Die Besiedlung der Gemeinde

Nach dem Ersten Weltkrieg (1919 - 1925 und vereinzelt bis 1931) ,flüchteten` die Bediensteten vom Wöls- oder Willscheiderberg und vom Geißen- und Türkenhügel (,Hüvvel` ) in Sachwerte bzw. beantragten die Zuweisungen von Baugrundstücken in Vettelschoß und Kalenborn. Personen, die nicht zwei volle Jahre in der Gemeinde ansässig waren, hatten keinen Anspruch auf eine Baustelle. Auswärtige wurden meist abgewiesen. Beschäftigte in den Steinbrüchen, die noch nicht in der Gemeinde wohnten, mussten höhere Grundstückspreise zahlen. Die Käufer von Baugrundstücken hatten sich mit den bisherigen Pächtern der Wiesen oder Feldern zu einigen. Im Falle des Verkaufes innerhalb 10 bzw. 15 Jahren war der doppelte Kaufpreis an die Gemeinde zu entrichten. Gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 15.06.1923 erklärte sich die Gemeinde zur Förderung des Wohnungsbaues bereit und gewährte ein Drittel des Kaufpreises als Gemeindedarlehen. Daraufhin setzte bis 1925 eine intensive Bebauungsphase ein. Noch 1938 durften keine Mietshäuser oder Wohnungen zum Vermieten gebaut werden.

In der ,,Bill-Mark-Zeit`` bzw. während der Inflationszeit bis 1923 war 1 Billion Papiermark auf den Wert von 1 Goldmark gesunken. Am 30.10.1931 sperrte sich die Gemeinde Vettelschoß vorübergehend gegen die Vergabe von Baugrundstücken. Seit 1930 hatten sich die Stundungsanträge vermehrt, weil die Leute ihren eingegangenen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten. Einige Baustellen wurden dort zugewiesen, wo Quarzit ausgebeutet war, das Schürfungsfeld brach lag und sich die Gemeinde aus finanziellen Gründen außer Stande sah, Rekultivierungsmaßnahmen durchführen zu lassen. Quarzitunternehmer und frühere Pächter hatten sich nach Ausbeutung der Quarzitgrube längst wieder aus dem Staub gemacht oder waren in Konkurs gegangen.

Von 1937 bis 1941 an nahmen die Bauanträge wieder zu. Doch der Run auf Baugrundstücke setzte erst 1943/1944 ein. Nun war vorrangig und ausschlaggebend, ob durch den Neubau eine Wohnung für einen Flieger- oder Bombengeschädigten frei wurde. Tatsächlich gebaut werden konnte wegen der Kriegsfolgen meist erst wieder nach der Währungsreform. Da die Baustellen an der Straße Vettelschoß - Notscheid (Michaelstraße) sehr begehrt waren, musste in einigen Fällen für die Zuteilung das Los entscheiden. Die expansive Besiedlungsphase begann, als die Firma Streif in Vettelschoß für neue Arbeitsplätze sorgte - und sie dauert noch an. - Mittlerweile hat die Gemeinde Vettelschoß 3.625 Einwohner (Stand: 01.01.2004).

Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, und neues Leben blüht aus den Ruinen -
meinte Johann Christoph Friedrich von Schiller in seinem Wilhelm Tell.


Hans Heinrich Mohr, März 2004
Diese Broschüren zur Heimatgeschichte der Gemeinde Vettelschoß sind beim Autor erhältlich.