chorverbänden und musikalischen Institutionen.

Der DCV verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung.

Nach 1869/1870 gelangte die Kirchenmusik aufgrund der „Singbewegung“ wieder zu einem höheren Niveau, die Chöre wuchsen an, Chorleiter und Organisten wurden geschult. Die Kirchenmusik wurde auf diese Weise ein fester Bestandteil des Gottesdienstes.

Das Naziregime griff auch in die katholischen Vereine ein. Den Chören drohte daher ein Verbot oder eine Zwangsauflösung. Ab diesem Zeitpunkt wurde deshalb vom Bischof eine Mitgliedschaft im ACV bzw. DCV vorgeschrieben, die eine Auflösung verhindern konnte.

Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges war ein Neuanfang sowohl in den Familien wie auch in der Gesellschaft und den Vereinen schwer. Viele Mitglieder kamen aus dem Krieg nicht mehr zurück.

Trotzdem wagte man sich mit neuem Mut in die Zukunft, das bedeutete für die Chöre die Chance, einen Neuanfang zu wagen.

Durch das Zweite Vatikanische Konzil (1962 – 1965) wurde der Stellenwert der Kirchenchöre und deren Musik im Gottesdienst weiter bestätigt und hervorgehoben. Die Einführung der Muttersprache im Gottesdienst eröffnete sich den Chören ein schier unendlicher Horizont an Stil-Möglichkeiten und Literatur.

Das Zweite Vatikanische Konzil (Vaticanum II), das von der römisch-katholischen Kirche als das 21. Ökomenische Konzil angesehen wird, fand vom 11.10.1962 bis 08.12.1965 in Rom statt. Es wurde von Papst Johannes XXIII. (28.10.1958 – † 03.06.1963) mit dem Auftrag zu pastoraler und ökomenischer „instanratio“ (Erneuerung) einberufen.

Nach dem Tod von Papst Johannes XXIII. wurde das Konzil durch Papst Paul VI. (21.06.1963 – † 06.08.1978) fortgesetzt. Es entschied zugunsten der Religionsfreiheit in der bürgerlichen Staatsordnung und für verstärkten Dialog mit Anders- oder Nicht-Gläubigen. Auch wird die enge Bindung an die Liturgie zum Hauptmerkmal kirchlicher Musik erklärt: „Daher wird die Kirchenmusik umso heiliger, je enger sie mit der liturgischen Handlung verknüpft wird.“

Der jetzige Papst Benedikt XVI. wies 1995 in seinem Buch „Im Angesicht der Engel will ich dir singen“ darauf hin, dass sich die liturgische Musik an der Liturgie zu orientieren und in erster Linie am Wort Gottes auszurichten habe.

Nach heutigem Verständnis ist der Kirchenchor ein gemischter, gelegentlich auch ein gleichstimmiger Chor in der Trägerschaft einer Kirchengemeinde. Die Sängerinnen und Sänger beteiligen sich in der Regel ehrenamtlich an der Kirchenmusik ihrer Gemeinde. Das Hauptaufgabengebiet der Kirchenchöre ist die musikalische Gestaltung der Gottesdienste in ihrer Gemeinde. 6

 

 

 

Vom Rohrwerk zur Wasser- und Kirchenorgel

 

Die Orgel entstand in vorchristlicher Zeit in Alexandrien aus dem mechanischen Windantrieb der Panpfeife. Als Ahnen der Orgel gelten die Panflöte mit ihren verschieden langen Röhren und der Dudelsack mit seinem „Luftmagazin“. Das Prinzip der Verbindung mit einem Tastenmechanismus und einer Pumpanlage erfand der griechische Mathematiker und Mechaniker Ktesibios aus Askra. Er konstruierte um 250 v. Chr. in Alexandria ein orgelähnliches Instrument, die so genannte „Flötenblasmaschine“.

Das Luftreservoir seiner „Wasserorgel“ (Hydraulus) tauchte in einen Wasserbehälter ein, um Druckstöße auszugleichen. Vom Wasser wurde die Luft verdrängt und konnte so in riesige Flöten (Pfeifen) strömen. Der Luftdruck in den Röhren wurde durch Wasserverschluss reguliert. Die Frühform der Wasserorgel war erfunden. Später folgte der Übergang auf Bälge aus Tierhaut.

Dieses „organum hydraulicum“ wurde in der römischen Kaiserzeit unter anderem in Amphitheatern eingesetzt. Von Byzanz aus gelangte das Instrument im 8. und 9. Jh. über Gesandtschaften an den fränkischen Hof. Eingang in die abendländische Kirche fand die Orgel (abgeleitet aus dem lateinischen Terminus „organum“ bzw. griechischen „organon“ = Werkzeug/Instrument) als volltönendstes Musikinstrument und ästhetisches Element des Gottesdienstes spätestens im 8. Jahrhundert.

Pfeifen- bzw. Kirchenorgeln – das hoch ausgebildete Blasinstrument, die „Königin der Instrumente“ und das Wunder der Mechanik, das größte und älteste Tasteninstrument mit einem Pfeifenwerk aus Holz- und/oder Metallpfeifen (Zinn/Blei) und einem Kastenbalg, den die Kalkanten (Blasebalgtreter bzw. Orgelzieher, meist eine Funktion der Messdiener oder des Küsters) in „Atem“ zu halten hatten und dem der Wind oder die „Puste“ nicht ausgehen durfte – sind im 9. Jh. für Freising, im französischen St. Savin und Straßburg, im 10. Jh. für Köln, Canterbury, Rom und Winchester (950) nachgewiesen.

Die Christen der Urkirche befiel Todesangst, wenn sie den Klang der Orgel hörten. Vor 2.000 Jahren wurde die Orgel nicht im Gottesdienst, sondern in den Arenen der Römer zum „Anheizen“ gespielt, bevor Christen zur Belustigung der Zuschauer ermordet oder hingerichtet wurden. In den orthodoxen Kirchen herrscht deshalb noch heute Orgelverbot.

Holz eignet sich für große Basspfeifen, da es bei tiefen Tönen gut in Resonanz gerät und dabei aber wenige hohe Obertöne erzeugt. Metallpfeifen bestehen gewöhnlich aus einer Zinn-Blei-Legierung. Ein hoher Bleianteil verstärkt den Grundton, während Zinn die Obertöne der höheren Frequenz unterstützt. Soll der Klang dramatisch an- und abschwellen, betätigt der Organist hölzerne Jalousien im so genannten Schwellwerk. Diese Technik war für Konzertsaalorgeln seit dem 19. Jh. unerlässlich.

Den Wind erzeugten im Mittelalter zunächst lederne Schmiedebälge, doch lieferten sie keinen gleichmäßigen Druck. Besser waren so genannte Spanbälge, deren Falten aus Holzteilen mit Lederscharnieren bestanden. Reste der bei Ausgrabungen im antiken römischen Aquincum (Ungarn) gefundenen Orgel aus dem Jahre 228 zeigen, dass dieses Instrument bereits eine „Balgorgel“ mit 4 Registern zu je 13 Tönen war. Ab Anfang des 20. Jh. begannen elektrische Gebläse den Orgelbalg zu füllen. Parallel dazu wurden Systeme entwickelt, um die mechanische Traktur durch die neue Elektrotechnik zu ersetzen. Der Tastendruck schloss einen Stromkreis, ein Elektromagnet öffnete das Ventil.

Auch in Zeiten von Mikroelektronik und Digitaltechnik bleibt eine Orgel ein technisches Wunderwerk. Der Orgelbau dauert meist mehr als ein Jahr, bis das Instrument die ersten Töne von sich gibt. Fast alles wird in Handarbeit gefertigt. Nach dem Entwurf wird gehobelt und gebohrt, gefeilt und gesägt, bis der massive Eichenholz-Korpus steht und sich die Pfeifen aus Fichtenholz oder einer Zinn-Blei-Mischung in die Löcher schmiegen. Zwischendurch werden immer wieder die Ohren gespitzt, damit am Ende alle Pfeifen so klingen, wie sie klingen sollen. Auch muss jede einzelne Pfeife so intoniert werden, dass sie optimal auf die Raumakustik abgestimmt ist. Deshalb sind gleichzeitig viele Stunden am Aufstellungsort (Kirchen) zu verbringen. Erst wenn man die Raumakustik kennt, kann die genaue Größe der Pfeifen festgelegt werden.

Durch die Unterscheidung von Prospekt (Vorderfront des Gehäuses) und Orgelwerk (Spielwerk im Innern des Gehäuses) wurden seit 1900 die historischen Prospekte alter Orgeln mit neuen Spielwerken hinterbaut und sind so erhalten geblieben. Beim Neubau von Prospekten geht die historisierende Richtung über die Jahrhundertwende bis zum Ersten Weltkrieg und ist durch Neubarock und Neurokoko repräsentiert. Dieses letzte Aufblühen der Prospektgestaltung um 1905 erlebte nach den Kriegsereignissen einen jähen Umschwung.

Das Gehäuse hatte bisher neben der schützenden (Staub, Feuchtigkeit) auch eine akustische Funktion; denn der Pfeifenklang sollte geschlossen in den Kirchenraum abgestrahlt werden. Um 1930 waren die Orgeln zur Auflockerung des Prospekts noch mit einigen freistehenden „Pilasterbrettern“ versehen, doch ab 1935 ist das Bergende und Schützende – aber auch das Belebende und der künstlerische Anreiz der Gehäusegestaltung – oft ideenloser Rationalität, dem berechnenden Aufbau von Orgelpfeifen gewichen. Erst nach 1960 wurde es wieder üblich, statt des Freipfeifenprospekts das Orgelinstrument mit einem ansehnlichen Gehäuse zu umgeben.

 

Ein unverständiger Küster in den „teutschen Landen“ soll einmal seine schweißtreibende und vor allem Sonntagsarbeit als Orgelzieher/Blasebalgtreter mit der Begründung verweigert haben, dass er nicht einsehe, warum er für 5 Mark monatlich den Wind in die Orgel pumpe, der vom Lehrer bzw. Organisten dann für 50 Mark wieder ausgelassen werde.

 

Auf historischen Grabkreuzen, die sich auf Europas einzigem „Museumsfriedhof“ im Tiroler Kramsach befinden, steht zu lesen:

„Hier liegt Martin Krug, der Kinder, Weib und Orgel schlug.“

Es soll sich um einen Lehrer und Organisten aus Niederbayern gehandelt haben.

Eine andere „Kreuzinschrift“ besagt:

„Hier liegt begraben unser Organist. Warum? Weil er gestorben ist. Er lobte Gott zu allen Stunden.

Der Stein ist oben und er liegt unten.“

 

Erste Orgelbauer und Organisten

 

Um 757 ließ der König der Franken, Pippin der Kurze (751 – 768), eine ihm von dem oströmischen bzw. byzantinischen Kaiser Konstantin V. Kopronymos geschenkte und von dessen Gesandten überbrachte Orgel auf seinem Landsitz in Compiègne aufstellen, die damit Eingang in die Kirchen der Karolingerzeit fand. Und 811 kam als Geschenk von Byzanz eine Palastorgel an den Hof Kaiser Karls d. Gr. (742 – 814). Mönche des Fränkischen Reiches widmeten sich nun dem Orgelbau.

Orgeln im Mittelalter waren meist auf Stifts- und Klosterkirchen beschränkt und ihre Erbauer und Spieler die Mönche. Die Anfänge gehen wahrscheinlich auf das Jahr 826 zurück, als der venezianische Presbyter (Priester) Georg für König Ludwig den Frommen (814 – 840, dritter Sohn Karls d. Gr.) die Münsterorgel zu Aachen erbaute.

Bereits 873 dürfte die Bischofsstadt Freising über eine Orgel mit Werkstätte (Orgelbauschule) verfügt haben; denn Papst Johannes VIII. (872 – 882) soll in einem Schreiben den damaligen Freisinger Bischof Anno gebeten haben, ihm nach Rom eine erstklassige Orgel und einen „bau- und spielkundigen“ Künstler (Meister) zu schicken. Dies wird aber auch als eine offizielle Anerkennung der Liturgiefähigkeit der Orgel durch die Kirche von Rom verstanden.

Einer anderen Version zufolge wollte bereits Papst Zacharias (741 – 752) eine Orgel besitzen. Er soll sich deshalb an den Freisinger Bischof Petrus mit der Bitte gewandt haben, ihm eine Orgel über die Alpen zu schicken und einen Mann, der in der Lage sei, sie zusammenzubauen und zu bespielen.

Da im griechisch-römischen Kulturraum der Antike die Orgel in der Arena und im Theater mit Gladiatorenszenen verwendet wurde, fand sie zunächst keinen Eingang in die Liturgie der ersten christlichen Jahrhunderte. Erst im 7. Jh. kam sie zögernd und nicht ohne Widerstand im Gottesdienst zum Einsatz, und zwar erst über Nordeuropa. Danach gilt im katholischen Gottesdienst die Pfeifenorgel als das eigentliche liturgische Instrument.

Die durch Bischof Chrodegang von Metz (742 – 766, aus rheinischem Adel, ursprünglich Notar, 754 zum Nachfolger des von heidnischen Friesen 754 erschlagenen Bonifatius als Erzbischof und austrasischen Metropoliten bestellt) gegründete „Schola Cantorum“ (Sängerschule) wird für Jahrhunderte zur vorbildlichen Pflegestätte des gregorianischen Chorals.

Noch im 9. Jh. dienten Orgeln als Schulinstrumente in Klöstern. Die kleinen, 8 – 15 Pfeifen und zwei Oktaven umfassenden Orgeln waren wie die heutigen Prinzipalpfeifen konstruiert. Bei Prozessionen wurden kleine, tragbare Orgeln, so genannte Portative, mitgeführt. Diese einstimmig gespielten Instrumente dienten auch für das gesellige Musizieren im Mittelalter. In der Renaissance und im Barock gab es das weit verbreitete Positiv, ein kleines Instrument mit nur wenigen Registern.

Schon um 980 besaß die Kathedrale von Winchester eine Orgel mit 400 Pfeifen und 2 Klavieren (Manuale), die zwei Organisten bespielten. Mixturen waren damals unbekannt. Eine Scheidung des Pfeifenwerks in Register erfolgte erst im 12. Jh. Waren die Orgeln des 4. – 11. Jh. noch leicht bespielbar, so wurde die Bedienung der Mechanik im 13. und 14. Jh. so schwer, dass die Spieler die Tasten mit den Fäusten schlagen oder mit den Ellenbogen herunterdrücken mussten. Bis weit in das 19. Jh. wurde die Tätigkeit des Organisten nicht als „Orgelspielen“ bezeichnet, sondern man sprach wegen der schwer gängigen Trakturen vom „Orgelschlagen“.

Die oberbayerischen Klöster hatten sich im Mittelalter zu einem Zentrum des Orgelbaues entwickelt. Im Kloster Tegernsee entstand sogar das erste Lehrbuch zu diesem Thema mit dem Titel: "De mensura fistularum" (Die Bemessung der Orgelpfeifen).

Um 1300 waren fast alle großen Kirchen mit Orgeln ausgestattet und das liturgische Orgelspiel hatte sich in enger Verbindung mit dem gregorianischen Gesang entfaltet. Bereits im frühen Mittelalter wurde Deutschland der Mittelpunkt einer hochstehenden Kultur des Orgel-Baues und des vielstimmigen Klanges der Orgelmusik.

Im 15. Jh. führte man die Zungenpfeifen – das Schnarrwerk – ein, dem Anfang des 14. Jh. das Pedal vorausging. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. verliert die Orgel ihren Werkcharakter, strebt das romantische Klangideal an, das fließende dynamische Übergänge und orchestrale Farben fordert. Der Hochstand des Orgelbaues ist das Barockzeitalter (17. und 18. Jh.), in dem die klangvollsten Orgeln entstanden.

„Denn gleich wie die Orgel mit höchster belüstigung der Menschen Augen auff sich locket, und mit ihren süssen Thon und lieblichen klang (durch hülff und zulassung deß Windes, welcher gleichsamb der Orgel Seele ist) die Ohren erfüllet und erweichet: ... so referieren und zeigen die Blaßbälge die Lunge an; die Pfeiffen die Kehle ..." – so vergleicht der Komponist, Hofkapellmeister und Musikschriftsteller Michael Praetorius (* 15.02.1571 in Creuzburg/Thüringen, † 15.02.1621 in Wolfenbüttel) in seinem zu Wolfenbüttel im Jahre 1619 erschienenen Buch „De Organographie“ die Orgel mit dem Menschen.“

Die Orgel galt immer als „Dienerin der Liturgie“ und hatte das gottesdienstliche Geschehen nur zu begleiten. In den lokalen Kirchen waren daher oft bis ins 18. Jh. keine Orgeln vorhanden. Bei neu erbauten Gotteshäusern blieb die Orgel meist immer der letzte Einrichtungsgegenstand in der Anschaffung oder Ausstattung.

Im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 – 1965) erfuhr die Orgel seitens der Kirche eine besondere Würdigung: „Die Pfeifenorgel soll in der lateinischen Kirche als traditionelles Musikinstrument in hohen Ehren gehalten werden; denn ihr Klang vermag den Glanz der kirchlichen Zeremonien wunderbar zu steigern und die Herzen mächtig zu Gott und zum Himmel emporzuheben.“ – „Die Betätigung des Organisten, des Chorleiters, des Sängers und des in der Liturgie zugelassenen Instrumentalisten ist liturgischer Akt und aufgewertet, vielseitiger und anspruchsvoller geworden.“

Neben dem Altar und der Kanzel gehören die Glocken (kelt. = „cloc“, verwandt mit lachen) und die Orgel zu den wesentlichen instrumentalen Bestandteilen unserer Kirchen. Sie sind kulturelles und heimatliches Allgemeingut und immer geistiger und kultureller Mittelpunkt vieler Generationen. Dem Altar in der Regel gegenübergestellt, hat die Orgel ihren Platz im Kirchenraum.

Kommt vom Altar her das Wort Gottes, so wird durch die Orgel die Antwort der Gemeinde gegeben. In dieser dienenden Funktion ist die „Königin der Instrumente“ gerade seit der liturgischen Bewegung der letzten Jahrzehnte nicht mehr wegzudenken. Im evangelisch-lutherischen Bereich war diese Sicht schon immer vorhanden.

„In vielen alten Orgeln Deutschlands, z. Exempla in der St.-Catharinen-Kirchen-Orgel in Hamburg, und in andern mehr; und noch in vielen neuen herrlichen Orgeln Frankreichs, sind der Rohrwerke eine ziemlich große Anzahl. Der größte Orgelkenner, und Orgelspieler Deutschlands, und vielleicht Europas, der seel. Kapellmeister Bach (der weltberühmte Komponist und Kantor Johann Sebastian Bach, * 21.03.1685 in Eisenach, † 28.07.1750 in Leipzig), war ein großer Freund davon: der mußte doch wohl wissen, was und wie darauf gespielet werden könne."

Eine große Orgel mit mechanischer Traktur steht in der Dreifaltigkeitskirche zu Liepava (Libau) in Lettland mit 131 Registern auf vier Manualen und einem Pedal. Sie wurde 1885 von Barnim Grüneberg aus Stettin gebaut. Die wohl größte Orgel in Europa ist die im Passauer Dom. Sie besteht aus einem Hauptwerk und vier Nebenorgeln mit 208 Registern und nahezu 17.000 Pfeifen. Der Hauptspieltisch hat 5 Manuale und 300 Kipptasten und Knöpfe. Als die größte Orgel der Welt gilt die mit 455 Registern und 33.000 Pfeifen in einer Festhalle von Atlantic City (USA).

Die Reformatoren waren in der Beibehaltung oder Ablehnung der Orgel im Gottesdienst nicht einer Meinung. So bekannte Martin Luther, dass „in summa: die edle musica nach Gottes Wort der höchste Schatz auf Erden“ sei und sagte in der Deutschen Messe von 1526: Um der Übung im Worte Gottes willen „muß man ... mit allen Orgeln pfeifen und alles klingen lassen, was klingen könnte.“

Die Schweizer und Reformatoren Johannes (Jean) Calvin (1509 – 1564) und Ulrich (Huldrych) Zwingli (1484 – 1531) verwiesen die Orgel aus den Gottesdiensten. 1756 erklang in St. Pierre in Genf erstmals wieder eine Orgel, aber es vergingen weitere 120 Jahre, bis im Großmünster von Zürich eine neue Orgel spielte.

 

Das Positiv und die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß

 

Am 13. Januar 1880 – einem Dienstag und vor Kälte klirrenden sowie schneereichen Wintertag – wurde durch den Orgel-Macher oder Orgelbauer Peter Dasbach aus Obersteinebach in der St.-Michaels-Kapelle („s.t.s. Michaelis = sub titulo sanctus Michaelis“ = die Kapelle bzw. „Capella“ steht unter dem Schutz des heiligen Michael) in Vettelschoß eine kleine etwa zwei Meter hohe Standorgel (Positiv) mit Fichtenholz-Pfeifen aufgeschlagen. Sie kostete „180 Thaler“ – wohl kölnische Reichstaler. Es war das erste Spielwerk in dieser Kapelle.

Die Orgelbau-Firma Peter Dasbach – der Ur-Groß-Onkel des heutigen Firmeninhabers, des Orgelbau-Meisters Heribert Klein – hatten im Jahre 1911 Peter Klein, 1933 Josef Klein und 1989 Heribert Klein übernommen, nachdem für die Weiterentwicklung die Weichen zum Fortbestand des alten Familienbetriebes im Orgelbau von dessen Vater bzw. Großvater gestellt worden waren. Diese „familiäre“ Orgelbau-Werkstätte firmiert heute unter „Westerwälder Orgel- und Harmoniumbau Klein & Sohn Obersteinebach“. 7

Für das Positiv (kleine Stand-Orgel ohne Pedal) in der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß – das den damaligen „Kirchenmännern“ die Erleichterung ihres streng „gehüteten“ und argusäugig bewachten Kapellen-Fonds um 180 Reichsthaler wert war – gab es über 3 Jahre lang keinen, der das Musikinstrument regelmäßig und insbesondere an Sonn- und Feiertagen zur Freude der Gläubigen spielen konnte.

Zum ersten Organisten (lat. „organista“ = der Komponist des „Organums“ = Kirchenmusiker mit der Hauptaufgabe des gottesdienstlichen Orgelspiels, vielfach gleichzeitig Leiter des Kirchenchores) in Vettelschoß wurde am 04.04.1883 der Volksschullehrer Johann Jacob Gärtner bestellt, der über 43 Jahre bis 01.10.1924 seine Lehramtstätigkeit in Vettelschoß ausübte. Erst auf diesem Pfeifenwerk konnte er das Orgelspielen autodidaktisch erlernen.

Nach dem Bau und der Benediktion (27.06.1900) der Filial-, Vikarie- und späteren Pfarrkirche „Heilige Familie“ in Vettelschoß fand die „St.-Michaels-Orgel“ in diesem schmucken, geräumigen und neugotischen Gotteshaus ihre Nutzung, bis sie 1914/1915 einer großartigen „Klais-Pfeifen-Orgel“ weichen musste.

Das alte und originelle Musikinstrument hatte inzwischen das Interesse des Bonner Orgelbau-Meisters Johannes Klais geweckt, dem es schließlich überlassen wurde. Der letztendliche Verbleib ist nicht mehr feststellbar, weil die entsprechenden Unterlagen durch Kriegseinwirkungen (1944/1945) verloren gegangen sind. Womöglich steht das alte Positiv der einstigen St.-Michaels-Kapelle aus Vettelschoß in irgend einem Museum!

1213 tauchte „Nuenstat“ in einer Urkunde des Klosters Heisterbach auf. Die „Dörfler“ um Neustadt sollen bis zur Errichtung der ersten Kirche (1229/1230) in Neustadt (Hauptstraße 15) eine Kapelle bei Altenwied besucht haben. Das Hon- oder Hunschafts- bzw. Gemeindegebiet von Vettelschoß gehörte faktisch bis zur Abpfarrung am 07.09.1925 bzw. Verkündigung von den Kanzeln sowohl in Vettelschoß als auch in Neustadt an Allerheiligen (01.11.1925) zur Pfarrei „Nuenstat“ (Neustatt, Neustadt). Seit 1253/1254 bis zur Säkularisation übten in Neustadt die Zisterziensermönche aus Heisterbach das durch die damalige Regentin – Gräfin Witwe Mechthild von Sayn (1200/1203 – 1285, die unsere Heimat 1250/1262/1275 auf Rentenbasis an das Erzstift in Köln veräußerte) – verliehene Patronatsrecht aus.

Doch die seelsorgerische Betreuung der „Linzerhöhe“ wurde schon um 1261 von dem aus der Zisterzienser-Abtei Himmerod (Hemmenrode oder Hemrode) in der Eifel entsandten Kloster-Geistlichen (Confessarius = „Beichtiger“ = Beichtvater) oder Kloster-Propst bzw. Prior wahrgenommen, der den Schwestern des 1257 von Gerhard von Rennenberg und Benedikta (geborene von der Neuerburg) gestifteten Zisterzienserinnen-Klosters St. Katharina (ein anfängliches Haus- oder Familienkloster der Edelherren von Rennenberg) die Beichte abhörte. Die Pfarrer aus Linz und Neustadt legten damals großen Wert auf die Ausübung der Seelsorge durch den Kloster-Propst „Op de Hüh“, als diese unwirtliche Gegend von nur wenigen einfachen Bauers-Leuten oder Tagelöhnern besiedelt und noch schwer zugänglich war.

Für die Seelsorge hatte das Zisterzienserkloster Heisterbach dem ausgedehnten Pfarrbezirk (Kirchspiel) Neustadt einen Pfarrer und einen Vikar zur Verfügung zu stellen, was auf ein ausdrückliches Einverständnis durch Erzbischof Arnold II. von Isenburg (1243 – 1259) in Trier im Jahre 1256 zurückgeht.

Die Mönche aus Heisterbach und die Nonnen aus St. Katharina waren für die meist weltfremden, arbeitsamen, tief gläubigen und bodenständigen Menschen „Op de Hüh“ nicht nur in der geistlichen Betreuung eine Bereicherung ihres ansonsten tristen Alltags, sondern die Zisterzienserinnen aus St. Katharina und die Heisterbacher und Himmeroder Klosterbrüder „formten“ die Bevölkerung der näheren und weiteren Umgebung, betätigten sich in der Krankenpflege, unterstützten die Armen und waren Lehrer im Ackerbau und in der Viehzucht sowie Beichtväter und notfalls auch dort Schlichter, wo es „menschelte“.

Die Entstehungsgeschichte der Erstlings-Kapelle (St.-Michaels-Kapelle) in Vettelschoß liegt weitestgehend im Dunkeln. Sie war wohl eine schlichte Konstruktion aus dem Holz der heimischen Wälder und dürfte vielleicht bis ins Spätmittelalter zurückreichen. Im Jahre 1570 wurde die Pfarrkirche („Ecclesia“) St. Margarita in Neustadt mit Kapellen (Filialen) in Willscheid (Schutzherrin ist die Jungfrau Maria und St. Bernhard von Clairvaux oder hl. Bernhardus der Patron), Vettelschoß (St. Michael) und Etscheid (St.-Antonius-von-Padua) genannt.

Die „Bernhardus-Kapelle“ in Willscheid „soll 1683 errichtet worden sein“, die in Etscheid um „1680/1683“, die Kapelle „Zu den drei Schlägen“ in Fernthal geht auf das Jahr „1683“ zurück und die ursprüngliche Strauscheider Kapelle zu „Ehren der allerseligsten, in den Himmel aufgenommenen Jungfrau Maria“, ist vermutlich zwischen „1680 und 1697“ entstanden. Sie sind in der Tat viel älter. Wahrscheinlich besagen diese Jahreszahlen, dass die „bemoosten“ Kapellen zu jener Zeit eine gründliche Erneuerung erfuhren bzw. auf alten Fundamenten neu errichtet wurden.

Zu der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß sind lediglich folgende Aufzeichnungen erhalten: „Die im 17. Jahrhundert errichtete Kapelle ist 11,80 Meter lang, mit drei Seiten des Achtecks geschlossen und mit einer Holztonne gedeckt. Sie hat eine Westempore, je zwei Fenster in den Langseiten und zwei beiderseits des Altars. Der Portalrahmen steigt aus flachen Voluten und hat Ohren. Vor dem Ostende des Dachfirstes stehen ein vierseitiger Dachreiter und eine Blechscheibe mit den Umrissen einer menschlichen Gestalt, die „Pestmann“ genannt wird. 1925 renoviert.“

„Der aus der Mitte des 17. Jahrhundert stammende Altar zeigt im Mittelbild, Öl auf Leinwand, 1,37 X 0,78 m (Jahreszahl 1692 und im Zweiten Weltkrieg zerstört), den hl. Michael, das Schwert gegen den Drachen schwingend. Es ist von Säulen flankiert, über denen sich das Gebälk verkröpft, um einen Segmentbogen mit Engelchen zu tragen, aus dessen Sprengung ein Aufsatz steigt, in dem ursprünglich wohl ein jetzt im Schrank liegender überlanger Crucifixus hing. Aus den Wangen werden Knorpelschwünge geschleudert.“

„In einer Nische steht ein Vesperbild, Holz, 0,95 Meter hoch, aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das ursprünglich auf einer jetzt hinter dem Altar liegenden Konsole mit Engelskopf aufgestellt war. Maria klagt pathetisch. Die Figuren sind mit geringem Können, aber besonders im Christus empfindungsvoll gearbeitet. Das knitterige Gewand bildet scharf geschnittene Stege. Hl. Joseph mit dem Christkind, Holz, 0,80 Meter, um 1700. Die bescheidene Kanzel ist klassizistisch geformt.“

„Ein pokalförmiger Taufstein mit zylinderförmigem Schaft, 18. Jh., wurde in die neue Pfarrkirche übernommen.“ – So von Experten beschrieben, die zwischen 1928 – 1937 unsere Heimat bereisten und den Bau- und Kunstdenkmälerbestand des Kreises Neuwied erfassten. Die Holzskulptur des hl. Josef mit dem Jesusknaben, das Vesperbild und der Taufstein befinden sich in der Kirche (ehemals Pfarrkirche) St. Michael in Vettelschoß.

Vettelschoß hatte 1880 – als das kleine Orgelwerk in der St.-Michaels-Kapelle installiert wurde – noch keinen eigenen „Pastur“ (Pastor). Es wurde wie eh und je von Neustadt aus pastoral betreut. Zu jener Zeit war allerdings die Pfarrstelle in Neustadt vakant. Auch die Seelsorge im Gemeindegebiet von Vettelschoß oblag den Neustadter Pfarrvikaren (Kaplänen) Winter und Schuler sowie später dem Vikar Baier.

Der Bürger- bzw. Amtsbürgermeister der Bürgermeisterei (mit knapp über 3.600 Seelen) in Neustadt hieß Karl Johann Baptist Zimmermann (1872 – 1909), aber wer im Jahre 1880 Vettelschosser Gemeindevorsteher war, ist leider in Vergessenheit geraten. In der Gemeinde Vettelschoß lebten damals zwischen 530 und 540 Seelen.

Unter Pastor Wilhelm Grein (Seelsorger in Neustadt von 1656 – 1693, vorher Zisterziensermönch in Heisterbach, † 14.01.1693 im 73. Lebensjahr) scheint sich im „Kapellenbau“ bzw. mehr in der Kapellen-Renovierung [es dürften vorherige Bauten aus morsch gewordenem Holz oder vielleicht auch einfache Bildstöcke oder „Hellijehüschen“ (Heiligen-Häuschen) in Stein (Fachwerk) ersetzt oder neu ausgestaltet worden sein] eine wahre Euphorie verbreitet zu haben.

Die zweite Pest-Welle in unserem Gefilde war abgeklungen, der Dreißigjährige Krieg vorbei, seine Wunden bis auf die Erinnerungen verheilt und den alternden Überlebenden „brannten“ vermutlich die in der schrecklichen Not- und Kriegszeit gemachten frommen Versprechungen „unter den Nägeln“.

Einhundert Jahre nach dieser Renovierungsphase galten die Kapellen im Kirchspiel Neustadt abermals als marode und morsch. In einem Neustadter Visitationsprotokoll des Erzbistums Trier aus dem Jahre 1787 werden fünf Kapellen ohne Namensnennung erwähnt, die sich allesamt in „einem schlechten Zustand“ befanden.

Womöglich war die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß ursprünglich eine Pest- oder Waldkapelle, die einsam und verlassen in der Flur bzw. im Wald stand. Vielleicht befand sich dort in öder und unwegsamer Wildnis zunächst ein „Marterl“ zur Erinnerung an einen Unglücksfall. Oder ein schlichtes Feld- oder Waldkreuz am Pfad/Weg von/nach Neustadt sollte visionäre Überlieferungen wach halten. Es kann aber auch eine frühere Kult-, Gerichts- oder sogar Hinrichtungsstätte aus germanischer oder gar keltischer Vorzeit überbaut worden sein, wie das von anderen Kapellen oder Kirchen – im Sinne einer Verordnung des Papstes Gregor d. Gr. (590 – 604) aus dem Jahre 601 – überliefert ist, die dem Erzengel Michael geweiht sind.

Die Flurbezeichnung „In der Walhelde“ – gelegen am idyllischen Weg (auch als Leichen-Weg („Lichwech“) zum Kirchhof/Friedhof nach Neustadt bekannt) von den Friedhöfen in Vettelschoß nach Oberelsaff und als ein freudlos-düsteres Totenreich, in das der Mensch gegen seinen Willen durch den unumstößlichen Schicksals-Beschluss der Götter hinein gezwungen wird – gilt als eine der Toten-Wohnstätten der germanischen Mythologie. Walhall ist als Toten-Stätte – wohin Odin die im Kampf gefallenen Krieger und Helden beruft, um mit ihnen gemeinsam am Weltende in die Ragnarök = Götterdämmerung zu ziehen – und Hel als Hölle bzw. Göttin, die unter der Erde herrscht, zu verstehen.

Doch plausibler für „In der Wahlhelde“ scheint die Deutung „eine Wüstung mit Gebüsch bewachsener, sanft ansteigender Berghang“ zu sein; denn mit „Wahl“ dürfte sich der Flurname auf unbefestigtes, mooriges Gelände und mit „-helde“ auf den Bergrücken („aufm Eichert“ bzw. „im Eichelsberg“) beziehen.

Nach der Säkularisation und den Klosteraufhebungen von St. Katharina und Heisterbach am 12.09.1803 stellte der Fiskus die Notwendigkeit und Bezahlung der Vikar-Stelle in Frage. Erst durch Urteil des Rheinischen Apellationsgerichtshofes in Köln vom 17.11.1842 wurde Neustadt die erste und zweite Vikar-Stelle zuerkannt. Der Inhaber der einen Vikar-Stelle wohnte als so genannter Expositus (Priester auf Nebenstelle) in Vettelschoß oder St. Katharinen und „pastorisierte“ von dort aus den westlichen Teil der Pfarrei Neustadt. 8

Noch im 19. Jh. nahmen die „Patres“ aus Heisterbach meistens den Pfad über Etscheid, wenn sie sich als Seelsorger von Neustadt nach Vettelschoß/St. Katharinen mit Pferd oder „per pedes apostolorum“ – zu Fuß wie die Aposteln – auf den Weg machten, weil die ausgetretenen Pfade oder Erdwege im Wied-Tal – je nach Jahreszeit und Witterung – unpassierbar und nicht ausgebaut waren.

Der in St. Katharinen wohnhafte ehemalige Kaplan (Vikar) aus Neustadt, Franz von Wermerskirchen, war als Geistlicher von 1805 – 1817 sowohl für die „Höhe“ – „Auf der Höhe“ (im Volksmund „Op de Hüh“) bzw. „Linzerhöhe“ – als auch bis 1815 für Vettelschoß zuständig. Von 1815 – 1818 feierte der pensionierte Vikar Christian Godfried (Gottfried) Amdohr – der in Vettelschoß wohnte und ab 1817 auch St. Katharinen seelsorgerisch betreute – den Sonntagsgottesdienst in der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß.

Nach kurzer Vakanz versah Vikar Kaspar Völsgen den Pastoral-Dienst von 1820 – 1826 auf der „Linzerhöhe“. Seit 1839 ist Vettelschoß durch Vikar Kaiser aus St. Katharinen mitbetreut worden. 1842 kam Vikar Jakob Peter Schilzung nach St. Katharinen, dem auch als Seelsorger die Zuständigkeit für Vettelschoß oblag.

Da Vettelschoß (das frühere Armenhaus auf der „Linzerhöhe“) sich an den Kosten für den Priester und Kirchhof/Friedhof in St. Katharinen nicht beteiligen wollte oder konnte, haben Kirchenvorstand und die umliegenden Gemeinden von St. Katharinen im Jahre 1844 die weitere Beisetzung der Vettelschosser Verstorbenen in St. Katharinen untersagt und Vikar Schilzung durfte auch nicht mehr als Seelsorger in Vettelschoß wirken. Die „Vellschosser“ sahen sich nun wieder gezwungen, ihre Toten bis zur Errichtung und Eröffnung einer eigenen Begräbnisstätte in Vettelschoß (1865/1866) abermals nach Neustadt zu karren und auf dem dortigen Kirchhof zu beerdigen.

Zwischen September 1874 bis Juni 1884 war die „Vikarie“ St. Katharinen/Vettelschoß vakant. Die pastorale Betreuung erfolgte durch die Kapläne (Vikare) Winter und Schuler sowie Baier aus Neustadt.

Die St.-Michaels-Kapelle, das einst älteste christliche Zeugnis und Kleinod im Dorfzentrum von Vettelschoß – im „Beschuss“ (Zweiten Weltkrieg) bzw. in der Nacht vom 11.03.1945 auf den 12.03.1945 durch Kanonaden von mehreren Artillerietreffern schwer beschädigt – ist 1945/1946 unter dem damaligen Pfarrvikar Friedrich (Fritz) Blanckart (29.10.1937 – 12.04.1946) leider der Spitzhacke zum Opfer gefallen, obwohl der Provinzial-Konservator der Rheinprovinz in Bonn am 13.07.1945/ 19.10.1945 dem Bischöflichen Generalvikariat in Trier und dem Vettelschosser Pastor „attestierte“, dass „eine Wiederherstellung noch möglich ist, wenn bald zugegriffen wird“.

Das gesamte für die Vettelschosser historisch so wertvolle Kapellen-Inventar lag – nachdem die unsäglichen Kriegshandlungen am Gertrudentag (17.03.1945) endlich vorbei waren – unter einer dicken Trümmer- und Schutt-Schicht. Aus den Mauer- und Holzresten und den von Generationen verehrten und gepflegten Sakral-Gegenständen konnten Teile der Paramente geborgen und in Sicherheit gebracht werden. Sie kamen später in die Kirche „Heilige Familie“ und gelangten dort wieder zu Ehren.

Die „Mechelskapell“ oder die „Kapell“ – einst die „Madonna“ des kleinen und ärmlichen Bauerndorfes – hatte von jeher eine zentrale Bedeutung im Leben unserer Vorfahren, die in einem kindergläubigen katholischen Eltern-Hause erzogen und aufgewachsen waren, wo das Wort des Pfarrers wie Gottes Gebot galt. Jahrhundertelang – von der Wiege bis zur Bahre – erlebte das Kapellchen sowohl Freud als auch Leid der Bürger der Gemeinde Vettelschoß und der Erzengel Michael seine innigste Verehrung.

Der „Kapellenplatz“ in Vettelschoß galt als Versammlungs- und Ausgangsort für Prozessionen und Wallfahrten, war Spielplatz für die Klickerpartien der Kinder und so manche Romanze nahm dort ihren Anfang.

Friedrich (Fritz) Blanckart war der Seelsorger in Vettelschoß, der während der schlimmen Kriegszeit vielen Witwen von Gefallenen und Pfarrei-Angehörigen immer wieder Trost spenden und zum Durchhalten ermuntern musste. Von den Nationalsozialisten wiederholt gedemütigt, stand er kurz vor der Verhaftung. Die Neuwieder Kreisleitung der NSDAP vermerkte am 18.03.1943, „daß die katholischen Geistlichen von Vettelschoß und St. Katharinen auch während des Krieges oft Reisen in der näheren Umgebung ihres Wohnortes ausführen.“ Sie standen unter Observation (Beobachtung) der meist heimischen Bonzen der NSDAP.

Mit der Anordnung des NS-Regimes, am/bis 17.04.1939 die Kreuze aus den Schulzimmern im Kreisgebiet zu entfernen, durfte auch kein Religionsunterricht mehr durch die Geistlichen in den Schulen abgehalten werden. Pastor Blanckart sah nun keine andere Möglichkeit, als die Schulkinder der Gemeinde Vettelschoß zunächst in der St.-Michaels-Kapelle, dann im geheizten Pfarrhaus und schließlich im „Pfarrsälchen“ zu unterrichten.

Dieser Aussperrung der Geistlichen vom Schulunterricht war im Frühjahr 1936 im Zusammenhang mit den Vorbereitungen der Kinder auf die Erstkommunion ein heftiger Disput zwischen Pfarrvikar Alois Löw (vom 24.12.1930 bis 13.05.1937 Seelsorger in Vettelschoß) und dem „braunen“ Vettelschosser Schullehrer Karl Becker (01.05.1934 – 17.03.1945) vorausgegangen. Mit dieser Eskalation – wahrscheinlich eine „befehlsgemäße“ Maßnahme der Nationalsozialisten (NS) – versuchte der SA-Mann (SA = Sturmabteilung) und Nationalsozialist der ersten Stunde den Religionsunterricht aus dem Vettelschosser Schulhaus zu verdrängen.

Pastor Löw – der schon länger in der Optik der NS stand – wurde schließlich zum 14.05.1937 aus Vettelschoß versetzt. Vorher war er von den Nazis angeklagt, dann im Verfahren freigesprochen worden. (Siehe „Die St.-Antonius-von-Padua-Kapelle in Oberelsaff wird am 9. Juni 2010 drei viertel Jahrhundert alt“).

Unvergessen ist in Vettelschoß, dass der äußerst beliebte, gesellige und eloquente Pastor Blanckart ein leidenschaftlicher Kettenraucher und ein guter Skatspieler war sowie Pfarrangehörige in der „schlechten Zeit“ oftmals nach der Tauffeier (von der Außentreppe der Sakristei) aus, aber auch die Kinder während des Religionsunterrichts (zum Aufwachen) mit Karamellbonbons „beglückte“ bzw. sich als „Karamellwerfer“ übte.

Dem Verfasser ist noch in Erinnerung, dass er dem „Pastur“ einmal während eines Besuches in der „Hüvvelzeck“ sagte: „Du roochs (rauchst) aber vill (viel)!“ Unzählige Abende verbrachte der „Fritz“ bei den „Kuhlemänncher“ (Kurtenbachs) in der Kuhl, wenn es um das „Skatdreschen“ ging. Auch war Friedrich (Fritz) Blanckart für so manchen Schabernack zu haben.

Im Jahre 1895 wurde (unter dem in Neustadt von 1893 – 1898 amtierenden Pfarrer Johann Benedikt Kirsch) den Vettelschossern erstmals in ihrer altehrwürdigen „Mechelskapell“ die Oster-Kommunion gespendet. Bis 1896 hatte Vettelschoß keinen festen Seelsorger. Die Pfarrei in Neustadt hätte es unter Pastor Peter Maringer (1885 – 1889) begrüßt, wenn Vettelschoß im Pfarrverband von St. Katharina aufgegangen wäre.

Am 16.04.1896 (17.05.1896) erhielt Vettelschoß den ersten eigenen Geistlichen. Es war Johann Peter Klöckner, der als Pfarrvikar (Pfarrvertreter/Pfarrverwalter) bis 09.04.1906 in Vettelschoß wirkte. Ihm war es vergönnt, 1899 zum ersten Male mit den Kindern die Erstkommunion in der vertrauten St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß zu feiern.

Bei der Einführung von Johann Peter Klöckner in Vettelschoß hatte sich die Idee, in Vettelschoß eine eigene Kirche zu bauen, schon längst in den Köpfen der Gemeindebürger festgesetzt, wobei sicherlich auch schon an die Abpfarrung von Neustadt gedacht worden war. Vettelschoß blieb aber zunächst weiterhin ein „Anhängsel“ von Neustadt. Dort amtierte um diese Zeit Pfarrer Josef Jäckel (1898 – 1906).

Johann Peter Klöckner wohnte zunächst in einer Wohnung im Hause des Stellmachers/Wagners und Krämers Josef Buchholz ("Wönisch Jupp") in Vettelschoß (Hauptstraße 23), bevor er in das neue Pfarrhaus – ein „Prachtbau“, wie Trier und die Gemeindebürger meinten, der ab Frühjahr 1899 auch aus dem „Quirgelsteiner Tuffstein“ (wie die Kirche „Heilige Familie“) gebaut worden war – als erster Vettelschosser Seelsorger einziehen konnte.

Das Grundstück (Flur VII Nr. 788/212) mit der St.-Michaels-Kapelle war ursprünglich auf den Namen „Hundschaft Vettelschoß“ im Kataster vermerkt. – Bis 1865 gehörte die spätere Gemeinde Vettelschoß zur „Hun- oder Honschaft („hunzaf“) Lorscheid“ (I. Teil = Lorscheid, Strödt, Homscheid, Steinshardt und Teile von Notscheid – II. Teil = Vettelschoß, Ober- und Unterwillscheid, Seiferhof und Kalenborn). Seit 19.07.1872 ist durch „Kaufakt“ das Eigentumsrecht der politischen Gemeinde Vettelschoß nachgewiesen, obwohl die Parzelle 697/213 im Jahre 1903 auf den Namen „Kapelle Vettelschoß“ eingetragen stand. Die Zivilgemeinde bzw. Gemeindeväter in Vettelschoß hätten damals gerne gesehen, dass „auch das Areal um die Kapelle zum Eigentum der Kapelle Vettelschoß geworden wäre, weil die uralte Kapelle stehen bleiben muss.“

Doch es kam anders! – Im Frühjahr 1876 erhielt die „Vellschosser Kapell“ einen neuen Fußboden (Plattenbelag), bekam eine „schöne“ neue Kreuzfahne und war innen und außen „übertüncht“ worden. Und im Oktober 1925 wurde die St.-Michaels-Kapelle mit geldlicher Unterstützung durch Provinz, Kreis und Gemeinde von Grund auf renoviert.

Das alte „Michaelsglöckchen“ in Vettelschoß wurde nicht nur dreimal täglich – durch ein dreimaliges Anziehen der Glocke mit längerem Nachläuten – zum „Engel des Herrn“ (Ave-Maria- oder Angelus-Läuten) „gekläppt“ (geläutet), sondern begleitete die „Vellschosser“ auf allen ihren Lebenswegen von der Wiege bis zur Bahre. 9

Auf dem „Kapellenplatz“ in Vettelschoß verabschiedete einst die kleine Glocke die Verstorbenen mit einem letzten heimatlichen Gruß, wenn die Anverwandten zu jeder Witterung (Wind, Regen, Sturm und Kälte) und Jahreszeit den zweirädrigen Leichen-Karren oder Schlitten bzw. später den von einem oder zwei Pferden gezogenen Leichenwagen betend begleiteten und sich auf den langen und buckeligen Weg durch die „Walheld“ zum Kirchhof (Friedhof) und zur Pfarr- und Mutterkirche nach „Neußend“ (Neustadt) aufmachten.

Am Geläute glaubten die Bürger von Vettelschoß einst erkennen zu können, ob es eine freudige oder traurige Botschaft verkündete, wenn der Küster am abgegriffenen Hanfseil „zupfte“, das „Mechelsglöckchen“ in Schwung brachte und lange „lachen“ oder „weinen“ ließ. Andererseits orientierten sich die Bauersleute im Hof und auf dem Feld nach dem Läuten zu Mittag oder am Abend und wussten wie früh oder spät es war.

Als Küster der St.-Michaels-Kapelle sind uns von 1797 Johann Peter Stockhausen (* 30.06.1745 in Vettelschoß, † ?, verheiratet mit Maria Catharina Frings, * 30.01.1749 in Strödt, † 10.02.1801 in Vettelschoß) und 1893/1898 Heinrich Hüngsberg aus Vettelschoß überliefert. Die Vorhergehenden fielen leider der Vergessenheit anheim.

Das kleine Glöckchen wurde auch in dörflichen Notfällen (Feuer- oder Sturmläuten) genutzt, wenn sich die Bewohner in „Gefahr“ (Überfälle, Natur- und Brandkatastro­phen) befanden. Ein bestimmtes Läuten signalisierte den Nachbarorten, was insbesondere zwischen Vettelschoß und Willscheid bestens funktionierte, wenn Vettelschoß oder Willscheid dringend Hilfe brauchten.

So war es am 16.05.1797, als in Vettelschoß die französische Soldateska wütete, der Dorfschulze (Vorsteher der Dorfgemeinde, der die Abgaben der Dorf-Sassen an den Grundherrn „einzuheischen“ hatte) oder damalige Hun- oder Honschafts-Bürgermeister Heinrich Kurtenbach (* 19.10.1765 in Vettelschoß, † 13.05.1828 in Vettelschoß, Ackerer, verheiratet mit Anna Kunigunde Kurtenbach, * 03.11.1777 in Vettelschoß, † ?, das Paar erhielt Dispens vom 3. und 4. Grad der Blutsverwandtschaft), Johann Peter Hoppen (* 21.07.1773 in Vettelschoß) und dessen Stiefsohn Nikolaus Langenfeld sich in Geisel-Haft befanden und die Franzosen-Meute von den armen und braven Bürgern für deren Freilassung ein horrendes Lösegeld erpressten.

Es eilten die beherzten und verlässlichen „Wüllscheider“ (Willscheider) unter Hermann Joseph Stockhausen (* 27.09.1774 in Willscheid, † 01.01.1803 in Willscheid, Sohn des Johann Matthias Stockhausen, Pächter des „Willscheider Hofes“, der 1853 abgerissen und das Land von den Rennenbergern 1856 an die Fürsten zu Wied verkauft wurde) nach dem „Sturmläuten“ den Vettelschossern zu Hilfe.

Der traditionelle Sonn- oder Feiertags-Kirchgang zur Mutterkirche an die Wied war für die Gläubigen der damaligen Zeit die einzige Abwechslung, Heirats- und Nachrichtenbörse zugleich im sonst einfältigen Alltag – und davon „zehrte“ man lange. So lösten Generationen sich einander ab. Von der vor dem Eingang der St.-Michaels-Kapelle gestandenen Sommerlinde mit ihrer einladenden Bank – die nicht nur im Sommer Schatten und Gelegenheit zu einem Schwätzchen bot – war 1945/1946 nur noch ein etwa 2 m hoher zerschossener Stumpf übrig geblieben, der vielleicht wieder ausgeschlagen wäre, wenn man ihm dazu Zeit gelassen hätte.

Doch darauf mochte die rasch zu neuen Ufern und zum Neuanfang drängende Bevölkerung der Gemeinde Vettelschoß nicht warten und Denkmalpflege war ihre Sache nicht. Es galt aufzuräumen, abzureißen und rasch noch schöner, größer und möglichst neu zu bauen.

Auf dem „Kapellenplatz“ in Vettelschoß ist daraus leider nichts geworden. Er wurde nach 1945/1946 als Fußball-, Spiel-, Kirmes- und Parkplatz genutzt. Vorher herrschte um die St.-Michaels-Kapelle absolute und andächtige Ruhe. Dafür sorgten nicht nur die Bürger selbst, sondern auch der im Schatten der St.-Michaels-Kapelle wohnende Henrich (Heinrich) Weißenfels († 14.12.1962 im Alter von 92 Jahren).

Diese resolute und aufrichtige Persönlichkeit wurde im Volksmund „der Spaß“ genannt. Kinder und Jugendliche verscheuchte der „ale Spaß“ in aller Regelmäßigkeit, als wäre nicht nur die Ruhe, sondern auch die kulturelle Unversehrtheit dieses Kleinods bedroht gewesen.

Bei Heinrich Weißenfels, der die Teilnehmer an Fronleichnams-Prozessionen immer wieder mit Böllerschüssen zu erschrecken wusste, handelte es sich um den letzten Bruchmeister des Ende der 1930er Jahre stillgelegten Steinbruchs „Quirgelstein“, der unweit bzw. in etwa gegenüber der Birkenstock Orthopädie GmbH., Rheinstraße 2 – 4, Vettelschoß, gelegen ist.

Womöglich befand sich einst der „Heimadel“ oder „Heimerich“ (Heimadelplatz) in Vettelschoß vor der 1945/1946 abgerissenen St.-Michaels-Kapelle. Dort hatten in der Zeit der Hun- oder Honschaft alle erwachsenen Mannspersonen zur Regelung von Gemeinschaftsangelegenheiten zu erscheinen.

Kein Stein, kein Strauch erinnert heute mehr an das einmal wie eine „Ikone“ verehrte Kapellchen, das wohl ursprünglich einsam auf einer dicht bewaldeten Anhöhe stand und das Wachsen des kleinen Bauerndörfchens Vettelschoß „überwachte“, zu Freud und Leid der Bauersleute aufgesucht und von wo das Christentum in das heimatliche wilde, sumpfige, weglose und unerforschte Wald-Gefilde getragen wurde. Womöglich befand sich an dieser Stelle von kurz nach der zweiten Rodungs- und Besiedlungs-Phase (1185/1200) oder Christianisierung zuerst ein Feldkreuz.

Die Apokalyptischen Reiter mit Krieg, Hunger, Pest und Tod verschonten auch Vettelschoß nicht. Im Juli und August 1715 wurde Vettelschoß von der Pest heimgesucht, von Februar bis Mai 1716 die gesamte Umgebung. Die Pest-Karren waren die finsteren Symbole dieser Zeit, als der „schwarze Tod“ ganze Ortschaften und Landstriche entvölkerte, um die man weinte, wie um seine Verwandten.

Zwischen 1347 – 1352 griff die Pest nach Europa über. Zu Ostern 1349 gelangte die Seuche nach Frankfurt/Main, wo sie in 72 Tagen mehr als 2000 Einwohner dahinraffte. In Köln, Mainz und Limburg tötete die Pestilenz zeitweise über 100 Menschen am Tag.

In der zweiten Hälfte des 14. Jh. folgte eine weitere Welle der Pest-Epidemie in Deutschland, die schließlich 1529, 1570 und von 1604 bis 1637 auch in unserer Gegend wütete. In Linz tobte die Seuche 1666/1667, die den Bürgermeister Paul Fuchs dahinraffte. Wie überall war auch im Westerwald die Bevölkerung stark dezimiert worden.

Viele Kreuze, Bildstöcke und Kapellen gehen auf Gelübde aus der Pestzeit zurück. Aus dieser Zeit kann auch die „Pestkapelle“ bzw. die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß stammen. 10 + 11

„Vor dem Ostende des Dachfirstes (der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß) stehen ein vierseitiger „Dachreiter“ und eine Blechscheibe mit den Umrissen einer menschlichen Gestalt, die „Pestmann“ genannt wird“, sagen uns die Annalen. – Dieser „Pestmann“ an der „Vellschosser Mechelskapell“ – über den nichts weiter überliefert ist, aber im gesamten Umkreis bekannt war – galt als Mahnmal an die Pest-Zeit und sollte an die vielen Toten erinnern, die der „Geißel der Menschheit“ zum Opfer gefallen waren.

Zu dem täglichen Lebenskampf, den Alltagssorgen, der Not, dem Elend und den Krankheiten hatten die Bewohner auf der „Linzerhöhe“ und im Westerwald das Reformationszeitalter und den Dreißigjährigen Krieg mit den marodierenden schwedischen Söldner-Scharen zu ertragen. Es folgten die durchziehenden Horden zuchtloser Räuberbanden französischer Truppen während der Eroberungs- oder so genannten Raubkriege bzw. Reunionen Ludwig XIV. Dann kamen die französischen Heerscharen der französischen „Revolutionskriege“, für die auch Hand- und Spanndienste zu leisten waren.

Immer galt der Grundsatz, dass der Krieg den Krieg ernährt. Plünderungen und Beutezüge waren an der Tagesordnung. Die gequälte Bevölkerung wurde drangsaliert und jeder Wohlstand vernichtet. Wegen der Missernten 1817 und von 1845 – 1848 kam es auch in unserer Region zu einer Hungersnot, die viele Menschenleben kostete. Damals mussten die Militärdepots geöffnet und Getreidelieferungen aus dem Ausland in Linz verteilt werden, um die Bevölkerung vor dem Hungertod zu bewahren.

Das zweitälteste „Artefakt“ – nach dem Altarstein der St.-Michaels-Kapelle – war wohl das in der Gemarkung „Am Heiljestock“ in Vettelschoß gestandene „Hunschaftskreuz“ von 1760, das sich ursprünglich vor dem alten Friedhof befand und nach Errichtung/Eröffnung des Friedhofes 1865/1866 auf den Friedhof verlegt wurde, wo es seinerzeit den Mittelpunkt – eingerahmt von vier Kiefern – bildete.

Es trug im Sockel die Inschrift:

 

„AO 1760 – DIE HALBE HVNSCHAF FEDDELSCHOS HAT DIESES CREUZ LASSEN MACHEN“

 

In einer Muschel-Nische stand St. Michael schwertschwingend auf dem Satan. Diese Darstellung, die als Sieg im Kampf gegen das Böse zu deuten ist, könnte durchaus an die Pest von 1715/1716 in Vettelschoß erinnern. Das Kreuz selbst mit dem Korpus war mit der Jahreszahl 1850 datiert.

Die halbe Hun- oder Honschaft Vettelschoß hatte 1659/ 1660 gerade einmal 160 und 1760 schätzungsweise um die 200 Einwohner.

Über das tatsächliche Motiv der Bevölkerung von Vettelschoß, dieses aussagekräftige Kruzifix zu errichten, kann nur spekuliert werden. Jedenfalls passierten es viele Generationen auf dem Weg zu dem kurkölnischen Amt Altenwied oder zur Pfarrkirche/Friedhof in Neustadt, die alterten und sich einander ablösten!

Die Jahreszahl 1850 ist vielleicht nach den Missernten und Hungersnöten (1817 und 1845 – 1848) und der Renovierung/Restauration angebracht worden, um an diese schreckliche Zeit zu erinnern.

Sowohl das erste Kriegerdenkmal in Vettelschoß von 1928 gegenüber des Einganges der Kirche „Heilige Familie“ als auch das „Hunschaftskreuz“ von 1760 auf dem Friedhof waren in der letzten Phase des „Beschusses“ (1945) schwer beschädigt worden.

Das „Hunschaftskreuz“ wurde später so dilettantenhaft renoviert, dass die ursprüngliche Fassung nicht mehr erkennbar ist. Wahrscheinlich 1982 setzte man dem christlichen Monument von 1760 den oberen Teil des erhalten gebliebenen Kriegerdenkmals auf, das nach der eingemeißelten Pieta nunmehr die Beschriftung trägt:

„1914/1918

IHREN IM

WELTKRIEG

GEFALLENEN

HELDEN-SÖHNEN

DIE

DANKBARE

HEIMAT“

Das wohl älteste und „rärste“ Relikt aus der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß – der Altarstein, der das Sgraffito (Kratzmalerei) des hl. Michael getragen haben soll und Jahrzehnte auf dem sonst öden „Kapellenplatz“ lagerte und an die alte Kapelle erinnerte – verfrachtete man später unbeachtet und vergessen an den „Willscheiderberg“ (Willscheider Berg).

So manch treuer „Pinki“ erhob damals auf dem zweckentfremdeten „Kapellenplatz“ vor diesem alten „Tisch des Herrn“ (Mensa) – der die Reformation, Revolution, Säkularisation und den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte – sein Bein, nicht aus Ehrfurcht, sondern weil er „musste“!

Was könnte uns dieses geschichtsträchtige, mit der Hand vor mindestens 500 Jahren gehauene oder vielleicht schon geschnittene Monument mittelalterlicher Volksfrömmigkeit alles sagen, wenn Steine sprechen oder wir zur Seele des „uralten“ Altarsteins vordringen könnten?

„Am guten Alten in Treue halten, am schönen Neuen sich erfreuen“ –

mahnen Sprüche an mit Reet gedeckten Landhäusern in der Lüneburger Heide mit uralten Eichen im Hofgelände, die dort sicher schon vor der Zeitenwende standen.

Auch der aus Vettelschoß stammende Dr. Egidius Schneider meinte 1956 in seinem „Bauherrenspruch“ anlässlich der Grundsteinlegung für die „Katholische Landvolkshochschule Egidius Schneider“ in Rhöndorf:

„Am guten Alten in Treue halten, auf altem Grund bauen.

Neues zu jeder Stund', am kräftigen Neuen sich labend erfreuen!“

Für die Neugestaltung des „Kapellenplatzes“ hatte der Gemeinderat von Vettelschoß am 07.04.1961 bereits 2.000 DM vorgesehen. Doch am 27.04.1961 meinten die Gemeindeväter, die Gestaltung des „Kapellenplatzes“ zurückstellen zu müssen, bis das Eigentumsverhältnis eines Nachbargebäudes geklärt ist. Aber diese Gelegenheit wurde offensichtlich „verschlafen“; denn das Objekt fand inzwischen längst neue Eigentümer.

Nach den letzten Straßenbaumaßnahmen 2002/2003 ist im prosperierenden Vettelschoß leider auch der einstige „Kapellenplatz“ abhanden gekommen. Unsere schon immer um ihre „Mechelskapell“ besorgten Vorfahren würden sich im Grab umdrehen, wenn sie wüssten, was aus ihrem altgewohnten „Kapellenplatz“ und der St.-Michaels-Kapelle geworden ist, die sie über Jahrhunder­te in Armut und Not gehegt, gepflegt und erhalten hatten.

Überall, wo gebaut wird, verschwindet ein Stück unserer Vergangenheit, sei es durch den Wiederaufbau, die Sanierung oder Modernisierung. Und so ist der traditionelle „Kapellenplatz“ in Vettelschoß heute nur noch ein Ort, der in der Erinnerung besteht.

„Jede neue Zeit, war/ist der alten Feind!“

 

Die erste Kirche und die Klais-Orgel in Vettelschoß

 

In der Gemeinde Vettelschoß wurde erstmals über den Bau einer eigenen Kirche „laut“ nachgedacht, als die Pfarrkirche St. Margarita in Neustadt 1873 gebaut und eingeweiht war. Vielleicht „spielten“ unsere Vorfahren auch schon damals mit dem Gedanken, dass ihr Gotteshaus – zunächst als Filialkirche von Neustadt konzipiert – einmal zur Pfarrei-Kirche erhoben werden könne. Als die „Hüh“ die Abpfarrung von Linz und Neustadt erreicht und am 28.06.1890 die Pfarrei-Erhebung St. Katharina feiern konnte, waren die Kirchenbau-Pläne in Vettelschoß längst in ein konkretes Stadium getreten.

Die Pfarrei-Angehörigen von Wiedmühle, Oberhoppen und den umliegenden Ortschaften hatten sich damals dafür eingesetzt, die neue Neustadter Pfarrkirche St. Margarita im Mittelpunkt der Pfarrei zu bauen, und zwar in Wiedmühle. Doch diese Wünsche fanden am 16.12.1867 nicht die Billigung des Kirchenvorstandes und Bürgermeister-Rates von Neustadt. Die Kirche sollte in der Nähe des neuen Friedhofes in Neustadt (Wiedtalstraße) errichtet werden.

Das Gesuch von 406 Pfarrei-Angehörigen an das Generalvikariat in Trier, die Kirche in Neustadt am gewohnten Platz (Hauptstraße 15) zu belassen und zu restaurieren, wurde von Trier am 05.01.1869 abschlägig beschieden, sodass die Grundsteinlegung noch im April 1869 erfolgen konnte. Der zuvor (1834) in der Wiedtalstraße in Neustadt angelegte (neue) Friedhof wurde in den 1950er Jahren aufgelassen. Das Terrain dient seither als Parkplatz und Parkanlage.

Das mächtige mittelrheinische Dynasten-Ehepaar unse­rer Heimat – Graf Heinrich III. von Sayn († 31.12.1246 auf 01.01.1247) und seine Gemahlin Gräfin Mechthild von Sayn (1200/03 – 1285) – stiftete oder ließ 1229/1230 die erste überlieferte Steinkirche in Neustadt bauen – wohl aus Dank für Heinrichs glückliche Heimkehr vom 5. Kreuzzug (1217 – 1219/1221) – Zählung nach Steven Runciman.

Diese vermutlich erste Pfarrkirche aus Stein in Neustadt – auch die Mutterkirche für die Bürger der halben Hon- oder Hunschaft (Gemeinde) Vettelschoß – existierte bis 1875 (Kirchhof mit „Beinhaus“ bis 1834). Aus der Stein-Substanz der wegen Baufälligkeit abgebrochenen Kirche entstand das frühere Amtsgebäude der Bürgermeisterei (Bürgermeisteramt) Neustadt. Nach Auflösung der Amtsverwaltung bzw. Verbandsgemeinde Neustadt (1970) ist das Objekt an Privat verkauft worden.

Schon 1886 hatte man den „Kirchenbauverein“ zum Bau einer Kirche in Vettelschoß aus der Taufe gehoben, dem auch die Bürger aus Mittel- und Oberelsaff angehörten. Am 09.12.1894 wurde durch den Kirchenvorstand in Neustadt beschlossen: „In Vettelschoß ist ein „Baukomitee“ zu wählen, das – anstelle eines fehlenden Kirchenvorstandes – die „Leitung des Kirchenbaues“ übernimmt.“

Vor dem 29.01.1895, als Georg Schmitz aus Vettelschoß ein Feldgleis vom Tuff-Steinbruch „Quirgelstein“ zum Abtransport der Hau-Steine für den Vettelschosser Kirchenbau über die Notscheider Straße verlegen wollte, war die Kirche im Gemeindegebiet von Vettelschoß längst in aller Munde und die Fertigstellung konnte kaum erwartet werden. Nun endlich eine eigene Kirche zu besitzen, war so eine Art von „Erwachsensein“; denn alle Anrainergemeinden verfügten längst über ein eigenes Gotteshaus. Nur Vettelschoß war immer noch ein Anhängsel von Neustadt und Georg Schmitz jedenfalls einer der „Macher“ im Kirchenbau von Vettelschoß.

Am 08.07.1895 „vermeldete“ Georg Schmitz in Trier: „Wir haben einen Steinbruch – den „Quirgelstein“ – gepachtet und bekommen diese Steine per Bahn durch die BAG (Basalt-Actien-Gesellschaft) bis zum Wöls- oder Willscheiderberg transportiert.“ Das Werkbahn-Gleis kann vom „Quirgelstein“ bis zur späteren „Basaltverladestelle Kalenborn der BAG“ – dem so genannten „Rampen“ – geführt haben. Der Tuffsteinbruch „Quirgelstein“ war damals Eigentum oder in Pacht der BAG in Linz.

Vom 26.03.1896 an sind von der Gemeinde Vettelschoß zum Bau der Vettelschosser Kirche mit Pfarrhaus dem Kirchenvorstand in Neustadt laufend Gelder zur Verwaltung übermittelt worden, die überwiegend aus Pacht-Aufkommen bzw. Zahlungen der BAG stammten.

1896 wurde Vettelschoß mit der St.-Michaels-Kapelle eine von Neustadt unabhängige Vikarie mit damals um die 800 Seelen (Vettelschoß: 270 Einwohner – zur „Hälfte Kleinbauern, die andere Hälfte Steinbrucharbeiter“). Nach einer anderen Version zählte die Gemeinde Vettelschoß im Jahre 1890 erst 545 und Ende 1895 um die 570 Einwohner. Trier hatte noch am 24.11.1894 die Errichtung einer Pfarrvikarie wegen des andauernden Priester-Mangels abgelehnt.

Vom 27.06.1900 an war die Kirche in Vettelschoß eine Filialkirche von Neustadt. 1909 zählte die Pfarrvikarie mit Mittel- und Oberelsaff und Kretzhaus 750 Gläubige. Am 09.12.1909 gab der Kirchenvorstand von Neustadt seine Zustimmung, die Pfarrvikarie Vettelschoß zur selbständigen Kapellen-Gemeinde mit eigener Vermögensverwaltung zu erheben.

Trier teilte am 16.05.1911 der Königlichen Regierung – Abt. für Kirchen und Schulwesen – in Koblenz mit, „dass aufgrund des Sitzungsprotokolls des Kirchenvorstandes von Neustadt vom 20.12.1910 wegen der Erhebung von Vettelschoß zur selbständigen Kapellen-Gemeinde nur noch Bedenken hinsichtlich der finanziellen Regelung zwischen Neustadt und Vettelschoß bestehen.“

Seit 07.09.1925 war Vettelschoß als Vikarie von Neustadt unabhängig. Am 01.04.1926 erfolgte nach langwierigen Verhandlungen die Erhebung zur eigenständigen Kapellen-Gemeinde und seit 20.05.1947 war Vettelschoß (bis 31.12.2007) eine Pfarrei.

Im Jahre 1938 bestand die Gemeinde Vettelschoß aus insgesamt 927 Katholiken und 6 Protestanten.

Es existierten an Gebets-Gemeinschaften und kirchlichen Vereinen (1936/1938) in Vettelschoß: Marianische Jungfrauenkongregation, gegründet 1913, 75 Mitglieder; Kindheit-Jesu-Verein, gegründet 1915, 165 Mitglieder; Borromäusverein, gegründet 1917, 60 Angehörige; Herz-Jesu-Ehrenwache, gegründet 1924, 65 Mitglieder; Männerapostolat, gegründet 1924, 115 Angehörige; Mütterverein, gegründet 1925, 220 Frauen; Euchariuswerk, gegründet 1927, 45 Mitglieder; Bonifatiusverein, gegründet 1934, 18 Angehörige; Franziskus-Xaverius-Verein, gegründet 1934, 110 Angehörige; Pfarrcaritas, gegründet 1933.

Drei Vereine wurden kurz vor bzw. während des Ersten Weltkrieges unter Pfarrvikar Peter Isermann, weitere drei unter Isermann und Vikar Ferdinand Gerhardus und vier Vereine in der NS-Zeit unter Pfarrvikar Alois Löw in Vettelschoß ins Leben gerufen.

Mit dem Bau der ansehnlichen, schmucken und einschiffigen Hallenkirche in Vettelschoß war am 22.05.1897/27.05.1897 – nach den Plänen der Architekten H. und Th. Hermann aus Neuwied – durch den Bauunternehmer Schmitz aus Burgbrohl begonnen worden. Durch das günstige Herbstwetter hatte der Kirchenbau schon vor Wintereinbruch ein Dach. Die Grundsteinlegung mit Glockenweihe und Einsegnung des Rohbaues nahm am 03.08.1898 der Dechant aus Wetzlar unter Teilnahme von benachbarten und früheren Geistlichen aus Vettelschoß vor. Schon am 17.08.1898 konnten die drei Glocken, die dem hl. Petrus, dem Erzengel Michael und der Muttergottes geweiht sind, im Turm aufgehangen werden. Und am 27.06.1900 wurde die Kirche durch den Trierer Bischof Dr. theol. Michael Felix Korum (1881 – 1921) mit 14 Geistlichen der Umgebung feierlich der „Heiligen Familie“ geweiht.

Aus Stiftungen der „Carliss-Möhnche“ (Carolina Elisabeth Kurtenbach geb. Hecken) und der Vettelschosser Kirchengemeinde sollen zwei Glocken aus Bronze stammen, die während des Ersten Weltkrieges zu Kriegszwecken konfisziert, aber gottlob (bis auf das wohl erste Glöckchen der St.-Michaels-Kapelle) nicht eingeschmolzen und Vettelschoß zurückgegeben wurden.

Im Zweiten Weltkrieg (1943) musste leider eine bronzene Glocke abgegeben werden. Die zwei anderen bekamen infolge des „Beschusses“ verschiedene Risse und wurden 1951 wahrscheinlich eingetauscht. Näheres dürfte aus der Pfarrchronik ersichtlich sein, die mir nicht zur Verfügung steht und vermutlich zu anderen Schlussfolgerungen kommen könnte.

Die „Inspektion“ des „Glockenturmes“ der Pfarrkirche St. Michael in Vettelschoß am 29.09.1990 durch Johannes Hessler, Oberelsaff, und Peter Mohr, Vettelschoß, ergab: „Die 3 Glocken hängen senkrecht übereinander. Die obere Glocke ist aus Bronze, Klöppel aus Stahl mit der Nr. 3732 Vettelschoß und trägt die Jahreszahl 1926. Das Gewicht beträgt ca. 500 kg. Die Inschrift lautet: „Königin des Friedens bitte für uns“. Die mittlere Glocke trägt die Nr. 3608 und die Jahreszahl 1951, hergestellt aus Stahl, Klöppel aus Bronze. Das Gewicht beträgt ca. 1.000 kg. Die Inschrift lautet: „St. Michael beschütze uns“. Die untere Glocke ist mit der Jahreszahl 1951 und mit der Nr. 3610 versehen. Sie besteht aus Stahl, Klöppel aus Bronze und ihr Gewicht beträgt ca. 1.500 kg. Die Inschrift lautet: „Der Heiligen Familie zur Ehren“. Alle Glocken sind ohne Wulst.“

Als Baumaterial diente der heimische „Tuffstein“ aus dem „Quirgelstein“. Er wurde von fünf Arbeitern ausschließlich in mühsamer und reiner Handarbeit (die Brechstange, der Meißel und der Hammer waren die einzigen Werkzeuge) abgebaut. Aus diesem vulkanischen und braun farbenen Tuff – der aus feinkörnigen vulkanischen Aschen-Teilchen besteht und in die oft größere Bestandteile (Gesteinsbrocken) eingelagert sind – war die erste Kirche in Vettelschoß und das Pfarrhaus erbaut worden. Nur die Fundamente bestanden aus Basaltsäulen, die aus dem Steinbruch des Wöls- oder Willscheiderberges stammten.

Sicherlich wird der legendäre Lehrer Johann Jacob Gärtner schon lange den Vettelschosser „Kirchenmannen“ wegen eines größeren Orgelwerkes in den Ohren gelegen haben. Die „Mechelsorgel“ war nach 1900 auf die Empore der neu erbauten und imposanten Vikariekirche „verfrachtet“, wo das kleine Orgelwerk wie deplatziert wirkte und es auch war.

Dank vieler Sponsoren – nicht zuletzt durch den renommierten Kirchenchor „Cäcilia“ und dem beliebten „Theaterverein“ mit seinen regelmäßigen Aufführungen – konnten die „Anschaffungspläne“ für ein besseres Spielwerk mit einem dem repräsentativen Kirchenraum entsprechenden Orgelprospekt noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges „abgesegnet“ werden.

Die Orgel-Interessenten hatten in dem Pfarrverwalter (Pfarrvikar) Peter Isermann einen großen Befürworter gefunden. Er setzte sich im Auftrage des Kirchenvorstandes persönlich mit keinem Geringeren als dem Orgel-Macher bzw. Orgel-Baumeister Johannes Klais in Bonn in Verbindung, dessen Familienunternehmen 1882 gegründet wurde und heute in der vierten Generation mit Orgel-Neubauten und Restaurierungen in Kirchen und Konzertsälen auf der ganzen Welt bekannt ist. 12

Schon drei Wochen vor Ostern (zwischen dem 15.03. und 20.03.) im Jahre 1915 konnte der Meister selbst den „Neubau seines erstklassigen Instrumentes“ (Opus 542, MV 545) in der damaligen Vikariekirche „Heilige Familie“ in Vettelschoß aufschlagen.

Das mechanisch/elektrische Orgelwerk bestand aus 37 Pfeifen (aus Holz und Zinn/Blei), 16 Registern, 2 Manualen und einer Pedaltastatur. – Da Vettelschoß noch nicht an ein Stromnetz angeschlossen war, mussten für die Inbetriebnahme und zur Probe des schönen Orgelwerkes die Blasebalgtreter sich abwechselnd kräftig bemühen, damit die „Luft“ nicht ausging.

Die renommierte Orgelbau-Firma in Bonn meinte: „Da das Archiv der Orgelbaufirma Johannes Klais in Bonn 1944/1945 eine Brandbombe zerstörte, sind wir hinsichtlich Vettelschoß auf die Dissertationsschrift von Dr. Horst Hodick über das ‚Schaffen des Orgelbauers Johannes Klais’ angewiesen.“ Sie beinhaltet, dass Johannes Klais „am 05.11.1912 den ersten Kostenanschlag einreichte, in dem er zwei leicht von einander abweichende Dispositionen anbot. Die Planung geriet jedoch ins Stocken. Am 03.02.1914 und am 03.09.1914 folgten weitere Kostenvoranschläge. Die zweite Disposition von 1912 und die vom 03.02.1914 stimmen weitgehend überein und die vom 3. September 1914 wurde ausgeführt“:

 

 

5. November 1912:

I C-g3

Principal8’

Viola8’

Flauto8’

Octave4’

Rauschquinte Ausz.2f

Mixtur-Cornett4f

 

II C-g3(4)

Violon-Principal8’

Aeoline8’

Vox coelestis8’

Bordun8’

Flauto traverso4’

 

Ped C-d1

Subbaß16’

Zartbaß Abschw.16’

Principal8’

 

Koppeln:

Norm-Kop, Sub II-I,

Sup II-I, P, F, T

 

Preis (ohne Gehäuse und Motor): 4.850 Mark

Gehäuse: 640 Mark

Motor: Nicht angeboten.

 

3. Februar 1914:

I C-g3

Principal8’

Dulciana8’

Concertflöte8’

Octave4’

Quinte Ausz.2 2/3’

Mixtur-Cornett4f

 

II C-g3(4)

Geigen-Principal8’

Aeoline8’

Vox coelestis8’

Rohrflöte8’

Flauto traverso4’

 

Ped C-d1

Subbaß16’

Zartbaß Abschw.        16’

Octavbaß8’

 

Koppeln:

Norm-Kop, Sub II-I,

Sup II-I, P, F, T

 

Preis (ohne Gehäuseund Motor): 4.850 Mark

Gehäuse: 600 Mark

Motor: 485 Mark.

 

3. September 1914:

I C-g3

Bordun16’

Principal8’

Dulciana8’

Concertflöte8’

Octave4’

Quinte Ausz.2 2/3’

Mixtur-Cornett4f

 

II C-g3(4)

Geigen-Principal8’

Aeoline8’

Vox coelestis8’

Gedackt8’

Flauto traverso4’

 

Ped C-d1

Violon        16’

Subbaß Tr. I        16’

Octavbaß8’

 

Koppeln:

Norm-Kop, Sub II-I,

Sup II-I, P, F, T

 

Preis (ohne Gehäuse und Motor): 5.320 Mark

Gehäuse: 600 Mark

Motor: 485 Mark.

 

„Während Klais im Februar 1914 das Gebläse der Orgel noch hinter dem Werk im Turm aufstellen und den Prospekt dreiachsig gestalten wollte, änderte er im September 1914 die Anlage so, daß der Magazinbalg im Untergehäuse des Werkes Platz fand und der Prospekt breiter und fünfachsig werden sollte.“

Schon der „Orgelfreipfeifenprospekt“ und der „Spielschrank“ der Klais-Pfeifen-Orgel in Vettelschoß waren Augenweiden und konnten immer wieder Interessierte begeistern. In der Zeit, als Pfarrvikar Friedrich (Fritz) Blanckart (29.10.1937 – 12.04.1946) in Vettelschoß wirkte, wurde der Spieltisch der Orgel gedreht, damit der Organist durch einen Spiegel das Geschehen am Altar verfolgen konnte, aber vor allem als Dirigent seinen Kirchenchor immer vor Augen hatte.

Am Sonntag, 25.08.1974, nahmen die Pfarrangehörigen in Vettelschoß mit dem letzten Gottesdienst und der Exsekration wehmütig Abschied von ihrer imposanten Pfarrkirche, die von unseren Altvordern so viele Opfer, harte Arbeit und so manchen Schweißtropfen abverlangt und Vettelschoß geprägt hatte. Nach Aussagen von Historikern galt das im neugotischen Stil gehaltene einschiffige Gotteshaus sowohl vom Äußeren als auch von der Innenausstattung als eine „schmucke“ Hallenkirche. Sie wurde nun ein Fall für die Abrissbirne, was noch immer auf Unverständnis stößt.

Bereits am Morgen des nächsten Tages – der Geistliche (Johannes Feilen) hatte sich in den wohlverdienten Urlaub verabschiedet – begann der Run auf das Inventar des Gotteshauses, welches den Gläubigen nur über ein Dreivierteljahrhundert als „sakral“ gegolten hatte. Es wurde fast alles mehr verschenkt als verramscht oder einfach „ehrlich“ mitgenommen, auch das, was niet- und nagelfest war.

Selbst die völlig intakte und herrliche Klais-Orgel mit Prospektanlage – von der Klais-Werkstatt in Bonn noch kurz vorher abgebaut und in „eine naheliegende Schule“ eingelagert – mit allem Drum und Dran kam nicht einmal „unter den Hammer“ oder wurde verhökert, sondern fand peu à peu heimliche Liebhaber und Abnehmer, obwohl alles eigentlich in der neuen Pfarrkirche St. Michael wieder aufgestellt werden sollte.

Doch sehr früh hatte sich herauskristallisiert, dass dort der Platz für eine Orgel verplant war und die großartige und völlig unterschätzte und verkannte Klais-Pfeifen-Orgel im Kirchenraum aus Platzmangel keine Aufstellung mehr finden konnte.

„Aufmerksam zu sein ist die höchste aller Fertigkeiten.“

(Johann Wolfgang von Goethe)

Pfarrer Herbert Glowatzki machte später den Versuch, die restlichen Orgelpfeifen der Klais-Orgel gegen Entgelt der Firma E. F. Walcker, Kleinbittersdorf, anzubieten, von der die am 18.02.1968 geweihte Orgel in St. Katharina stammte. Doch das Fachgutachten hatte ergeben, dass die Orgelpfeifen aus nicht wiederverwertbaren Materialien bestehen.

Ursprünglich gab es Überlegungen, zunächst eine Orgel-Attrappe in die neue Pfarrkirche St. Michael zu stellen, um die Spendenfreudigkeit der Gläubigen für eine neue Orgel zu erhöhen. Aber wo sollte sie aufgestellt werden? Dabei ist es offenbar geblieben: Pfarrer Johannes Feilen teilte am 11.06.1977 der Klais-Firma in Bonn mit, dass Anton Mies (Mittelelsaff), mit dem er in Bonn vorgesprochen hatte und der die „baulichen Dinge“ leitete, zu früh verstorben sei. Von der Bischöflichen Bauabteilung werde eine Attrappe abgelehnt und aus finanziellen Gründen müsse die Beschaffung einer Pfeifen-Orgel vorläufig zurückgestellt werden.

Der Abbruch der repräsentativen Pfarrkirche „Heilige Familie“ und Bau der Pfarrkirche St. Michael stand unter der Regie des in Vettelschoß geschätzten Seelsorgers Johann (Johannes) Feilen, der am 30.06.1959 als Pfarrverwalter in die Pfarrei Vettelschoß kam. Am 28.02.1979 ging der „Vellschosser Pastor“ und passionierte Bergsteiger und Kartenspieler in den Ruhestand und verzog nach Windhagen. Er wirkte von den bisherigen Geistlichen am längsten in Vettelschoß.

Die in einigen Vettelschosser Familien verwahrten Eichenholz-Teile – von einigen findigen Köpfen und Tüftlern zuhauf zu verschiedenen Erinnerungsstücken an die frühere Kirche und Orgel geschnitzt oder gedrechselt – sind noch immer in einem einwandfreien Zustand und werden – wie auch die angejährten Orgelpfeifen – als Souvenirs in Ehren gehalten.

Den Initiativen von Heinrich Mohr aus Vettelschoß († 23.06.1986) ist es zu verdanken, dass einige „Orgel-Trümmer“ zunächst in der Scheune seiner Eltern bzw. seiner Schwester – der „Saals-Len“ (Helene Mohr) – zwischengelagert und nach und nach von ihm – dem handwerklichen Tausendsassa – „verarbeitet“ wurden. Sie sollten – wie so manches aus der einstigen Pfarrkirche „Heilige Familie“ – schlicht „entsorgt“ werden – hätte es den „Muhisch Hein“ nicht gegeben.

Die Konsolen oder „Dillchen“ (Eichenholz-Teile der Klais-Orgel) in der St.-Bernhardus-Kapelle in Willscheid, in der St.-Antonius-von-Padua-Kapelle in Oberelsaff und verschiedene Kerzenständer – nicht nur in der Verwandtschaft – sind Handfertigungen bzw. Drechslerarbeiten von ihm. – Auch bewirkte der „Muhisch Hein“, dass der Fußboden und die Decke in der Pfarrkirche St. Michael einen anderen Anstrich erhielten, als ursprünglich vorgesehen war.

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand im „Pfarrsälchen“ (Pfarrhaus) ein Klavier, das dem Organisten und Leiter des Kirchenchores „Cäcilia“ für die Proben diente. Die Herkunft ist nicht mehr genau nachvollziehbar. Möglicherweise wurde es von den in Köln ausgebombten Ursulinen zurückgelassen, die nach ihrer Evakuierung in Köln einige Zeit im Vettelschosser Pfarrhaus und „Pfarrsälchen“ untergebracht waren.

Später ist das Klavier im „Pfarrsälchen“ durch ein Harmonium ersetzt worden, das während der Bauphase der Pfarrkirche St. Michael in dem zur „Behelfskirche“ umgestalteten Tanzsaal „Zum-Backmann’s-Jupp“ (Michaelstraße 44) den Kirchendienst begleitete.

Dieses Harmonium und auch das Klavier befinden sich in Privatbesitz. Das von Arnold Knopp aus Vettelschoß nach einem Bausatz zusammengebaute Harmonium wurde – nachdem es in der Pfarrkirche St. Michael „ausgedient“ hatte und verschrottet werden sollte – durch Vermittlung des Organisten Johannes Harzer, St. Katharinen, einem seiner Orgel-Schüler (Gregor Thulius, Dattenberg) überlassen.

Als weitere „Mitbringsel“ hatten die frommen, aber ansonsten armen Jungfrauen aus Köln ansehnliche Krippenfiguren und zwei Engel – „Erscheinungsengel“ nach der Ursula-Legende, die lange den Altarraum der Vettelschosser Kirche zierten – im Gepäck, die sie für die vorübergehende „Asylgewährung“ in Vettelschoß her­gaben. Auch den Korpus für das übergroße so genannte „Protest- oder Widerstandskreuz“‘ sollen die Kölner Ursulinen-Schwestern gestiftet haben.

Bei der Kreuzabnahme in den Schulzimmern am 17.04.1939, die auf Weisung des Neuwieder Landrats und durch den Lehrer zusammen mit einer Hand voll eigentlich honoriger Bürger erfolgte, die vom „NS-Bazillus“ infiziert waren, gab es einen angesehenen und älteren Landwirt in Vettelschoß, der die Courage besaß, den offenen Widerstand gegen die Parteibonzen zu riskieren.

Wilhelm Buslei – auch „Pätsche“ genannt – wohnte der Volksschule gegenüber und hatte das gottlose Treiben der Aktivisten der NSDAP auf dem Schulhof schon länger beobachtet. Er „versprach“ dem Lehrer, ihn „gar“ zu machen, wenn die Kreuze am nächsten Tag nicht wieder in den beiden Klassenzimmern in Vettelschoß zurückgekehrt seien. Das Hemd oder der Frack schien dem Schullehrer Karl Becker näher als die Partei und die Kreuze hingen wieder, aber nicht mehr am gewohnten Platz hinter dem Lehrer-Pult und im Blickfeld der Kinder. Dort hingen Führer-Porträts und über den Eingangstüren die Kreuze. Die Kreuz-Abnahme-Aktion hatte die Vettelschosser Bürgerschaft schwer getroffen. .Es „gärte“ und „schäumte“, nachdem die Partei den „allmächtigen“ Fiskus eingeschaltet hatte.

Schon Anfang April 1939 ließ Pastor Friedrich Blanckart mehrere Sühne-Andachten abhalten, als die bevorstehende Kreuzabnahme in den Schulen publik geworden war. Eine „Störung des konfessionellen Friedens“ wurde zunächst als unzutreffender Vorwand belächelt, da noch kein evangelisches Kind die Schule in Vettelschoß besuchte.

Der latente Widerstand gegen die Ideologie der NS und nicht nur wider die Dorf-Bonzen aus der NSDAP hatte sich schon länger formiert. Er gipfelte in der zunächst „heimlichen“ Absprache und Absicht einiger oppositioneller Bürger und Familienväter, in den Werkstätten am Wöls- oder Willscheiderberg – unter dem damaligen Bruchmeister Johann Klein (besser in Vettelschoß bekannt als „Kleinshannes“ oder „Kleinsbabb“ aus der Hüvvelzeck) – in aller Eile ein übergroßes Kreuz aus schweren Eichenbalken – nach getaner Arbeit in der Landwirtschaft, im Steinbruch oder sonst wo am „Birch“ – anfertigen zu lassen.

Gesagt, getan! Sechs Väter kinderreicher Familien trugen das schwere Eichenkreuz vom Wöls- oder Willscheiderberg auf ihren Schultern zu der Stelle, wo es am 17. April 1939 – drei Tage vor des „Führers“ 50. Geburtstag, zu dem die Nazis mit großem Brimborium eine Aufmarsch-Veranstaltung angekündigt hatten – mit einem eindrucksvollen Engagement der Bevölkerung an der Straßenseite der Kirche „Heilige Familie“ in Vettelschoß als Sühne-Zeichen aufgestellt wurde. Die ganze „Pfarrgemeinde legte zur Einweihung – es war am Sonntagvormittag nach dem Hochamt – ihr Treuebekenntnis zu Christus ab.“

Nach der Aufstellung des Kreuzes witterten die „Braunhemden“ sehr rasch eine Provokation. Sie setzten nun „Himmel und Hölle“ in Bewegung, um noch vor dem 20.04.1939 das „Protest- oder Widerstandskreuz“ bzw. Sühnekreuz von der Kirchenwand entfernen zu lassen, was ihnen durch geschicktes Taktieren der Bevölkerung zunächst nicht gelang.

Acht Tage später ließ Landrat Dr. Rudolf Reppert (1933 – 1945) den Pastor in Vettelschoß wissen, dass das Kreuz an einer „von der Straße aus sichtbaren Stelle“ ohne Genehmigung der Baupolizei errichtet worden sei und – falls es nicht entfernt werde – Friedrich Blanckart mit einem Strafmandat von 50 RM bzw. einer Woche Haft zu rechnen habe.

Als der Seelsorger die Entscheidung des Landratsamtes von der Kanzel verkündete, „knisterte“ es gefährlich in den Kirchenbänken und die Gläubigen wären fast vor Wut in die Luft gegangen. Der Geistliche beschwichtigte sie und bat, Ruhe zu bewahren und sich nicht zu unüberlegten Handlungen hinreißen zu lassen.

Nach einer Auseinandersetzung mit dem damaligen Neustadter Amtsbürgermeister, Dr. Franz Claasen (1934 – 1945), hielt es Pastor Friedrich Blanckart für das Beste, das Kreuz im Kircheneingang unter dem Glockenturm aufzustellen.

„Und da steht es nun mahnend, dass es im Jahre 1939 in Vettelschoß möglich war, dass katholische Kinder nicht mehr zu Füßen des Gekreuzigten unterrichtet werden sollten.“„Übrigens blieb das Kreuz aus den Schulsälen nur eine Nacht entfernt – das katholische Volk, sehr aufgebracht, aber den ruhigen Weisungen seines Pfarrers folgend, freut sich, wenigstens darin, seinen Willen durchgesetzt zu haben.“ (Pfarrbrief/ Pfarrchronik.)

An der Überführung des Kreuzes von der Kirchenwand in den Eingangsbereich der Kirche nahmen ebenso viele Gläubige teil wie bei der Aufstellung. Und dort verblieb es bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Als der Spuk der Nazis vorbei war, fand das „Protest- und Widerstandskreuz oder Sühnekreuz“ wieder seine Aufstellung an dem angestammten Platz und war für Jedermann sichtbar – nur die Geschichte scheint vergessen zu sein.

Das Kreuz hatte anfangs noch keinen Korpus. Er wurde von den Ursulinen-Schwestern gestiftet. Dazu stellte man zwei übergroße Tonfiguren – die Maria und Johannes symbolisieren – zur Vervollständigung der „Golgatha-Gruppe“. Sie sollen bis Anfang der Zweiten Weltkrieges in der Pfarrkirche St. Martin in Linz gestanden haben.

Der ersten Kirche in Vettelschoß wäre beinahe gleiches Schicksal wie der St.-Michaels-Kapelle nach dem Zweiten Weltkrieg widerfahren: Trier hatte sie bereits als irreparabel („ganz oder fast ganz zerstört“) eingestuft. Doch die in Armut zu leben gewohnten Bürger krempelten unter dem versierten Maurermeister Matthias Weinberg († 14.01.1971) aus Oberelsaff die Ärmel hoch und ließen den Worten aus Trier, die sie einfach nicht wahrhaben wollten, ihre im handwerklichen Ermessen stehenden Taten folgen.

Die meist kleinen Bauersleute und noch arbeitslosen Steinbrucharbeiter (erst von Ende 1945 an fanden wieder einige Handwerker in den Werkstätten am Wöls- oder Willscheiderberg ihren Verdienst, der Säulen-Abbau im Steinbruch des Willscheiderberges dagegen konnte schließlich ab 1951 fortgesetzt werden) spendeten sowohl Geld als auch Naturalien („Bauerndevisen“) für die nur auf dem Schwarzmarkt gegen „Schmiergelder“ zu beschaffenden Baumaterialien oder schufteten – wie die „Trümmerfrauen“ in den Städten oder die „Kulturfrauen“, die für 50 Pfennige in der Stunde die Wälder wieder aufforsteten – an oder in der Kirche, wo immer sie gebraucht wurden. Es war die Generation, die uns im Wesentlichen den Wohlstand aufbaute, in dem wir heute leben und dafür zollen wir ihr Respekt und Anerkennung.

Um wie viel ärmer wären Vettelschoß und der Westerwald geblieben, hätte es das schwarz-blau-graue Gold (Basalt) nicht gegeben! In der Zeit von Ende des Zweiten Weltkrieges bis zur Währungsreform am 21.06.1948 waren die Läden wie leer gefegt. Es fehlte an allem. Selbst Mehl und Salz waren ausverkauft und wurden für das Zehnfache des handelsüblichen Preises auf dem Schwarzmarkt verscherbelt. Mit der harten Deutschen Mark (DM) füllten sich die Läden und es konnte wieder alles gekauft oder beschafft werden.

Der zugewachsene Tuff-Steinbruch „Quirgelstein“ wurde von den Söhnen der Familien Aloys Lorscheid († 1980) und Peter Ewenz († 1979) aus Vettelschoß wieder zugänglich gemacht, um letztmalig Steine in Handarbeit zu hauen, die fleißige Helfer mit Traktoren zur Kirchen-Baustelle nach Vettelschoß karrten.

Das schwer beschädigte Gotteshaus wurde renoviert und stabilisiert. Erst am 20.08.1950 konnte die seit 20.05.1947 ansehnliche Pfarrkirche, die mit dem weithin sichtbaren Kirchturm das Vettelschosser Dorfbild prägte, erneut benediziert werden.

Der Vettelschosser Gemeinderat bewilligte am 27.01.1954 der Kirchengemeinde Vettelschoß zur Ausmalung der Kirche und für neue Leuchter einen Zuschuss von 12.000 DM. Am 29.07.1960 bezuschusste die Gemeinde die Heizungsanlage in der Pfarrkirche mit 2.500 DM. Zur weiteren Renovierung der ersten Vettelschosser Kirche billigte der Gemeinderat am 07.04.1961 runde 3.000 DM. Für die Instandsetzung des Pfarrsaals machte der Gemeinderat am 10.08.1962 einen Betrag von 3.000 DM locker und wollte die vorher zugesagten 1.500 DM baldmöglichst in Neustadt (Amtskasse) anweisen lassen.

Doch wegen der einzeln „bröckelnden“ und gegen die Witterung sehr anfälligen Hau-Steine oder Steinquader aus dem „Quirgelstein“ wurde die stattliche Pfarrkirche im Herbst 1974 abgerissen und durch die am 25.09.1977 geweihte Pfarrkirche (Kirche) St. Michael ersetzt. 13

Ob es für die repräsentable Pfarrkirche in Vettelschoß – für die unsere Ahnen einst kämpften, sparten und rackerten und die Jahrzehnte nach der Kriegs-Sanierung leider einfach ihrem Schicksal überlassen wurde – keine andere Lösung als die Abrissbirne gegeben hätte, wagen immer noch manche zu bezweifeln.

Gedacht wird hier an den Trierer und Kölner Dom, die einstige Kloster- und heutige Pfarrkirche St. Katharina (eine der schönsten im Bistum Trier) sowie andere Kirchen und interessante, erhaltungswürdige Baudenkmäler, an denen man Tausende von Steinen austauschte und nach dem modernen „Steinkonservierungsverfahren der Acrylharz-Volltränkung“ einzelner Steinquader sorgfältig präparierte.

Bevor die Pfarrkirche „Heilige Familie“ im Herbst 1974 abgerissen wurde, fand das Protest- und Widerstandskreuz oder Sühnekreuz seine Aufstellung auf dem neuen Vettelschosser Friedhof. Doch von dort gilt es als verschollen! – Die Tonfiguren waren allerdings schon vorher zu Bruch gegangen.

 

Die Johannes-Kirche und ihre Orgel

 

Während des Zweiten Weltkrieges wurden immer mehr Menschen aus den zerstörten Industriestädten – sie hatten durch die Bombardements ihr Hab und Gut verloren und waren obdachlos geworden – auf das Land und auch nach Vettelschoß bzw. in das Gemeindegebiet verschlagen. Sie blieben aber meist nur bis Kriegsende und kehrten dann wieder an Rhein und Ruhr zurück. Hinzu kamen Evakuierte und Flüchtlinge aus den ostdeutschen Reichsgebieten, die ihre angestammte Heimat mit Hof und Gut für immer verlassen mussten und sich bei uns sowohl Arbeit als auch ein neues Zuhause suchten.

Aber insbesondere durch die von der Firma Josef bzw. Hans Streif GmbH., Frankfurt/Main – die 1955 ihren Sitz bzw. den Holzverarbeitungsbetrieb (Streif OHG) nach Vettelschoß verlegte und 1958 mit dem Schalungsbau den Betrieb eröffnete – gebotenen Beschäftigungs- und Verdienstmöglichkeiten sowie den von der Gemeinde Vettelschoß den Betriebsangehörigen offerierten Grundstücken für den Eigenheimbau sind vermehrt Familien evangelischen Glaubens nicht nur im Gemeindegebiet von Vettelschoß sesshaft und heimisch geworden.

Die evangelischen Bürgerinnen und Bürger gehörten ursprünglich zu der am 31.07.1879 gegründeten Evangelischen Kirchengemeinde (Pfarrsitz) in Asbach. Im Amtsbezirk Neustadt lebten 1946 lediglich 156, 1984 schon 735 Protestanten und derzeit – wie vor fünf Jahren – zählt die „Evangelische Kirchengemeinde Neustadt-Vettelschoß“ um/über 2800 Mitglieder.

In Ermangelung eines geeigneten Kirchenraumes versammelten sich die evangelischen Christen aus der Gemeinde Vettelschoß zum Gottesdienst mit Pfarrer Karl Prüßmann im Sommerhalbjahr 1949 in der „Dreifaltigkeitskapelle“ in Hallerbach. Diese „Trinitatiskapelle“ – 1959 erweitert und 1968/1969 abermals renoviert – ist vermutlich nach der Christianisierung im 8. Jh. auf einer keltischen Kult-Fläche errichtet worden.

Das Dreifaltigkeitsfest wird von den Katholiken am ersten Sonntag nach Pfingsten gefeiert. In der evangelischen Kirche trägt das Fest den alten Namen „Trinitatis“ (mit Zählung bis zum Advent „nach Trinitatis“). Es kam in Lüttich im 10. Jh. auf, wurde jedoch erst 1334 von Papst Johannes XXII. (1316 – 1334) in den römischen Festkalender aufgenommen und auf die ganze Kirche ausgedehnt.

Im Frühjahr 1950 wurde im Nebenzimmer der Gaststätte „Zur Linde“ (Kretzhaus) bzw. in der von Ingo Kagel (Kalenborn) oder in der ehemaligen Bahnhofsgaststätte des Peter Reufels (Kalenborn) eine „Predigtstätte“ eingerichtet.

Die Räumlichkeiten hatten die Gottesdienstteilnehmer mit Kreuz, Kerzen und Blumen selbst ausgeschmückt und Ilse Rohde (Sprechstundenhilfe des Arztes Dr. Fritz Rehdantz in Rottbitze) begleitete den Kirchengesang am Klavier.

Am 19.07.1953 feierten die „Evangelischen“ ihren ersten Gottesdienst im „Pfarrsälchen“ in Vettelschoß, wo von 1943 bis 1946 die in Köln ausgebombten „Ursulinen“ eine vorläufige Bleibe gefunden hatten.

Der erste Antrag des evangelischen Pfarrers Karl Prüßmann aus Asbach auf Gewährung eines Zuschusses für den Bau einer Kirche in Vettelschoß musste am 21.06.1956 von der Gemeindevertretung in Vettelschoß „mit Rücksicht auf die augenblickliche Finanzlage der Gemeinde vertagt“ werden. Doch schon damals erklärten sich die Gemeindeväter von Vettelschoß grundsätzlich bereit, ein Baugrundstück (kostenlos) zur Verfügung zu stellen.

Dem eigenen Antrag auf Kauf eines Baugrundstückes von Pfarrer Karl Prüßmann aus Asbach entsprach der Gemeinderat von Vettelschoß – zu den ortsüblichen Bedingungen – am 30.07.1959.

Einstimmig gab die Gemeindevertretung in Vettelschoß am 14.03.1962 dem Antrag der „Evangelischen Pfarr- bzw. Kirchengemeinde Asbach“ auf Überlassung eines unentgeltlichen Bauplatzes/Grundstückes von 800 qm zur Errichtung eines Gemeindehauses in Vettelschoß statt. Es sollte eine noch zu vermessende Parzelle (Flur 11) am Willscheider Weg bereitgestellt werden.

Aus dem Gemeindebezirk entwickelte sich zunächst der „Gemeindemissionsbezirk“ (1971) und schließlich 1975 der Pfarrbezirk, der am 01.07.1981 aus der „Kirchengemeinde Asbach“ herausgelöst und zur selbständigen „Evangelischen Kirchengemeinde Neustadt-Vettelschoß“ erklärt wurde, zu der seither die politischen Gemeinden Neustadt, St. Katharinen, Vettelschoß und Windhagen gehören.

Von 1966 – 1974 wurde die Kirchengemeinde von Diakon, später Gemeindemissionar Dieter Trieba, pastoral betreut. Während der Vakanz 1974 übernahm die Presbyterin Elsa Hoffmann den Predigtdienst. Sie stand der Gemeinde über Jahre – fast Jahrzehnte – mit ihrem Engagement zur Seite.

Die Bürgerinnen und Bürger evangelischen Glaubens in unserer Gegend leben zwar in der Diaspora, fühlen sich aber hier wohl und sind längst im Gemeindegebiet von Vettelschoß integriert. Sie tragen in vielfacher Hinsicht – ob kommunalpolitisch oder im Vereinsleben – entsprechende Mitverantwortung und sind nicht mehr wegzudenken.

Seit 01.05.1967 bzw. 21.05.1967 steht auf der Parzelle „Auf der Plätz“ oder „Auf den Plätzen“ („Ob de Plätz“) eine aus Fertigbauteilen errichtete schlichte, aber heimelige Kirche.

Zu ihren „Schätzen“ zählt die Altarbibel – ein Geschenk von Eugen Gerstenmaier (* 25.08.1906 in Kirchheim unter Teck, † 13.03.1986 in Remagen), des früheren evangelischen Theologen, der im Zweiten Weltkrieg zum „Kreisauer Kreis“ (wie der aus Vettelschoß stammende Dr. Egidius Schneider) – der Widerstandsgruppe des am 23.01.1945 in Berlin-Plötzensee von den Nationalsozialisten hingerichteten Grafen Helmut James Moltke – gehörte.

Eugen Gerstenmaier gründete 1945 das Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland, das er bis 1951 leitete. Seit 1948 war er Mitglied der Synode der „Evangelischen Kirche in Deutschland“ (EKD) und am 16.11.1954 wurde er zum Bundestagspräsidenten (Wiederwahl 1957, 1961 und 1965) gewählt.

Stolz ist auch die „Evangelische Kirchengemeinde Neustadt-Vettelschoß“ auf ein künstlerisches im Pfingstmotiv fein ausgesticktes Antependium sowie auf die schmucke und kompakte Pfeifen-Orgel in ihrer Johannes-Kirche in Vettelschoß, wie sich das Gotteshaus nach 37 Jahren seines Bestehens seit Sonntag, 20.06.2004, nennt.

Die Namengebung der Kirche wurde von den Gemeindemitgliedern mit Pfarrer Bernd Peters und hochrangigen kirchlichen und kommunalpolitischen Gästen während des feierlichen Gottesdienstes (11.00 Uhr) und anschließender Einweihung/Eröffnung des Anbaus bzw. des erweiterten Gemeindehauses sowie anlässlich des Pfarrfestes gebührend gewürdigt und gefeiert.

Das Pfarr- und Gemeindehaus in Vettelschoß, Willscheider Weg 19, entstand vor 35 Jahren. Am 16.11.1975 wurde es den evangelischen Christen zur Nutzung übergeben. In den Räumlichkeiten war es zwischenzeitlich eng geworden, sodass das Gemeindehaus einer dringenden Ergänzung mit vergrößerten Sanitäranlagen, neuen Büroräumen und einem Besprechungsraum bedurfte. Die erforderliche Erweiterung konnte 2004 durchgeführt und abgeschlossen werden.

Die evangelische Kirche in Vettelschoß selbst war zunächst eine Leihgabe der Rheinischen Kirchenleitung, wofür jährlich 500 DM an Miete gezahlt werden musste, bis sie schließlich 1977 erworben werden konnte.

Nach verschiedenen Diakonen ist am 27.04.1975 als erster Pfarrstelleninhaber der Pfarrer Hartmut Bender aus Kamp-Lintfort in Vettelschoß eingeführt worden. Auf energisches Betreiben des Ehepaares Hoffmann aus Kretzhaus stimmte schließlich die „Evangelische Kirchenleitung im Rheinland“ der Einrichtung einer zweiten Pfarrstelle zum 01.02.1975 zu.

Als selbständig gibt es die Evangelische Kirchengemeinde Neustadt-Vettelschoß“ seit dem 01.07.1981. Auf Pfarrer Hartmut Bender, der am 30.01.1994 in den Ruhestand trat, folgte am 06.02.1994 Pfarrer Bernd Peters.

Den Dienst als Küster bzw. Küsterinnen versahen Fritz Dreier (1967 – 1983), Paul Beck (1983 – 1987), Iris Mohr (1987 – 1997), Helene Kerp bzw. Görres-Kerp (1997 – 2003, sie ist leider 2009 verstorben). Ihre Nachfolgerin wurde Elke Dück.

In der Johannes-Kirche in Vettelschoß steht ein schmuckes Orgelpfeifen-Instrument (mit 6 klingenden Registern, verteilt auf einem Manual und Pedal mit Schleifladen und mechanischer Traktur) der Gebrüder Oberlinger aus Windesheim, das 1970 angeschafft wurde und 15.090 DM kostete.

Die Orgel-Baufirma mit Musikhaus und Museums-Saal der Gebrüder Oberlinger GmbH. Co. KG – Dipl.-Ing. Wolfgang Oberlinger mit Dipl.-Betriebswirt Helmut Oberlinger – in Windesheim wurde 1860 gegründet und zählt heute mit um die 65 Mitarbeitern zu den ältesten großen und traditionsreichen Orgelbau-Werkstätten Europas.

Das schöne Musikwerk ist in einem geschlossenen Orgel-Gehäuse untergebracht. Der obere Deckel dient zur Klangverstärkung und ist aufklappbar. Die Manual-Klaviatur C - g''' = 56 Tasten, Untertasten sind aus echtem Ebenholz und die Obertasten aus Buchsbaum mit einer Elfenietauflage.

Manual C – g’’’ = 56 Noten

Gedackt 8’ Bass u.Disk.24 Pfeifen aus Holz,

32 aus Zinn, 40 %

Rohrflöte 4’56 Pfeifen aus Zinn, 40 %

Principal 2’56 Pfeifen aus Zinn,

75 %, teilw. Prosp.

Sesquialter 2-fach Disk.64 Pfeifen aus Zinn, 50 %

Cymbel 2-fach112 Pfeifen aus Zinn, 50 %

Pedal C – d’ = 27 Noten

Sordun 16’27 Zungenpfeifen,

Becher aus Holz

Pedal-Koppel

Die Windladen sind mit 5 Register-Schleifen und 56 Spielventilen für das Manual mit 27 Spielventilen und einem Wind-Absteller für die Pedal-Windlade versehen.

Die Schleifen sind aus phenoplastischem Kunststoff und elastisch gelagert, die Ventile erhielten eine 3 mm starke Leder-Auflage und die Abzug-Ruten der Spielventile sind mit Pulpeten versehen.

Die Mechanik ist aus Leichtmetall mit Kaschmir ausgetucht, die Register-Mechanik aus Zugstangen und Winkelstücken hergestellt. Alle beweglichen Teile sind in Kugellagern gelagert. Die Gebläse-Anlage besteht aus einem Elektro-Ventilator mit Wechselstrommotor, 220 Volt, zum Anschluss an eine Lichtleitung, mit Verbindungsstück, Wind-Regler und den erforderlichen Windkanälen. Ein Magazin-Schwimmer ist unter die Manual-Windlade eingebaut und ein Vorregulator sorgt gleichzeitig für die Windversorgung des Pedals. Die gesamte Gebläse-Anlage ist in das Orgel-Gehäuse eingebaut.

Als Organistin der Johannes-Kirche in Vettelschoß fungierte seit 1976 bis 2005 Dorothea Gerber, die sehr stolz auf das Oberlinger-Pfeifenwerk war. Sie hegte eine gewisse Antipathie gegenüber elektronischen Orgeln.

Auf Dorothea Gerber folgte der Kirchenmusiker und Organist Günter Meffert. Nach ihm kam von 2008 – 2009 Martin Reuschenbach, den 2009 Liliya Litvyakova ersetzte.

Die Gemeindesekretärin der „Evangelischen Kirchengemeinde Neustadt-Vettelschoß“ war von 1976 – 1999 Rosemarie Massorz (später Massorz-Saal) und ist seit 1999 Maria Barrot, die Pfarrer Bernd Peters in der Administration entlastet.

Der 2001 gegründete und allgemein in Vettelschoß beliebte Gospel-Chor stand zunächst unter der Leitung von Günter Meffert und wird seit 2008 von Karsten Rentzsch geleitet. 14

 

Die Orgel in der Marienkirche in Kalenborn

 

Die fassbaren Anfänge einer Kapelle bzw. der Marienkirche in Kalenborn scheinen wohl auf den Beschluss der Gemeindevertretung von Vettelschoß vom 20.02.1934 zurückzugehen, der wahrscheinlich in der einstigen Bahnhofsgaststätte von Peter Reufels in Kalenborn getroffen wurde. Dem „Kapellenbauverein Kalenborn“ sollte ein Grundstück von 150 Ruten (früheres deutsches Längenmaß zwischen 2,80 und 5,30 m bzw. die rheinische Rute mit 3,77 m) zum Bau einer Kapelle auf dem ausgebeuteten Quarzit-Gelände überlassen werden.

Möglich ist zwar, dass bereits der erste Vettelschosser Geistliche, Johann Peter Klöckner (16.04.1896/ 17.05.1896 – 10.04.1906), den Bau einer Kapelle in Kalenborn diskutierte, aber Nachweise darüber sind keine vorhanden. Sicherlich haben auch die nachfolgen­den Seelsorger über eine Kapelle in Kalenborn – vielleicht auch ‚laut‘ – nachgedacht oder mit den Gläubigen darüber gesprochen, doch Konkretes lässt sich nicht finden.

Der „Kapellenbauverein Kalenborn“ wurde am 23.06. 1925 von Bürgern aus Kalenborn, Kretzhaus und Oberwillscheid gegründet. Auf der Gründungsversammlung sind Peter Rüdel (Lehrer vom 16.12.1918 – 01.11.1931 an der Volksschule in Kalenborn) zum Vorsitzenden, Johann Weber zum Schriftführer, Matthias Donauer zum Schatzmeister, Wilhelm Knopp und Johann Weck zu Beisitzern bestimmt worden.

Die Pastorats-Stelle in Vettelschoß war um diese Zeit vakant. Der Pfarrvikar Peter Isermann befand sich auf „Absprung“ bzw. hatte Vettelschoß verlassen und Pfarrvikar Ferdinand Gerhardus wartete noch auf die Einführung in Vettelschoß.

Am Sonntag, 20.09.1925, hielt der „Kapellenbauverein Kalenborn“ seine erste Generalversammlung ab, die in der Bürgerschaft große Akzeptanz fand. Den Vettelschosser Pastor, Ferdinand Gerhardus, hatte man eingeladen und er nahm auch an der Veranstaltung teil. Die Anwesenden wurden von ihm zu einem langen Atem ermuntert, um das Projekt zu verwirklichen. Ferdinand Gerhardus hoffte, dass es recht bald zum Kapellenbau in Kalenborn kommen werde.

In der am 06.01.1934 im Schulhaus Kalenborn abgehaltenen Versammlung des „Kapellenbauvereins Kalenborn“ wurde der Kalenborner Lehrer und Ortsgruppenleiter der NSDAP, Egidius Bieger, einstimmig zum 1. Vorsitzenden gewählt. Er war ein sehr beliebter Lehrer, der vom 01.12.1933 – 01.11.1950 in Kalenborn wirkte. Durch jahrelanges Sparen hatten die Vereinsmitglieder eine namhafte Summe zusammengetragen, sodass an diesem Dreikönigstag die strittige Platzfrage gelöst schien und beschlossen werden konnte, noch in diesem Jahr mit dem Kapellenbau in Kalenborn zu beginnen.

Man setzte auf die Unterstützung aller Vereinsmitglieder und die Hilfe des Arbeitsbeschaffungsprogramms der neuen nationalsozialistischen Reichsregierung in Berlin. Die Versammlung, die mit dem deutschen Gruß eröffnet und geschlossen wurde, stand unter dem Motto: „Einigkeit macht stark!"

Wegen der weiteren Entwicklung im Kapellen-Bau in Kalenborn wird auf den Aufsatz „Die Kalenborner Marienkirche wurde am 17. August 2008 ein halbes Jahrhundert alt“ verwiesen.

Nach Einweihung der Kirche (17.08.1958) in Kalenborn gelangte zunächst ein Harmonium – eine Schenkung der Gertrud Jünger geb. Münch aus Kretzhaus ( 17.02.2006) – auf die Empore. Einen Monat nach der Einsegnung der Friedhofskapelle in Vettelschoß (20.11.1988) wurde es dorthin verschenkt. Es wird seitdem für Trauerfeiern als letzte musikalische Begleitung der Verstorbenen genutzt.

Als die Vettelschosserin Anneliese Buchholz („Päntels Annelies") ein diözesanes Ausbildungszentrum im Saarland leitete, lernte sie den reformierten Kalvinisten und passionierten Orgel-Spieler Rinse Albert Kofeman aus einer musikalischen, angesehenen und gut situierten Familie aus den Niederlanden kennen, mit dem sie 20 Jahre liiert war und in Kalenborn wohnte. Das Wohnhaus war zu klein, um auch noch diese großartige elektronische Johannus-Orgel aufzunehmen, die um die 30.000 DM gekostet hatte.

So entstand die Überlegung, die schöne Sakral-Orgel mit der niederländisch beschrifteten Tastatur in der Kalenborner Marienkirche mit der Maßgabe aufzustellen, jederzeit darauf spielen zu können. Schließlich entschloss sich Rinse Albert Kofeman, diese Kirchenorgel der Kirche in Kalenborn zu schenken, was nach der Schenkungsurkunde am 21.06.1988 aus "Dankbarkeit für alle hier empfangene Freundschaft" geschah.

In der Stadt Ede, im Herzen der Niederlande und die führend in der niederländischen Kunstfaser-Produktion ist, befindet sich die weltweit bekannte „Johannus-Orgelbouw-Firma“. Sie hat sich seit ihrer Gründung 1968 zu einer der weltweit wichtigsten Hersteller für digitale Kirchenorgeln entwickelt. Der Name Johannus ist heute durch Installationen in mehr als 80 Ländern weltweit mit Schlagworten wie stetige Innovation, Zuverlässigkeit und Perfektion verknüpft.

Mit der neuen „Monarke-Orgel“ ist die Firmenphilosophie des Johannus-Orgelbau-Betriebes dem Traum, eine Orgel zu entwickeln, deren Klangqualität einer Pfeifen-Orgel gleicht, ein gutes Stück näher gekommen.

 

Eine Ahlborn-Orgel für die St. Michaels-Kirche in Vettelschoß

 

Da der Platz für die Klais-Orgel aus der ersten Vettelschosser Kirche „Heilige Familie“ (Pfarrkirche) in der Pfarrkirche (Kirche) St. Michael unumkehrbar durch den Architekten Professor Dr. J. Dahinden mit Büros in Zürich und Wien verplant war, suchten insbesondere die Mitglieder des Kirchenchores "Cäcilia" bzw. „St. Michael“ in Vettelschoß lange nach einer Möglichkeit, die Messfeiern – vor allem an Sonn- und Feiertagen – gebührend musikalisch zu begleiten.

Es waren unzählige Gespräche und Besichtigungen vonnöten, um nach verpatzten Gelegenheiten in St. Michael zumindest den Standort für ein Harmonium festzulegen, das Arnold Knopp, Vettelschoß, zwischenzeitlich aus einem Bausatz gefertigt hatte.

Einigen Musik- und Klangexperten verschlug es nach der ersten Kirchen-Begehung die Sprache oder sie resignierten. Die neue Pfarrkirche in Vettelschoß – ein wirklich gelungenes Werk im Vergleich zu den legendären Erscheinungsorten von St. Michael – war nun durch das Harmonium imaginär mit der „Seele eines jeden Gotteshauses“ ausgestattet. Mit der Zeit entsprach das einfache und altersschwache Keyboard nicht mehr den Anforderungen im Kirchen- und Chorgesang.

Im Sommer/Herbst 1988 ergriff der Kirchenchor St. Michael unter Pfarrer Herbert Glowatzki die Initiative zur Anschaffung einer Orgel und rief die Gläubigen zu Spenden auf.

Doch es sollten weitere 15 Jahre vergehen, bis der Verwaltungsrat der Vettelschosser Pfarrgemeinde St. Michael sich für eine elektronische Orgel durchringen konnte, obwohl von Trier eine Pfeifen-Orgel favorisiert worden war. Aber dafür fehlte in Vettelschoß der Platz in der Kirche und zu jener Zeit auch das Geld; denn als Pfarrer Glowatzki (23.11.1979) nach Vettelschoß kam, hatte die Pfarrei noch 300.000 DM Schulden, die erst abgetragen waren, als der Geistliche sich am 01.11.1995 von Vettelschoß verabschiedete und in den Ruhestand ging.

Die elektronische Ahlborn-Orgel „Hymnus“ in der Pfarrkirche St. Michael in Vettelschoß ist im Advent 2002 von der Ahlborn-Orgel GmbH. aus Ditzingen-Heimerdingen geliefert und nach verschiedenen An- und Umbauten sowie der Installation von Lautsprechern am Nachmittag von Ostermontag, 21.04.2003, feierlich durch Pfarrer Joachim Fey (11.12.1995 – 31.12.2008) geweiht und ihrer Bestimmung übergeben worden.

In der St. Martins-Kirche in Linz wird seit Dezember 2003 auch ein digitales Ahlborn-Orgel-Instrument, allerdings das Modell „Organum II“, bespielt.

Der seinerzeitige Organist und Chorleiter von St. Michael, Johannes Harzer, zeigte in einem anschließenden Konzert, was das Orgel-Instrument – es hatte um die 30.000 Euro gekostet – an Spielmöglichkeiten zu bieten in der Lage ist. 15

Eine „Hymnus“ Ahlborn bietet dem Organisten eine umfangreiche und ausgewogene Disposition. Sie entspricht dem heutigen Stand im europäischen Orgelbau und ermöglicht die stilgerechte Interpretation der Orgel-Literatur sowie ein abwechslungsreiches liturgisches Orgelspiel.

Prinzipale und Mixturen bilden die Basis für ein kraftvolles und lebendiges Plenum. Die zahlreichen Flöten erlauben vielfältige und reizvolle Solo-Mischungen. Die Zungenregister sind sehr charakteristisch; sie ermöglichen einen ausdrucksstarken Zungen-Chor und geben dem Plenum zusätzliche Fülle. Für romantische und meditative Orgelmusik sind im Hauptwerk das Register "Unda maris" und im Schwellwerk "Vox celeste" besonders gut geeignet.

Die SWP (Sampled Wave Processing) Digital-Technik ermöglicht die Speicherung auch der komplexesten Pfeifen-Klänge in allen Parametern. Außerdem bietet diese Technik Intonations-Möglichkeiten, die weit über das bisher Bekannte hinausgehen. Der Organist kann mittels eines „Interactive Programmers“ die Klangeigenschaften eines jeden Registers beeinflussen und somit seinem persönlichen Geschmack und der jeweiligen Raumakustik anpassen. Mit dem „Interactive Programmer“ können eine Reihe zusätzlicher Funktionen, wie beispielsweise der eingebaute Sequenzer und das Diskettenlaufwerk, ferngesteuert werden. Mit dem Sequenzer kann der Organist sein Spiel direkt aufzeichnen und jederzeit, auch von Ferne, abhören. Hierdurch ist es möglich, die Registrierung räumlich getrennt vom Spieltisch zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.

Der normgerechte Spieltisch zeichnet sich durch hohe Funktionalität aus. Die Verwendung ausgesuchter Hölzer und die sorgfältige Verarbeitung tragen zum wertvollen Aussehen bei. Die Orgel ist für den Anschluss von Pfeifenregistern vorbereitet, die nach individuellen Wünschen des Auftraggebers unter Aufsicht von Ahlborn entworfen und gebaut werden. Die Hymnus zählt aufgrund ihrer außergewöhnlichen Klangqualität und ihrer vielfältigen Ausstattung zu den interessantesten und modernsten klassischen Orgeln unserer Zeit.

Die „Hymnus“ Ahlborn-Orgel in Vettelschoß besitzt folgende Ausstattung und Spielhilfen: 2 Manuale à 61 Tasten (c - c), 30 Tasten Pedal ISO/BDO (C-F), radial oder parallel, 2 x 6-fache Setzer-Kombination mit Fuß- und Hand-Pistons schaltbar, Fuß-Pistons für Setzer-Kombinationen, Koppeln, Fest-Kombinationen (Plenum Hauptwerk, Plenum Schwellwerk, Zungen, Tutti), Register-Schalter „Mixtur ab“ und „Zungen ab“, Crescendotritt mit 9 Stufen und optischer Anzeige, Schwellen für Manual II, Lautstärkeregler für Manual I und Pedal, Crescendotritt, Fest-Kombinationen „Plenum Hauptwerk“, „Plenum Schwellwerk“, „Zungen“ und „Tutti“ frei programmierbar, Transpositeur (-6 / +3 Halbtöne), Generallautstärkeregler für Orgel und Kopfhörer, Digitalhall, Kopfhöreranschluss, MIDI Anschlüsse IN-Out-THRU, Externe Tonabstrahlung, 1 – 16 Kanäle, C / Cis-Lade, separate Kanäle pro Werk für Labial- und Zungenregister, 10 verschiedene Wahlmöglichkeiten der akustischen Prospekt-Gestaltung, Stereo Ein- und Ausgänge für zusätzliche Effekte (z.B. Chorus und Hall usw.) Aux. Stereo Ein- und Ausgänge, Mikrofon-Eingang, Interactive Programmer Fernbedienung zur Intonation und Steuerung des eingebauten Sequenzers und Disketten-Laufwerkes, 4-Spur-Sequenzer, Disketten-Laufwerk.

 

Vettelschoß und seine Geistlichen

 

Die Gemeinde war über die Nachricht um Neujahr 1896 aus Trier, dass Vettelschoß erstmals und noch in jenem Jahr einen eigenen Seelsorger erhalten sollte, überglücklich und auch ein bisschen stolz. Sie verbreitete sich wie ein Lauffeuer in den Weilern und unter der Bürgerschaft. Das bisher vorherrschende Thema des Kirchen-Baues wurde von dieser überraschenden Neuigkeit aus dem Mosel-Tal als Tagesgespräch vorübergehend verdrängt und die Spendier-Freudigkeit „angeheizt“.

Auch die Skeptiker, die sich zum Bau einer eigenständigen Kirche bislang sehr reserviert verhalten hatten, waren baff und ließen sich nunmehr von der Notwendigkeit einer Kirche in Vettelschoß überzeugen. Der „Sponsorenkreis“ war erfreulicherweise über Nacht größer geworden.

Nach dem Hörensagen soll dem Geistlichen Johann Peter Klöckner ein unvergessener Empfang auf dem „Kapellenplatz“ bereitet worden sein. Alle Einwohner der Gemeinde Vettelschoß, die nicht kränkelten oder schwächlich und noch gut zu Fuß waren, hatten sich eingefunden. Das Ereignis muss überwältigend gewesen sein. Man weinte vor Freude, als der Pfarrvikar sich für den großartigen „Bahnhof“ in Vettelschoß bedankte. Der erste Vettelschosser Geistliche blieb zeitlebens mit Vettelschoß eng verbunden.

Johann Peter Klöckner wurde am 17.10.1869 in Gelsdorf geboren, am 10.03.1894 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Michael Felix Korum zum Priester geweiht, war vom 10.03.1894 – 16.05.1896 Kaplan in Saarbrücken-Malstadt (St. Josef), vom 17.05.1896 – 09.04.1906 Pfarrvikar bzw. als Pfarrvertreter/Pfarrverwalter in Vettelschoß. Am 10.04.1906 ging der Priester nach Oberfell/ Mosel (St. Nikolaus), wo er als Pfarrer bis 01.07.1938 wirkte und dann in den Ruhestand trat. Er ist am 18.03.1939 in Oberfell verstorben.

Peter Roth kam am 02.04.1906 (15.05.1906) als Pfarrvikar nach Vettelschoß. Er wurde am 04.03.1878 in Trier geboren, am 15.03.1902 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Michael Felix Korum zum Priester geweiht, war vom 15.03.1902 – 01.04.1906 Kaplan in Mayen (St. Klemens). Bereits am 17.02.1908 (01.02.1908) wurde er Pfarrer in Oberkirchen (St. Katharina) an der Saar und am 06.09.1923 (28.10.1923) ging er als Pfarrer nach Schöndorf (St. Andreas), heute Trier/Tarforst, wo er am 01.11.1953 in den Ruhestand verabschiedet wurde. Am 28.05.1959 ist Pfarrer Peter Roth verstorben.

Johann Philipp Elsen soll schon im Januar 1908 (offiziell am 15.02.1908) als Vikar nach Vettelschoß gekommen sein. Geboren wurde er am 28.03.1876 in Wittlich, am 28.03.1903 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Michael Felix Korum zum Priester geweiht, danach Kaplan in Trier (St. Matthias), vom 30.04.1906 Kaplan in Münchwies (Herz-Jesu), heute Neunkirchen an der Saar. Schon am 12.05.1909 (01.04.1909) ging er als Pfarrer nach Merzkirchen (St. Martin) im Dekanat Saarburg, wo er bis 1916 als Pfarrer wirkte und dort am 08.04.1916 verstarb.

Peter Isermann trat am 13.05.1909 (01.05.1909) als Pfarrverwalter (Pfarrvikar) die Seelsorge in Vettelschoß an. Er wurde am 02.02.1881 in Andernach geboren, zum Priester am 19.03.1904 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Michael Felix Korum geweiht, war vom 19.03.1904 (06.04.1904) Kaplan in Eppelborn (St. Sebastian) im Dekanat Illingen, ab 12.08.1906 Kaplan in Waxweiler (St. Johannes der Täufer) in der Region Westeifel. Vom 30.05.1925 (01.06.1925 bzw. 01.07. 1925) wirkte er als Pfarrer in Zerf (St. Laurentius), Dekanat Hermeskeil – Keil am See. Am 27.10.1928 wurde er zum Definitor im damaligen Dekanat Ruwer und am 04.11.1933 (29.11.1933) zum Pfarrer in Oberbreisig (St. Viktor) ernannt, wo er am 01.06.1952 in den Ruhestand trat. Pastor Isermann ist am 04.12.1952 in Niederbreisig verstorben.

Als der Weggang von Vettelschoß für Peter Isermann – der sich vergeblich im Frühjahr 1921 um die Pfarrstelle in Neustadt bemüht hatte – schon feststand, setzte er sich am 25.02.1925 nochmals brieflich mit dem Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung in Verbindung, um eine baldige Unabhängigkeit der Vettelschosser Vikarie von Neustadt zu erreichen, was schließlich am 07.09.1925 amtlich wurde. In dieser Angelegenheit unterhielt und pflegte Peter Isermann entsprechende Kontakte mit dem Landtagsabgeordneten Dr. Eismann – wahrscheinlich von der „Zentrumspartei“ (Partei des politischen Katholizismus).

Dem Pfarrvikar Peter Isermann bewilligte der Vettelschosser Gemeinderat am 22.04.1911 zur Einrichtung einer ‚Volksbibliothek‘ eine Beihilfe von 50 Mark und für den dafür erforderlichen Kredit weitere 50 Mark. Diese wohl im Laufe des Jahres 1911 gegründete „Volksbibliothek“ ist die heutige Katholische Öffentliche Bücherei St. Michael (KÖB) in Vettelschoß.

Nach dem Protokoll des Vettelschosser Gemeinderates vom 08.02.1922 erhielt Peter Isermann zum Gehalt von der Gemeinde Vettelschoß „von jetzt ab einen Jahreszuschuss von 2.000 Mark. Für die Jahre 1920/21 und 1921/22 wurden je 1.000 Mark nachbewilligt.“

Dem Gemeinderatsbeschluss vom 09.01.1924 zufolge wurde dem Seelsorger Peter Isermann an Gehalt von der Gemeinde Vettelschoß vom 01.04.1923 – 31.12. 1923 100 Goldmark und vom 01.01.1924 ab 500 Goldmark für das Kalenderjahr 1924 gezahlt.

Die „Zentrumspartei“ hielt am 20.07.1924 im Saale der Gastwirtschaft „Zum-Backmann’s-Jupp“ in Vettelschoß ihren Kreisparteitag ab. Als Hauptredner war der Reichspostminister und Minister für die „Besetzten Gebiete“, Dr. Anton Höfle, erschienen. Vettelschoß prangte im Flaggenschmuck. An den Dorfeingängen waren „Willkommensgirlanden“ – überwiegend aus Fichtengrün gefertigt – und aufgestellt. Womöglich hatte Pastor Peter Isermann für diese Veranstaltung gesorgt; denn er verfügte über mannigfaltige Beziehungen und war Ortsvorsitzender der „Zentrumspartei“.

Ferdinand Gerhardus kam am 15.07.1925 (02.08.1925) als Pfarrvikar nach Vettelschoß und konnte die von seinen Vorgängern unterstützte Abpfarrung von Neustadt seit dem 07.09.1925 an Allerheiligen von der Kanzel verlesen. Er wurde am 19.09.1891 in Herdorf/Sieg geboren, zum Priester geweiht am 07.08.1915 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Michael Felix Korum, vom 07.08.1915 (07.09.1915) war er Kaplan in Neuwied (St. Matthias). Er ging am 18.11.1930 (01.01.1931) als Pfarrer nach Irlich (St. Peter und Paul), wurde am 03.01.1947 Pfarrer in Nickenich (St. Arnulf) im Dekanat Andernach, das ihn am 12.08.1947 zum Definitor und am 21.01.1949 (21.04.1949) zum Dechanten ernannte. Er war auch Vorsitzender des Kreis-Caritas-Verbandes in Andernach. Am 25.12.1961 wurde er Geistlicher Rat h.c. und am 01.11.1968 trat er in den Ruhestand. Ferdinand Gerhardus ist am 22.10.1973 in Herdorf verstorben.

Alois Löw wurde am 24.12.1930 als Pfarrvikar nach Vettelschoß versetzt. Er wurde am 02.02.1899 in Labach, Pfarrei Reisbach, geboren, war Kriegsteilnehmer (Infanterist) von Juli 1918 bis Januar 1919, empfing die Priesterweihe am 11.03.1923 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Dr. theol. h. c. Franz Rudolf Bornewasser (1922 – † 20.12.1951 mit 85 Jahren). Vom 27.03.1923 an war Alois Löw als Kaplan in Simmern (St. Josef), vom 25.08.1925 Kaplan in Neunkirchen (Herz Jesu) an der Saar, seit 25.09.1928 Kaplan in Saarbrücken (Herz Jesu), vom 04.03.1930 Kaplan in Vallendar (St. Marzellinus und Petrus). Am 14.05.1937 wurde Alois Löw zum Pfarrer in Oberkirchen (St. Katharina) an der Saar ernannt und am 01.07.1942 außer Dienst gestellt. Seit 05.09.1942 war Alois Löw als Pfarrverwalter in Arzfeld (St. Maria Magdalena) im Dekanat Waxweiler, am 18.05.1943 wurde er zum Pfarrer in Wallhausen (St. Laurentius) im Dekanat Bad Kreuznach und am 03.11.1954 zum Pfarrer in Saarlouis-Lisdorf (St. Crispinus) ernannt. Pfarrer Löw ist am 09.03.1998 im 99. Lebensjahr in Saarwellingen (Reisbach) gestorben.

Da Alois Löw am Sonntag, 19.02.1933, von der Kanzel seiner Kirche in Vettelschoß gesagt haben soll, es sei „ihm bisher immer noch gelungen, Versammlungen der NSDAP zu verhindern, er werde auch im Laufe des Tages noch Schritte unternehmen, um eine für Mittwoch, 22.02.1933, anberaumte Versammlung der NSDAP zu verhindern“, wurde er von einem überzeugten „Nazi“ angezeigt. Daraufhin erhob die Oberstaatsanwaltschaft Koblenz am 08.06.1934 Anklage gegen den Geistlichen. Als der Spuk vorbei war, bezog der Denunziant 1945/1946 nicht nur dafür von Aloys Lorscheid vom Bahnhof in Vettelschoß seine Dresche „met de Schöpp“ (Schaufel) auf der Kaufstraße in Willscheid. Der Bahnhofsvorsteher (Josef Saal) verschwand daraufhin schnellstens aus Vettelschoß.

Als Alois Löw am Samstag, 02.08.1934, (nach einer anderen Version heißt es Montag, 04.08.1934) durch das Amtsgericht Neuwied freigesprochen wurde, gelobten die Einwohner von Mittel- und Oberelsaff nicht mehr ein „Hellijehüschen“ (Heiligen-Häuschen) zu Ehren des hl. Antonius-von-Padua zu bauen, sondern eine Kapelle, die Pfingstsonntag, 09.06.1935, durch den Vettelschosser Pastor feierlich eingeweiht wurde.

Pastor Alois Löw stand quasi „über 2 Jahre mit einem Fuß im Konzentrationslager (KZ)“. Sein ärgster Feind war damals der Erznazi und Landrat Dr. Rudolf Reppert. Die Aussagen von Johann Kröll („Krüzchens Hännes“, Organist und Leiter des Kirchenchores „Cäcilia“) vor Gericht und die Vermittlungsdienste der Ehefrau des Lehrers Werner Schiffer (der am 01.10.1933 aus Kalenborn nach Köln versetzt worden war), die mit dem Gauleiter (Josef Grohé) des Gaues Köln-Aachen befreundet war, sollen angeblich den Geistlichen in Vettelschoß vor dem Schlimmsten gerettet haben. Und nach dem Freispruch von Alois Löw versuchte noch ein Ortsgruppenleiter der NSDAP aus Kalenborn nachzu­haken und „Rache zu üben“.

Am Abend der „siegreichen“ Saar-Abstimmung (13.01.1935) fand in Vettelschoß eine öffentliche Kundgebung unter Teilnahme des Pfarrvikars Alois Löw statt. Der Saarländer machte dabei auf die große Begeisterung seiner Landsleute im Saargebiet für Deutschland aufmerksam.

Auch das war Alois Löw: Es mag Spätherbst 1935 oder 1936 gewesen sein, als sich der Pfarrvikar bei seinem benachbarten Schuster Gerhard Plag (Michaelstraße 13) seine Schuhe abholte, die er ihm für den nahen Winter gefertigt hatte. Ihm folgte auf dem kurzen Weg zum Pfarrhaus ein Bettler, dem es offensichtlich sowohl um ein „Scherflein“ als auch um warme Bekleidung ging.

Auf Grund des mitleiderregenden Äußeren dieses armen Schluckers mag wohl der geschätzte Geistliche an das Sprichwort gedacht haben: „Schenken tut niemand kränken.“ Denn Pastor Alois Löw war so bewegt, dass er spontan seine nagelneuen und nur wenige Minuten „alten“ Schuhe dem „armen Teufel“ wortlos herschenkte.

Dem Schuhmacher Gerhard Plag verschlug es die Sprache und er traute zunächst seinen Augen nicht, als er den gut gelaunten Bettelmann vom Pfarrhaus – die von ihm mit besonderer Sorgfalt für seinen „Pastur“ angefertigten und naturbelassenen „Rindlederschuhe“ schwenkend – kommen sah.

Dass Heinrich Groß als Kaplan und Pfarrverwalter in Vettelschoß wirkte, kennen wir aus einem Schriftstück vom 23.07.1937. Er überbrückte die Vakanz, als Alois Löw schon Vettelschoß verlassen hatte und Friedrich Blanckart noch nicht eingeführt war.

Friedrich (Fritz) Blanckart übernahm am 29.10.1937 als Pfarrvikar das Vikariat in Vettelschoß. Er wurde am 25.12.1903 in Koblenz geboren, am 05.081928 in der Hohen Domkirche zu Trier durch Bischof Franz Rudolf Bornewasser zum Priester geweiht. Seit 06.03.1929 war er Kaplan in Merzig (St. Peter), vom 06.03.1932 (02.12.1932) Kaplan in Merzig (St. Josef), seit dem 05.08.1935 Religionslehrer an den Koblenzer Berufsschulen. Am 12.04.1946 wurde er als Rektor nach Wald­breitbach (Marienhaus) versetzt. Seine letzte Pfarrstelle trat Fritz Blanckart am 06.06.1952 in Oberbreisig (St. Viktor) an, wo er bis 1974 wirkte und am 06.08.1978 sein goldenes Priesterjubiläum feiern konnte. Mit 82 Jahren ist Pfarrer Blanckart am 29.01.1986 in Niederbreisig verstorben.

Von Mitte April 1946 bis Anfang Juni 1946 versah der Franziskanerpater Arduin Söhngen (O.F.M. = Ordo Fratrum Minorum = Orden der Minderbrüder = Franziskaner) die Seelsorge in Vettelschoß. Er wurde am 28.05.1908 geboren, legte die Profess (Ordensgelübde) am 02.04.1930 ab, feierte Primiz am 10.08.1935 und gehörte 1938 dem Franziskanerkloster Hermeskeil an. Im Jahre 1958/1959 wurde der Pater (aus dem Franziskanerkloster Saarbrücken-Rastpfuhl) als Pfarrverwalter nach Saarbrücken (St. Antonius) versetzt.

Dr. Dr. Peter Eck kam am 04.06.1946 als Pfarrvikar (Pfarrverwalter) nach Vettelschoß, wurde am 01.04.1947 Studienrat i.R., am 20.05.1947 zum ersten Pfarrer in Vettelschoß ernannt und am 05.08.1949 zum Definitor des Dekanats Linz bestellt. Er wurde am 31.03.1892 in Dickenschied geboren, am 12.08.1916 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Michael Felix Korum zum Priester geweiht, war vom 12.08.1916 Kaplan in Trier (St. Gangolf), seit dem 27./28.08.1917 (22.08.1917) Kaplan in Ehrang (St. Peter), Dekanat Trier III, vom 16.04.1920 an Kaplan in Saarbrücken (St. Johann), legte am 16.06.1922 (01.06.1922) das Staatsexamen mit Lehrberechtigung für Religion, Hebräisch, Französisch ab, war ab 15.08.1922/19.08.1922 Kaplan in Rheinbrohl (St. Suitbert), 19.01.1923 Pädagogik, 11.05.1923 Phil. Propädeutik, 25.07.1924 Staatsbürgerkunde und Spanisch, 01.04.1925 Studienreferendar am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln und Seelsorger-Aushilfe in St. Martin und in der städtischen Pflegeanstalt in Köln-Vingst, Studienurlaub 1925 – 1926, 01.04.1926 Religionslehrer und Studienassessor/Studienrat an der Reginoschule in Prüm, 01.10.1926 Religionslehrer und Studienrat an der Reginoschule (Oberschule für Knaben) in Prüm, 28.02.1929 Dr. phil. Universität Bonn, 08.11.1943 Außenkaplan in Hermespand (St. Willibrord), Pfarrei Weinsheim, Dekanat Prüm. Sein 40-jähriges Priesterjubiläum beging Pfarrer Dr. Dr. Peter Eck am 12.08.1956 in Vettelschoß. Der Vettelschosser Gemeinderat beschloss am 31.07.1956, dem Pfarrer ein Geschenk bis zu 700 DM zu überreichen. Am 01.05.1959 emeritiert, verzog Dr. Dr. Peter Eck als Ruhestandsgeistlicher nach Rheinbrohl, wo er am 07.09.1965 verstarb.

Die Gemeindeväter von Vettelschoß fassten am 12.08.1949 „wegen der wiederholten unberechtigten Angriffe des Hochw. Herrn Pastors Dr. Eck den Beschluss, die Bischöfliche Behörde (Trier) in Kenntnis zu setzen“ – was auch geschah.

Johann (Johannes) Feilen wurde am 30.06.1959 als Pfarrverwalter nach Vettelschoß versetzt. Er wurde am 22.09.1906 in Kelberg geboren, am 03.08.1930 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Franz Rudolf Bornewasser zum Priester geweiht, war vom 24.02.1931 Kaplan in Saarlouis 2 (Roden) oder Saarlautern (Maria Himmelfahrt), seit 11.03.1935 Kaplan in Trier (St. Antonius), ab 10.02.1939 Pfarrer in Niederöfflingen (St. Edeltrud), Dekanat Manderscheid (Gillenfeld), wurde am 09.06.1942 zum Definitor (Manderscheid) ernannt. Am 12.10.1951 wurde Johann Feilen als Pfarrer nach Schaffhausen (Hl. Schutzengel) im Dekanat Wadgassen versetzt. Zum 14.05.1955 wurde Johann Feilen in den einstweiligen Ruhestand versetzt und am 14.02.1958 als Rektor im St.-Josefs-Krankenhaus in Moers bestätigt. Er ließ sich am 28.02.1979 in Vettelschoß pensionieren und verzog nach Windhagen. Der beliebte Vettelschosser Priester, Johannes Feilen, ist am 06.10.1983 in Trier gestorben. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem neuen Friedhof in Vettelschoß.

In die Zeit des Seelsorgers Johann Feilen fiel der Abbruch der ersten Kirche in Vettelschoß und der Neubau der Pfarrkirche St. Michael in Vettelschoß. Pastor Feilen kam mit 52 Jahren nach Vettelschoß und war 72, als er sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedete. Er wirkte fast 20 Jahre lang in Vettelschoß und war damit der Geistliche, der bisher am längsten Vettelschoß pastoral betreute. Am 03.08.1980 feierte Johann Feilen („der Luis Trenker des Westerwaldes“) und mit ihm die Pfarrei Vettelschoß sein goldenes Priesterjubiläum.

Pfarrvikar Peter Isermann versah die Seelsorge in Vettelschoß 16 Jahre lang. So lange war auch Pfarrer Herbert Glowatzki der Pastor von Vettelschoß und St. Katharina.

Herbert Glowatzki (* 26.10.1930 in Allenstein/Ostpreußen, heute Olsztyn, das zu Polen gehört) flüchtete im Januar 1945 vor den Russen über die Ostsee nach Schleswig-Holstein.

Nach dem Abitur 1950 in Prüm erfolgte der Eintritt in den Missionsorden der ‚Vinzentiner’ bzw. ‚Lazaristen’ (eine Priestergruppe für Volksmissionen, ihr erstes Mutterhaus, St.-Lazare in Paris, geht auf den hl. Vinzenz von Paul, * 1576, † 1660, zurück, der es 1625 stiftete und 1633 von Rom die Bestätigung erlangte). Seinen Missionaren prägte Vinzenz von Paul ein, dass man, um Christus verständlich zu machen, im Predigen einfach sein muss. „Sich wie ein Pfau in schönen Diskursen zu spreizen, ist eine Gotteslästerung“, betonte er.

Im Jahre 1625 bzw. 1633 gründete Vinzenz von Paul (‚Apostel der Kranken und Elenden’) in Paris auch die Kongregation (‚Caritasorden’) der ‚Vinzentinerinnen’ oder ‚Barmherzigen Schwestern’ bzw. ‚Töchter der christlichen Liebe’ für die Krankenpflege und alle Hilfswerke der christlichen Caritas. Vinzenz von Paul umschrieb die Ablehnung von Klausur, Chorgebet und ewige Gelübde mit den Worten: „Als euer Kloster habt ihr die Krankenhäuser, als Zelle euer Mietzimmerchen, als Kapelle die Pfarrkirche, als Kreuzgang die Straße der Stadt, als Klausur den Gehorsam, als Gitter die Gottesfurcht und als Schleier die heilige Demut.“ – Viele Krankenhäuser tragen den Namen von Vinzenz von Paul.

Bis 1957 studierte Herbert Glowatzki am Priesterseminar und an der Theologischen Fakultät in Trier. Im Hohen Dom zu Trier wurde er im gleichen Jahr durch Bischof Dr. Matthias Wehr (1951 – 1967) zum Priester geweiht.

Von 1957 – 1970 wirkte Herbert Glowatzki in Lippstadt und seit 1970 in Köln. Er war als Priester – neben höheren Leitungsaufgaben – in der Seelsorge (Volksmissionen, Glaubens- und Jugendwochen sowie Exerzitien) tätig. Diese Aufgaben führten den Priester durch alle ‚deutschen Lande’ mit Kontakten zu allen Volksschichten und ließen ihn die Probleme von Großstadt und Dorf, von Diaspora und Gebieten mit überwiegend katholischer Bevölkerung erleben.

Auf eigenen Wunsch und im Einverständnis seiner Ordensoberen trat Herbert Glowatzki in den Dienst der Trierer Diözese und ihm wurden vom Bischof Dr. Bernhard Stein (1967 – 1980) die Pfarreien Vettelschoß und St. Katharina als Pfarrer anvertraut.

Seine Einführung als Pfarrer in St. Katharina erfolgte am 22.11.1979 und in Vettelschoß am 23.11.1979 durch Dechant Winfried Mosmann. Erstmals hatten die beiden Kirchengemeinden mit etwa 4.500 Katholiken einen gemeinsamen Pfarrer, der sich von Anfang an für das geistliche Zusammenwachsen beider Pfarreien zu einer „Seelsorgeeinheit“ erfolgreich einsetzte.

Am 15.05.1981 gab es die erste gemeinsame Pfarrgemeinderatssitzung für beide Pfarreien im Konferenzraum der Pfarrkirche in Vettelschoß. Es ging um terminliche Absprachen für die Fronleichnamsprozession, Pfarrfeste, Exerzitien und andere kirchliche Veranstaltungen. Die Frauen der KfD waren die ersten, die diese Realität unterstützten. Bald gab es viele ehrenamtliche Helfer, die den Pfarrer unterstützten und entlasteten. So wurde der Weg geebnet für die Kirchenreformen 2004 (Zusammenlegung von Pfarreien und Dekanaten, Abschaffung der so genannten „Regionen“) unter Bischof Dr. Reinhard Marx.

Pfarrer Herbert Glowatzki war 10 Jahre lang Definitor und stellvertretender Gebiets-Pfarrer des Pfarrverbandes (Dekanats) Linz sowie 11 Jahre Dekanats-Frauen-Seelsorger.

Unter Pfarrer Herbert Glowatzki wurde die Marienkirche in Kalenborn renoviert, das Priester-Grab in Vettelschoß eingerichtet, die beeindruckende Weihnachtskrippe mit einer ersten Spende der Katholischen Frauengemeinschaft von 8.000 DM angeschafft, die Pfarrkirche St. Michael „entschuldet“ und Kapital für den Bau des neuen Pfarrhauses mit Nebenräumen angesammelt. Es konnten in der Amtszeit von Pfarrer Herbert Glowatzki die Pfarrkirche St. Katharina mit Pfarrheim, die Kapellen in Hargarten, Notscheid und Oberelsaff wieder im neuen Glanz erstrahlen.

Auch sorgte sich Pfarrer Glowatzki um die Weltmission und machte die Pfarrei Vettelschoß zu einer weltoffenen Gemeinde. „Im Zelebrationsbuch der Pfarrei Vettelschoß konnten sich aufgrund des Engagements des Seelsorgers und Olga Hoffmann und der Familien Prangenberg/Ewenz viele Priester aus der Mission eintragen.“

Pfarrer Herbert Glowatzki ließ sich zum 01.11.1995 auf eigenen Wunsch pensionieren, weil ein kranker, alleinstehender Cousin in Lippstadt seine Hilfe bedurfte.

Am Sonntag, 22.10.1995, 15.30 Uhr, verabschiedete sich Pfarrer Herbert Glowatzki mit einem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Michael in Vettelschoß von der Pfarrgemeinde unter großer Beteiligung der Bevölkerung, von zahlreichen Geistlichen und weltlichen Repräsentanten aus nah und fern und allen Vereinen und Chören sowie von den Schulkindern der Gemeinde Vettelschoß.

Während seines 16jährigen Wirkens als Seelsorger sowohl in der Pfarrei St. Katharina als auch in St. Michael in Vettelschoß nahm er insgesamt 695 Taufen, 225 Trauungen, 691 Beerdigungen vor, spendete 765 Kindern das Sakrament der Erstkommunion und bereitete 730 Personen auf die Firmung vor.

Die Schwerpunkte im pastoralen Wirken von Pfarrer Herbert Glowatzki waren die Kindererziehung, die Krankenbetreuung und sein Bemühen um einen klaren, religiös-kirchlichen Kurs.

Sein Nachfolger wurde am 11.12.1995 Joachim Fey (* 16.01.1963 in Trier, Priesterweihe 1989 im Hohen Dom zu Trier durch Bischof Hermann Josef Spital). Er war von 1989 – 1991 Kaplan in Boppard, von 1991 – 1994 in Saarbrücken und von 1994 – 1995 Hochschulpfarrer in Trier. Joachim Fey ist sowohl der Pfarrer der Pfarrei St. Michael in Vettelschoß als auch der Pfarrer der Pfarrei St. Katharina in St. Katharinen. Beide Pfarreien bilden eine Seelsorgeeinheit.

Nach dem Weggang von Pfarrer Joachim Fey zum 31.12.2008 von St. Katharinen/Vettelschoß – er übernahm am 01.03.2009 die Pfarreien St. Medard in Bendorf und St. Marien in Weitersburg im Landkreis Mayen-Koblenz – waren die fusionierten Pfarreien (St. Katharina/St. Michael) zunächst ohne einen eigenen Seelsorger. Aber auch das im Jahre 2000 gebaute um am 06.01.2001 durch Pfarrer Joachim Fey eingeweihte Pfarrhaus in Vettelschoß stand Monate lang leer.

Von Trier wurde der Linzer Stadtpfarrer und Dechant Klemens Hombach zum Pfarrverwalter für St. Katharinen/Vettelschoß bestellt. Ihm obliegt in der „Pfarreien­gemeinschaft Linz“ mit seinen Seelsorgerteam nunmehr auch die geistliche Betreuung der Katholiken in den Gemeinden St. Katharinen und Vettelschoß.

Am 1. Advent (29.11.2009) kam der 61jährige Pfarrer Michael Hoellen als so genannter „Pfarrkooperator“ zur Unterstützung von Pfarrer Klemens Hombach in der „Pfarrgemeinschaft“ (Linz, Dattenberg, Ohlenberg, St. Katharinen/Vettelschoß) nach Vettelschoß, wurde an jenem Sonntag in der St. Michaels-Kirche in Vettelschoß eingeführt und belebt auch wieder das Pfarrhaus in Vettelschoß. Für eine festliche Umrahmung der Einführungsfeier von Pfarrer Michael Hoellen sorgte die Kirchenchorgemeinschaft St. Katharinen/Vettelschoß.

Pfarrer Michael Hoellen wirkte zuletzt in Münstermaifeld (Pfarreiengemeisnchaft Münstermaifeld – Pillig – Naunheim – Gappenach) und war vorher unter anderem in Mendig und Bad Breisig als Seelsorger tätig. Seine Schwerpunkte liegen nunmehr auf der Linzer Höhe.

„Gut gelaunt und dennoch mit etwas Wehmut im Herzen nahm Pfarrer Michael Hoellen am Sonntag (25.10.2009) Abschied vom Maifeld.“ Die Stadt Münstermaifeld (Landkreis Mayen-Koblenz, Verbandsgemeindeverwaltung Maifeld in Polch) umfasst die Stadtteile Keldung, Küttig, Lasserg, Metternich, Mörz und Sevenich mit um die 3.480 Einwohnern. Als Pfarrei gehört Münstermaifeld zum Dekanat Maifeld-Untermosel.

 

Organisten, Dirigenten und Chorleiter in Vettelschoß

 

Der vom 23.04.1881 in Vettelschoß amtierende Volksschullehrer Johann Jacob Gärtner (* 25.01.1860 in Neuendorf/Koblenz, † 20.08.1932 in Vettelschoß) war Mitbegründer und Leiter sowie bis 1922 Dirigent des am 10.05.1885 aus der Taufe gehobenen Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß. Am 04.04.1883 bestellte man ihn zum Organisten an der am 13.01.1880 in der altehrwürdigen St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß durch den Orgel-Macher oder Orgelbauer Peter Dasbach aus Obersteinebach aufgeschlagenen kleinen Pfeifen-Orgel (Positiv).

Auch blieb der beliebte und legendäre Lehrer Gärtner der erste Organist auf der zwischen dem 15.03. und 20.03. des Jahres 1915 durch den Orgelbau-Meister Johannes Klais aus Bonn in der am 27.06.1900 benedizierten ersten Vettelschosser Kirche „Heilige Familie“ aufgestellten Klais-Orgel, bis er am 01.10.1924 in Pension ging. Johann Jacob Gärtner war offiziell am 01.05.1881 als „Schulamtskandidat“ an die katholische einklassige Volksschule (Halbtagsschule) in Vettelschoß versetzt worden.

Sein Nachfolger wurde Johann Kaspar (* 05.10.1901 in Möntenich, Kreis Cochem, gefallen am 27.11.1944 in Neuß/Rhein). Er war Lehrer in Vettelschoß vom 01.10.1924 – 31.05.1939 und zugleich Organist und Leiter des Kirchenchores „Cäcilia“. Zum 01.06.1939 folgte er der „Versetzungsverfügung“ als Volksschullehrer in die Gemeinde Wallmenroth, Kreis Altenkirchen.

Von 1922 – 1941 war Johann Kröll („Krüzchens Hännes“, * 05.08.1901, † 17.02.1987) aus Vettelschoß bzw. Kreuzchen/St. Katharinen der Dirigent und ab 1933 auch Organist und Leiter des „Gesangvereins“ = Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß. Johann Kaspar und Johann Kröll fungierten erfolgreich und in harmonischer Funktion auch als Regisseure des beliebten „Vettelschosser Theatervereins“, der sich hauptsächlich aus Mitgliedern des Kirchenchores zusammensetzte und Gelder für die schöne Klais-Orgel, für zwei Glocken und für die Heizung in der ersten Kirche „einspielte“.

Am 01.06.1939 hatte Johann Kröll – der von Beruf Elektriker war – die Leitung des Kirchenchores und den Organisten-Dienst in St. Katharina mit übernommen. Durch den Umzug von Vettelschoß nach Kreuzchen war Johann Kröll in das Blickfeld des Pfarrers von St. Katharina, August Muth (1937 – 1955), geraten, der ihn überredete, den Organisten-Dienst und die Leitung des Kirchenchores von St. Katharina zu übernehmen.

Johann Kröll gehörte zu den Mitbegründern des gemischten Chores „Harmonie“ Kalenborn. Wegen seiner Aussagen im Fall Pastor Alois Löw im Jahre 1933 verlor Johann Kröll seine Erwerbstätigkeit bei der Kraftversorgung Neuwied und wurde ab Weihnachten 1933 brotlos.

Für eine gewisse Übergangszeit – vielleicht für 12 oder 15 Monate – fungierte der Vettelschosser Bahnhofsvorsteher Hubert Becker als Organist und Leiter des Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß.

Offizieller Nachfolger von Johann Kröll wurde allerdings Heinrich Zimmermann („Zimmermanns Hein“) aus Kalenborn. Er war beruflich der „Hofmeister an der Schmelz“ in Kalenborn und von 1941 – 1972 sowohl Organist als auch Leiter und Dirigent des Kirchenchores „Cäcilia“ in Vettelschoß.

Bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg wurde von Hubert Becker vornehmlich an Werktagen oder vertretungsweise der Organisten-Dienst in der Kirche bzw. Pfarrkirche in Vettelschoß wahrgenommen.

Nach Hubert Becker war es der Bahnbeamte Arnold Knopp († 1996), der die Werktags-Messen an der Orgel – später an „seinem“ Harmonium – begleitete.

Ab 1972/1974 führte der Vettelschosser Lehrer Rudolf Haas, Kalenborn, den Organisten-, Dirigenten- und Chorleiter-Dienst in Vettelschoß aus. Doch ab 1974 stand ihm nur noch ein Harmonium sowohl in Vettelschoß als auch in Kalenborn (bis 1988 und dann eine elektronische Orgel) zur Verfügung.

Nachfolger von Rudolf Haas im Jahre 2002 als Organist in Kalenborn und Vettelschoß wurde Johannes Harzer aus Lorscheid, der hauptberuflich auch in St. Katharinen und Vettelschoß sowohl als Organist und auch als Chorleiter (Kirchenchor) tätig ist.

Als Edmund Hoffmann im Herbst 2009 vom Dirigenten-Dienst des Kirchenchores „St. Katharina“ in St. Katharinen zurückgetreten war, übernahm Johannes Harzer auch diesen Chor. Er ist nach der Fusion der Kirchenchöre von St. Katharinen und Vettelschoß zum 01.01.2010 auch der Chorleiter der neuen Kirchenchor-Gemeinschaft St. Katharinen/Vettelschoß.

 

 

Anmerkungen:

 

  1. 1.Georg Schmitz war durch die Eheschließung mit Helene geborene Schmitz der Eigentümer des alten „Schmitz-Hoffs“ – der sich seit 2005 im Besitz der Gemeinde Vettelschoß befindet und in dem das am 31.10.2009 eingeweihte Dorfmuseum eingerichtet wurde – in Vettelschoß, Hauptstraße 21, geworden. Er stammte aus St. Katharinen und trat in Vettelschoß durch seine Engagements sowohl in kirchlicher als auch in kommunalpolitischer Hinsicht besonders hervor. Mit seiner Ehefrau betrieb er neben der Landwirtschaft in seiner Hofstatt einen Krämerladen (den wohl ältesten in Vettelschoß) mit allerlei Krimskrams. – Sein Großvater – um „1806 als wohlhabend aus Westfalen gekommen“ – hatte nach der Säkularisation (1803) etwa um 1812 die Klosterobjekte des aufgehobenen Zisterzienserinnen-Klosters St. Katharina gekauft. Da er nur die „Ökonomie“ benötigte, verscherbelte er das große Hauptgebäude um 3.000 Taler auf Abbruch nach Köln. Dort wurden die Steinquader – die zum Teil noch aus dem Tuffstein-Bruch „Quirgelstein“ (nahe Kretzhaus) stammten, wo auch die Hau-Steine für die erste Kirche und das Pfarrhaus in Vettelschoß gebrochen wurden – zum Häuserbau verwendet. 

 

  1. 2.Seine Karriere begann Giovanni Pierluigi da Palestrina als Chorknabe in Santa Maria Maggiore in Rom und als Organist in seiner Heimatstadt. 1551 wurde er Magister puerorum – also Leiter des Knabenchors an St. Peter. 1555 erhielt er eine Stelle als Sänger der Sixtinischen Kapelle – was für einen verheirateten Mann damals höchst ungewöhnlich war, zugleich aber für sein außergewöhnliches Können spricht. Noch im gleichen Jahr wurde „G.P. da Palestrina“ zum Kapellmeister an der Lateranbasilika ernannt und 1561 übernahm er dieses Amt in Santa Maria Maggiore. 1571 kehrte er wieder nach St. Peter zurück, übte aber – offensichtlich aus Geldnot – weitere Tätigkeiten aus. 

 

  1. 3.Der Sonntag „Lätare“ ist der nach dem Anfangswort des Introitus in der römisch-katholischen und evangelisch-lutherischen Liturgie benannte 4. Fastensonntag. Die Verwendung des entsprechenden Introitus und damit die Benennung des Sonntags sind sehr alt. Von den Katholiken wird er auch „Rosensonntag“ genannt. – An „Laetare („Lätare“) wird – wie an jedem Sonntag – das Fasten ausgesetzt. An diesem Tag darf der Christ „secundum carnem“ (gemäß dem Fleisch) leben, während die Fastentage ihm gebieten, „secundum spiritum“ (gemäß dem Geiste) – also unter Verzicht auf fleischliche Genüsse – zu leben. 

 

  1. 4.Als Sohn eines Maurermeisters erlernte er den gleichen Beruf wie sein Vater, erwarb 1783 den Meisterbrief und stieg ins väterliche Geschäft ein. 1787 baute er das Wohnhaus für seinen Freund Friedrich Nicolai in der Brüderstraße 13 in Berlin, vormals im Besitz von Johann Ernst Gotzkowsky, um. Neben seiner praktischen Arbeit als Maurermeister hatte sich Carl Friedrich Zelter autodidaktisch musikalisch weitergebildet. Er wurde Mitglied des Orchesters von Karl Theophil Döbbelin im Theater am Gendarmenmarkt und trat 1791 in die gerade gegründete Sing-Akademie zu Berlin seines Lehrers und Förderers Carl Friedrich Christian Fasch ein. – Im Jahre 1800 übernahm er nach Faschs Tod deren Leitung. 1806 wurde er zum Ehrenmitglied und 1809 zum Professor der Königlichen Akademie der Künste ernannt. Er gründete am 10.04.1807 mit zehn Instrumentalisten in der Sing-Akademie die Ripienschule für Instrumentalmusik und die so genannte Freitagsmusiker, 1809 die erste Berliner Liedertafel, deren Meister er war, 1820 das Königliche Institut für Kirchenmusik sowie einen Studentenchor. Zelter veranlasste und leitete den Bau des Hauses seiner Sing-Akademie in den Jahren 1825 bis 1827 am Kastanienwäldchen, nahe der Straße Unter den Linden, hinter der Neuen Wache, in dem sich seit 1952 das Maxim-Gorki-Theater befindet. Ferner war Zelter Mitglied der renommierten Gesetzlosen Gesellschaft in Berlin. – Zelter verfasste neben seiner Maurer- und Dirigententätigkeit musikpädagogische Denkschriften und nahm sich Zeit für zahlreiche Schüler, von denen Felix Mendelssohn Bartholdy, dessen Schwester Fanny, Otto Nicolai, Giacomo Meyerbeer oder Eduard Grell nur die bekanntesten sind. – Mit seinen Denkschriften legte Zelter einen wichtigen Grundstein für die Institutionalisierung der musikalischen Ausbildung in Preußen, die sich unter anderem auf die 1810 gegründete Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin auswirkte. So geht auf Zelters Engagement 1829 die Einrichtung einer Musikabteilung an der Universität und 1833 die Gründung der Sektion für Musik an der Königlichen Akademie der Künste zurück. – Musikalisch orientierte er sich an Bach und Händel. Er lernte 1802 Johann Wolfgang von Goethe in Weimar kennen. Es entwickelte sich eine außerordentlich tiefe Freundschaft mit vielen persönlichen Begegnungen und einem mehr als 30jährigen Briefwechsel. Carl Friedrich Zelter war der einzige Duzfreund Goethes und starb knapp zwei Monate nach dem „Dichterfürsten“. 

 

  1. 5.Neben dem erst 1996 gegründeten Pueri Cantores-Verband und dem DCV gibt es in Trier noch den Verband der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker (VKT). Pueri Cantores – „singende Kinder“ – ist ein 1951 gegründeter weltweiter Verband bzw. eine Vereinigung katholischer Knaben-, Mädchen-, Kinder- und Jugendchöre. Nicht nur in Deutschland, sondern über die ganze Welt sind die jungen Sängerinnen und Sänger aktiv. In Deutschland gehören ca. 300 Chöre mit um die 11.000 Sängern und Sängerinnen dem Pueri Cantores-Verband an. 

 

  1. 6.Der chorische Gesang in der Kirche wurde mit Ausnahme der „Kalandbruderschaften“ (die ab dem 9. Jh. gegründeten und von Kaisern und Päpsten begünstigen Bruderschaften zur Verrichtung von Gebeten und wohltätigen Werken an Armen und Kranken) bis zur Reformation vorwiegend von Klerikern, professionellen Sängern und Schülern (Alumnen) gepflegt. Nach der Reformation entstanden zusätzlich zahlreiche evangelische Kantoreien, die ehrenamtlich, vor allem in kleineren Städten, die kirchliche Chormusik aufführten. 

 

  1. 7.Bereits 1874 ist eine Orgel in der St. Josef Kirche in Brachbach überliefert, die aus der Werkstatt des Peter Dasbach in Obersteinebach stammte und damals 1450 Thaler kostete, aber 1911 abgebrochen wurde. Aus der Zeit von Peter Dasbach steht noch ein ansehnliches Orgel-Spiel-Element in Niedermühlen im „Asberkeschpel“ (Asbacher Kirchspiel), das noch funktionstüchtig ist und bespielt werden kann. Es stand ursprünglich in der Waldkapelle in Ütgenbach. 

 

  1. 8.König Friedrich Wilhelm III. von Preußen (1797 – 1840) gründete das Gericht am 21.06.1819 als „Rheinischer Apellationsgerichtshof“. In dem imposanten Gebäude am Reichenspergerplatz in Köln befindet sich heute das Oberlandesgericht Köln. 

 

  1. 9.Die so genannte „Betglocke“ erinnerte die Gläubigen durch das Morgen-Läuten an die Auferstehung, das Mittag-Läuten an das Kreuzes-Leiden und das Abendläuten an die Menschwerdung Christi. Vermutlich liegen die Ursprünge im Feierabend-Läuten (11. Jh.) und in dem 1317 erstmals in Parma bezeugten Läuten zu Beginn des Arbeitstages. Das 1456 von Papst Calixtus III. (1435 – 1458) angeordnete Mittag-Läuten galt als Aufforderung zum Gebet um Abwendung der Türken-Gefahr. Die entscheidenden Impulse für den „Engel des Herrn“ (Angelus Domini) kamen im 13. Jh. von den Franziskanern und das „Gebet-Läuten“ wurde im 16. Jh. durch die Jesuiten allgemein üblich. 

 

  1. 10.Bereits im Alten Testament wird der Erzengel Michael mit der Pest, und zwar als Heiler in Verbindung gebracht. Wegen eines Ungehorsams des Königs David (von Juda, später auch von Israel, lebte um 1004/03 – 965/64 v. Chr.) hatte Gott das Volk als Sühne-Leiden mit der Pest gestraft. Die Erscheinung eines Engels – nämlich Michael – auf der Tenne des Jebusiters (kanaanäische Bevölkerung) Arauna zu Jerusalem, dort, wo später der Brandopfer-Altar des Tempels stand, kündigte dem reumütigen und betenden David das Ende der Seuche an. 

 

  1. 11.In den Archiven von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und auch in den der Bistümer Köln und Trier sind keine Hinweise zu finden, dass die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß ursprünglich durch die Zisterzienser erbaut wurde oder Wilhelm von Rennenberg (* vermutlich vor 1470, † 18.07.1546) dabei eine Rolle gespielt haben könnte. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass Unterlagen der Kreisverwaltung Neuwied – die evtl. hätten Aufschluss geben können und im Staatsarchiv Koblenz lagerten – im Bombenhagel auf Koblenz im November 1944 restlos vernichtet worden sind. – In der Arbeit von S. H. Brunsch „Das Zisterzienserkloster Heisterbach von seiner Gründung bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts“ (Bonner Historische Forschungen 58), Siegburg 1998, findet sich kein Beleg für eine Errichtung der Kapelle in Vettelschoß durch die Mönche von Heisterbach. Nach dem Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv Düsseldorf „waren in den kurkölnischen Beständen, ebenso im Bestand der Abtei Heisterbach, Urkunden und Aktenschriftstücke betreffend Michaelskapelle (Vettelschoß) nicht zu ermitteln. In den einschlägigen Publikationen von Quellen aus den Beständen (Regesten der Erzbischöfe von Köln, Urkundenbuch der Abtei Heisterbach von F. Schmitz) ist die Michaelskapelle nicht genannt.“ –  Auch im „Liber computuum capellae sacelli sancti Michaelis“ („Renten- und Abgabenregister oder Rechnungsbuch der St.-Michaels-Kapelle“) von 1692 bzw. 1728 bis 1815 sind keine Hinweise auf Neu- oder Umbau der St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß zu finden. Bei Wilhelm von Rennenberg handelte es sich um einen einflussreichen Beamten und kaiserlichen Diplomaten, Kreditgeber, Werber von Fußknechten und Söldnerführer, der durch die Heirat seit 1507 in 2. Ehe mit Cornelia von Culemborg in engste verwandtschaftliche, politische und gesellschaftliche Beziehungen zu den Zentren der burgundisch-habsburgischen Macht in den Niederlanden kam. Seine Kinder waren durch die Heirat „generationengleich“ mit dem Römisch-Deutschen Kaiser Karl V. (1519 – 1556). „Wilhelm von Rennenberg hat zwischen 1540 und 1546 eine zentrale Rolle in den religiösen Auseinandersetzungen und Flügelkämpfen als Droste oder Amtmann von Born (Herzogtum Jülich, heute in der niederländischen Provinz Limburg gelegen) und von Kempen am Niederrhein vor dem Hintergrund des Reformationsversuchs des Kölner Kurfürsten und Erzbischofs Hermann von Wied (1515 – 1547) gespielt.“ Nach einem Brief Karls V. vom 30.08.1545 hat „Wilhelm von Rennenberg in einem Entschuldigungsschreiben bestritten, mit der neuen Religion im Bunde zu sein und beteuert, sich lieber vom Erzbischof abwenden zu wollen, als beim Kaiser in dem genannten Verdacht zu stehen.“ Die Burg Rennenberg – Stammsitz des Hauses Rennenberg – „ein alt verfallen Mauerwerk uf einem Berg“ spielte im Leben von Wilhelm von Rennenberg schon keine Rolle mehr und dass er die St.-Michaels-Kapelle in Vettelschoß erbaut haben soll, gilt als sehr unwahrscheinlich. 

 

  1. 12.„In allen Kontinenten klingen Klais-Orgeln. In Kirchen, Kathedralen und Konzertsälen. In großen Städten genauso wie in kleineren und Dörfern.“ – Im ‚Alten Peter‘ (Peterskirche) – als älteste Münchner Pfarrkirche bereits 1169 bezeugt – wurde am 22.11.2003 ein neues rund 1,3 Millionen Euro teures Klais-Orgel-Instrument eingeweiht. Mit 60 Registern (57 „klingenden“ und 3 „Effektregistern“) und 4154 Pfeifen können 1280 verschiedene Klangfarben des nach den neuesten Erkenntnissen der Orgelbau-Technik gebauten Werkes elektronisch gespeichert werden. – Wenn auf dieser Klais-Orgel in der Münchener Peterskirche die Tuba Mirabilis, die Tuba Clairon und die Tuba Magna gemeinsam gezogen werden, erklingen Trompetenfanfaren, wie sie früher nur beim Einzug des Herzogs gespielt werden durften. Zusätzlich zu den 57 „klingenden Registern“ enthält die Orgel drei so genannte „Effektregister“: einen Zimbelstern, bei dem kleinere Glöckchen über ein Rad laufen, das voluminösere Glockenspiel und einen „Gallus Petri“. Zieht der Organist dieses Register, erscheint rechts neben dem Engel mit der Posaune ein hölzerner Hahn. Er kräht das Pausenzeichen des Bayerischen Rundfunks. – Auch in der Philharmonie in München wird eine Klais-Orgel bespielt. 

 

  1. 13.Der Tuffstein vom Berge „Asnacke“ – „Osnikke, Alsnac, Alsnecke, Alsnacke oder Allnacke“ (darunter ist der im Distrikt „Anschnak“ unweit des „Bertenauer Kopfes“, Gemeinde Neustadt, gelegene ausgebeutete, mit Wasser gefüllte und als „Jungfernbad“ bekannte Basalttuff-Steinbruch zu verstehen) – verfügte über eine ähnliche Beschaffenheit wie das Material aus dem „Quirgelstein“. Doch das Vulkangestein aus der „Asnacke“ ist witterungsbeständiger als das aus dem „Quirgelstein“ und soll sowohl zum Bau und zur Renovierung der Burg Altenwied als auch zum Teil als Baumaterial für die Klosteranlage St. Katharina hergenommen worden sein. Der Tuffstein aus „Asnacke“ enthält mehr Basalt und weniger Aschen-Teilchen. 

 

  1. 14.Thomas Andrew Dorsey (* 01.07.1899 in Georgia, † 23.01.1993 in Chicago) – der „Georgia Tom“ war Blues- und Gospel-Sänger und Pianist – wird von vielen Gospel-Anhängern als „Father of Gospel Music“ gesehen. Er war der Sohn eines Baptisten-Predigers bzw. Kantors und einer Klavierlehrerin bzw. Pianistin in der Kirche ihres Mannes. Außerdem war Thomas A. Dorsey der Neffe des Kirchenorganisten. – Bereits als Kind lehrte sich Dorsey mehrere Instrumente zu spielen und favorisierte als Teenager sowohl Blues als auch Ragtime (afroamerikanischer Stil populärer Klaviermusik). Als junger Mann begleitete er einige der berühmtesten Blues Sänger aller Zeiten und arrangierte und komponierte auch einige Blues-Stücke. – Inzwischen begann Dorsey religiöse Songs zu schreiben, wobei er Jazz Thythmen, Blues Flavor und den rhythmischen Stil ähnlich dem des Methodisten-Pfarrers und Gospel-Komponisten, Dr. Charles Albert Tindley (1851 – 1933), anwandte, der auch als einer der Gründerväter der amerikanischen Gospel-Musik gilt. Die „Alte Garde“ der konservativen Kirchenoberhäupter bezeichnete diese Mischung aus kirchlicher Musik (Spirituals, Hymnen) und sekulärer (weltlicher) Musik (Blues, Jazz) als „Musik des Teufels“ und verdammte sie. – Dorsey meinte: „Als ich erkannte, wie verbissen manche Leute die Gospel Idee bekämpften, wusste ich, dass ich dazu bestimmt war, die Fahne dafür hoch zu halten.“ – „Ich lieh mir $ 5 und versandte 500 Kopien meines Songes „If You see my Saviour“ an Kirchen im ganzen Land. ... Das war 3 Jahre bevor ich die erste Bestellung bekam. Ich war kurz davor, wieder Blues zu spielen.“ – Aber dies tat er nicht. Er blieb lange genug dabei, um über 800 Songs zu schreiben. Er konnte erleben, wie seine Musik erfolgreicher wurde, von den ersten vereinzelten Aufführungen bis hinein in die etablierten Chöre, die seine Songs vorher abgelehnt hatten. Andere Komponisten nahmen das Ruder in die Hand und der Weg für eine neue Generation Gospel-Musiker war gebahnt. – Um dies zu unterstützen, gründete Dorsey 1932 „The National Convention of Gospel Choirs and Choruses“, eine Organisation, die noch heute existiert. – Zum Gesang wurden jetzt auch Instrumente wie Klavier, Tamburin, und später dann Hammond-Orgel, elektrische Gitarre und Drums (Schlagzeug) benutzt. – Ebenfalls zu Anfang der 1930er Jahre baute Dorsey seinen eigenen Musikverlag auf – das „Dorsey House of Music in Chicago“. 1932 sollte dann zu seinem Schicksalsjahr werden. Dorsey's Ehefrau, Nettie Harper, starb im Wochenbett und ihr gemeinsamer Sohn am Tag danach. – Dieses einschneidende Erlebnis führte dazu, dass Dorsey sich vom Blues verabschiedete und sich ausschließlich dem Gospel widmete. Die Trauer verarbeitete er im Lied „Take My Hand, Precious Lord“ – bis heute ein Klassiker des Genres. Martin Luther King (Junior) nannte es eines seiner Lieblingslieder. Und Lyndon Baines Johnson (* 1908, † 1973, 36. Präsident von 1963 – 1968 der USA) wünschte sich, dass es an seiner Beerdigung gesungen würde. – 1932 wurde Dorsey zum musikalischen Direktor der „Pilgrim Baptist Church in Chicago“ ernannt. Dieses Amt hatte er bis in die späten 1970er Jahre inne. Und 1982 wurde Dorsey als erster Schwarzer in die „Gospel Music Associations's Living Hall of Fame“ aufgenommen. – Thomas Andrew Dorsey sagte von sich, dass all seine Arbeit „von Gott, für Gott und für sein Volk sei“. – Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm auch das „weiße Amerika“ Notiz von der Gospel-Musik. Die Gospel-Musik (dieser Begriff hat sich seit den 1940er Jahren durchgesetzt) wird schon lange nicht mehr nur in Kirchen konstruiert. – Interessant ist das jüngste Ergebnis der „Soziale Analyse der Gospel-Bewegung“, die das Sozialwissenschaftliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland durchführen ließ und das auf eine schriftliche Befragung von 8.411 Sängerinnen und Sänger und 421 Chorleitern basiert. – Bislang war die Gospel-Bewegung kein Thema für die Forschung. Das Projekt will erstmals empirisch gesichertes Material liefern zur Herkunft und zu den Motiven der Sänger und Sängerinnen und Antworten finden zur Einordnung der Gospel-Bewegung. Es wurde in Kooperation mit „Creative Kirche“ durchgeführt. Die EKD, die Ev.-luth. Landeskirche Hannovers und die „Hanns-Lilje-Stiftung“ unterstützten das Projekt. – Das verkürzte Resümee nach der Pressemitteilung vom 17.06.2009: „Der Gospel hat in den letzten Jahren viele Anhänger gewonnen, es gibt eine regelrechte Gospel-Bewegung: Die Zahl der Gospel-Chöre wächst beständig. Im kirchlichen Bereich haben sich Profil-Gemeinden mit dem Schwerpunkt Gospel („Gospel-Kirchen“) herausgebildet. Die Schätzungen sprechen von derzeit etwa 3.000 Gospel-Chören mit insgesamt mehr als 100.000 Sängerinnen und Sängern.“ – Seit 2002 werden in Deutschland internationale Gospel-Kirchentage durchgeführt. Beim Gospel-Kirchentag in Hannover 2008 fanden sich fast 4.000 aktive Sänger und Sängerinnen aus ganz Deutschland ein. Mit mehr als 60.000 Teilnehmern wurden die Erwartungen weit übertroffen. – Gospel-Singen ist selbst für solche Personengruppen attraktiv, die sich im Allgemeinen kaum am kirchlichen Gemeindeleben beteiligen. So berichtete die evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers in ihrem jüngsten Überblick zum kirchlichen Leben zur Kirchenchor-Arbeit, dass es eine erfreulich hohe Anzahl von neu gegründeten Gospel-Chören gebe. „Die Anzahl der jugendlichen Singenden ist durch sie um mehr als 20 % gestiegen. Die Gospel-Chöre stellen eine Bereicherung dar und sollten weiter unterstützt werden.“ – „Die Sänger und Sängerinnen sind im Schnitt 42 Jahre alt und damit weitaus jünger als die im üblichen Leben der Kirchengemeinde engagierten Personen (52 Jahre). Besonders stark ist mit 35 % die Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen vertreten. Der formale Bildungsstand ist überdurchschnittlich: 56 % der Sängerinnen und Sänger haben zumindest die Fach-Schulreife absolviert.“ – „Musikvorlieben sind ein Kennzeichen von Lebensstil- bzw. Milieu spezifischen Orientierungen. Gospel-Sänger bevorzugen mit Pop, Musical und Rock eher moderne, Rhythmus betonte Stilrichtungen der Unterhaltungsmusik. Die klassische Musik, insbesondere die Oper, die typischerweise ein älteres und hoch kulturell interessiertes Publikum anzieht, findet weniger Zuspruch. Die traditionelle Unterhaltungsmusik – Volksmusik, Operette und Schlager – trifft sogar ganz überwiegend auf Ablehnung. Damit stehen die Sängerinnen und Sänger in Kontrast zu den regelmäßigen Gottesdienstbesuchern, unter denen sowohl die Klassik als auch die traditionelle Unterhaltungsmusik viele Anhänger hat.“ – „Gospel-Chöre haben keine Nachwuchssorgen: Sowohl jüngere als auch ältere Gospel-Chöre gewinnen neue Mitglieder und können gleichzeitig auch auf Nachwuchs im eigentlichen Sinne bauen. Selbst in Chören, die schon länger als fünf Jahre bestehen, liegt der Anteil der Sängerinnen und Sänger, die jünger als 20 Jahre sind, bei 21 %. Zudem zeigt sich der Trend, dass die Anzahl der Mitglieder mit längerem Bestehen der Chöre steigt.“ – „Mit 80 % fällt der Anteil von Frauen noch höher aus, als dies mit 70 % im Durchschnitt gemischter Chöre der Fall ist. Man kann davon ausgehen, dass auch dieses Ergebnis mit der guten Nachwuchs-Situation in Gospel-Chören zusammenhängt. Denn unter den Frauen sind die jungen nachwachsenden Chormitglieder deutlich stärker vertreten als unter den Männern.“ – „Gospel-Chöre sind – in Kirchen-Gemeinden – gelebte Ökumene: Etwa drei Viertel der Gospel-Chöre gehören zu einer Kirchen-Gemeinde – 61 % allein unter dem Dach der evangelischen Kirche. Unabhängig von der Trägerschaft findet sich eine konfessionelle Zusammensetzung der Chöre, in der sich die durchschnittliche Verteilung der Konfessionszugehörigkeit aller Sängerinnen und Sänger der Befragung weitgehend widerspiegelt: 57 % Evangelische, 6 % Evangelisch-Freikirchliche, 29 % Katholiken und 9 % Konfessionslose.“ – „Gemeindegottesdienste sind der wichtigste Ort für die Auftritte: 88 % aller Chorleiterinnen und Chorleiter geben an, dass ihr Chor in Gottesdiensten der eigenen Kirchengemeinde singt; 60 % antworten, dass dies mindestens drei bis fünf Mal im Jahr der Fall ist. Gospel-Chöre sind also überwiegend – auch wenn sich dies in nur sporadischen Auftritten äußern mag – Teil des Gemeindelebens.“ – „Gospel-Chöre integrieren und wirken gemeinschaftsbildend: Die Integrationsleistung der Gospel-Chöre beschränkt sich nicht darauf, dass in ihnen jüngere und ältere, neu hinzugekommene und erfahrene sowie konfessionsverschiedene Sänger zusammenfinden. Es gelingt auch, Menschen für das Singen der „guten Nachricht“ zu begeistern, die explizit kirchlich-religiösen Motivationen eher ablehnend gegenüberstehen, die sich nicht an die Kirche oder Gemeinde gebunden fühlen. Neben der „Freude am Singen/Musizieren“, die ausnahmslos alle Sängerinnen und Sänger miteinander verbindet, spielt dafür die Gemeinschaftserfahrung im Chor eine große Rolle. Die überragende Mehrheit (93 %) nennt sie als wichtiges Motiv für die eigene Mitwirkung.“ – „Dies alles wäre ohne die Wirkung, die von der Gospel-Musik selbst ausgeht, wohl kaum denkbar. Sie macht den Sängerinnen und Sängern „einfach Spaß“ (99 %) und versetzt mit ihrem „swingenden Sound“ (94 %) in eine „fröhlich-ausgelassene Stimmung“ (94 %). Es spricht viel dafür, dass gerade diese emotionalen Qualitäten einen Zugang für religiöse Deutungen darstellen, auch wenn diese nicht auf explizit christlich-kirchliche Formulierungen abstellen: Gospel „gibt Kraft für den Alltag“ (84 %) und „verbindet ganz unterschiedliche Menschen“ (91 %). Das begeistert Kirchennahe und Kirchenferne.“ – „Gospel-Chöre entfalten missionarisches Potenzial: Wenn Sänger und Sängerinnen über ihre Mitwirkung im Gospel-Chor eine Veränderung in ihrer Beziehung zur Kirche bzw. in ihrer religiösen Selbsteinschätzung erleben, so empfinden sie eine Intensivierung. Die Zahlen sprechen für sich: 44 % erklären, dass sich ihr Gefühl der kirchlichen Verbundenheit verstärkt habe. 32 % nehmen eine Verstärkung ihrer Religiosität wahr. 32 % geben an, unabhängig von den Auftritten ihres Chores häufiger Gottesdienste zu besuchen; 31 % nehmen öfter an anderen Veranstaltungen der Kirchengemeinde teil oder nutzen stärker deren Angebote, als dies vor der Mitwirkung im Chor der Fall war.“ – „Gospel-Chöre sind eine Bereicherung für die Menschen und für die Kirche: Sie öffnen Zugänge zur Begeisterung, durch Gospel-Singen.“ 

 

  1. 15.Die Ahlborn-Orgel des Modells „Hymnus“ ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zweier bedeutender europäischer Orgel-Bauanstalten, der deutschen Firma Ahlborn und der italienischen Firma Generalmusic. Ahlborn ist seit Mitte der 50er Jahre ein bekannter Hersteller klassischer Elektronenorgeln. Klangqualität ist für Ahlborn seit über 40 Jahren der entscheidende Maßstab. Bekannte Komponisten und Kirchenmusiker spielen Ahlborn-Orgeln in Konzerten und verwenden sie als so genannte „Übungsorgeln“. –  Ton-Schönheit, Zuverlässigkeit, Haltbarkeit und Preiswürdigkeit machten Ahlborn zu dem mit weitem Abstand führenden Hersteller in Deutschland und begründeten den weltweiten Ruf. – Generalmusic hat viele Jahre Erfahrung in der Entwicklung elektronischer Musikinstrumente, insbesondere der digitalen Tonerzeugung. Die Umsetzung der komplexen klanglichen Vorgänge von Pfeifen-Tönen in die digitale Technik, die großen wirtschaftlichen und fertigungstechnischen Möglichkeiten machten Generalmusic in Europa führend auf dem Gebiet der Mikrobausteine, speziell für klassische Computer-Orgeln. 

 

 

 


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